Frau fährt mit Roltreppe

Schwierige Winterwochen – Lichtblick für 2021

Die Corona-Krise belastet die Wirtschaft nach wie vor stark. Binnen- und Exportwirtschaft kämpfen beide mit einem sehr schwierigen Marktumfeld. Der Wirtschaftseinbruch fällt in der Schweiz 2020 etwas schwächer aus als im Frühling erwartet, vor allem aufgrund der umfangreichen staatlichen Stützungsmassnahmen, der vergleichsweise moderaten Einschränkungen und der raschen Teilerholung im Sommer. economiesuisse schätzt, dass das Bruttoinlandprodukt (BIP) in diesem Jahr um 3,5 Prozent zurückgeht. Nach schwierigen ersten Monaten 2021 sollte ein Rebound-Effekt einsetzen, auch weil Impfstoffe wohl bald eingesetzt werden können. Das Wachstum des realen BIP wird sich 2021 schätzungsweise auf 3,7 Prozent belaufen, die Arbeitslosenquote auf 3,5 Prozent ansteigen. 

Mit der zweiten Corona-Welle im Spätherbst endete die sehr erfreuliche Phase einer starken Teilerholung seit den Lockerungsschritten im Mai und Juni 2020 abrupt. Der starke Anstieg der Fallzahlen und die drohende Überlastung des Gesundheitswesens veranlassten die Behörden erneut zu wirtschaftlichen und privaten Einschränkungen. Die verordneten Betriebseinschränkungen haben aber eine andere Qualität als noch während des Lockdowns im Frühling 2020, als im Tessin oder in Genf gar Industriebetriebe oder der Bau vorübergehend schliessen mussten. Der aktuelle Slowdown belastet die Binnenwirtschaft daher insgesamt deutlich weniger stark und konzentriert sich vor allem auf die Gastronomie, die Nachtklubs, die Hotellerie in den Städten, den Bahn- und Flugbetrieb und deren Lieferanten. Zusätzlich verursachen die Quarantänemassnahmen und krankheitsbedingten Ausfälle für viele Bau-, Industrie- und Dienstleistungsunternehmen aber erhebliche Schwierigkeiten. Schichten oder Teams müssen neu zusammengestellt werden. Entsprechend schrumpft das Produktionsvolumen. Ob Teil-Lockdown oder Slowdown, die Pandemie wirkt sich auch auf die Weltmärkte aus, kämpfen doch alle Länder damit, die Ausbreitung des Virus zu begrenzen. Entsprechend schwach ist die Entwicklung der Weltwirtschaft, was sich direkt auf die Schweizer Exportindustrie auswirkt. Insgesamt fällt der wirtschaftliche Einbruch in der Schweiz 2020 schwächer aus, als noch vor einigen Monaten befürchtet werden musste. Mit einem Rückgang von 3,5 Prozent sinkt das reale BIP 2020 aber immer noch deutlich stärker als im Jahr nach Ausbruch der Finanzmarktkrise und stellt den grössten konjunkturellen Einbruch seit 45 Jahren dar. 

Rebound-Effekt zuerst beim Konsum und erst längerfristig bei den Investitionen

Die Verunsicherung über den Pandemieverlauf und die erforderlichen Massnahmen ist in der Bevölkerung und in der Wirtschaft weltweit weiterhin gross. Die weltwirtschaftliche Entwicklung bleibt für die nächsten Monate schwach. Immerhin entwickelt sich die Nachfrage in China wieder positiv. Sie kann den Nachfrageeinbruch in den westlichen Ländern etwas dämpfen. Erfreulicherweise sollten Impfstoffe nun relativ früh im neuen Jahr auf breiter Basis verfügbar sein. Bereits die Aussicht auf ein mögliches Ende der Corona-Krise schafft nun ein gewisses Mass an Vertrauen in die Zukunft. Wenn im Frühsommer die Fallzahlen in der nördlichen Hemisphäre temperaturbedingt sinken und immer mehr Menschen geimpft sind, sollte es zu einem weltweiten Rebound-Effekt in Form eines kräftigen Wachstumsschubs kommen. Für die Schweizer Wirtschaft bedeutet dies, dass konsumorientierte Exportbranchen wie die Uhrenindustrie und teilweise die Textilindustrie als Erste von der Nachfragesteigerung profitieren. Die Reisebranche wird wieder zum Leben erweckt, haben doch viele Menschen ihre Reisepläne unfreiwillig zurückstellen müssen. Zwar werden auch Geschäftsreisen und der Kongresstourismus in der zweiten Jahreshälfte wieder vermehrt stattfinden, allerdings wird das Vorkrisenniveau wohl für längere Zeit nicht mehr erreicht. Relativ kontinuierlich wachsen demgegenüber die chemisch-pharmazeutische Industrie und die Medizinalgüterindustrie. Doch die Corona-Krise belastet auch hier: Angespannte Staatsfinanzen in vielen Ländern und die starke Belastung durch Covid-Patienten verhindern bei anderen Therapien ein stärkeres Wachstum. Unter den Exportbranchen, die einen hohen Anteil an Investitionsgütern produzieren, sind die Aussichten schlechter. So waren die Auftragseingänge in der MEM-Industrie auch im dritten Quartal rückläufig. Mit einem baldigen Aufschwung wird hier nicht gerechnet.

Auch beim privaten Konsum in der Schweiz ist im nächsten Jahr mit einem Rebound-Effekt zu rechnen. Zwar erhöht sich die Zahl der Arbeitslosen, aber der Anstieg fällt weniger drastisch aus als noch im Sommer erwartet werden musste. Hingegen steigen die Reallöhne trotz Krise an. Bei einem nominalen Lohnwachstum um rund 0,3 Prozent und der gleichzeitigen Negativteuerung in diesem Jahr von 0,7 Prozent werden die Reallöhne Anfang 2021 im Durchschnitt um ein Prozent höher ausfallen als Anfang 2020. Da im nächsten Jahr die Preise stabil bleiben, kommt es zu keiner Erosion der Reallöhne im Jahresverlauf. Da mit keiner Änderung der Geldpolitik zu rechnen ist, bleiben die Hypothekarzinsen sehr tief und belasten den Konsum nicht. Detailhandel, Versicherungen, persönliche Dienstleistungen und der Verkehr profitieren 2021 von der Konsumnormalisierung. 

Hingegen sind die Investitionspläne der Schweizer Unternehmen für 2021 zu einem grossen Teil bereits erstellt. Die Firmen sehen nach dem starken Einbruch 2020 im nächsten Jahr zwar wieder steigende Investitionen am Wirtschaftsstandort Schweiz vor. Doch vor allem kleinere Unternehmen sind weiterhin vorsichtig mit grösseren Bau- und Ausrüstungsinvestitionen und müssen sich auf das operative Geschäft konzentrieren. Auch von den Privaten gehen wenig Impulse für die Bautätigkeit aus. Sowohl die Bau- als auch die Ausrüstungsinvestitionen wachsen zwar im Vergleich zu 2020, aber ohne den starken Einbruch des Corona-Jahres wettmachen zu können. 

Die Pandemiekrise wird die Arbeitslosenzahl weiter erhöhen. Viele Firmen passen den Personalbestand an die schlechtere Geschäftsentwicklung an. Im Jahresdurchschnitt schätzt economiesuisse, dass die Arbeitslosenquote von 3,1 Prozent (2020) auf 3,5 Prozent (2021) ansteigen wird. Da auch die Zahl der Konkurse zunimmt, müssen Banken vermehrt Wertberichtigungen vornehmen. 

Insgesamt erwartet economiesuisse einen Anstieg des realen BIP um 3,7 Prozent im nächsten Jahr. Damit sollte im Jahresdurchschnitt 2021 das Niveau von 2019 wieder erreicht werden. 

Folgen der Krise belasten langfristig

Die Abwärtsrisiken sind weiterhin gross. Sollten erstens die Impfstoffe die Erwartungen nicht erfüllen und würden im Herbst 2021 wiederum einschränkende Massnahmen notwendig, würde dies die Wirtschaftsentwicklung in der Schweiz belasten. Zweitens ist die Verschuldung wegen der Corona-Krise weltweit angestiegen. Die Zentralbanken haben den Märkten zudem viel Liquidität zur Verfügung gestellt. Das Platzen von Blasen oder die Korrektur von Überbewertungen im Markt könnten Verwerfungen auslösen und die Weltkonjunktur in Mitleidenschaft ziehen. Drittens sind die Handelskonflikte zwischen China und den USA mit der Wahl des neuen US-Präsidenten wohl nicht beendet, der Brexit droht hart zu werden und Corona hat den Protektionismus eher verstärkt als gebannt. Diese Entwicklungen gefährden die Erholung nach der Krise.

Gesamtrechnung

 

 

Online-Medienkonferenz

 

Zu dieser Konjunkturprognose findet heute Dienstag um 10 Uhr eine Online-Medienkonferenz mit economiesuisse-Chefökonom Rudolf Minsch statt. Interessierte Medienschaffende können mit folgendem Link an der Konferenz teilnehmen (keine Vorinstallation notwendig):
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