Ein dreidimensionales Paragraph Zeichen steht vor einer Wand

Re­vi­si­on der Zi­vil­pro­zess­ord­nung: Der Bun­des­rat trennt das Wich­ti­ge vom Schäd­li­chen

Die Wirt­schaft be­grüsst die Stoss­rich­tung der ver­öf­fent­lich­ten Bot­schaft zur Re­vi­si­on der Zi­vil­pro­zess­ord­nung. Der Bun­des­rat nimmt damit eine klare Ge­wich­tung vor. Er will un­se­re be­währ­te Zi­vil­pro­zess­ord­nung durch punk­tu­el­le, aber wich­ti­ge An­pas­sun­gen mo­der­ni­sie­ren und ver­zich­tet auf Ex­pe­ri­men­te. 

Der Bun­des­rat setzt in der Vor­la­ge auf die be­währ­ten In­stru­men­te der Zi­vil­pro­zess­ord­nung und jus­tiert diese neu. Gleich­zei­tig nimmt er In­stru­men­te des kol­lek­ti­ven Rechts­schut­zes aus der Vor­la­ge her­aus. Durch den Weg­fall die­ser kon­tro­ver­sen In­stru­men­te kann die Po­li­tik die Rechts­durch­set­zung ge­ra­de für KMU schnell und ohne unser Rechts­sys­tem zu ge­fähr­den ver­bes­sern. 

Eine un­auf­ge­reg­te Re­vi­si­on

Mit der Schwei­ze­ri­schen Zi­vil­pro­zess­ord­nung wur­den am 1. Ja­nu­ar 2011 die kan­to­nal un­ter­schied­li­chen Re­geln für Zi­vil­ver­fah­ren schweiz­weit ver­ein­heit­licht. Be­reits da­mals hatte man sich klar gegen die Ein­füh­rung von In­stru­men­ten des kol­lek­ti­ven Rechts­schut­zes aus­ge­spro­chen. Nach neun Jah­ren, in denen mit den neuen Re­geln wich­ti­ge Er­fah­run­gen ge­sam­melt wer­den konn­ten, nimmt der Bun­des­rat nun eine un­auf­ge­reg­te Re­vi­si­on vor und schlägt wich­ti­ge tech­ni­sche An­pas­sun­gen an der Zi­vil­pro­zess­ord­nung vor, die diese zen­tra­le Ver­fah­rens­ord­nung fit für die Zu­kunft ma­chen. 

Für den Zu­gang zu Ge­rich­ten wer­den neu Ge­richts­kos­ten­vor­schüs­se, die heute vor allem auch für KMU eine Zu­gangs­schran­ke be­deu­ten, hal­biert. Damit sol­len künf­tig ge­ra­de klei­ne­re Un­ter­neh­men ihre An­sprü­che ein­fa­cher ge­richt­lich gel­tend ma­chen kön­nen. Wei­te­re An­pas­sun­gen, dar­un­ter eine ver­bes­ser­te Ver­fah­rens­ko­or­di­na­ti­on, sind vor die­sem Hin­ter­grund eben­falls zu be­grüs­sen. Dass der Bun­des­rat die im Rah­men der Ver­nehm­las­sung hef­tig kri­ti­sier­ten In­stru­men­te des kol­lek­ti­ven Rechts­schut­zes aus der Vor­la­ge ent­fernt hat und mit deren Be­hand­lung den Aus­gang der Be­ra­tun­gen zur ZPO-Re­vi­si­on ab­war­ten will, ist sehr gut. Es gilt, auf Basis der be­ste­hen­den und in un­se­rem Rechts­sys­tem er­prob­ten In­stru­men­te wün­schens­wer­te Ver­bes­se­run­gen vor­zu­neh­men. 

Kol­lek­ti­ver Rechts­schutz zu Recht weg­ge­las­sen

Im be­ste­hen­den Zi­vil­pro­zess­recht gibt es keine Lü­cken, die nicht durch ge­ziel­te An­pas­sun­gen der be­ste­hen­den In­stru­men­te ge­schlos­sen wer­den könn­ten. Wenn ein Ge­richts­ver­fah­ren wirt­schaft­lich für einen Klä­ger Sinn macht, wird die­ser die­sen Weg be­schrei­ten. Einen Klä­ger fak­tisch zur Teil­nah­me (auch an einem Ver­gleich) zu zwin­gen oder an­der­wei­ti­ge Au­to­ma­tis­men zu schaf­fen, wel­che Kla­gen erst aus Sicht einer Grup­pe oder eines Ver­bands at­trak­tiv ma­chen, sind nicht nur un­nö­tig, son­dern sogar ge­fähr­lich. Sol­che In­stru­men­te sind in un­se­rem Rechts­sys­tem art­fremd und un­er­probt. Ihre Ein­füh­rung würde ein ge­fähr­li­ches Ex­pe­ri­ment be­deu­ten. eco­no­mie­su­is­se hat die re­le­van­ten Ar­gu­men­te in einem Dos­sier­po­li­tik aus­führ­lich dar­ge­stellt.  

Zahl­rei­che po­si­ti­ve Er­leich­te­run­gen

Im Ge­gen­satz zu In­di­vi­du­en und Kon­su­men­ten, die in spe­zi­fi­schen Rechts­ge­bie­ten bei­spiels­wei­se frei von Kos­ten­ri­si­ken kla­gen oder sich an Om­buds­per­so­nen wen­den kön­nen, ste­hen klei­nen Un­ter­neh­men sol­che Er­leich­te­run­gen in der Regel nicht offen. Viel­fach lohnt sich damit das Ver­fah­ren auf­grund der damit ver­bun­de­nen Kos­ten und Ri­si­ken nicht: Eine Ver­trags­ver­let­zung wird zu­las­ten der ge­schä­dig­ten Par­tei da­durch nicht aus­ge­gli­chen. Der Vor­schlag, Pro­zess­vor­schüs­se im Ver­hält­nis zu den mut­mass­li­chen Ge­richts­kos­ten zu li­mi­tie­ren, geht damit in die rich­ti­ge Rich­tung. Zu be­grüs­sen ist schliess­lich auch, dass für Un­ter­neh­mens­an­wäl­te keine pro­zes­sua­le Mit­wir­kungs­pflicht mehr be­ste­hen soll und die Schwei­zer Un­ter­neh­men damit in in­ter­na­tio­na­len Ver­fah­ren nicht mehr über Ge­bühr be­nach­tei­ligt wer­den. 

eco­no­mie­su­is­se wird die Vor­la­ge wei­ter­hin zu­sam­men mit Spe­zia­lis­ten aus der Wirt­schaft und der Rechts­an­wen­dung be­glei­ten und sich in den par­la­men­ta­ri­schen Pro­zess aus einer ge­samt­wirt­schaft­li­chen Sicht ein­brin­gen.