Rahmenabkommen stärkt Schweizer Bildungssystem
Faktencheck Nr. 6 zum Rahmenabkommen: Die Gegner des Rahmenabkommens mit der EU behaupten, die Schweiz müsse wertlose Diplome aus Europa anerkennen und damit unsere Berufsbildung aufgeben. Andernfalls drohe die EU mit Klagen. Ein Faktencheck zeigt: Das Rahmenabkommen ändert in diesem Bereich überhaupt nichts. Es hat aber positive Auswirkungen auf einen anderen Aspekt des Bildungswesens.
Behauptung: Das Rahmenabkommen wird die Schweizer Berufsbildung aushöhlen.
Tatsachen: Das Rahmenabkommen würde das so erfolgreiche Berufsbildungssystem der Schweiz abschaffen – monieren die Kritiker. Denn es erlaube EU-Staaten, die Schweiz zu verklagen, wenn sie Diplome von EU-Bürgern nicht anerkenne. Das Argument ist nur schon deshalb falsch, weil die EU gar keine Zuständigkeit im Bereich der Berufsbildung hat. Die Mitgliedstaaten regeln ihre Berufsbildungssysteme selbst, die EU kann ihnen da nichts vorschreiben. Und was den Anhang des Personenfreizügigkeitsabkommens anbelangt: Dieser umfasst nur die reglementierten Berufe, wobei die Schweiz selbst bestimmt, welche Berufe hier reglementiert sind. Zurzeit trifft das nur auf sehr wenige zu, entsprechend sind nur wenige Berufe betroffen. Die Schweiz kann bei der Anerkennung von ausländischen Qualifikationen zudem darauf achten, dass diese genügend praktische Kompetenzen umfassen. Andernfalls kann sie Ausgleichsmassnahmen einfordern. Das Rahmenabkommen würde an diesen Möglichkeiten und somit an der aktuellen Berufsbildung nichts ändern.
Was aber klar ist: Ohne Rahmenabkommen würde unser Bildungswesen an Qualität einbüssen. Denn für den Wissens- und Forschungsplatz Schweiz ist es zentral, dass die hiesigen Forscher sich weiterhin mit europäischen Partnern vernetzen, austauschen und in gemeinsamen Projekten mitwirken können. Das Rahmenabkommen stellt sicher, dass die Schweiz nicht noch einmal aus der europäischen Forschungs- und Bildungszusammenarbeit ausgeschlossen wird. Auch der Wiedereinstieg der Schweiz beim Austauschprogramm Erasmus+, das neben Angeboten für Studierende auch solche für Lernende, Berufsleute und Freiwilligenarbeit umfasst, dürfte ohne Rahmenabkommen kaum möglich sein
Übrigens: Wussten Sie, dass ein Beruf besonders gefragt ist in der EU? Die Schweiz hat vier Amtssprachen, die EU 24. Da die Kommission sämtliche Dokumente in alle Sprachen übersetzt, braucht die Generaldirektion Übersetzung auch ein Heer an Experten. Sie beschäftigt fast 2200 Angestellte. Das macht 6,8 Prozent des ganzen Personalbestands der Kommission aus, womit die Generaldirektion Übersetzung die zweitgrösste Arbeitgeberin ist, übertroffen wird sie nur vom Europäischen Amt für Zusammenarbeit. Die Direktion sucht verzweifelt nach geeigneten Dolmetschern und Übersetzern, denn es gibt einen Mangel an Fachkräften. Der Output ist gewaltig: 2011 betrug er 2,2 Millionen Seiten, heute dürften es weitaus mehr sein, zumal in der Zwischenzeit eine neue Amtssprache dazugekommen ist. Würde man all die Seiten aufeinanderlegen, ergäbe das einen 330 Meter hohen Stapel – etwa so hoch wie der Europaturm in Frankfurt am Main.
FAKTENCHECK RAHMENABKOMMEN
In unserer Sommerserie «Faktenchecks zum Rahmenabkommen» sind bereits folgende Beiträge erschienen:
1. Uups! 60 Prozent des Stimmvolkes glatt vergessen
2. Dürfen wir nur noch im Sommer schwimmen?
3. Warum Angela Merkel nie Bundesrätin werden kann
4. Wie das Rahmenabkommen unsere Souveränität stärkt
5. Die Steuerhoheit der Kantone bleibt gewahrt
7. Lohnschutz bleibt Sache der Sozialpartner
8. Die Mär vom Tod der Kantonalbanken