Alec von Graffenried

Per­sön­li­che Mit­ar­bei­ten­de als Ven­til für ein mo­der­nes Mi­liz­par­la­ment

Alec von Graf­fen­ried ist Di­rek­tor Ak­qui­si­ti­on Deut­sche Schweiz bei der Lo­sin­ger Ma­raz­zi AG und ehe­ma­li­ger Na­tio­nal­rat. Im In­ter­view spricht er über seine an­spruchs­vol­le Zeit als Mi­liz­trä­ger, die Grün­de sei­nes Rück­tritts als Na­tio­nal­rat sowie über das heu­ti­ge Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein von Schwei­zer Un­ter­neh­men in Bezug auf das Mi­liz­sys­tem.

 

In­ter­view: Ni­co­le Wie­de­mei­er und Adri­an Mi­chel

Herr von Graf­fen­ried, wel­cher Platz wird dem Mi­liz­sys­tem in Ihrem Un­ter­neh­men ein­ge­räumt?

von Graf­fen­ried: Die Lo­sin­ger Ma­raz­zi AG steht dem Mi­liz­sys­tem offen ge­gen­über. Ich per­sön­lich wurde für meine Ver­pflich­tun­gen im Par­la­ment von der Ar­beit frei­ge­stellt. Auch Man­dats­trä­ge­rin­nen und Man­dats­trä­ger auf Ge­mein­de- oder Kan­tons­ebe­ne wer­den nach Mög­lich­keit von ihren be­ruf­li­chen Ver­pflich­tun­gen be­freit, um ihren Äm­tern nach­ge­hen zu kön­nen. Zudem stellt das Un­ter­neh­men sämt­li­che In­fra­struk­tur zur frei­en Ver­fü­gung. 

Wer ent­schei­det über die kon­kre­te Um­set­zung in der Firma?

von Graf­fen­ried: Es han­delt sich um eine Grund­satz­fra­ge, die durch die Ge­schäfts­lei­tung so ge­hand­habt wird.

Worin liegt der gröss­te wirt­schaft­li­che Nut­zen für Ihr Un­ter­neh­men?

von Graf­fen­ried: Es gibt kei­nen wirt­schaft­li­chen Nut­zen. Die Firma leis­tet die­ses En­ga­ge­ment, be­zie­hungs­wei­se för­dert die Mi­liz­tä­tig­kei­ten ihrer An­ge­stell­ten in­fol­ge der ge­sell­schaft­li­chen Ver­ant­wor­tung, wel­che die Firma wahr­neh­men will.

Sie haben Ihren Rück­tritt aus dem Na­tio­nal­rat per Ende Som­mer 2015 be­kannt­ge­ge­ben. Was waren die aus­schlag­ge­ben­den Grün­de?

von Graf­fen­ried: Die Zu­satz­be­las­tung, die mit einem Na­tio­nal­rats­man­dat im Mi­liz­sys­tem ver­bun­den ist, ist sehr hoch. Auf­grund man­nig­fa­cher wei­te­rer En­ga­ge­ments habe ich mich des­halb ent­schlos­sen, kürz­er­zu­tre­ten und mich voll und ganz auf meine be­ruf­li­che Ar­beit bei der Lo­sin­ger Ma­raz­zi AG zu kon­zen­trie­ren.

Ar­beit­ge­be­rin­nen und Ar­beit­ge­ber neh­men ihre Ver­ant­wor­tung be­reits heute gut wahr. Ihnen kann kaum mehr zu­ge­mu­tet wer­den.

Wie schwie­rig ist es heute, Beruf, Po­li­tik und Fa­mi­lie unter einen Hut zu brin­gen?

von Graf­fen­ried: Ich habe das Mi­liz­prin­zip voll­um­fäng­lich aus­ge­lebt und aus­ge­kos­tet, indem ich meine be­ruf­li­che Tä­tig­keit neben dem Man­dat voll­zeit­be­schäf­tigt wei­ter­ge­führt habe. Das ist nicht so schwie­rig, so­lan­ge alles gut läuft. An­spruchs­voll wird es erst dann, wenn Sand ins Ge­trie­be ge­langt. Diese Dop­pel­be­las­tung konn­te ich wäh­rend einer ge­wis­sen Zeit gut tra­gen. Ir­gend­wann bin ich aber an den Punkt ge­kom­men, an dem ich mir ein­ge­ste­hen muss­te, dass nun genug ist. 

Auf­grund mei­nes Mi­liz­am­tes muss­te ich zudem ler­nen zu­rück­zu­ste­cken und weder im Beruf noch im Par­la­ment das Ma­xi­mum bie­ten zu kön­nen. Die Über­nah­me zu­sätz­li­cher Ver­ant­wor­tung in der Firma wäre mit der Dop­pel­be­las­tung kaum zu ver­ant­wor­ten ge­we­sen. Und im Par­la­ment habe ich den Preis be­zahlt, dass ich nicht die erste, son­dern eher die drit­te Geige ge­spielt habe. Wer in der Po­li­tik eine tra­gen­de Rolle über­neh­men will, muss die­ses Amt zu 100 Pro­zent aus­üben. Nur so kann ge­währ­leis­tet wer­den, dass man bei ent­schei­den­den The­men zur er­for­der­li­chen Zeit prä­sent ist.

Wes­halb sind Sie die Her­aus­for­de­rung den­noch ein­ge­gan­gen?

von Graf­fen­ried: Dafür gibt es meh­re­re Grün­de. Das Po­li­tik­ge­sche­hen in­ter­es­siert mich sehr. Da hat mich schon früh das «Po­li­tik­vi­rus» ge­packt. Zudem war der Wille zur Ge­stal­tung, zur Ver­än­de­rung und zur Ver­bes­se­rung vor­han­den.

Sind die heu­ti­gen Un­ter­stüt­zungs­mass­nah­men der Ar­beit­ge­be­rin­nen und Ar­beit­ge­ber zu ge­ring? Sehen Sie Ver­bes­se­rungs­po­ten­zi­al für den künf­ti­gen Um­gang mit dem Mi­liz­prin­zip?

von Graf­fen­ried: Den Ar­beit­ge­be­rin­nen und Ar­beit­ge­bern kann kaum mehr zu­ge­mu­tet wer­den. Ich wüss­te nicht, was ich von der Lo­sin­ger Ma­raz­zi AG zu­sätz­lich for­dern könn­te. Die Rolle eines Par­la­men­ta­ri­ers konn­te ich mit­hil­fe ihrer Un­ter­stüt­zung und ihres Ver­ständ­nis­ses immer gut wahr­neh­men. 

Ver­bes­se­rungs­po­ten­zi­al sehe ich hin­ge­gen eher auf­sei­ten der Par­la­men­ta­rie­rin­nen und Par­la­men­ta­ri­er. Ihnen könn­te durch zu­sätz­li­che per­sön­li­che Res­sour­cen – bei­spiels­wei­se durch die Ge­neh­mi­gung von Mit­ar­bei­ter­stel­len – mehr Un­ter­stüt­zung ge­bo­ten wer­den.

Über die Lo­sin­ger Ma­raz­zi AG

Die Lo­sin­ger Ma­raz­zi AG ist eine in der Schweiz füh­ren­de Un­ter­neh­mung in den Be­rei­chen Im­mo­bi­li­en- und Quar­tier­ent­wick­lung sowie Ge­ne­ral- und To­tal­un­ter­neh­mung. Neben sei­nem Haupt­sitz in Bern ver­fügt das Un­ter­neh­men über sechs wei­te­re re­gio­na­le Nie­der­las­sun­gen in Genf, Lau­sanne, Frei­burg, Basel, Zü­rich und Lu­zern. Das Un­ter­neh­men zeich­net sich durch in­no­va­ti­ve und ganz­heit­li­che Lö­sun­gen in der Fi­nan­zie­rung, Pro­jekt­lei­tung und Rea­li­sie­rung aus.

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie auf www.​losinger-​marazzi.​ch.