OECD-Mindeststeuer: Es gibt keine fairere Verteilung
Gegner der Mindeststeuervorlage behaupten, es würden nur wenige, reiche Kantone von den Mehreinnahmen profitieren. Die dazu vorgelegte Auftragsstudie ist allerdings fragwürdig, kantonale Finanzämter widersprechen. In Wahrheit werden die Einnahmen aus der Mindeststeuer fair aufgeteilt. 25 Prozent stehen dem Bund zu, 75 Prozent bleiben in den Kantonen, die wiederum ihre Städte und Gemeinden beteiligen. Der Nationale Finanzausgleich stellt sicher, dass alle Kantone von den Mehreinnahmen profitieren. Bei einem Scheitern der Bundesvorlage dürften stark betroffene Kantone rasch die eigenen Unternehmenssteuern erhöhen, damit das Geld nicht ins Ausland fliesst. In diesem Fall gingen die Mehreinnahmen vollständig an die Kantone. Der Bund ginge leer aus.
Alle Kantone sind von der OECD-Mindeststeuer betroffen. Grund ist, dass die OECD nicht nur einen Mindeststeuersatz von 15 Prozent vorgibt, sie bestimmt auch neue Regeln zur Ermittlung des steuerbaren Gewinns. In der ganzen Schweiz – auch in Hochsteuerkantonen – kann es deshalb Firmen geben, deren Steuerbelastung gemäss OECD unter 15 Prozent liegt. Von der Ergänzungssteuer, die dann anfällt, können die Kantone 75 Prozent einbehalten. Gegner der Vorlage finden diese föderale Lösung ungerecht.
Fragwürdige Resultate einer SP-Auftragsstudie
Die ungerechte Verteilung belegen soll eine Studie des Instituts BSS – im Auftrag der SP Schweiz. Das Eidg. Finanzdepartement legt derweil keine Schätzungen für einzelne Kantone vor, die dazu notwendigen Daten zur OECD-Berechnungsgrundlage sind schlicht noch nicht vorhanden. (Entsprechend gross ist auch die Spannbreite der geschätzten schweizweiten Mehreinnahmen von 1,0 bis 2,5 Milliarden Franken.) Die SP-Auftragsstudie basiert somit weitestgehend auf Annahmen.
Man kann die Studie beurteilen wie man will, die Ergebnisse sind für zahleiche Kantone jedenfalls nicht nachvollziehbar. Gemäss dem Steueramt des Kantons Aargau verschätzt sich BSS um den Faktor zehn. Das Finanzdepartement des Kantons Genf hat in einem Brief an Parlamentarierinnen und Parlamentarier auf fundamentale Schwachstellen der BSS-Studie verwiesen. Auch die Finanzdirektion des Kantons Zürich verweist auf Unsicherheiten der Modellierung und schätzt die Mehreinnahmen deutlich geringer ein. Gemäss dem Finanzdepartement Basel-Stadt sind verlässliche Schätzungen zurzeit nicht möglich.
Faire Umverteilung über den bewährten NFA
Unabhängig davon, wie hoch die Mehreinnahmen letztlich ausfallen, sie werden vollständig im Nationalen Finanzausgleich (NFA) berücksichtigt. Die Umverteilung von «reichen» an «ärmere» Kantone verstärkt sich dadurch, was Simulationen der Eidg. Finanzverwaltung belegen (siehe Grafik). Wirtschaftsstarke Kantone werden höhere Einzahlungen in den NFA leisten. Auch der Bund wird seine Einzahlungen erhöhen. Wirtschaftsschwächere Kantone erhalten so rund 290 Millionen Franken zusätzlich. Die BSS-Studie ignoriert den NFA-Effekt komplett.
Je höher der Anteil der Kantone, desto höher die Umverteilung via NFA
Klar ist auch, die Umverteilung über den NFA fällt umso stärker aus, je mehr Mittel auf Kantonsebene anfallen. Linke Gegner der Vorlage fordern eine 50/50-Lösung. Die Kantone müssten so deutlich mehr Geld an den Bund liefern, entsprechend weniger Geld würde in den NFA fliessen. Weniger wirtschaftsstarke Kantone würde so rund 100 Millionen Franken schlechter dastehen. Eine 50/50-Lösung widerspricht den Interessen der Kantone klar. So hat sich die Konferenz der Kantonsregierungen einstimmig (!) für die aktuelle Vorlage ausgesprochen.
Kantonales Substrat, so oder so
Die Mehreinnahmen aus der Mindeststeuer stellen in jedem Fall kantonales Substrat dar. Der kantonale Charakter der Mindeststeuer ergibt sich daraus, dass die Kantone autonom sind in der Festlegung ihrer Firmensteuern. Erhöht ein Tiefsteuerkanton den eigenen Steuersatz, kann die Ergänzungssteuer vermieden werden und es bleiben 100 Prozent der Zusatzeinnahmen im Kanton, der Bund erhält gar nichts.
Der Kanton Neuenburg hat eine entsprechende Steuererhöhung beschlossen, Basel-Stadt hat Ideen bereits geprüft und auch in Zug ist man für den Fall eines «Neins» am 18. Juni vorbereitet. Wird die Bundesvorlage abgelehnt, so werden auch andere Kantone schnell mit Steuererhöhungen reagieren, um nicht das Risiko einzugehen, Steuermittel freiwillig ans Ausland zu verschenken. Der SP-Plan für einen höheren Bundesanteil ist schlicht unrealistisch. Bei einem Ja zur aktuellen Vorlage erhält der Bund 25 Prozent, bei einem Nein gar nichts.
Wohl auch deshalb haben bereits zahlreiche linke Kantonalparteien wie die SP Solothurn, die SP Genf oder die Grünen der Kantone Baselland, Basel-Stadt, Genf und Waadt wie auch die Gewerkschaft Travail.Suisse die Ja-Parole ausgegeben.