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Mindeststeuer: Schädliche Umverteilungsdiskussion

Die Verteildiskussion im Bundesparlament um die vermeintlichen Einnahmen durch die OECD-Mindeststeuer geht in die falsche Richtung. Der Beschluss der nationalrätlichen Wirtschaftskommission schafft eine neuartige und ineffiziente Umverteilung. Das bringt kaum einem Kanton Vorteile. Im Gegenteil: Die massive Schwächung der bedeutenden Standortkantone Basel-Stadt und Zug wird sich mittelfristig für den Bund wie auch alle NFA-Nehmerkantone schädlich auswirken.

An ihrer letzten Sitzung hat die Wirtschaftskommission des Nationalrats mit knappem 13:12 Stimmenmehr beschlossen, dass Kantone 50 Prozent der Einnahmen, die sie aus der geplanten neuen Mindestbesteuerung erhalten, an den Bund abtreten müssen. Der Ständerat, der die Vorlage im September beraten hat, hat das Verteilverhältnis bei 75 (Kantone) zu 25 (Bund) festgelegt. Darüber hinaus hat die Kommission die maximalen Einnahmen pro Kopf auf 400 Franken beschränkt. Der Beschluss trifft vor allem zwei Kantone: Basel-Stadt und Zug. Er führt dazu, dass die beiden wichtigen Standortkantone jeweils unter Umständen weniger als 20 Prozent der Mittel, die sie unter der Mindestbesteuerung von ihren Unternehmen zusätzlich eintreiben müssen, behalten können. Im Fall von Zug könnten über 90 Prozent der Einnahmen abgeschöpft werden.

Kein besserer Ausgleich für die Kantone, dafür ein willkürlicher neuer Umverteilungskanal

Für den Beschluss der nationalrätlichen Wirtschaftskommission wird ins Feld geführt, dass er für die Kantone einen besseren Ausgleich schaffe als die Lösung des Ständerats. Schätzungen zeigen, dass das falsch ist. Nicht nur Zug und Basel-Stadt drohen erhebliche Einnahmen zu verlieren, auch die meisten übrigen Kantone dürften finanziell nicht besser, sondern eher schlechter wegkommen. Alle Kantone müssen nämlich mehr Einnahmen aus der Mindeststeuer an den Bund abgeben, die wirtschaftlich schwächeren Kantone verlieren zudem NFA-Zahlungen. Sollten die Einnahmen der Mindestbesteuerung zudem nicht maximal hoch sein, fällt das Ergebnis für die Kantone noch schlechter aus. Das neue Element der Deckelung auf 400 Franken pro Kopf schafft zudem einen zusätzlichen Verteilkanal, der nach völlig willkürlichen Gesichtspunkten funktioniert, eine neue Bürokratie schafft und den politisch austarierten Nationalen Finanzausgleich NFA torpediert.

Mindeststeuer fordert die wichtigen Standortkantone

Die Mindestbesteuerung von 15 Prozent für grosse Firmen ist eine grosse Herausforderung vor allem für wirtschaftsstarke Kantone, in denen viele grosse international tätige Unternehmen angesiedelt sind. Diese Kantone sind heute hauptverantwortlich für den Standorterfolg der Schweiz. Sie verschaffen dem Bund das Gros seiner Firmensteuereinnahmen. 2023 geht es um 14 Milliarden Franken, ein Sechstel der gesamten Bundeseinnahmen. Zusätzlich zahlen diese Kantone hohe Beträge in den nationalen Finanzausgleich ein. Davon profitieren die wirtschaftlich schwächeren Kantone. Dieses System mit wirtschaftlich starken Kantonen, die über Ausgleichssysteme finanzielle Verantwortung für die ganze Schweiz tragen, hat sich bewährt. Es nützt dem Bund, allen Kantonen und der gesamten Bevölkerung.

Mit der Mindestbesteuerung, die ab 2024 gelten soll, wird dieses System infrage gestellt. Die starken Kantone verlieren in einem entscheidenden Punkt – beim Steuervorteil, der vor allem gegenüber dem Ausland wichtig ist. Das Risiko, dass über die Zeit weniger Firmen mit weniger Tätigkeiten in der Schweiz aktiv sind, ist beträchtlich. So rapide, wie die Gewinnsteuern in den letzten Jahren gestiegen sind, so schnell können sie auch wieder sinken.

Die Mehrheit der betroffenen Grossunternehmen sind in Genf, Waadt, Basel-Stadt und Zug ansässig. Diese Kantone werden entsprechend hauptverantwortlich für die Erhebung der Mindeststeuer sein. Bei ihnen fallen in einem ersten Schritt die Mehreinnahmen an. Diese Kantone deshalb als «Gewinner» zu bezeichnen und sie mit dem Abschöpfen ihrer Mittel zu «bestrafen» wäre grundfalsch. Die Mindeststeuer schädigt Franken für Franken genau die Attraktivität dieser für das Erfolgsmodell der Schweiz essenziellen Standortkantone.

Wirtschaftskantone in der Verantwortung für den Erhalt der Steuermittel

Gegen den Attraktivitätsverlust müssen Lösungen gefunden werden. Weil die Ausgangslage hinsichtlich Steuerpolitik und Wirtschaftsstruktur in jedem Kanton anders ist, hatte der Bundesrat vorgeschlagen, dass jeder Kanton die erhobenen Gelder behalten und autonom für Standortmassnahmen einsetzen darf. Im Verlauf der Debatte entstand der Kompromiss, nach dem auch der Bund mit 25 Prozent an den Einnahmen der Mindeststeuer beteiligt wird.

Mit dem jüngsten Beschluss haben die hauptbetroffenen Kantone nun kaum mehr Mittel, um Massnahmen gegen den Verlust an Standortattraktivität umzusetzen. Der Anreiz, ihre Standorte im unverändert heftig tobenden internationalen Wettbewerb um starke Firmen an der Spitze zu halten, wird massiv tangiert werden. Damit besteht nicht nur für den Bund ein eminentes Risiko, bei den Steuereinnahmen mittelfristig Einbussen zu erleiden. Auch die schwächeren Kantone laufen Gefahr, unter dem Strich schlechter wegzukommen. Wird die Schweiz wirtschaftlich geschwächt, werden alle – Kantone, der Bund, aber auch Städte und Gemeinden und die ganze Bevölkerung – als Verlierer dastehen.

Ein willkürlicher neuer Umverteilungskanal schadet der Schweiz

Ineffizienz, Bürokratie und ein finanzielles Ergebnis, das keinem nützt: Das darf nicht das Resultat der Beratung einer für den langfristigen Wohlstand der Schweiz derart wichtigen Vorlage sein.

Die Mindestbesteuerung nicht umzusetzen ist übrigens keine Lösung. Andere Staaten würden das Recht erhalten, die Besteuerung nachzuholen. Schweizer Steuergeld, das ins Ausland abfliesst – das ist nicht im Interesse der Schweiz und das gilt es mit dieser Vorlage zu verhindern.