Nach­hal­ti­ge Fi­nan­zie­rung der Ver­kehrs­in­fra­struk­tu­ren er­for­dert ver­kehrs­trä­ger­über­grei­fen­des Den­ken

Die Ver­kehrs­kom­mis­si­on des Na­tio­nal­rats hat sich in die­ser Woche erst­mals mit der Vor­la­ge zu Fi­nan­zie­rung und Aus­bau der Bahn­in­fra­struk­tur (FABI) aus­ein­an­der­ge­setzt. Am 18. Fe­bru­ar wird die Kom­mis­si­on ihre Be­ra­tun­gen wie­der auf­neh­men. Eine stär­ker ver­kehrs­trä­ger­über­grei­fen­de Optik ist drin­gend ge­for­dert.​

​​eco­no­mie­su­is­se steht grund­sätz­lich hin­ter der vom Bun­des­rat vor­ge­schla­ge­nen FABI-Vor­la­ge als Ge­gen­vor­schlag zur VCS-In­itia­ti­ve. Die Wirt­schaft ist sich der gros­sen Be­deu­tung der Bahn­ver­kehrs­in­fra­struk­tu­ren für den Wirt­schafts­stand­ort Schweiz be­wusst. Eben­so klar ist aber, dass die Stras­sen im Wirt­schafts­all­tag eine noch wich­ti­ge­re Rolle spie­len. So wer­den in der Schweiz rund 80 Pro­zent des Per­so­nen­ver­kehrs und über 60 Pro­zent des Gü­ter­ver­kehrs auf der Stras­se ab­ge­wi­ckelt. 

Auf der Schie­ne rech­net der Bund bis 2030 mit einem Mit­tel­be­darf von bis zu 42 Mil­li­ar­den Fran­ken. Das sind enor­me Aus­ga­ben, die der Bun­des­haus­halt zu stem­men hat. Stras­sen­sei­tig sieht das Bild ähn­lich aus. Dort wird der Mit­tel­be­darf für den glei­chen Zeit­raum auf bis zu 47 Mil­li­ar­den Fran­ken ge­schätzt. Es gilt also be­hut­sam vor­zu­ge­hen, wenn man die Qua­li­tät der Ver­kehrs­in­fra­struk­tu­ren auf Stras­se und Schie­ne auf lange Sicht si­chern will. 


Daher darf der Aus­bau der Bahn­in­fra­struk­tur den Fi­nanz­be­darf auf der Stras­se nicht un­be­rück­sich­tigt las­sen. Denn die Fi­nan­zie­rungs­eng­päs­se auf dem einen Ver­kehrs­trä­ger be­tref­fen den je­weils an­de­ren auch. Vor die­sem Hin­ter­grund be­grüsst eco­no­mie­su­is­se, dass die Mehr­heit der Kom­mis­si­on die Auf­fas­sung ver­tritt, dass die Bahn- und Stras­sen­fi­nan­zie­rung noch bes­ser auf­ein­an­der ab­ge­stimmt wer­den müs­sen (Link zur Me­di­en­mit­tei­lung). 


Es be­steht je­doch die Ge­fahr, dass die Kom­mis­si­on diese Er­kennt­nis zu einer Wort­hül­se ver­kom­men lässt. Dabei böten sich den Kom­mis­si­ons­mit­glie­dern bei der FABI-Vor­la­ge ge­nü­gend An­satz­punk­te, um end­lich Nägel mit Köp­fen zu ma­chen. 


Bei­spiel 1, die LSVA-Er­trä­ge: Be­reits heute flies­sen zwei Drit­tel der LSVA-Rein­erträ­ge (jähr­lich zirka 800 Mil­lio­nen Fran­ken) in den Bahn­aus­bau. Mit der Wei­ter­füh­rung die­ses Mit­tel­trans­fers würde die Quer­fi­nan­zie­rung von der Stras­se auf die Schie­ne ze­men­tiert. 


Bei­spiel 2, das NEAT-Vier­tel: Jähr­lich flies­sen un­ge­fähr 280 Mil­lio­nen Fran­ken an Mi­ne­ral­öl­steu­er­mit­teln in den FinöV-Fonds be­zie­hungs­wei­se den all­fäl­li­gen künf­ti­gen Bahn­in­fra­struk­tur­fonds. Die ge­plan­te Wei­ter­ver­wen­dung die­ser Mit­tel ist frag­wür­dig. Zumal ab 2016 in der Stras­sen­kas­se ge­mäss ak­tu­el­ler Fi­nanz­pla­nung eine Fi­nan­zie­rungs­lü­cke ab­seh­bar ist.


Diese Ent­wick­lung in der Stras­sen­kas­se ist auf zwei ge­gen­läu­fi­ge Ten­den­zen zu­rück­zu­füh­ren. Ei­ner­seits neh­men die Ein­nah­men bei der Mi­ne­ral­öl­steu­er seit dem Jahr 2008 lau­fend ab. Der Trend hin zu ver­brauchs­är­me­ren Fahr­zeu­gen hat zur Folge, dass we­ni­ger Mi­ne­ral­öl­steu­ern an­fal­len. Ge­mäss Schät­zun­gen des Bun­des­amts für Stras­sen wer­den die Mi­ne­ral­öl­steu­er­ein­nah­men zwi­schen 2016 und 2030 um 15 bis 20 Pro­zent ab­neh­men. Aus­ge­hend von den heu­ti­gen Mi­ne­ral­öl­steu­er­ein­nah­men in der Stras­sen­kas­se (zirka 3,5 Mil­li­ar­den Fran­ken), wer­den somit bis ins Jahr 2030 700 Mil­lio­nen Fran­ken Ein­nah­men weg­fal­len. An­de­rer­seits steigt der Mit­tel­be­darf auf der Stras­se in­fol­ge der Ver­kehrs­zu­nah­me, des wach­sen­den Stras­sen­net­zes und der er­höh­ten tech­ni­schen An­for­de­run­gen ste­tig an.


Diese und wei­te­re Über­le­gun­gen muss die Ver­kehrs­kom­mis­si­on des Na­tio­nal­rats in ihren Be­ra­tun­gen zu FABI drin­gend be­rück­sich­ti­gen. Die Über­nah­me der be­ste­hen­den Quer­fi­nan­zie­run­gen in den vor­ge­se­he­nen Bahn­in­fra­struk­tur­fonds muss hin­ter­fragt wer­den. Tut sie dies nicht, wird sich dies in den kom­men­den Jah­ren rä­chen. Näm­lich dann, wenn es darum geht, die Fi­nan­zie­rung der Stras­sen­in­fra­struk­tur auf eine ge­sun­de Basis zu stel­len.