Mehr Geld löst die Pro­ble­me der Bahn­in­fra­struk­tur nicht

Die fi­nan­zi­el­le Zu­kunft der Schwei­zer Bahn­in­fra­struk­tur ist noch völ­lig offen und be­reits for­dern Ver­tre­ter des öf­fent­li­chen Ver­kehrs zu­sätz­li­che Mit­tel. Bevor an zu­sätz­li­che Aus­ga­ben auch nur zu den­ken ist, müs­sen die fun­da­men­ta­len Fi­nan­zie­rungs­pro­ble­me des öf­fent­li­chen Ver­kehrs ge­löst wer­den.

Fakt ist: Der sich bei der Vor­la­ge zur Fi­nan­zie­rung und Aus­bau der Bahn­in­fra­struk­tur (FABI) be­reits an­bah­nen­de re­gio­nal­po­li­ti­sche Ver­teil­kampf um neue Bahn­pro­jek­te fin­det auf dün­nem Eis statt. Denn bevor die Mit­tel aus­ge­ge­ben wer­den kön­nen, muss ge­klärt wer­den, wo das Geld her­kommt. Dabei ist es un­red­lich, die Fi­nan­zie­rungs­pro­ble­me der Schie­ne ein­fach auf die Stras­se zu über­wäl­zen. Bei FABI ist genau das vor­ge­se­hen: Die feh­len­den Mit­tel sol­len aus der Stras­sen­kas­se ge­holt wer­den. Ein Kran­ker wird aber nicht schnel­ler ge­sund, indem er einen Ge­sun­den an­steckt.

Heute zah­len die Nut­zer der Bah­nen nicht ein­mal einen Vier­tel der Un­ter­halts- und Be­triebs­kos­ten des Net­zes. Trotz­dem sol­len in Zu­kunft Ben­zin­steu­er­ein­nah­men (Mi­ne­ral­öl­steu­er) in die Schie­nen­kas­se flies­sen. Dabei be­ste­hen ge­ra­de bei der Stras­sen­fi­nan­zie­rung gra­vie­ren­de Eng­päs­se. Die ge­plan­te Er­hö­hung der Vi­gnet­ten­prei­se und die be­reits an­ge­kün­dig­te Er­hö­hung der Mi­ne­ral­öl­steu­er sind ein kon­kre­ter Aus­druck davon. Auf in­tak­te und leis­tungs­fä­hi­ge Stras­sen­in­fra­struk­tu­ren sind aber nicht nur die städ­ti­schen Ag­glo­me­ra­tio­nen an­ge­wie­sen. Auch für die pe­ri­phe­ren Re­gio­nen der Schweiz sind sie zen­tral.

Das Fi­nan­zie­rungs­pro­blem im öf­fent­li­chen Ver­kehr ist struk­tu­rel­ler Natur. Die Bahn­kun­den fah­ren zu güns­tig, weil ihre Fahr­ten hoch sub­ven­tio­niert wer­den. Damit ge­ne­rie­ren sie Mehr­ver­kehr. Die­ser ver­langt neue Aus­bau­ten, die An­ge­bo­te wer­den bes­ser (aber für den Kun­den nicht teu­rer) und es ent­steht noch mehr Ver­kehr. ÖV-Ver­tre­ter ver­wei­sen auf den­sel­ben Ef­fekt bei der Stras­se – nur tra­gen die Stras­sen­nut­zer ihre ver­ur­sach­ten Un­ter­halts- und Be­triebs­kos­ten selbst. Die Frage stellt sich, ob wir wirk­lich mit­tels sub­ven­tio­nier­ter Bahn­prei­se die Zer­sie­de­lung för­dern wol­len.

Dass im Rah­men der FABI-Vor­la­ge – in die­sen Tagen be­ginnt die par­la­men­ta­ri­sche Be­ra­tung – ge­plant ist, die lau­fen­den Kos­ten der Bahn­in­fra­struk­tur aus dem glei­chen Ge­fäss wie die In­ves­ti­tio­nen zu be­zah­len, ist ein rich­ti­ger ers­ter Schritt. Im­mer­hin for­dert so die Mit­tel­kon­kur­renz dazu auf, Prio­ri­tä­ten zu set­zen. Zu viele Aus­bau­ten wur­den in der Ver­gan­gen­heit ge­tä­tigt, ohne die stei­gen­den Un­ter­halts­kos­ten zu re­geln. Für den Aus­bau waren die Mit­tel da – den Un­ter­halt über­liess man der all­ge­mei­nen Bun­des­kas­se. Be­schränk­te Mit­tel und rea­lis­ti­sche Pla­nun­gen for­dern auch zu einem stu­fen­wei­sen Vor­ge­hen bei den Aus­bau­ten auf, wie es der Bun­des­rat rich­ti­ger­wei­se vor­sieht. Die Pro­jek­te müs­sen sorg­fäl­tig aus­ge­wählt wer­den, damit der Nut­zen jedes ein­ge­setz­ten Fran­kens für die Wirt­schaft und die Ge­sell­schaft mög­lichst gross ist. Ob die in der FABI-Vor­la­ge heute vor­ge­schla­ge­nen Pro­jek­te die­sem Grund­satz ent­spre­chen, ist schwer zu be­ur­tei­len. Die Kri­te­ri­en und deren Ge­wich­tun­gen sind für Drit­te nicht aus­rei­chend nach­voll­zieh­bar.

Le­dig­lich das Fi­nan­zie­rungs­vo­lu­men zu er­hö­hen, weil die Prio­ri­sie­rung schwer­fällt und viele re­gio­na­le Wün­sche be­ste­hen, ist je­den­falls der fal­sche Weg. Die von Bahn-Krei­sen ge­for­der­ten zu­sätz­li­chen 2,5 Mil­li­ar­den Fran­ken für den glei­chen Aus­bau­zeit­raum sind nicht fi­nan­zier­bar. Der Vor­schlag, auf die Ver­zin­sung oder Rück­zah­lung der FinöV-Schul­den an den Bund zu ver­zich­ten, um die be­nö­tig­ten Mit­tel zu be­schaf­fen, stellt nicht nur die Glaub­wür­dig­keit frü­he­rer Lö­sun­gen in­fra­ge (kon­kret den FinöV-Be­schluss), son­dern rückt auch die vom Bun­des­rat ge­plan­te und von ÖV-Krei­sen ge­for­der­te neue Lö­sung für die Bahn in ein schie­fes Licht. Kann man dar­auf ver­trau­en, dass die an die FABI-Vor­la­ge ge­knüpf­ten Ver­spre­chen dies­mal ein­ge­hal­ten wer­den, wenn jene im Zu­sam­men­hang mit der FinöV-Vor­la­ge lau­fend ge­bro­chen wur­den und wei­ter­hin wer­den (siehe auch Web­news «Bahn­fi­nan­zie­rung: Ge­bro­che­ne Ver­spre­chen mah­nen zur Vor­sicht»)? Es ist letzt­lich eine Frage der Glaub­wür­dig­keit. Die fun­da­men­ta­len Fi­nan­zie­rungs­pro­ble­me des öf­fent­li­chen Ver­kehrs müs­sen ge­löst wer­den, bevor an ein Auf­sto­cken der Aus­ga­ben auch nur zu den­ken ist. Ein Auf­schie­ben ist nicht mehr ak­zep­ta­bel – erst recht nicht ein Ver­la­gern des Pro­blems auf an­de­re Be­rei­che.