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Licht und Schatten: F&E-Aufwendungen von Privatunternehmen 2021

Die Schweizer Unternehmen haben 2021 deutlich mehr in Forschung und Entwicklung investiert als zwei Jahre zuvor: Die Ausgaben sind im Vergleich zu 2019 um vier Prozent gestiegen. Allerdings ist dieses Wachstum auf die Megatrends Gesundheit, Digitalisierung und die F&E-Auslagerung an Dritte zurückzuführen. Konjunktursensitivere Branchen haben ihre Ausgaben in diesem Bereich hingegen deutlich reduziert. Vor allem mittelgrosse Unternehmen sind dabei betroffen. Neben pandemiebedingten Schwierigkeiten spielt die fehlende Vollassoziation beim europäischen Forschungsrahmenprogramm «Horizon Europe» eine wichtige Rolle.

Das Bundesamt für Statistik (BfS) führt periodisch eine Umfrage bei Schweizer Unternehmen durch, welche die Ausgaben der Privatwirtschaft für Forschung und Entwicklung in Erfahrung bringt. Die aktuell erhobenen Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2021. Aufgrund der Covid-Pandemie und deren negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft musste befürchtet werden, dass die F&E-Ausgaben deutlich zurückgehen würden. Es ist daher sehr positiv zu vermerken, dass sie im letzten Jahr insgesamt sogar gestiegen sind. Schweizer Unternehmen investierten 2021 im Vergleich zu 2019 insgesamt vier Prozent mehr in Forschung und Entwicklung.

Das F&E-Wachstum ist allerdings auf drei Branchen beschränkt, welche von längerfristigen Trends profitieren und wenig konjunktursensitiv sind. So wächst die Pharmaindustrie stetig aufgrund des Megatrends Gesundheit. Auch die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) unterliegen einem solchen Megatrend – in diesem Fall der Digitalisierung. Es ist für die Transformation der Schweizer Wirtschaft ein erfreuliches Signal, dass die F&E-Ausgaben 2021 sowohl für die Herstellung von IKT-Produkten (plus neun Prozent) als auch für IKT-Dienstleistungen (plus 25 Prozent) im Vergleich zu 2019 deutlich zugenommen haben. Ebenfalls setzt sich der Trend fort, dass Firmen ihre F&E-Anstrengungen vermehrt an Dritte auslagern, so dass die Aufwendungen in der Branche «Forschung und Entwicklung» entsprechend ansteigen. Insgesamt haben diese drei Trendbranchen in der Schweiz 2021 gegenüber 2019 20 Prozent mehr in Forschung und Entwicklung investiert. Unbestrittenes Zugpferd ist dabei die Pharmaindustrie, auf welche 37 Prozent aller F&E-Aufwendungen der Schweizer Wirtschaft zurückfallen.

Kürzungen bei mittelgrossen Unternehmen

Konjunktursensitivere Branchen mussten 2021 ihre F&E-Aufwendungen hingegen um acht Prozent kürzen. Hier spielte die Pandemie eine wesentliche Rolle. Die Firmen waren mit Nachfrageeinbrüchen im In- und Ausland, mit Lieferengpässen und mit Betriebseinschränkungen konfrontiert. Vor allem mittelgrosse Unternehmen haben aufgrund dieser grossen Herausforderungen ihre F&E-Aufwendungen reduziert. Eine Rolle wird dabei auch der eingeschränkte Zugang zu Horizon Europe gespielt haben. Zudem starteten wichtige Übergangsmassnahmen wie das Swiss Accelerator-Programm der Innosuisse erst im Jahr 2022.

Bei den F&E-Aufwendungen wechseln sich also Licht und Schatten ab. Positiv zu vermerken ist, dass sich der Anstieg der F&E-Investitionen, welche Schweizer Unternehmen im Ausland tätigen, nicht fortgesetzt hat. Ihr Anteil an den gesamten F&E-Leistungen, die aus dem Ausland bezogen wurden, ist sogar rückläufig. Dies ist ein Zeichen dafür, dass der Schweizer Forschungsplatz lebt und die Unternehmen ihre Bedürfnisse im Inland weitgehend abdecken können. Für die längerfristrige Wettbewerbsfähigkeitder Schweizer Wirtschaft ist das eine zentrale Voraussetzung. Allerdings ist die Momentaufnahme für das Jahr 2021 mit Vorsicht zu geniessen. Gerade die fehlende Vollassoziation bei Horizon Europe wirkt sich erst verzögert aus. Die Übergangs- und Ersatzmassnahmen des Bundes können die Lücke nur unvollständig füllen. Wird nicht bald eine Lösung gefunden, fügt dies dem Forschungsplatz Schweiz nachhaltig Schaden zu.

Die Schweiz hat noch Luft nach oben

Die Schweiz steht im internationalen Vergleich gut, aber nicht ausgezeichnet da. Mit einem Anteil von 2,29 Prozent am Bruttoinlandprodukt (BIP) steht sie immerhin in den vorderen Rängen und liegt vor Deutschland oder Finnland. Doch zur Spitze ist der Abstand beträchtlich. In Israel, Südkorea oder USA sind die F&E-Aufwendungen noch deutlich höher.