Kirgistan

Kirgistan: Chancen der Öffnung sind schwierig zu nutzen

Die Wirtschaftsmission von Bundesrat Schneider-Ammann besucht mit Kirgistan das vierte Land Zentralasiens. Im Vergleich zu den anderen Staaten der Region weist das Land grundsätzlich positive Unterschiede aus. Diese auch in Wohlstand umzumünzen, ist jedoch äusserst anspruchsvoll.

Die Wirtschaft Kirgistans entwickelt sich dieses Jahr mit einer Wachstumsrate von über 4 Prozent, die Aussichten für das kommende Jahr sind mit 2,5 Prozent jedoch eingetrübt. Hierfür gibt es mehrere Gründe. Ein zentraler Faktor ist die Geographie: Das Land mit 6,2 Millionen Einwohnern wird durch das Tian Shan-Gebirge zweigeteilt: Im Norden liegt die Hauptstadt Bishkek, der Süden befindet sich an der Grenze zu China. Nur ein Pass – auf 3000 Metern über Meer - verbindet die beiden Landesteile. Das gebirgige Land ist also eine Herausforderung für alle Infrastrukturen. Es ist arm, das Jahreseinkommen pro Kopf beträgt 1'200 US-Dollar.

Die Wirtschaftsleistung entfällt hauptsächlich auf drei Faktoren: Den ersten Teil steuern die über eine Million Kirgisen bei, die in Russland arbeiten und mit ihren Geldüberweisungen rund ein Drittel des gesamten Volkseinkommens ausmachen. Dann hat die Goldförderung in vier Minen ein hohes Gewicht. Und der dritte Teil besteht aus der Leichtindustrie mit Textil-, Agrar- und Lebensmittelproduktion sowie dem informellen Sektor. Besonders der Aufbau der verarbeitenden Industrie ist aus strukturellen Gründen schwierig.

Häufige Regierungswechsel behindern Reformen

Kirgistan ist seit einer Revolution im Jahr 2010 eine parlamentarische Demokratie, was sehr positiv ist, da sich das Land seither stark geöffnet hat. Gleichzeitig ist jedoch die Regierung nicht besonders stabil. Während der Präsident eine Amtsdauer an der Staatsspitze bleibt, gab es seit 2010 über ein Dutzend Regierungen. Minister wechseln häufig nach einem Jahr, manchmal gar noch schneller. Das junge Land hat dadurch eine zu geringe politische Stabilität, um Reformen auch umzusetzen. Dass dies ginge, zeigen beispielsweise die Mitgliedschaft in der WTO, attraktive Steuern für Investoren und die Kapitalverkehrsfreiheit. Einen gravierenden Flaschenhals stellt die Ausbildung dar. Zu viele Schülerinnen und Schüler verlassen vorzeitig die Schulen – Kinderheiraten oder Kinderarbeit sind die Gründe. Zu viele Junge verlassen ihr armes Land, um im Ausland Geld zu verdienen.

Das Finanzsystem steckt noch in den Kinderschuhen: Die Kreditzinsen betragen 15, manchmal bis zu 30 Prozent. Umfangreiche Hilfen von den Finanzierungsinstitutionen der Weltbank-Gruppe sind daher notwendig, um wenigstens stellenweise den Privatsektor mit Kapital zu versorgen. Auch die Schweiz unterstützt Projekte im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit.

Investoren brauchen langen Atem

Schweizer Unternehmen, die in Kirgistan investieren wollen, brauchen daher viel Geduld. Die Aufnahme von Geschäftsbeziehungen können sich jedoch langfristig durchaus lohnen. So investiert ein Schweizer Familienbetrieb in die Produktion von Milchprodukten, aber auch Textil- und Lebensmittelindustrie weisen Wachstumschancen auf. Das Land wird die Wasserkraft ausbauen, die Stromkosten sind mit 0.02 US-Dollar pro kWh äusserst günstig. Die Infrastrukturen im Verkehrs- und Energiebereich werden in den nächsten Jahren ausgebaut. Die Nähe zum chinesischen Markt ist ebenfalls eine Chance, das Nachbarland plant eine Eisenbahnlinie im Süden von Kirgistan. Und die hohen Gebirge bieten nicht nur Nachteile: Obwohl das Land kaum Tourismuswerbung betreibt, besuchen immer mehr ausländische Gäste die beeindruckende Natur im Herzen Zentralasiens.

 

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