Kampf mit falschen Zahlen
Die Reform der Verrechnungssteuer führt nicht zu weniger, sondern zu mehr Einnahmen und schont die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.
Nach dem Zinsentscheid der Nationalbank von Mitte Juni hat das Thema steigende Zinsen einen prominenten Platz in der Medienarena. Allenthalben wird analysiert, was die Zinswende für Konsumenten und Wirtschaft bedeutet. Mit Bezug auf die Reform der Verrechnungssteuer versucht sich auch die «NZZ» im Thema – und scheitert. So wird im Einklang mit der Linken behauptet, dass bei der Vorlage kurzfristig mit Steuerausfällen von 200 bis 250 Millionen Franken pro Jahr zu rechnen ist. Bei steigenden Zinsen würden die kurzfristigen Ausfälle sogar noch um das Zwei- bis Dreifache steigen.
Mit Verlaub, da operiert die «NZZ» – so wie auch die Linke – mit falschen Zahlen. Das Parlament hat die Vorlage angepasst. Kurzfristig gibt es praktisch keine Ausfälle, denn nur neue Obligationen sind von der Befreiung der Verrechnungssteuer (VSt) betroffen. Der Bund kommentiert die Auswirkungen der Anpassung wie folgt: «Da Altobligationen nicht von der VSt befreit werden, resultieren zu Beginn deutlich tiefere Mindereinnahmen bei der VSt als in der Botschaft des Bundesrats geschätzt. Gleichzeitig beginnen die von der Reform ausgelösten Impulse zu wirken.»
Das heisst: Bis die behaupteten Steuerausfälle Realität werden, dürfte es Jahre dauern. Und zwar so lange, bis alle bestehenden Anleihen durch neue Obligationen abgelöst sind. In der Zwischenzeit – und dies wird auch von der «NZZ» ausgeblendet – führt die Reform der Verrechnungsteuer zu Mehreinnahmen. Heute wandert das Geschäft mit den Obligationen ins Ausland ab. Wenn es zurückgeholt wird, dann führt es gemäss Bund zu Mehreinnahmen, welche die Mindereinnahmen bei Weitem kompensieren. Die Reform hat deshalb gemäss Bundesrat ein attraktives Kosten-Nutzen-Verhältnis. Kritiker fokussieren einzig auf die Kosten, der Nutzen wird komplett ignoriert. Das ist unredlich. Einen Unternehmer, der gegenüber dem Fiskus nur seine Ausgaben angibt und die Einnahmen verschweigt, würde man zu Recht ins Gefängnis stecken.
Zudem können Bund, Kantone und Gemeinden Geld sparen. Und auch das wird in der falschen Rechnung ausgeblendet. Fällt die Verrechnungssteuer auf Zinsen weg, erhalten sie bei der Finanzierung günstigere Bedingungen. Das ist dem belebten Kapitalmarkt in der Schweiz zu verdanken. Die Steuerzahlerin und der Steuerzahler profitieren erneut. Gemäss Bund liegen die Ersparnisse bei bis zu 200 Millionen Franken pro Jahr. Viel Geld, das der Staat jedes Jahr für sinnvollere Dinge brauchen kann, als Zinsen zu bezahlen.
Profitieren wird auch der Service public in einem weiteren Sinne. So nehmen beispielsweise Spitäler für ihre Ausbauten am Kapitalmarkt Geld auf. Auch sie können bei der Reform mit günstigeren Konditionen rechnen. Das Gleiche gilt für Betriebe des öffentlichen Verkehrs oder Elektrizitätswerke. Ihre Investitionen in Nachhaltigkeit und die Linderung des Klimawandels lassen sich günstiger finanzieren. Und den Konsumentinnen und Konsumenten wird nicht unnötig Geld aus der Tasche gezogen.