Giess­kan­nen­lö­sun­gen sind un­so­li­da­risch

Die 13. AHV-Rente für alle schiesst am Ziel vor­bei. Fakt ist: Den Rent­ne­rin­nen und Rent­nern in der Schweiz geht es gross­mehr­heit­lich gut. Sie sind gar ver­mö­gen­der als die Er­werbs­tä­ti­gen. Eine Um­ver­tei­lung mit der Giess­kan­ne zu­las­ten der er­werbs­tä­ti­gen Ge­ne­ra­ti­on ist un­so­li­da­risch und fi­nan­zi­ell un­ver­nünf­tig.

Das Ziel einer so­zia­len Ge­sell­schaft liegt darin, das Wohl­er­ge­hen ihrer gan­zen Be­völ­ke­rung zu si­chern. Eine Um­ver­tei­lung zu­las­ten der jun­gen Ge­ne­ra­ti­on und der Er­werbs­tä­ti­gen, wie sie die 13. AHV-Rente ver­ur­sa­chen würde, wi­der­spricht die­sem Grund­ge­dan­ken. Die Auf­ga­be der AHV liegt darin, den Grund­be­darf der Be­völ­ke­rung im Alter zu si­chern. Wo sie die­sen Zweck nicht er­fül­len kann, wird sie ge­zielt durch Er­gän­zungs­leis­tun­gen auf­ge­stockt. Eine Giess­kan­nen­lö­sung, die auch Rent­ne­rin­nen und Rent­ner ohne fi­nan­zi­el­len Be­darf be­güns­tigt, ist hin­ge­gen un­fair. Der über­wie­gen­de Teil der Schwei­zer Rent­ne­rin­nen und Rent­ner be­fin­det sich glück­li­cher­wei­se nicht in einer Si­tua­ti­on, in der Er­gän­zungs­leis­tun­gen in An­spruch ge­nom­men wer­den müs­sen.

Der Mehr­heit der Rent­ner geht es fi­nan­zi­ell gut

Eine ganz­heit­li­che Be­trach­tung zeigt, dass brei­te Teile der Be­völ­ke­rung im Alter neben den Leis­tun­gen aus der AHV auch An­spruch auf Ren­ten­ka­pi­tal aus der zwei­ten und drit­ten Säule un­se­res Vor­sor­ge­sys­tems haben. Dass äl­te­re Men­schen über mehr Ka­pi­tal ver­fü­gen als bei­spiels­wei­se jün­ge­re Fa­mi­li­en ist lo­gisch und le­gi­tim. Sie konn­ten ihr Ver­mö­gen über eine län­ge­re Zeit an­spa­ren, um im Alter davon zu pro­fi­tie­ren. Auch un­ab­hän­gig des Vor­sor­ge­ka­pi­tals ver­fü­gen Rent­ner­haus­hal­te über weit­aus hö­he­re Ver­mö­gen als Haus­hal­te mit Per­so­nen im er­werbs­fä­hi­gen Alter. Stu­di­en be­le­gen, dass sich die Ver­mö­gens­si­tua­ti­on von Rent­ne­rin­nen und Rent­ner in viel Fäl­len über die Pen­sio­nie­rung hin­aus ver­bes­sert (Mar­ti­nez 2021). So gehen bei­na­he 60 Pro­zent aller Erb­schaf­ten in der Schweiz an Per­so­nen über 60 Jahre (Brül­hart 2019). Zu den hö­he­ren Ver­mö­gens­wer­ten zäh­len auch Im­mo­bi­li­en. Mehr als die Hälf­te der Rent­ner­haus­hal­te ver­fügt ge­mäss Zah­len des Bun­des­amts für So­zi­al­ver­si­che­run­gen BSV über ein Ei­gen­heim – das re­du­ziert auch die lau­fen­den Kos­ten der be­trof­fe­nen Haus­hal­te. Ins­ge­samt ver­fü­gen Pen­sio­nier­te über ein sechs­mal hö­he­res Net­to­ver­mö­gen als Haus­hal­te mit Per­so­nen im Er­werbs­al­ter (Wan­ner 2023). Es ist darum un­ver­ständ­lich, warum mit der Giess­kan­ne Geld über ver­mö­gen­den Rent­ner­haus­hal­ten aus­ge­schüt­tet wer­den soll, die Er­werbs­tä­ti­gen die Quit­tung dafür aber mit einer Schwä­chung ihrer Kauf­kraft be­rap­pen sol­len.

 

Quelle: Philippe Wanner (2023, die Volkswirtschaft)
Quel­le: Phil­ip­pe Wan­ner (2023, die Volks­wirt­schaft)

 

Um­ver­tei­lung zu­las­ten der Er­werbs­tä­ti­gen ist der fal­sche Weg

Die Idee, dass jede Per­son im Alter ein Leben in Würde füh­ren kann, ist be­rech­tigt. Eine Auf­sto­ckung der Ren­ten mit der Giess­kan­ne schiesst aber am Ziel vor­bei. Wie die Gra­fik zeigt, sind die in­di­vi­du­el­len Le­bens­rea­li­tä­ten sehr un­ter­schied­lich und neben dem Alter auch stark von der Fa­mi­li­en­kon­stel­la­ti­on ab­hän­gig. Statt einer ge­ziel­ten Ver­bes­se­rung der fi­nan­zi­el­len Si­tua­ti­on von är­me­ren Rent­ner­haus­hal­ten, stellt eine 13. Rente eine un­so­li­da­ri­sche Um­ver­tei­lung zwi­schen den Ge­ne­ra­tio­nen dar. Das ist umso stö­ren­der als in fi­nan­zi­ell an­spruchs­vol­len Zei­ten wie heute be­reits ge­nü­gend Her­aus­for­de­run­gen auf die AHV, die Be­völ­ke­rung und den Bun­des­haus­halt zu­kom­men.