Mann forscht mit Mikroskop

Frei­ga­be der Ko­hä­si­ons­mil­li­ar­de: Wich­ti­ge Per­spek­ti­ve für den For­schungs­platz si­chern

Der Bun­des­rat möch­te die zwei­te Ko­hä­si­ons­mil­li­ar­de rasch frei­ge­ben. Auf ex­pli­zi­te po­li­ti­sche Ver­knüp­fun­gen soll ver­zich­tet wer­den. Dies schafft die Vor­aus­set­zung für er­folg­rei­che Ver­hand­lun­gen mit der EU über eine er­neu­te Vol­l­as­so­zia­ti­on bei «Ho­ri­zon Eu­ro­pe». Es ist wich­tig, dass beide eid­ge­nös­si­schen Räte die­sen Be­schluss in der Herbst­ses­si­on be­stä­ti­gen.

Auch mehr als zwei Mo­na­te nach dem bun­des­rät­li­chen Ab­bruch der Ver­hand­lun­gen mit der EU über ein in­sti­tu­tio­nel­les Rah­men­ab­kom­men ist die künf­ti­ge Eu­ro­pa­po­li­tik der Schweiz in der Schwe­be. Und nach­dem die Med­tech-Bran­che be­reits im Juni die­ses Jah­res erste Aus­wir­kun­gen einer Ero­si­on der Bi­la­te­ra­len zu spü­ren bekam, droht nun auch dem Schwei­zer For­schungs- und In­no­va­ti­ons­platz Un­ge­mach. Der Bun­des­rat will diese Ge­fahr mit sei­nem heu­ti­gen Be­schluss adres­sie­ren.

Was will der Bun­des­rat?

Die EU-Kom­mis­si­on hat im Juli die­ses Jahrs be­schlos­sen, die Schweiz im For­schungs­rah­men­pro­gramm Ho­ri­zon Eu­ro­pe neu als nicht-as­so­zi­ier­ten Dritt­staat ein­zu­stu­fen. Über eine mög­li­che Vol­l­as­so­zia­ti­on will sie erst nach der Frei­ga­be der zwei­ten Ko­hä­si­ons­mil­li­ar­de ver­han­deln. Diese hat das eid­ge­nös­si­sche Par­la­ment zwar im Prin­zip be­reits gut­ge­heis­sen, aber an Be­din­gun­gen ge­knüpft.

Kon­kret soll die Frei­ga­be des Be­trags nur dann er­fol­gen, wenn die EU auf dis­kri­mi­nie­ren­de Mass­nah­men gegen die Schweiz ver­zich­tet. Im Kern geht es um die Nicht­an­er­ken­nung der Schwei­zer Bör­sen­re­gu­lie­rung. Der Bun­des­rat be­an­tragt nun dem Par­la­ment, den Bei­trag mög­lichst rasch und ohne po­li­ti­sche Ver­knüp­fung frei­zu­ge­ben.

Warum ist «Ho­ri­zon Eu­ro­pe» für die Schweiz so wich­tig?

Für die Wett­be­werbs­fä­hig­keit des Schwei­zer For­schungs- und In­no­va­ti­ons­stand­orts und die stark in­no­va­ti­ons­ge­trie­be­nen Schwei­zer Un­ter­neh­men ist der mög­lichst um­fas­sen­de Zu­gang zu «Ho­ri­zon Eu­ro­pe» es­sen­zi­ell. Mit einem Ge­samt­bud­get von rund 100 Mil­li­ar­den Euro han­delt es sich um das um­fang­reichs­te For­schungs­rah­men­pro­gramm der Welt. Die ver­schie­de­nen För­der­instru­men­te de­cken prak­tisch die ge­sam­te Wert­schöp­fungs­ket­te ab – von der Grund­la­gen­for­schung über die an­ge­wand­te For­schung bis hin zur tech­no­lo­gi­schen In­no­va­ti­on.

Durch den seit Juni ein­ge­schränk­ten Zu­gang fal­len nicht nur wich­ti­ge fi­nan­zi­el­le För­der­instru­men­te für Schwei­zer For­schungs­ein­rich­tun­gen weg. Dies trifft üb­ri­gens nicht nur Wis­sen­schaft­ler, son­dern auch KMU ganz di­rekt. Noch gra­vie­ren­der ist je­doch der Ver­lust der grund­sätz­li­chen Ko­ope­ra­ti­ons­fä­hig­keit mit EU-For­schungs­ein­rich­tun­gen und der Mög­lich­keit, wich­ti­ge For­schungs­pro­jek­te aus der Schweiz her­aus zu lei­ten.

Wie geht es wei­ter?

Mit der Frei­ga­be der zwei­ten Ko­hä­si­ons­mil­li­ar­de er­hält die Wirt­schaft zwar noch keine Klar­heit über die künf­ti­ge stra­te­gi­sche Aus­ge­stal­tung der Schwei­zer Eu­ro­pa­po­li­tik. Aber die Mass­nah­me schafft die Vor­aus­set­zung für er­folg­rei­che Ver­hand­lun­gen mit der EU über eine er­neu­te Vol­l­as­so­zia­ti­on bei «Ho­ri­zon Eu­ro­pe». Gleich­zei­tig hilft sie, eine Ne­ga­tiv­spi­ra­le in den bi­la­te­ra­len Be­zie­hun­gen mit der EU zu ver­hin­dern.

Ein erst­klas­si­ger For­schungs­platz ist stra­te­gisch von zen­tra­ler Be­deu­tung für den in­no­va­ti­ons­ba­sier­ten Wirt­schafts­stand­ort Schweiz. Des­halb ist es aus Sicht von eco­no­mie­su­is­se wich­tig, dass die Gros­se und Klei­ne Kam­mer an­ge­sichts der neuen Aus­gangs­la­ge die Vor­la­ge noch in die­ser Herbst­ses­si­on ver­ab­schie­den.