Ent­eig­nung: Ta­bu­bruch in der Eu­ro­zo­ne

Als einer der ers­ten Mah­ner hat eco­no­mie­su­is­se 2009 auf die mas­si­ve Ge­fahr der auf­ge­bläh­ten Staats­in­ter­ven­tio­nen zur Be­kämp­fung der Fi­nanz- und Wirt­schafts­kri­se hin­ge­wie­sen. Das waren lei­der keine Kas­san­dra­ru­fe. Die Folge ist be­kannt: Es ent­stand eine Ver­schul­dungs­kri­se son­der­glei­chen. Kurze Zeit da­nach muss­te die Eu­ro­päi­sche Zen­tral­bank et­li­che Län­der der Eu­ro­zo­ne via Ret­tungs­schir­me und spä­ter durch mas­si­ve Auf­käu­fe von Staats­pa­pie­ren vor der Plei­te ret­ten. Par­al­lel dazu haben sich die EU-In­sti­tu­tio­nen stark zen­tra­li­siert: ge­mein­sa­me Fis­kal- und Bud­ge­t­re­geln, ge­mein­sa­me Ban­ken­auf­sicht, ge­mein­sa­me Wirt­schafts­po­li­tik. Kom­men bald ge­mein­sa­me Eu­ro­bonds?

Nun wird in der EU ein wei­te­res Tabu ge­bro­chen: Zy­pern macht der­zeit we­ni­ger als idyl­li­sche Fe­ri­en­des­ti­na­ti­on, son­dern als eu­ro­päi­sches Ei­land mit lee­ren Staats­kas­sen und fak­tisch in­sol­ven­ten Fi­nanz­in­sti­tu­ten von sich reden. Mit der ernst­haft dis­ku­tier­ten «Sta­bi­li­täts­ab­ga­be» auf Bank­ein­la­gen droht nun gar die Tei­lent­eig­nung der Spa­rer. Zu­sam­men mit an­de­ren Ele­men­ten soll diese Mass­nah­me das Land vor dem Kol­laps be­wah­ren. Damit er­fährt die in­ter­ven­tio­nis­ti­sche EU-Po­li­tik der «Ein­zel­fäl­le» mit Zy­pern eine un­rühm­li­che Fort­set­zung. Die EU ver­fügt nach wie vor nicht über klare Re­geln zur Ab­wick­lung von in­sol­ven­ten Ban­ken und Staats­bank­rot­ten. Zudem lässt das Zy­pern-De­ba­kel die Ge­fahr der fi­nan­zi­el­len Ent­eig­nung auch für Bür­ge­rin­nen und Bür­ger an­de­rer Euro-Staa­ten als nicht völ­lig aus­ge­schlos­sen er­schei­nen. Unter die­sen Um­stän­den würde ein brei­ter Abzug von Bank­ein­la­gen das ge­sam­te eu­ro­päi­sche Fi­nanz­sys­tem ge­fähr­den.

Als Nicht-EU-Mit­glied ist die Schweiz zum Zu­schau­en ver­dammt, ob­wohl die Fol­gen auch ihre Wirt­schaft tref­fen kön­nen. Es ist zu be­fürch­ten, dass der Schwei­zer Fran­ken wie­der stär­ker unter Auf­wer­tungs­druck kom­men und un­se­re Na­tio­nal­bank zu wei­te­ren In­ter­ven­tio­nen auf den De­vi­sen­märk­ten ge­nö­tigt wird. Ge­ra­de im Lich­te des dro­hen­den Kol­lap­ses Zy­perns ist des­halb ein kla­res Be­kennt­nis von Po­li­tik und Wirt­schaft zur Wech­sel­kurs­un­ter­gren­ze un­er­läss­lich.