Gewürze

Eine spekulative Initiative mit grossem Schadenspotenzial

Lange kaum beachtet, nimmt die Debatte um die Juso-Spekulationsinitiative nun doch noch Fahrt auf. An der Podiumsdiskussion von ICC Switzerland im Zürcher Volkshaus haben die Kontrahenten engagiert um die möglichen Auswirkungen der Vorlage gestritten, die am 28. Februar zur Abstimmung kommt.

Je mehr Leute sich an der Preisfindung in einem Markt beteiligen, desto besser funktioniere dieser, ist Rolf Stahel überzeugt. Als Finanzchef der traditionsreichen Winterthurer Baumwollhandelsfirma Reinhart sieht er täglich den ausgleichenden Effekt, den Finanzinvestoren bewirken. Wenn frühmorgens die Spekulanten in den USA noch nicht wach sind, seien die Preise auf dem Weltmarkt viel instabiler.

Am Diskussionsanlass, den ICC Switzerland in Zusammenarbeit mit economiesuisse am Mittwochabend im Zürcher Volkshaus durchführte, stand die Wirkung der Spekulation auf den Rohstoffmärkten im Zentrum. Rasch zeigte sich, dass die Meinungen hierzu weit auseinandergehen. Juso-Vertreter Lewin Lempert betonte den enormen Schaden kurzfristiger Preisspitzen, die durch den Herdentrieb bei Spekulanten verstärkt würden. Diese würden Millionen von Menschen in den Hunger treiben. Christian Jörg vom Commodity Club Switzerland bestritt hingegen den Zusammenhang zwischen den Börsen für Rohstoffderivate und den physischen Märkten. Weder der ukrainische Bauer noch der Müller in Bangladesch seien von den Bewegungen an der Chicagoer Börse betroffen.

Bauern brauchen Absicherungsmöglichkeiten

Dass es aus bäuerlicher Sicht keinen Grund für ein totales Spekulationsverbot gibt, betonte auch SVP-Nationalrat Hansjörg Walter. Der Ehrenpräsident des Schweizer Bauernverbands zeigte auf, dass ein Landwirt in einem Entwicklungsland ganz andere Sorgen habe: Er benötige technisches Know-how, einen guten Marktzugang und die Möglichkeit, sich gegen Ernteausfälle abzusichern. Die Juso-Initiative hält Walter für ein untaugliches Instrument gegen den Hunger.

Publizist und Ökonom Markus Mugglin, der für Alliance Sud ein weitgehend positives Gutachten zur Spekulationsstopp-Initiative verfasst hat, räumte zwar ein, dass deren Stossrichtung nicht perfekt sei. Dem Bundesrat, dem Parlament und der Rohstoffbranche warf er jedoch ein mangelndes Problembewusstsein vor. Obwohl in anderen Ländern der Regulierungsbedarf längst erkannt worden sei, habe man sich der Debatte lange Zeit verweigert und reagiere äusserst defensiv.

Steuerausfälle in Zug und Genf befürchtet

Uneinig war man sich in der sehr engagiert geführten, von NZZ-Redaktor Davide Scruzzi geleiteten Diskussion auch darüber, welche Folgen die Initiative für die Schweizer Wirtschaft hätte. Während man seitens der Juso von «höchstens 20 gefährdeten Arbeitsplätzen» spricht, ist man aufseiten der Gegner überzeugt, dass die geforderte Regulierung viele grosse Rohstoffunternehmen aus der Schweiz vertreiben würde.

Die Unterscheidung zwischen erlaubten und verbotenen Termingeschäften sei in der Praxis kaum zu bewerkstelligen, betonte Christian Jörg. Da das neue Verbot nur in der Schweiz wirken würde, zwinge man die Händler geradezu ins Ausland. Dies bekämen vor allem die Kantone Zug und Genf zu spüren – und via kantonalen Finanzausgleich auch alle anderen Kantone.