Eine ausgewogene Finanzpolitik fordert den Abbau von gebundenen Ausgaben
Der Bund soll nicht immer bei denselben Aufgaben sparen. So lautet die Forderung eines Vorstosses in der Sondersession. Weil die gesetzlich gebundenen Ausgaben dabei ausgeklammert bleiben, kann dieses Ziel jedoch nicht erreicht werden. Für einen effizienten Einsatz der Bundesmittel müssen Prioritäten gesetzt werden. Dafür braucht es Flexibilität in allen Aufgabenbereichen – auch in solchen mit gesetzlichen Ausgabenbindungen.
Der Bund soll in Zukunft beim Sparen Prioritäten setzen. Ein entsprechender Vorstoss der Finanzkommission des Nationalrates FK-N (17.3015) wird in der Sondersession behandelt. Ziel ist es, dass nicht immer die gleichen schwach gebundenen Aufgabenbereiche bei Stabilisierungsprogrammen Sparbeiträge leisten müssen. Erwähnt werden explizit die Landwirtschaft und die Armee.
Abgesehen davon, dass auch andere schwach gebundene Aufgaben wie Bildung und Forschung immer wieder von Konsolidierungs-, Aufgabenüberprüfungs- und Stabilisierungsprogrammen betroffen sind, ist der Vorstoss aus einem weiteren Grund fragwürdig: Er klammert den grössten Teil des Bundeshaushalts aus, nämlich die gebundenen Ausgaben.
Was ist das Problem?
Zwei Drittel der Bundesaufgaben sind gesetzlich stark gebunden. Das heisst, dass nicht vom Parlament, sondern von Gesetzes wegen jährlich vorgegeben wird, wie viel Geld der Bund für eine Aufgabe ausgibt. Der Sozialbereich ist beispielsweise fast vollständig gesetzlich gebunden (siehe Abbildung). Ausgabenbindungen schränken die finanzpolitischen Handlungsmöglichkeiten allerdings stark ein. Falls der Bundeshaushalt entlastet werden muss, können notwendige Anpassungen in diesen Bereichen kaum vorgenommen werden. Abbauen müssen stets andere Bereiche – Bereiche ohne gesetzliche Automatismen, beziehungsweise mit tiefem Bindungsgrad.
Die Motion will an den gebundenen Ausgaben explizit nichts ändern. Wenn das Ausgabenwachstum in Bereichen mit fixen Ausgaben jedoch weiterhin nicht eingeschränkt werden soll, bleibt letztlich nur ein Weg, um Defizite zu decken und die Schuldenbremse einzuhalten: höhere Steuern und Abgaben. Ist das nicht gewollt, müssen die gesetzlichen Ausgabenbindungen abgebaut werden (wie das z.B. eine andere Motion der FK-N fordert (17.3259)).
Was fordert economiesuisse?
Im Interesse eines gesunden und qualitativ guten Haushalts fordert economiesuisse seit Jahren mehr Flexibilität bei den gebundenen Ausgaben (z.B. im dossierpolitik zur aktuellen Legislaturfinanzplanung). Konkrete Vorschläge sind:
- Auf neue Ausgabenbindungen ist künftig zu verzichten. Die faktische Erhöhung des Bundesbeitrags an die AHV im Rahmen der Altersvorsorgereform 2020, über welche das Volk am 24. September 2017 abstimmen wird, ist einer der Gründe, der gegen die Vorlage spricht.
- Bestehende Ausgabenbindungen sollen überprüft und aufgehoben oder abgeschwächt werden. Dies insbesondere dort, wo Ausgabenbindungen Mittel für andere Aufgaben verdrängen.
- Bei Fonds, die vom Bund gespiesen werden, sind bei den Einlagen Maximalbeträge vorzusehen. Dies auch, wenn Teile der Einlagen durch spezielle Einnahmen finanziert werden (Zweckfinanzierungen).
- Die AHV ist, wie die IV, vom Bundeshaushalt zu entkoppeln (Bindung AHV-Beitrag an die MwSt.-Einnahmen).
- Die grossen mehrjährigen Finanzbeschlüsse (Zahlungsrahmen) sind als maximales Ausgabendach zu verstehen und geben keinen Anspruch auf volle Ausschöpfung der Mittel.