Eine ak­ti­ve Fi­nanz­po­li­tik un­ter­stützt das Kon­so­li­die­rungs- und Auf­ga­ben­über­prü­fungs­pa­ket

Das Kon­so­li­die­rungs- und Auf­ga­ben­über­prü­fungs­pa­ket 2014 wird in der Som­mer­ses­si­on im Na­tio­nal­rat be­han­delt. Eine Rück­wei­sung löst keine Pro­ble­me und ge­fähr­det die wich­ti­ge Auf­ga­ben­über­prü­fung. Die Wirt­schaft un­ter­stützt eine ak­ti­ve Fi­nanz­po­li­tik, weil sie die Grund­la­ge für die ge­sun­den Staats­fi­nan­zen der Schweiz dar­stellt.
Die ver­gleichs­wei­se gute Ver­fas­sung der öf­fent­li­chen Fi­nan­zen der Schweiz lässt leicht ver­ges­sen, dass vor zehn Jah­ren vor allem dem Bund die Schul­den über den Kopf ge­wach­sen sind. Die ge­samt­schwei­ze­ri­sche Schul­den­quo­te ten­dier­te gegen die 60-Pro­zent-Maas­tricht-Gren­ze, bei der De­fi­zit­quo­te war der Maas­tricht-Schwel­len­wert von drei Pro­zent gar schon über­schrit­ten wor­den. Die meis­ten EU-Staa­ten wären heute froh, sie hät­ten un­se­re Pro­ble­me von da­mals. Den­noch war das Tempo des Schul­den­an­stiegs ra­sant, ein Haupt­grund, warum die Schul­den­brem­se ge­bo­ren und vom Volk 2001 mit Re­kord­zu­stim­mung an­ge­nom­men wurde.

Weil die Schul­den­brem­se keine dau­er­haf­te Neu­ver­schul­dung mehr zu­liess, muss­te der struk­tu­rell über­las­te­te Bun­des­haus­halt zu­erst aus­ge­gli­chen wer­den. Dies taten zwei Ent­las­tungs­pro­gram­me (EPs), die den Bun­des­haus­halt um 5 Mil­li­ar­den Fran­ken oder rund einen Zehn­tel kürz­ten. Seit­her ist der Haus­halt aus­ge­gli­chen, und dank der Schul­den­brem­se wird er es auch blei­ben, so­lan­ge die Vor­ga­ben ein­ge­hal­ten wer­den. Der Bun­des­rat hat die Auf­ga­be, auf Fehl­ent­wick­lun­gen früh­zei­tig hin­zu­wei­sen und Mass­nah­men vor­zu­schla­gen. Das hat er jüngst getan mit dem Kon­so­li­die­rungs- und Auf­ga­ben­über­prü­fungs­pa­ket 2014 (KAP), das die Ein­hal­tung der Schul­den­brem­se bis 2016 si­cher­stel­len soll und dar­über hin­aus Struk­tur­re­for­men für die lang­fris­ti­ge fi­nan­zi­el­le Sta­bi­li­sie­rung ent­hält.

Das KAP 2014 ist auf po­li­ti­schen Wi­der­stand ge­stos­sen. Nicht nur die par­la­men­ta­ri­schen Fach­kom­mis­sio­nen, auch die na­tio­nal­rät­li­che Fi­nanz­kom­mis­si­on hat das Paket in un­hei­li­ger Al­li­anz von Links und Rechts zu­rück­ge­wie­sen. In der Som­mer­ses­si­on ent­schei­det der Na­tio­nal­rat erst­mals über das Paket. Soll­te es end­gül­tig zu­rück­ge­wie­sen wer­den, muss der Bun­des­rat durch ei­ge­ne Mass­nah­men die Ein­hal­tung der Schul­den­brem­se si­cher­stel­len. Das Par­la­ment hätte in die­sem Fall das fi­nanz­po­li­ti­sche Han­deln aus der Hand ge­ge­ben. Das muss nicht sein. Das KAP ist nicht so schlecht wie be­haup­tet:
Sämt­li­che Bun­des­auf­ga­ben wer­den in die not­wen­di­gen Ent­las­tungs­be­mü­hun­gen ein­be­zo­gen. Mass­nah­men, die der Bun­des­rat er­grei­fen kann (Teue­rungs­kor­rek­tu­ren, Kre­dit­sper­ren), neh­men je­doch vor allem die ge­setz­lich stark ge­bun­de­nen Auf­ga­ben und na­ment­lich die gröss­te Bun­des­auf­ga­be, die So­zia­le Wohl­fahrt, aus. Im KAP er­bringt die­ser Be­reich einen an­ge­mes­se­nen Bei­trag, der auch in der Sache ge­recht­fer­tigt ist (mart­kge­rech­te Ver­zin­sung der IV-Schul­den). Ohne So­zia­le Wohl­fahrt müs­sen die üb­ri­gen Be­rei­che einen ent­spre­chend grös­se­ren Bei­trag er­brin­gen.

Auch in der Brei­te setzt das KAP Prio­ri­tä­ten, die vom Par­la­ment auch ab­ge­än­dert wer­den kön­nen. Sehr stark wach­sen­de Auf­ga­ben wie die Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit kön­nen einen grös­se­ren Ent­las­tungs­bei­trag er­brin­gen. Zu­sätz­li­che Teil­auf­ga­ben kön­nen ein­be­zo­gen wer­den. Echte «Ra­sen­mä­her-Me­tho­den» wie Teue­rungs­kor­rek­tu­ren wür­den da­ge­gen bei Auf­ga­ben wie der Bil­dung oder dem Ver­kehr noch stär­ker kür­zen.

Auf frü­her kri­ti­sier­te reine Auf­ga­ben­ver­la­ge­run­gen an die Kan­to­ne wird beim KAP ver­zich­tet, und auch die ge­plan­ten zeit­li­chen Pro­jekt­ver­schie­bun­gen las­sen sich sach­lich recht­fer­ti­gen.

Mit einem Ent­las­tungs­vo­lu­men von ef­fek­tiv unter 600 Mil­lio­nen Fran­ken ist das KAP mass­voll. We­ni­ger als ein Pro­zent der Bun­des­aus­ga­ben sind be­trof­fen. Eine Spar­vor­ga­be, die im Be­reich von Un­ter­neh­men re­gel­mäs­sig ohne Pro­ble­me ak­zep­tiert und auch rea­li­siert wird.

Die De­le­ga­ti­on der «Spar­ar­beit» an den Bun­des­rat würde die Po­li­tik von der Ver­ant­wor­tung ent­bin­den, die sie auch und ge­ra­de in der staats­po­li­tisch zen­tra­len Auf­ga­be der Fi­nanz­po­li­tik hat. Eine ak­ti­ve Fi­nanz­po­li­tik ist auch unter den quan­ti­ta­ti­ven Vor­ga­ben der Schul­den­brem­se mög­lich. Die Si­cher­stel­lung eines qua­li­ta­tiv guten Haus­halts ist nach wie vor Sache der Po­li­tik.

Dies gilt vorab im Zu­sam­men­hang mit dem zwei­ten Punkt des KAP, der Auf­ga­ben­über­prü­fung. Öf­fent­li­che Gel­der ste­hen wie pri­va­te im Wett­be­werb, nicht alles Wünsch­ba­re ist fi­nan­zier­bar, wes­halb Prio­ri­tä­ten ge­setzt wer­den müs­sen. Diese sind nicht für alle Zeit fix, son­dern ver­än­dern sich mit der Ge­sell­schaft und ihren An­sprü­chen. Die Über­prü­fung der Staats­auf­ga­ben, die Re­duk­ti­on von Auf­ga­ben, um Platz für Neues zu schaf­fen, ist des­halb le­gi­tim. Es muss er­laubt sein, auch lange be­ste­hen­de Sub­ven­tio­nen oder ge­setz­li­che Auf­ga­ben­bin­dun­gen zu hin­ter­fra­gen. Mit der Rück­wei­sung des KAP würde das Par­la­ment den wich­ti­gen Pro­zess der Auf­ga­ben­über­prü­fung ge­fähr­den und ein stra­te­gi­sches Pro­jekt zur Dis­po­si­ti­on stel­len, das zu­kunfts­wei­send ist.

Eine ak­ti­ve Fi­nanz­po­li­tik soll­te bei­des sein: kurz­fris­tig (Bud­get) und stra­te­gisch (lang­fris­ti­ge fi­nanz­po­li­ti­sche Her­aus­for­de­run­gen). Nur eine ak­ti­ve, sich ihrer Ver­ant­wor­tung be­wuss­te Fi­nanz­po­li­tik bie­tet die Ge­währ dafür, dass die öf­fent­li­chen Fi­nan­zen nach­hal­tig sind und blei­ben. Das war vor zehn Jah­ren beim Schritt zur Schul­den­brem­se und den EPs so. Und das ist es auch heute wie ak­tu­ell beim KAP und in Zu­kunft, wenn es bei­spiels­wei­se um einen Sta­bi­li­sie­rungs­me­cha­nis­mus gegen die Ver­schul­dung der AHV geht.