Die Pflege braucht keinen Sonderstatus
Mit einer Ausbildungsoffensive und mehr Verantwortung für Pflegende hat der Nationalrat am Dienstag dem Pflegeberuf eine Sonderstellung eingeräumt. Er lehnte zwar die Pflegeinitiative ab, kam ihr aber beim indirekten Gegenvorschlag stark entgegen. Die Wirkung ist unklar. Auch ohne die neue Abrechnungsgruppe plus 469 Millionen Franken für die Ausbildung hätte man den Pflegeberuf attraktiver machen können. Nun ist es am Ständerat, diesen Entscheid zu korrigieren.
Bundesrat Alain Berset hat es in der Ratsdebatte klipp und klar gesagt: Er kenne keinen Fall, bei dem eine neue Leistungserbringergruppe nicht zu Mehrkosten in der Grundversicherung geführt habe. Trotzdem wollte der Rat den Pflegenden ermöglichen, ihre Leistungen ohne Koordination zu verrechnen. Dies widerspricht nicht nur den Prinzipien einer guten Gesundheitsversorgung, sondern auch den Bestrebungen des Bundesrats, die koordinierte Versorgung voranzutreiben. Mit koordinierenden Massnahmen hätte es der Nationalrat in der Hand gehabt, den Pflegenden mehr Verantwortung zu geben, ohne die Prämien unnötig zu belasten.
Bereits heute können Bund und Kantone berechtigte Anliegen der Pflegenden berücksichtigen, was die zahlreichen bereits ergriffenen Massnahmen zeigen. Der Nationalrat sprach jedoch Finanzhilfen im Umfang von 469 Millionen Franken zur Förderung der Ausbildung im Pflegebereich. Aus Sicht von economiesuisse ist das problematisch, denn damit wird eine neue finanzielle Verflechtung zwischen Bund und Kantonen geschaffen. Genau dies wollte jedoch die Föderalismusreform verhindern. Eine klare Aufgabenteilung gehört zu den zentralen Grundsätzen des Schweizer Föderalismus. Nun schafft der Nationalrat eine zusätzliche Verbundaufgabe. Unklare Verantwortlichkeiten führen zu einer ineffizienten Verwendung von Steuergeldern. Darüber hinaus ist es eine Praxisänderung, eine bestimmte Berufsgruppe durch den Bund zu fördern. Der Bundesrat hat den richigen Weg vorgegeben. Er lehnte sowohl Initiative als auch Gegenvorschlag ab. Nun liegt es in der Hand des Ständerats, die richtigen Entscheide zu treffen.