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Der Krieg in der Ukrai­ne ver­schärft die Lie­fer­pro­ble­me

Die jüngs­te Um­fra­ge von eco­no­mie­su­is­se zeigt, dass die Schwie­rig­kei­ten beim Bezug von Vor­pro­duk­ten und Roh­stof­fen auf einem sehr hohen Ni­veau zwar leicht ab­ge­nom­men haben. Mit dem Weg­fall der meis­ten Co­ro­na-Mass­nah­men hätte aber eine deut­li­che­re Ent­span­nung er­war­tet wer­den müs­sen. Der Krieg in der Ukrai­ne ver­schärft die Pro­ble­me nun wie­der. Be­reits jedes zwei­te be­frag­te Schwei­zer Un­ter­neh­men ist in sei­ner Ge­schäfts­tä­tig­keit vom Kon­flikt be­trof­fen.

Auch im Jahr 2022 haben Un­ter­neh­men vor allem mit Lie­fer­eng­päs­sen zu kämp­fen. Der­zeit mel­den noch immer zwei Drit­tel der be­frag­ten Un­ter­neh­men Pro­ble­me beim Bezug von Vor­pro­duk­ten. Die­ser Wert ist zwar tie­fer als im ver­gan­ge­nen No­vem­ber. An­ge­sichts des Weg­falls der meis­ten co­ro­nabe­ding­ten wirt­schaft­li­chen Ein­schrän­kun­gen sind die Lie­fer­schwie­rig­kei­ten je­doch immer noch aus­ser­ge­wöhn­lich gross. Haupt­grund dafür ist der Krieg in der Ukrai­ne, der eine ra­sche­re Nor­ma­li­sie­rung ver­hin­dert. Der Fach­kräf­te­man­gel wird als zweit­meist ge­nann­tes Pro­blem von rund einem Fünf­tel der Fir­men an­ge­führt. Ab­satz­schwie­rig­kei­ten spie­len hin­ge­gen prak­tisch keine Rolle mehr.

Der leich­te Rück­gang der Lie­fer­pro­ble­me ist auf die Lo­cke­rung der Co­ro­na-Mass­nah­men zu­rück­zu­füh­ren: So wur­den pan­de­mie­be­ding­te Ein­schrän­kun­gen im Her­stel­lungs­land von den be­frag­ten Fir­men im Ver­gleich zur letz­ten Um­fra­ge rund ein Drit­tel we­ni­ger häu­fig ge­nannt. Auch Trans­port­pro­ble­me und Schwie­rig­kei­ten mit zu tie­fen Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tä­ten haben in­fol­ge­des­sen etwas ab­ge­nom­men – immer noch auf sehr hohem Ni­veau.

Ukrai­ne-Krieg als neuer Stör­fak­tor

Von einer Ent­span­nung kann nicht ge­spro­chen wer­den. Durch den Krieg Russ­lands gegen die Ukrai­ne droht neues Un­ge­mach. Kurz nach Kriegs­be­ginn nen­nen be­reits 30 Pro­zent den Kon­flikt als Ur­sa­che für die Lie­fer­eng­päs­se. Und rund die Hälf­te der be­frag­ten Un­ter­neh­men gibt an, dass der Krieg Ein­fluss auf ihre Ge­schäfts­tä­tig­keit hat. Knapp ein Fünf­tel ist gar stark be­trof­fen. Über­durch­schnitt­lich oft kom­men diese Mel­dun­gen aus der Che­mie, der Ma­schi­nen-, Elek­tro- und Me­tall­in­dus­trie sowie von Le­bens­mit­tel­pro­du­zen­ten und Gross­händ­lern.

Die Eng­päs­se be­tref­fen wei­ter­hin be­son­ders Roh­stof­fe und Ver­brauchs­gü­ter: 57 Pro­zent der Fir­men geben an, dass es ihnen daran man­gelt. Ge­nannt wer­den bei­spiels­wei­se Alu­mi­ni­um und Holz, aber auch Be­triebs­mit­tel. Ent­spre­chend feh­len nach­ge­la­gert auch Ge­brauchs­gü­ter, wie bei­spiels­wei­se Ma­schi­nen oder Halb­lei­ter. Mehr als jedes drit­te be­frag­te Un­ter­neh­men mel­det in die­ser Ka­te­go­rie Eng­päs­se. Und wei­te­re Schwie­rig­kei­ten zeich­nen sich kriegs­be­dingt beim Im­port von Roh­me­tal­len und me­tall­hal­ti­gen Vor­stof­fen ab. Aber auch an­de­re Pro­duk­te könn­ten auf­grund des Kon­flikts zu­sätz­lich knapp wer­den. Bei­spiels­wei­se ge­ra­de in der Le­bens­mit­tel­in­dus­trie: Die Ukrai­ne gilt als wich­ti­ge Wei­zen- und Spei­se­öl­lie­fe­ran­tin. Das dürf­te dann ver­mehrt auch End­kun­den be­tref­fen. Be­reits heute rap­por­tiert ein Vier­tel der be­frag­ten Fir­men einen Man­gel bei Kon­sum­gü­tern.

Prei­se schnel­len in die Höhe

Die Knapp­heit macht sich im Preis be­merk­bar. Be­reits vor dem Krieg in der Ukrai­ne kam es zu er­heb­li­chen Preis­stei­ge­run­gen bei Roh­stof­fen und Vor­pro­duk­ten. Der Kon­flikt in der Ukrai­ne lässt nun zu­sätz­lich die En­er­gie­prei­se stark an­stei­gen. Ge­mäss den be­frag­ten Bran­chen­ver­tre­tern ist in­fol­ge der ge­stie­ge­nen Roh­stoff- und En­er­gie­prei­se zur­zeit in sämt­li­chen In­dus­trie­zwei­gen ein Preis­an­stieg zu be­ob­ach­ten.

Der Preis­druck dürf­te noch wei­ter zu­neh­men und sich im Er­geb­nis ver­mehrt auf End­pro­duk­te aus­wir­ken. Bei­spiels­wei­se stellt die che­mi­sche In­dus­trie aus Roh­stof­fen Pro­duk­te her, die auch für Dinge un­se­res täg­li­chen Le­bens be­nö­tigt wer­den – von Kunst­stof­fen bis zu Dün­ge­mit­teln. So könn­ten Elek­tro­ge­rä­te, Autos oder Sport­ar­ti­kel wie Fahr­rä­der und E-Bikes teu­rer wer­den, aber auch viele Le­bens­mit­tel. Und auch die Trans­port­kos­ten stei­gen: Hö­he­re Treib­stoff­prei­se ver­teu­ern nicht nur den Trans­port per Schiff und Flug­zeug, son­dern auch mit dem Last­wa­gen. Zudem ver­schärft sich der bei vie­len Lo­gis­tik­un­ter­neh­men oh­ne­hin schon spür­ba­re Fah­rer­man­gel wegen des Ukrai­ne-Kriegs, was die Prei­se wei­ter an­wach­sen lässt. In den nächs­ten sechs Mo­na­ten rech­nen die Un­ter­neh­men über alle Bran­chen hin­weg im Schnitt mit einem Preis­an­stieg von rund fünf Pro­zent.

Sank­tio­nen spie­len eine ge­rin­ge­re Rolle

Die Fol­gen der Sank­tio­nen der west­li­chen Staa­ten gegen Russ­land zeich­nen sich ge­ra­de erst ab. Rund ein Vier­tel der be­frag­ten Un­ter­neh­men ist von die­sen Straf­mass­nah­men be­trof­fen. Oft ge­nannt wird der ein­ge­schränk­te Zah­lungs­ver­kehr mit rus­si­schen Ban­ken. Dies be­trifft so­wohl die Fi­nanz- als auch die Ex­port­in­dus­trie. Eben­falls ma­chen sich Ein­schrän­kun­gen im Luft­ver­kehr be­merk­bar: eu­ro­päi­sche Fracht- und Pas­sa­gier­ma­schi­nen dür­fen Russ­lands Luft­raum nur noch ein­ge­schränkt pas­sie­ren und müs­sen um­ge­lei­tet wer­den. Aus­ser­dem wur­den auch Ex­port­ver­bo­te ver­hängt, bei­spiels­wei­se für Dual-Use-Güter. An­de­rer­seits be­merkt der Tou­ris­mus das Aus­blei­ben rus­si­scher Gäste.

Viele Markt­teil­neh­mer rech­nen zudem damit, dass Russ­land auf­grund der Sank­tio­nen auf ab­seh­ba­re Zeit als Roh­stoff­lie­fe­rant aus­fällt und be­rei­ten sich nun dar­auf vor, dass sich das glo­ba­le An­ge­bot noch wei­ter ver­knappt. Das könn­te neben Öl und Gas auch auf an­de­re wich­ti­ge Roh­stof­fe wie bei­spiels­wei­se Ei­sen­erz oder Ni­ckel zu­tref­fen. Mit einer schnel­len Be­he­bung der Lie­fer­eng­päs­se ist folg­lich nicht zu rech­nen. Im Ge­gen­teil wird sich die Pro­ble­ma­tik kriegs­be­dingt wohl noch wei­ter ver­schär­fen: Fast 80 Pro­zent der be­frag­ten Un­ter­neh­men er­war­ten auch in den kom­men­den sechs Mo­na­ten Be­zugs­pro­ble­me.

Zur De­tail­aus­wer­tung der Um­fra­ge mit zu­sätz­li­chen Er­geb­nis­sen.

Die Um­fra­ge wurde von eco­no­mie­su­is­se vom 2. bis zum 10. März 2022 durch­ge­führt. Teil­ge­nom­men haben 306 Or­ga­ni­sa­tio­nen. Die Um­fra­ge deckt alle Lan­des­tei­le ab. 13 Bran­chen­ver­bän­de haben die Um­fra­ge kon­so­li­diert für ihre Bran­che aus­ge­füllt. Die Aus­wer­tung zeigt ein ak­tu­el­les Stim­mungs­bild der Schwei­zer Wirt­schaft. Die Ant­wor­ten wur­den je­weils nicht ge­wich­tet und die Er­geb­nis­se er­he­ben kei­nen An­spruch auf Re­prä­sen­ta­ti­vi­tät.