Bundesrat Parmelin im Gespräch mit der Schweizer Exportwirtschaft: getrübte Aussichten
Anlässlich des achten «Runden Tisches» haben am Donnerstag hochrangige Wirtschaftsvertretende mit Bundesrat Guy Parmelin über die aktuelle Entwicklung und die Aussichten der Schweizer Exportwirtschaft diskutiert. Im Fokus haben dabei insbesondere die sich abkühlende Exportdynamik, das Freihandelsabkommen, die Europapolitik sowie die neue Welle der Industriepolitik im Ausland gestanden. Auch die Auswirkungen der CS-Übernahme auf die Exportfinanzierung waren ein Thema.
Die vertretenen Schweizer Exportbranchen blicken auf eine recht gute Absatzentwicklung in den letzten Quartalen zurück. Die Dynamik lässt jedoch in den meisten Märkten nach. Die steigenden Zinsen und die hohe Inflation dämpfen die Nachfrage. Die Aussichten für die nächsten Quartale sind getrübt. Diese Erkenntnis kam am achten «Runden Tisch» mit Bundesrat Parmelin und der Exportwirtschaft klar zum Ausdruck. Doch es gibt auch Positives zu berichten: Insbesondere begrüssten die Teilnehmenden die definitive Inkraftsetzung des Abbaus der Industriezölle am 1. Januar 2024. Die Beseitigung dieses Handelshemmnisses leistet einen wichtigen Beitrag zur administrativen Entlastung der Schweizer Unternehmen beim Import und beim Export. Ebenso positiv gewertet wurde die Entscheidung des Bundesrats, dass ein künftiges Investitionskontrollgesetz auf Staatsunternehmen und kritische Infrastrukturen fokussiert sein soll.
Welle der Industriepolitik im Ausland: Gibt es auch Positives für die Schweizer Exportwirtschaft?
Am runden Tisch wurden die Auswirkungen der Industriepolitik in den USA und der EU diskutiert. So wird sich der Subventionswettlauf nicht gut auf die Neuansiedlung von Industrieinvestitionen in der Schweiz auswirken. Auch bei den steigenden Anforderungen an die Lokalisierung von Teilen der Produktion ist von einem negativen Effekt auf den Marktzugang für Schweizer Anbieter in den USA auszugehen. Die Schweiz macht im Vergleich zu den USA und der EU keine Industriepolitik, da sie bessere Erfahrungen mit horizontalen Verbesserungen der Rahmenbedingungen für alle Unternehmen gemacht hat. Zudem waren ausländische Regierungen in der Regel nicht erfolgreich mit der Förderung bestimmter Industrien oder Technologien durch weitreichende Subventionen.
Die positiven Effekte gilt es aber nicht ausser Acht zu lassen: Viele Schweizer Unternehmen haben dank ihrer Direktinvestitionen eigene Produktionsstätten in den USA oder in EU-Ländern. Sie werden also in bestimmten Branchen von einer steigenden Nachfrage nach geförderten Produkten profitieren können.
Verbesserung des Netzes von Freihandelsabkommen
Ein sehr viel wirksameres Instrument als Subventionen für einzelne Industrien und Technologien sind Freihandelsabkommen. Die Wirtschaftsvertretenden haben deshalb die verstärkten Anstrengungen des Bundesrats zum Abschluss neuer und zur Revision bestehender Freihandelsabkommen begrüsst. Hier stehen neue Abkommen mit strategisch wichtigen Partnern wie den Mercosur-Staaten und Indien, aber auch mit kleineren Ländern wie Kosovo und Moldowa im Vordergrund. Bestehende Abkommen mit Ländern wie Chile, China oder Mexiko sollen möglichst bald revidiert werden.
Wann beginnen die Verhandlungen zur Deblockierung der Europapolitik?
Die blockierte Europapolitik wurde von den Teilnehmenden ebenfalls direkt angesprochen. Hier braucht es Lösungen für ein geregeltes Verhältnis mit dem wichtigsten Wirtschaftspartner. Die bereits entstandenen Schäden für den Wirtschaftsstandort werden schon bald akzentuiert – nicht zuletzt, weil die Schweiz beim Forschungsprogramm Horizon Europe nicht assoziiert wurde und sich neue technische Hindernisse beim Handel ergeben. Diese Entwicklung ist folgenschwer für den hiesigen Forschungs- und Innovationsstandort. Mit Blick auf die nächsten Schritte unterstrich Guy Parmelin die Absicht des Bundesrats, mit der EU gute Lösungen zu finden, welche auch innenpolitisch akzeptiert werden.
CS-Übernahme betrifft die Exportfinanzierung
Die Credit Suisse ist für viele Schweizer Unternehmen nicht irgendeine Bank, sondern der wichtigste Partner bei der Exportfinanzierung, der ein umfassendes Angebot und sehr viel Erfahrung aufweist. Entsprechend wichtig wird es für diese sein, wie sich das Finanzierungsangebot nach Abschluss der Übernahme qualitativ und quantitativ gestaltet.
Insgesamt dürfte der internationale Marktzugang für Schweizer Exportunternehmen angesichts geopolitischer Spannungen und zunehmendem Protektionismus in nächster Zeit schwieriger werden. Dies fordert nicht nur die Unternehmen selbst, sondern auch die Schweiz, die ihre Rahmenbedingungen als Exportnation stets verbessern sollte.