Abkommen mit Indien: Meilenstein

Mit dem Freihandelsabkommen mit Indien ist Bundesrat Guy Parmelin und Staatssekretärin Helene Budliger Artieda ein Meilenstein gelungen, den weder die Europäische Union noch die Briten erreicht haben.

Letzte Woche wurde die Botschaft zum Freihandelsabkommen EFTA-Indien ans Parlament überwiesen. Die Zeit drängt. Je rascher das Parlament das Abkommen genehmigt desto eher haben Schweizer Unternehmen einen Konkurrenzvorteil im schnell wachsenden Markt Indiens.

Indien: Hohes Wachstum erwartet

Die Verhandlungen unter der Leitung von Botschafter Schlagenhof waren sehr intensiv. Bis zum Schluss wurde über Zollabbau, Investitionen und Verbesserungen beim Schutz des Geistigen Eigentums gerungen.

Bei Indien wird in den kommenden Jahren ein Wirtschaftswachstum zwischen sechs bis neun Prozent erwartet. Diese hohen Wachstumszahlen haben drei strukturelle Gründe: Erstens ist Indien nicht nur das bevölkerungsreichste Land der Erde, sondern auch sehr jung. Die Hälfte seiner Bevölkerung ist unter dreissig Jahre alt. Zweitens wird Indien in den kommenden Jahren massiv in die eigenen Infrastrukturen investieren. Drittens will sich das Land im globalen Wettbewerb als attraktiver Industriestandort etablieren. Davon wird die Schweizer Exportwirtschaft profitieren können.

Gerade für die Schweizer Exporteure in den Industrien wie Maschinen, Textilien, Uhren, aber auch Medtech, Chemie und Pharma konnten mit dem Abkommen markante Zollreduktionen ausgehandelt werden. Die zum Teil hohen Zölle werden nun über die nächsten zehn Jahre schrittweise abgebaut. Mit dem FHA wird Indien die Zollansätze für 95.3% der Importe von Schweizer Industrieprodukten (ohne Gold) sofort oder mit Übergangsfristen aufheben bzw. teilliberalisieren. Zudem konnte der Schutz des Geistigen Eigentums, welcher ein zentrales Element für die innovationsbasierte Schweizer Exportwirtschaft darstellt, verbessert werden. In Zukunft sind weitere Verbesserungen anzustreben. Des Weiteren enthält das Abkommen ein umfassendes und rechtsverbindliches Kapitel zu Handel und nachhaltige Entwicklung. Es ist das erste Mal, dass Indien im Rahmen eines Freihandelsabkommens solche Verpflichtungen eingeht.

EFTA als strategische Partnerin für Indien

Indien will zu einem der global führenden Industriestandorten aufsteigen. «Make in India» ist Ziel und Programm zugleich. Der Ausbau der Industrie ist auch notwendig, um der jungen Bevölkerung Perspektiven bieten zu können. Hierzu braucht es mehr ausländische Direktinvestitionen. Gerade die Schweiz ist hierbei eine wichtige Partnerin. Unser Land ist die siebtgrösste Direktinvestorin in Indien. Aus diesem Grund wurden im Industriekapitel des Abkommens ambitiöse Ziele deklariert.

Somit ist die Schweizer Aussenwirtschaftspolitik dieses Jahr gut unterwegs: Das Abkommen mit Indien ist ein wichtiger Meilenstein und hat in Zeiten von zunehmendem Protektionismus weltweit Signalwirkung. Da die Warenexporte der Schweiz nach Indien zurzeit nur knapp 2 Milliarden Franken (2022) betragen (ohne Gold), erschliesst das Abkommen neue Potenziale. Die Verhandlungen mit der EU über die Bilateralen III befinden sich in der Schlussphase. Hier geht es um die Sicherung der Marktteilnahme von Schweizer Güterexporten in der Höhe von 138 Milliarden Franken (2022). Die Exportnation Schweiz braucht Beides: Sowohl gute Bedingungen in Drittstaaten wie Indien als auch die Teilnahme am EU-Binnenmarkt.

Die Erstpublikation dieses Beitrags erfolgte am 12. September 2024 in der Weltwoche.