«Bschiss» am Volk bei der IV-Zusatzfinanzierung

Die NZZ spricht zu Recht von einem «Skandal»: Was sich der Nationalrat letzte Woche in Sachen IV-Sanierung geleistet hat, ist unerhört. Einmal mehr wurden politische Versprechen im Rahmen einer Volksabstimmung leichtfertig gebrochen. Wohin es führen kann, wenn Betroffenheitspolitik statt Sachpolitik betrieben wird, zeigt die IV mit ihren 15 Milliarden Franken Schulden eindrücklich. Die Konsequenzen tragen die Steuerzahlenden und die AHV.

​​Als das Volk vor drei Jahren die befristete Zusatzfinanzierung der IV durch eine temporäre Mehrwertsteuererhöhung von 0,4 Prozent knapp guthiess, geschah dies unter vollmundigen Versprechen der Politik, die verbleibende Sanierung des Sozialwerks mit ausgabenseitigen Einsparungen abzuschliessen. Dies ist absolut notwendig, um die Schulden der IV bei der AHV rechtzeitig tilgen zu können. Nur unter dieser Voraussetzung konnte auch die Wirtschaft die befristete Erhöhung der Mehrwertsteuer mittragen. Denn bereits mehrmals wurden einnahmenseitige Massnahmen für die IV getroffen, die strukturellen Probleme aber nie gelöst. Dass der Nationalrat nun das IV-Sparpaket des Bundes um knapp 90 Prozent auf läppische 40 Millionen Franken kürzt, ist nichts anderes als eine bewusste Irreführung der Stimmbürger. Diese wirkt umso schwerwiegender, als vor ein paar Tagen der Ständerat Weichen gestellt hat, um die ebenfalls im Rahmen der Volksabstimmung versprochene Befristung der Mehrwertsteuererhöhung auszuhebeln. Das Ziel: Das aufgeblähte Bahnausbauprogramm finanzieren und alle regionalpolitischen Begehrlichkeiten befriedigen. 

Um diesen doppelten «Bschiss» am Volk zu vermeiden, ist es zwingend, dass sich das Parlament bei der Differenzbereinigung im nächsten Jahr wieder an sein Versprechen erinnert und die finanzpolitischen Fehltritte sowohl bei der IV-Sanierung als auch beim Bahnausbau konsequent korrigiert.