
Bewegung in der Kartellrechtsrevision
Das Wichtigste in Kürze:
- WAK-N legt mit einem Kompromiss den Grundstein für eine differenzierte, wirkungsorientierte Kartellrechtsreform.
- Klarer Reformimpuls: Künftig soll die tatsächliche Marktwirkung im Vordergrund stehen – nicht rechtliche Fiktionen.
- Wirtschaftlich sinnvolle Kooperationen und Verhaltensweisen sollen nicht länger unter Generalverdacht geraten.
Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N) hat an ihrer letzten Sitzung einen entscheidenden Schritt zur Reform des Kartellgesetzes (KG) gemacht. Wie aus ihrer Medienmitteilung hervorgeht, konnte ein tragfähiger Kompromiss bei den umstrittenen Bestimmungen zu Art. 5 und 7 KG gefunden werden. Damit ist der Weg für die Differenz zum Ständerat geebnet.
Die Kommission des Ständerats hatte bereits wesentliche Vorarbeit geleistet, scheiterte jedoch im Plenum mit einem mehrheitsfähigen Konsens. Umso bedeutsamer ist jetzt das klare Signal der WAK-N. Die Kommission bekräftigt den politischen Willen, die bestehenden Unsicherheiten im Wettbewerbsrecht anzugehen und die bestehende starre Praxis zu einer wirkungsorientierten Praxis weiterzuentwickeln.
Weg von rechtlichen Fiktionen – hin zu einer differenzierten Wirkungskontrolle
Der Revisionsdruck im Kartellrecht ist gross. Im Zentrum steht dabei die Erkenntnis, dass das Kartellrecht den Wettbewerb schützen soll – nicht aber wirtschaftlich sinnvolle Kooperationen oder wohlfahrtsfördernde Verhaltensweisen pauschal unterbinden darf. Die bisherige Praxislässt eine differenzierte Beurteilung nicht zu. Auch potenziell wohlfahrtsfördernde und für die Gesamtwirtschaft sinnvolle Konstellationen geraten unter Generalverdacht und können damit gar nicht stattfinden.
Auch die WAK-N anerkennt nun - nach ihrer Schwesterkommission - diesen Missstand und schlägt eine differenzierte Neugewichtung vor, bei der die tatsächlichen Marktwirkungen ins Zentrum rücken. Sie baut damit eine Brücke zur Haltung des Ständerates: Die teils komplexe Abgrenzung zwischen wettbewerbswidrigem und zulässigem Verhalten lässt sich nicht durch rechtliche Fiktionen lösen – sie erfordert eine Analyse im konkreten Einzelfall.
Diese Betrachtungsweise hat sich auch auf europäischer Ebene längst durchgesetzt. Auch dort hat sich die Kartellrechtspraxis von einem ursprünglich formalistischen Ansatz hin zu wirkungsbezogenen Analysen entwickelt. Es ist nun an der Zeit, dies auch in der Schweiz umzusetzen. Wie die HSG-Professoren Miriam Buiten und Peter Hettich kürzlich in einem NZZ-Gastbeitrag dargelegt haben, fehlt es der Schweizer Praxis bislang an dieser ökonomischen Tiefenschärfe.
Der Nationalrat ist am Zug
Jetzt liegt es am Nationalrat, diesen Reformimpuls aufzugreifen und danach am Ständerat, ihn weiterzuführen. Die Voraussetzungen für eine tragfähige Revision des Kartellgesetzes auf Basis des Kompromisses aus der WAK-N sind gegeben. Was es jetzt braucht, ist ein sachlicher, lösungsorientierter Dialog – jenseits überholter Dogmen und ideologischer Gräben.