Warum der Fall der Berliner Mauer auch für die Schweiz wichtig ist
Vor 30 Jahren fiel die Berliner Mauer – und damit das Symbol der Teilung Europas in West und Ost. Dieses Ereignis zieht bis heute direkte Auswirkungen auf die Schweiz nach sich.
Ich erinnere mich an die Nacht des 9. Novembers 1989, als wäre es erst gestern gewesen. Mit dem Fall der Berliner Mauer ereignete sich ein Jahrhundertereignis. Doch was hat das überhaupt mit uns Schweizerinnen und Schweizern zu tun?
Die Überwindung des Eisernen Vorhangs liess Europa wieder zusammenwachsen.
Das Ende des Kalten Krieges ermöglichte Europa eine Friedensdividende: Europa war seit 1945 ein geteilter Kontinent, dominiert durch die Psychologie eines möglichen Dritten Weltkriegs. Nachdem die Berliner Mauer gefallen war, begann Europa den sogenannten Eisernen Vorhang zu überwinden und wuchs wieder zusammen. Die Party auf der Berliner Mauer war eine der ganz wenigen unblutigen Revolutionen in der Geschichte Europas. Das Wettrüsten fand ein Ende und hohe Militärbudgets konnten in der Folge reduziert werden – so auch in der neutralen Schweiz. Gleichzeitig begann ein tiefgreifender Prozess der Zusammenarbeit.
Nach dem Fall der Berliner Mauer integrierte die EU die Länder Ost- und Mitteleuropas. Kaum ein anderes Land profitiert wirtschaftlich an der Teilnahme so stark wie die Schweiz.
Die neu gewonnene Vereinigung Europas bot zudem eine einmalige Chance. Die Staaten Mittel- und Osteuropas traten der EU bei. Schrittweise entstand dadurch der weltweit grösste Binnenmarkt. Dieser ist heute grösser als die Binnenmärkte der USA oder von China. Dank des Abschlusses von bilateralen Abkommen nimmt auch die Schweiz am europäischen Binnenmarkt teil. Gemäss einer Bertelsmann-Studie gibt es sogar kein anderes Land, das von dieser Teilnahme wirtschaftlich so stark profitiert wie unser Land. Diesen erfolgreichen Weg sollten wir fortsetzen.
Heute sind wir dazu aufgerufen, durch mehr Offenheit und internationale Zusammenarbeit Lösungen zu finden – auch 30 Jahre nach dem Fall der Mauer.
Auch wenn die Berliner Mauer vom Volk niedergerissen wurde und diese «Nacht der Freiheit» ein einmaliges Glück für Europa ist, gab es auf der Welt noch nie so viele Mauern wie heute. Die Hälfte davon wurde gemäss dem britischen Autor Tim Marshall nach 2000 erstellt. 65 Länder haben heute ihre Landesgrenzen auf einer Länge von 10'000 Kilometern befestigt. Die Abschottung findet auch in unseren Köpfen statt. Mauern lösen jedoch keine Probleme, sondern sind Symptome von Politikversagen. Deshalb sind wir heute dazu aufgerufen, durch mehr Offenheit und internationale Zusammenarbeit Lösungen zu finden – auch 30 Jahre nach dem Fall der Mauer.