Hat das Bar­geld bald aus­ge­dient?

Mit der neuen 100er-Note sind nun alle Schei­ne der 9. Bank­no­ten­se­rie in Um­lauf. Wird sie als letz­te ihrer Art in die Ge­schich­te ein­ge­hen? Im Zeit­al­ter der di­gi­ta­len Wäh­run­gen scheint die ana­lo­ge Geld­va­ri­an­te eine aus­ster­ben­de Spe­zi­es zu sein. Doch der Schein trügt, zu­min­dest hier­zu­lan­de.

Schwe­den macht es vor: Der Zah­lungs­ver­kehr wird jetzt schon weit­ge­hend elek­tro­nisch ab­ge­wi­ckelt, bis 2030 soll Bar­geld ganz aus dem Land ver­bannt wer­den. Aber die Schweiz tickt an­ders: Das Vor­stel­len einer neuen Note ist ein Me­di­en­er­eig­nis. Noch wäh­rend die Schwei­ze­ri­sche Na­tio­nal­bank (SNB) die Her­aus­ga­be der neuen Bank­no­te ze­le­briert, eilen Men­schen an den Bank­schal­ter, um die ers­ten neuen 100er-Noten un­ge­fal­tet in die Hände zu be­kom­men. Was für ein ko­mi­sches Völk­lein sind denn diese Schwei­zer?

Man mag ar­gu­men­tie­ren, dass Bar­geld er­heb­li­che Kos­ten ver­ur­sacht. Je­den­falls ist das Bar­geld­hand­ling im Ban­ken­sek­tor, im De­tail­han­del und im Rest der Wirt­schaft teuer. Diese Kos­ten könn­ten durch elek­tro­ni­sche Zah­lungs­mit­tel er­heb­lich re­du­ziert wer­den. Steht also das Ende des Bar­gelds kurz bevor?

Bar­geld hat auch Vor­tei­le.

Tot­ge­sag­te leben be­kannt­lich län­ger. Denn Bar­geld hat eben auch Vor­tei­le. Ers­tens funk­tio­niert die­ses alt­be­währ­te Zah­lungs­mit­tel ganz ohne Strom, Tag und Nacht. Man kann es sogar Jahre ein­schlies­sen. Es stellt auch eine Al­ter­na­ti­ve für Leute dar, die be­wusst nicht alles elek­tro­nisch ab­wi­ckeln wol­len. Zwei­tens ist Bar­geld das ein­zi­ge wirk­lich an­ony­me Zah­lungs­mit­tel. Elek­tro­ni­sche Zah­lun­gen kön­nen grund­sätz­lich, auch bei Bit­co­in, rück­ver­folgt wer­den. Klar kann die­ser Vor­teil auch von Kri­mi­nel­len ge­nutzt wer­den, doch diese haben noch immer und über­all Wege ge­fun­den, ihre Tä­tig­kei­ten zu ver­ste­cken. Auch in Schwe­den wird die Ab­kehr vom Bar­geld kei­nen Rück­gang der Kri­mi­na­li­tät mit sich brin­gen. Und die An­ony­mi­täts­ei­gen­schaft von Bank­no­ten ist auch für viele un­be­schol­te­ne Bür­ger wich­tig. Sie haben schlicht ein le­ga­les Be­dürf­nis, dass nie­mand alle ihre Käufe be­ob­ach­ten kann.

Den Um­gang mit Geld zu er­ler­nen, ist be­deu­tend ein­fa­cher, wenn man es an­fasst. 

Drit­tens kommt Bar­geld eine wich­ti­ge er­zie­he­ri­sche Auf­ga­be zu: Es ist be­deu­tend ein­fa­cher, den Um­gang mit Geld zu er­ler­nen, wenn man es an­fas­sen kann. Und vier­tens ver­hin­dert Bar­geld, dass die Zin­sen weit ins Ne­ga­ti­ve sin­ken kön­nen. Bei stark ne­ga­ti­ven Zin­sen wür­den die Men­schen ein­fach ins Bar­geld flüch­ten. Die SNB re­strin­giert sich also selbst, wenn sie Bar­geld wei­ter­hin als wich­ti­ges Zah­lungs­mit­tel pro­pa­giert.

Auch die Schweiz könn­te in Zu­kunft auf Bar­geld ver­zich­ten, aber wir wol­len das nicht. Das nennt man Bar­geld­prä­fe­renz. Ob sich diese mal än­dern wird, das wis­sen die Göt­ter.