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Was­ser­stoff: In­tel­li­gen­te Rah­men­be­din­gun­gen statt In­dus­trie­po­li­tik

Die EU hat heute ihre am­bi­tio­nier­te Was­ser­stoff­stra­te­gie vor­ge­stellt. Auch in der Schweiz wird Was­ser­stoff als En­er­gie­trä­ger und Treib­stoff der Zu­kunft ge­han­delt. Doch wel­che In­stru­men­te braucht es wirk­lich, um der Tech­no­lo­gie zum Durch­bruch zu ver­hel­fen?

Die EU setzt ak­tu­ell auf gros­se Zah­len und An­kün­di­gun­gen: Nach dem «Green Deal» hat sie heute mit der neuen Was­ser­stoff­stra­te­gie ein wei­te­res um­fas­sen­des und fi­nan­zi­ell üppig aus­ge­stat­te­tes Pro­gramm prä­sen­tiert. Sie will Eu­ro­pa damit bei den er­neu­er­ba­ren En­er­gi­en als Vor­rei­te­rin po­si­tio­nie­ren. Kon­kret möch­te die EU-Kom­mis­si­on bis 2030 In­ves­ti­tio­nen in die Ent­wick­lung und Markt­ein­füh­rung von was­ser­stoff­ba­sier­ten Tech­no­lo­gi­en im Um­fang von rund 430 Mil­li­ar­den Euro  aus­lö­sen. Im Mo­bi­li­täts­be­reich soll der Auf­bau eines Tank­stel­len­net­zes und die Markt­durch­drin­gung mit Was­ser­stoff­fahr­zeu­gen mit Nach­druck vor­an­ge­trie­ben wer­den. Die Stra­te­gie ist dabei in­dus­trie­po­li­tisch ge­prägt. Was be­deu­tet dies aus Sicht der Schweiz? Bei ge­naue­rer Be­trach­tung zeigt sich, dass die hie­si­ge Markt­ent­wick­lung auch ohne gross­spu­ri­gen po­li­ti­schen Plan gut vor­wärts­geht. Damit das so bleibt, braucht es vor allem Pla­nungs­si­cher­heit für die in­ves­tie­ren­den Un­ter­neh­men und ge­ziel­te Ver­bes­se­run­gen bei ge­wis­sen Rah­men­be­din­gun­gen. 

Was­ser­stoff und Bat­te­rie gehen bei der Elek­tro­mo­bi­li­tät Hand in Hand

Was­ser­stoff kann im En­er­gie­be­reich als Lang­zeitspei­cher­me­di­um eine wich­ti­ge Rolle ein­neh­men, wenn die Strom­pro­duk­ti­on aus er­neu­er­ba­ren Quel­len wei­ter zu­nimmt. Das gröss­te Po­ten­zi­al be­steht je­doch in der Mo­bi­li­tät, wo die hohe En­er­gie­dich­te, die lo­ka­le Emis­si­ons­frei­heit und wei­te­re prak­ti­sche Vor­tei­le zum Tra­gen kom­men. Was­ser­stoff ist dabei keine Kon­kur­renz­tech­no­lo­gie zur Bat­te­rie, son­dern eine sinn­vol­le Er­gän­zung, die bes­ser auf be­stimm­te An­wen­dungs­be­rei­che zu­ge­schnit­ten ist, ins­be­son­de­re auf schwe­re Fahr­zeu­ge und weite Stre­cken. Auch gibt es hier­zu­lan­de ei­ni­ge spe­zia­li­sier­te Un­ter­neh­men, die im noch jun­gen Was­ser­stoff­markt tätig sind und der Schweiz zu einer viel­ver­spre­chen­den Markt­po­si­ti­on ver­hel­fen.

Markt­durch­drin­gung kommt dank dem Schwer­ver­kehr

Durch die Eig­nung für schwe­re Fahr­zeu­ge sind was­ser­stoff­be­trie­be­ne Elek­tro­an­trie­be in einem Kern­be­reich der Wirt­schaft be­son­ders sinn­voll – dem Gü­ter­ver­kehr. Was­ser­stoff wird hier in den kom­men­den Jah­ren die öko­lo­gi­schen Nach­tei­le der Stras­se ge­gen­über der Bahn wett­ma­chen. Die Wirt­schaft sieht dies als gros­se Chan­ce für den nach­hal­ti­gen, fle­xi­blen und kos­ten­güns­ti­gen Schwer­ver­kehr der Zu­kunft. Hinzu kommt ein wich­ti­ger, po­si­ti­ver Ne­ben­ef­fekt: Die not­wen­di­ge Tank­stel­le­n­in­fra­struk­tur kann auch für den In­di­vi­du­al­ver­kehr ge­nutzt wer­den und dürf­te die Markt­durch­drin­gung mit Was­ser­stoff­fahr­zeu­gen auch im pri­va­ten Be­reich deut­lich be­schleu­ni­gen.

Pri­vat­wirt­schaft­li­che In­itia­ti­ve für Tank­stel­len­aus­bau

Be­reits vor meh­re­ren Jah­ren haben sich ei­ni­ge der gröss­ten Schwei­zer Lo­gis­tik­un­ter­neh­men und Tank­stel­len­be­trei­ber zu­sam­men­ge­tan und sich zum Was­ser­stoff be­kannt. Der För­der­ver­ein H2-Mo­bi­li­tät möch­te bis 2023 in der Schweiz ein flä­chen­de­cken­des Tank­stel­len­netz auf­bau­en und die Fahr­zeug­flot­ten der teil­neh­men­den Un­ter­neh­men um­rüs­ten. Dies ohne po­li­ti­sche Vor­ga­be, in­dus­trie­po­li­ti­sche Ein­grif­fe und ohne Sub­ven­tio­nen, aber dank in­tel­li­gen­ter Rah­men­be­din­gun­gen und eines funk­tio­nie­ren­den «busi­ness case». Diese Rah­men­be­din­gun­gen – ins­be­son­de­re die gel­ten­den Steu­er­er­leich­te­run­gen für Flüs­sig­gas und bio­ge­ne Treib­stof­fe – müs­sen un­be­dingt er­hal­ten blei­ben. Um die Markt­ent­wick­lung zu­sätz­lich zu un­ter­stüt­zen, braucht es wei­te­re, ge­ziel­te Er­leich­te­run­gen, etwa bei den Be­wil­li­gungs­ver­fah­ren zum Auf­bau eines Tank­stel­len­net­zes.

Syn­er­gie­ef­fek­te mit an­de­ren Sek­to­ren

Damit der Ein­satz von Was­ser­stoff in der Mo­bi­li­tät sinn­voll ist, soll­te die darin ge­spei­cher­te En­er­gie vor­zugs­wei­se aus der Über­schuss­pro­duk­ti­on von Solar-, Wind- und Was­ser­kraft stam­men. Dar­aus er­gibt sich für das Spei­cher­me­di­um Was­ser­stoff (und eben­so für an­de­re Gase) ein zu­sätz­li­ches, sehr gros­ses Po­ten­zi­al. Es kann für die zu­künf­ti­ge Kopp­lung von Strom, Wärme und Mo­bi­li­tät das Schar­nier bil­den. eco­no­mie­su­is­se hat im In­fra­struk­tur­be­richt 2019 aus­führ­lich auf die Be­deu­tung die­ser «Sek­tor­kopp­lung» hin­ge­wie­sen. Sol­len diese Syn­er­gi­en für die Mo­bi­li­tät op­ti­mal ge­nutzt wer­den, braucht es einen mög­lichst par­al­le­len Auf­bau von Tank­stel­len­netz, Was­ser­stoff­pro­duk­ti­on und Fahr­zeug­park.

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