Schweiz und Ägypten streben Intensivierung der Wirtschaftsbeziehung an
Bundesrat Parmelin ist in Begleitung einer Wirtschaftsdelegation nach Ägypten gereist. Die Wirtschaftsmission diente der Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen der beiden Länder. Dabei hat sich gezeigt: Politische und wirtschaftliche Reformen Ägyptens werden hierfür ausschlaggebend sein.
Ägypten sei für die Schweiz der wichtigste Handelspartner in Afrika, betonte Bundesrat Guy Parmelin auf seiner Wirtschaftsmission. Zusammen mit Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern aus der Schweiz ist er ins Land am Nil gereist und hat dort den ägyptischen Premierminister und weitere Minister getroffen. Bei offiziellen Gesprächen konnte die Wirtschaftsdelegation unter der Leitung von economiesuisse-Präsident Heinz Karrer die aktuellen Herausforderungen für Schweizer Unternehmen ansprechen. Zur Sprache kamen dabei Themen bezüglich Zulassung, Zollverfahren, Ursprungszeugnisse oder Arbeitsbewilligungen.
Bedeutende Wirtschaftsbeziehungen für Ägypten
Schweizer und ägyptische Unternehmen sind in mehreren Bereichen strategische Partner. Das lässt sich gleich an verschiedenen Beispielen erkennen. So erfolgt einerseits die Modernisierung der ägyptischen Textilbranche durch den Einsatz von Schweizer Know-how und Maschinen. Der Textilsektor macht rund 30 Prozent der ägyptischen Industrieproduktion und zehn Prozent der Gesamtexporte aus. Hier ist das Schweizer Industrieunternehmen Rieter zu erwähnen, welches anlässlich der Wirtschaftsmission einen Auftrag zur Ausrüstung der weltweit grössten Spinnerei mit ihren Textilmaschinen aufgleisen konnte. Bei der Ausbildung von Fachkräften andererseits wurde die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Ägypten im Hotelbereich ausgebaut. Ebenso zentral ist die Ausbildung in technischen Berufen. Hier unterstützt das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco eine ägyptische Ausbildungsstätte in der praxisbezogenen Fachausbildung. Des Weiteren produzieren namhafte Schweizer Firmen in der Nahrungsmittel- und Pharmaindustrie nicht nur für den grossen lokalen Markt mit 100 Millionen Einwohnern, sondern beliefern die ganze Region MENA (Nahost und Nordafrika) und Afrika. Die für Ägypten so wichtigen Öl- und Gasexporte, Schiffstransporte oder der Betrieb grosser Frachtterminals erfolgen zudem ebenfalls häufig durch Schweizer Unternehmen.
Das Land will mehr Textilien oder chemische Produkte in die Schweiz liefern. Gerade im Textilbereich stehen dem jedoch Zollprobleme entgegen, da kein lückenloser Ursprungsnachweis bei der Textilveredelung in anderen europäischen Ländern möglich ist.
Für die Ausschöpfung des grösstmöglichen Potenzials braucht es weitere Reformen
Die Gespräche vor Ort auf Minister- und Expertenebene zeigten den Bedarf an weiteren Reformen auf. Trotz Wirtschaftswachstum von über fünf Prozent in den letzten Jahren gelang es nicht, den Privatsektor zu stärken. Die Armutsquote ist in den letzten Jahren auf 32 Prozent (2018) angestiegen. Die hohe Inflation konnte zwar gesenkt werden, ist aber mit rund 15 Prozent noch immer zu hoch. Staatsunternehmen dominieren viele Teilmärkte. Folglich betonen Weltbankvertreter und unabhängige Wirtschaftsexperten die Notwendigkeit zur Klärung der Rolle des Staates in Ägyptens Wirtschaft.
Wenn das Land weitere Reformen umsetzt, wird es seine geografisch günstige Lage mit dem Zugang zu den arabischen und afrikanischen Ländern besser nutzen können. Der ägyptische Premierminister Moustafa Madbouli betonte in diesem Zusammenhang Reformen in bestimmten Branchen, in welchen private Investitionen aus dem In- und Ausland angesiedelt werden sollen. Er kündigte zudem Privatisierungen von Unternehmen in Staatsbesitz an.