Not­wen­di­ge Re­form der Ver­rech­nungs­steu­er

Bei der Re­form der Ver­rech­nungs­steu­er geht es vor­wärts. Nach einer lan­gen Pla­nungs­pha­se hat der Bun­des­rat die Ziele und Eck­wer­te für eine sol­che Re­form ver­ab­schie­det. Im Vor­der­grund steht die Stär­kung des Schwei­zer Ka­pi­tal­markts. In­ter­na­tio­nal gibt es der­zeit Be­stre­bun­gen, das Steu­er­sub­strat von Fir­men neu zu ver­tei­len. Daher muss sich die Schweiz be­son­ders an­stren­gen, damit Fir­men mög­lichst viele Funk­tio­nen im Land an­sie­deln. Zu den wich­ti­gen Funk­tio­nen ge­hört auch die Fi­nan­zie­rung.

Die Ver­rech­nungs­steu­er auf in­län­di­schen Ob­li­ga­tio­nen ist ein zen­tra­les Pro­blem für den Schwei­zer Ka­pi­tal­markt. Sie be­las­tet aus­län­di­sche An­le­ger, ob­wohl sie diese gar nicht be­tref­fen soll­te. Denn die Ver­rech­nungs­steu­er ist eine Si­che­rungs­steu­er für Schwei­zer Ein­kom­mens­steu­er­pflich­ti­ge. Sie wird heute nach dem Schuld­ner­prin­zip er­ho­ben. Die zins­zah­len­de Schwei­zer Firma zieht die ge­setz­li­che Quel­len­steu­er von 35 Pro­zent ab ohne Mög­lich­keit, nach in- und aus­län­di­schen Emp­fän­gern zu un­ter­schei­den. Aus­län­di­sche In­ves­to­ren kön­nen die Ver­rech­nungs­steu­er zwar zu­rück­for­dern, das Vor­ge­hen ist aber um­ständ­lich und je nach Emp­fän­ger­staat ist die Rück­for­der­bar­keit ein­ge­schränkt. Schwei­zer An­lei­hen sind für aus­län­di­sche An­le­ger des­halb un­at­trak­tiv. Hie­si­ge Un­ter­neh­men wei­chen für die Fi­nan­zie­rung am Ka­pi­tal­markt re­gel­mäs­sig ins Aus­land aus. Der Schwei­zer Ka­pi­tal­markt ist als Folge davon wenig ent­wi­ckelt. Viel Po­ten­zi­al liegt brach – und das seit Jah­ren.

Be­le­bung des Schwei­zer An­lei­hen­markts muss Haupt­ziel sein

Zwei An­läu­fe zur Re­form der Ver­rech­nungs­steu­er sind bis­lang ge­schei­tert. Ein Grund war, dass man zu viel woll­te. Die tech­ni­schen Her­aus­for­de­run­gen einer Re­form der Ver­rech­nungs­steu­er kön­nen er­heb­lich sein. Vor allem, wenn man den Re­form­kreis weit zieht und eine – auch in der prak­ti­schen Ab­wick­lung je­der­zeit lü­cken­lo­se – Re­ge­lung sämt­li­cher denk­ba­rer Sach­ver­hal­te an­strebt. Der Bun­des­rat scheint sich für die Wie­der­auf­nah­me der Re­form nun für eine Fo­kus­sie­rung ent­schie­den zu haben. Die Ele­men­te sind im De­tail noch nicht be­kannt und wer­den Ge­gen­stand einer Ver­nehm­las­sung sein, die im Herbst be­gin­nen soll. Schon heute ist aber klar, dass die Re­form nur eine Chan­ce hat, wenn sie sich auf die Be­le­bung des Schwei­zer An­lei­hen­markts kon­zen­triert und Ne­ben­as­pek­te nur so weit ein­be­zieht, als sie mit ver­nünf­ti­gem Auf­wand prak­tisch um­setz­bar sind. Das gilt ins­be­son­de­re auch für die vom Bun­des­rat an­vi­sier­te Er­wei­te­rung des Si­che­rungs­zwecks. Diese soll da­durch er­reicht wer­den, dass auch Er­trä­ge aus aus­län­di­schen Zins­an­la­gen der Ver­rech­nungs­steu­er un­ter­stellt wer­den.

Fi­nan­zie­rung als wich­ti­ge Funk­ti­on im Kampf um Steu­er­sub­strat

Die Re­form der Ver­rech­nungs­steu­er mit dem Ziel, dass Schwei­zer Fir­men An­lei­hen aus der Schweiz tä­ti­gen, ist ins­be­son­de­re auch wich­tig vor dem Hin­ter­grund der jüngs­ten Ent­wick­lun­gen im Be­reich in­ter­na­tio­na­ler Steu­er­re­for­men. Die OECD strebt be­kannt­lich im Auf­trag der G-20 eine To­tal­re­form der Be­steue­rung von Fir­men an. Diese zielt dar­auf ab, dass Fir­men mehr Ge­win­ne in den Märk­ten ver­steu­ern, wo sie tätig sind, dafür we­ni­ger in den Sitz­staa­ten. Wie die Re­form kon­kret aus­se­hen wird, ist noch un­klar. Mit ers­ten Er­geb­nis­sen ist An­fang 2020 zu rech­nen. Klar ist aber, dass der po­li­ti­sche Druck, an der in­ter­na­tio­na­len Ge­winn­ver­tei­lung etwas zu än­dern, gross ist und dass diese Ent­wick­lung die Schweiz als einen der welt­weit füh­ren­den Fir­men­stand­or­te ne­ga­tiv tref­fen wird. Im Kampf um Steu­er­sub­strat wer­den die­je­ni­gen Staa­ten die schlech­te­ren Kar­ten haben, die wenig Fir­men­sub­stanz auf­zu­wei­sen haben. Die Zei­ten, in denen an einem Stand­ort auf Basis we­ni­ger Ver­wal­tungs­ak­ti­vi­tä­ten gros­se Fir­men­ge­win­ne ver­steu­ert wer­den konn­ten, sind vor­bei. Zen­tra­le Un­ter­neh­mens­funk­tio­nen wie die For­schung und Ent­wick­lung, aber auch die Fi­nan­zie­rung, sind wich­ti­ge Fak­to­ren, die für die Be­steue­rung an einem be­stimm­ten Stand­ort spre­chen. Das wird auch künf­tig so sein, wenn noch ver­mehrt um Zu­tei­lung von Ge­win­nen zwi­schen Staa­ten ge­strit­ten wer­den wird. Nur wer star­ke Ar­gu­men­te in der Hand hat, kann künf­tig als Staat noch auf Be­steue­rungs­rech­te po­chen. Darum braucht es Re­for­men, die den Stand­ort stär­ken und Fir­men zur An­sied­lung von Funk­tio­nen mo­ti­vie­ren. Diese Re­for­men lie­gen nicht nur, aber auch im Steu­er­be­reich. Die Re­form der Ver­rech­nungs­steu­er ge­hört ganz ent­schei­dend dazu.