Ukraine: Wichtiger Markt mit gewissen Tücken
Exporte und Investitionen aus der Schweiz in die Ukraine erholen sich langsam, aber allmählich, nachdem sie 2014 stark eingebrochen sind. An der 12. Gemischten Wirtschaftskommission zwischen der Schweiz und der Ukraine in Bern besprachen die Delegationen die für Schweizer Unternehmen wichtigen Themen.
Positiv gestimmt, aber vorsichtig – so lauten die Rückmeldungen vieler Schweizer Unternehmen, wenn sie zu ihrer Geschäftstätigkeit in der Ukraine befragt werden. An der 12. Gemischten Wirtschaftskommission zwischen der Schweiz und der Ukraine in Bern besprachen die Delegationen beider Länder die für Schweizer Unternehmen erfreulichen Entwicklungen im bilateralen Handel, aber auch die Tücken. Geleitet wurde die Kommission von Staatssekretär Oleksii Perevezentsev auf ukrainischer und Botschafter Erwin Bollinger auf Schweizer Seite.
Reformen und wirtschaftliche Erholung
Die Exporte (2018: plus 37 Prozent) und Investitionen (die Schweiz rangiert auf Platz fünf) aus der Schweiz in die Ukraine erholen sich allmählich, nachdem sie 2014 durch die Krimkrise stark eingebrochen sind. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) hat 2018 immerhin um 3,3 Prozent zugenommen. Positiv stimmen die Unternehmen auch die Reformen, die die Regierung im öffentlichen Beschaffungswesen, bei den Gaspreisen (Annährung an Marktpreise), gegen die Korruption und im Bankensektor angestossen hat. Schwierigkeiten im bilateralen Handel haben abgenommen, berichten involvierte Wirtschaftsvertreter. Ein wichtiger Schritt dazu war beispielsweise der Beitritt der Ukraine zur PEM-Konvention (die Paneuropa-Mittelmeer-Konvention erlaubt eine Ursprungskumulierung in derselben Region), was die Zollkosten in stark verzweigten Wertschöpfungsketten senkt.
Die Ukraine ist grundsätzlich ein sehr interessanter Markt für Schweizer Unternehmen. Mit knapp 45 Millionen Einwohnern ist sie bevölkerungsmässig das siebtgrösste Land Europas. Die Lohnkosten sind tief und gleichzeitig ist die Distanz zur Schweiz nicht immens. Unter anderem in der Agrarindustrie (das Land besitzt einen Drittel der gesamten europäischen Ackerfläche), im IT-Bereich und der Infrastruktur – sowohl im Bau von Strassen, bei der Bahn sowie Schiffs- und Flughäfen – ist viel Potenzial vorhanden, das genutzt werden will.
Unsichere mittel- und langfristige Perspektiven
Andererseits scheuen sich die Schweizer Unternehmen, mittel- und langfristige Prognosen und Investitionen zu tätigen. Gründe dafür sind unter anderem die latente Kriegsgefahr im Osten des Landes, die nach wie vor hohe Korruption und viel Bürokratie. Auch dass sehr viele qualifizierte Arbeitskräfte in den Westen abwandern, macht den Unternehmen zu schaffen.
Staatssekretär Perevezentsev lud die Schweizer Vertreter an der Gemischten Wirtschaftskommission ein, sich mit den angesprochenen Problemen direkt an die entsprechenden Kontaktpersonen zu wenden. Die letzten Monate haben gezeigt, dass dieser pragmatische Ansatz der ukrainischen Behörden gut funktioniert – so konnten bereits viele Firmenanliegen innert kurzer Zeit adressiert werden.