Weltwirtschaft surft auf Wachstumswelle. Wie lange noch?
Der IMF hat die Wachstumsprognosen für die Weltwirtschaft nach unten angepasst. So soll die Weltwirtschaft in diesem und im nächsten Jahr um 0,2 Prozentpunkte weniger wachsen. Erstaunlicherweise findet diese Nachricht relativ grossen Widerhall in der Presse. Obwohl eine Anpassung erwartet worden und diese zudem noch lediglich moderat ausgefallen ist. Was ist geschehen?
*gekürzte Fassung. Artikel erschien am 18. Oktober 2018 in der Handelszeitung.
Es blieb kaum jemanden verborgen, dass die wirtschaftspolitische Unsicherheit in letzter Zeit stark zugenommen hat. Die USA und China sind nahe dran, den Handelskonflikt endgültig eskalieren zu lassen. In Italien zündeln die Populisten im Budgetstreit mit der EU. Länder wie die Türkei oder Argentinien ächzen unter Inflation und Abwertung der eigenen Währung und es bleibt unklar, wie darauf reagiert wird. In Europa stellt sich langsam die Frage, wann der Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik beginnt und welche Veränderungen dieser mit sich bringt. Und schliesslich ist das Seil, an dem das Damoklesschwert eines harten Brexits hängt, gefährlich dünn geworden.
Man kann nun den IMF vereinfacht so interpretieren: Die Weltwirtschaft surft auf einer ziemlich soliden globalen Wachstumswelle, die seit 2016 ihren weiteren Verlauf nimmt. Die wirtschaftspolitische Unsicherheit hat kurzfristig noch keine schlimmen Auswirkungen, sollte nicht gerade die schlimmste Wendung eintreten. Die Handelszölle sind schlecht und drücken auf die Weltwirtschaft. Doch kurzfristige Stimuli wie die Steuerreform in den USA oder die anhaltende Politik des billigen Geldes überdecken solche Probleme noch.
Wenn die Staaten ihre Hausaufgaben nicht machen, wird es ab 2020 kritisch.
Doch wenn die Staaten ihre Hausaufgaben nicht machen, wird es ab 2020 kritisch. Denn erstens hat die weltweite Verschuldung seit dem Ausbruch der Finanzmarktkrise um über die Hälfte zugenommen. Zweitens läuft die Phase des billigen Geldes aus. So wird erst 2020 ein wirklicher Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik vollzogen. Und drittens beginnt sich dann auch weltweit die demografische Entwicklung negativ auszuwirken. Im Vergleich zur bescheidenen Produktivitätsentwicklung in den letzten Jahren sind dies keine frohen Nachrichten.
Wirtschaftspolitik sollte halt doch ein langfristiges Geschäft sein. Der Schaden von Zöllen, Handelsbarrieren, überbordenden Staatsausgaben und Ähnlichem mag während einer Wachstumswelle nicht so deutlich zutage treten. Wenn diese aber abebbt, werden sich die Fehler der Vergangenheit umso stärker bemerkbar machen. Die Mahnung des IMF an die Staaten, die Probleme jetzt und entschieden anzugehen, wird hoffentlich auch gehört werden.