Son­der­ses­si­on Na­tio­nal­rat 2017

Wäh­rend drei­er Tage hat der Na­tio­nal­rat im Rah­men einer Son­der­ses­si­on de­bat­tiert. eco­no­mie­su­is­se kom­men­tiert aus­ge­wähl­te Be­schlüs­se, die für die Wirt­schaft von Be­deu­tung sind.  

Son­der­ses­si­on

Wei­te­re Bun­des­aus­ga­ben im Auf­ga­ben­ge­biet der Kan­to­ne  

Mit die­ser Vor­la­ge wird der Bun­des­rat er­mäch­tigt, wäh­rend fünf Jah­ren zu­sätz­lich ins­ge­samt 100 Mil­lio­nen Fran­ken aus­zu­ge­ben, um die fa­mi­li­en­er­gän­zen­de Kin­der­be­treu­ung zu sub­ven­tio­nie­ren. Die Fi­nanz­hil­fen sol­len als An­schub­fi­nan­zie­run­gen haupt­säch­lich an die Kan­to­ne flies­sen. Ver­pflich­ten die Kan­to­ne die Ar­beit­ge­ber, sich an der Fi­nan­zie­rung der fa­mi­li­en­er­gän­zen­den Kin­der­be­treu­ung zu be­tei­li­gen, wird dies bei den Fi­nanz­hil­fen des Bun­des be­rück­sich­tigt.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se hat die Vor­la­ge aus staats-, fi­nanz- und steu­er­po­li­ti­schen Grün­den zur Ab­leh­nung emp­foh­len. Dies aus fol­gen­den Grün­den: 

Ver­fas­sungs­mäs­si­ge Auf­ga­ben­tei­lung be­wah­ren 
Die fö­de­ra­le Ar­beits­tei­lung zwi­schen Bund und Kan­to­nen ist klar be­stimmt und zu re­spek­tie­ren: Fa­mi­li­en- und Kin­der­po­li­tik ist eine Auf­ga­be der Kan­to­ne, und das soll sie blei­ben. Dem Bund sind hier keine neuen Kom­pe­ten­zen zu geben. 

Kein Spiel­raum für wei­te­re Bun­des­aus­ga­ben 
Bevor neue Aus­ga­ben be­schlos­sen wer­den, ist der Haus­halts­aus­gleich ge­mäss der An­for­de­rung der Schul­den­brem­se si­cher­zu­stel­len. 

Über­re­gu­lie­rung stop­pen 
Die Vor­la­ge er­laubt dem Bun­des­rat, die Kan­to­ne mit An­rei­zen dazu zu ani­mie­ren, für die Ar­beit­ge­ber zu­sätz­li­che Pflich­ten zur Kos­ten­be­tei­li­gung ein­zu­füh­ren. eco­no­mie­su­is­se lehnt sol­che Pflich­ten, die den Fak­tor Ar­beit ver­teu­ern, ent­schie­den ab. Wo immer mög­lich, gilt es auf wei­te­re Re­gu­lie­run­gen zu ver­zich­ten. Die Wett­be­werbs­fä­hig­keit der Schweiz lei­det be­reits heute unter zu viel Bü­ro­kra­tie und hohen Ar­beits­kos­ten. 

Ver­wal­tung nicht wei­ter auf­blä­hen 
Mit jeder neuen Bun­des­auf­ga­be wird die Bun­des­ver­wal­tung wei­ter aus­ge­baut. Das Par­la­ment hat sich für eine Pla­fo­nie­rung beim Be­stand des Bun­des­per­so­nals aus­ge­spro­chen. Die­sem Be­schluss ist end­lich Rech­nung zu tra­gen. Zur Ab­wick­lung der neuen Sub­ven­tio­nen be­darf es nicht nur neuer Stel­len beim Bund; auch bei den Kan­to­nen und Ge­mein­den wird in der Folge die be­ste­hen­de Ver­wal­tung er­wei­tert, zum Nach­teil der Steu­er­zah­ler. 

Sub­ven­tio­nen ver­feh­len ihr Ziel 
Die Sub­ven­tio­nen im Rah­men die­ser Vor­la­ge er­hö­hen die Ver­ein­bar­keit von Beruf und Fa­mi­lie nicht nach­hal­tig. Sie ver­puf­fen auf­grund von Mit­nah­me­ef­fek­ten teil­wei­se ohne An­reiz­wir­kung und stel­len für wich­ti­ge Pro­blem­as­pek­te keine Lö­sung dar. So lohnt sich bei vie­len Haus­hal­ten auch mit ver­güns­tig­ten Krip­pen­plät­zen ein Zweit­ein­kom­men nicht. Dies unter an­de­rem, weil Dritt­be­treu­ungs­kos­ten nur be­schränkt vom steu­er­ba­ren Ein­kom­men ab­ge­zo­gen wer­den kön­nen.

Al­ter­na­tiv­vor­schlag der Wirt­schaft: sach­ge­rech­te Steu­er­ab­zü­ge
Wenn die Ver­ein­bar­keit von Beruf und Fa­mi­lie ver­bes­sert wer­den soll, hat dies über ge­ziel­te und ef­fi­zi­en­te Mass­nah­men zu er­fol­gen: wie zum Bei­spiel über einen hö­he­ren Steu­er­ab­zug für Fremd­be­treu­ungs­kos­ten. Ein sol­cher Steu­er­ab­zug hat drei Vor­tei­le: Er geht mit einem po­si­ti­ven Be­schäf­ti­gungs­ef­fekt ein­her, fi­nan­ziert sich lang­fris­tig selbst und wirkt nicht ver­zer­rend auf den Ent­scheid der Er­werbs­auf­nah­me. Das Eid­ge­nös­si­sche Fi­nanz­de­par­te­ment (EFD) hat eine ent­spre­chen­de Vor­la­ge in die Ver­nehm­las­sung ge­schickt. 

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Stän­de­rat hatte die Vor­la­ge in der Früh­jahrs­ses­si­on 2017 an­ge­nom­men und die Mit­tel in der vom Bun­des­rat ge­wünsch­ten Höhe ge­neh­migt. 

Die­sem Ent­scheid ist der Na­tio­nal­rat nun in der Son­der­ses­si­on ge­folgt. Damit ist der erste Teil der Vor­la­ge (Ge­set­zes­än­de­rung) be­reit für die Schluss­ab­stim­mung und der zwei­te Teil (Fi­nan­zie­rungs­be­schluss) be­reits ver­ab­schie­det. 

eco­no­mie­su­is­se be­dau­ert die­sen Ent­scheid und wird sich wei­ter­hin dafür ein­set­zen, dass die Ver­ein­bar­keit von Beruf und Fa­mi­lie künf­tig durch steu­er­li­che Ab­zü­ge statt durch Bun­des­sub­ven­tio­nen ge­för­dert wird. 

 

 

Fal­sche Me­di­zin gegen wach­sen­de Aus­ga­ben­bin­dun­gen 

Mit die­ser Mo­ti­on soll eine neue Prio­ri­tä­ten­ord­nung für Spar­mass­nah­men fest­ge­legt wer­den. Heute gibt das Ge­setz le­dig­lich in all­ge­mei­ner Form vor, wie der Bund bei einem dro­hen­den Bud­get­de­fi­zit vor­zu­ge­hen hat. Die Mo­ti­on ver­langt, dass ei­ner­seits in Zu­kunft ge­ziel­ter auf ganze Aus­ga­ben­pos­ten ver­zich­tet wird, statt viele ver­schie­de­ne Bud­get­pos­ten ge­ring­fü­gig zu kor­ri­gie­ren. An­de­rer­seits sol­len vor­ran­gig jene Bun­des­aus­ga­ben ge­senkt wer­den, die wäh­rend der vor­gän­gi­gen fünf Le­gis­la­tur­pe­ri­oden am stärks­ten ge­wach­sen sind. Für ge­setz­li­che An­sprü­che (Aus­ga­ben­bin­dun­gen) sieht die Mo­ti­on aber einen Vor­be­halt vor.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, die Mo­ti­on ab­zu­leh­nen. 

Mo­ti­on ver­schärft Ein­sei­tig­keit der Haus­halts­kor­rek­tu­ren 
Zwei Drit­tel der Bun­des­aus­ga­ben sind heute ge­setz­lich stark ge­bun­den, das heisst die Aus­ga­ben wer­den von ge­setz­li­chen Me­cha­nis­men fest­ge­legt und nicht durch das Par­la­ment. In den ver­gan­ge­nen Jah­ren waren ge­setz­lich schwach ge­bun­de­ne Bun­des­aus­ga­ben daher über­pro­por­tio­nal von Spar­mass­nah­men be­trof­fen, wäh­rend stark ge­bun­de­ne Aus­ga­ben kaum kor­ri­giert wur­den. Dies läuft einer aus­ge­wo­ge­nen Auf­ga­ben­fi­nan­zie­rung ent­ge­gen. Die Mo­ti­on än­dert an die­ser Pro­blem­stel­lung nichts. Dies, weil sie aus­drück­lich fest­hält, dass ge­setz­li­che An­sprü­che vor­be­hal­ten blei­ben. Indem die Mo­ti­on Auf­ga­ben­ge­bie­te ohne star­kes Aus­ga­ben­wachs­tum von Kor­rek­tur­mass­nah­men zu­sätz­lich aus­neh­men will, ver­engt sie den Hand­lungs­spiel­raum bei er­for­der­li­chen Kor­rek­tu­ren wei­ter. 

Aus­ga­ben­bin­dun­gen mit ef­fek­ti­ven Mit­teln re­du­zie­ren 
Die Lö­sung für das Pro­blem der ein­sei­ti­gen Ent­las­tungs­mass­nah­men kann aus Sicht der Wirt­schaft ein­zig darin be­ste­hen, den hohen Grad an Aus­ga­ben­bin­dung im Bun­des­haus­halt zu re­du­zie­ren. Soll die Po­li­tik Hand­lungs­spiel­raum zu­rück­ge­win­nen, müs­sen die star­ken Aus­ga­ben­bin­dun­gen re­du­ziert wer­den. 

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat hat die Mo­ti­on in der Son­der­ses­si­on 2017 als Er­strat mit 99 zu 84 Stim­men an­ge­nom­men. 

eco­no­mie­su­is­se be­dau­ert den Ent­scheid des Na­tio­nal­rats und emp­fiehlt dem Stän­de­rat, die Mo­ti­on als Zweitrat ab­zu­leh­nen.

Dem­nächst wird das Par­la­ment aus­ser­dem eine Mo­ti­on der Fi­nanz­kom­mis­si­on des Na­tio­nal­rats be­han­deln, wel­che einen Abbau der Aus­ga­ben­bin­dun­gen im Bun­des­haus­halt ver­langt (17.3259 «Ge­bun­de­ne Aus­ga­ben re­du­zie­ren»). Diese Mo­ti­on wird eco­no­mie­su­is­se un­ter­stüt­zen, da sie im Ge­gen­satz zur vor­lie­gen­den Mo­ti­on am rich­ti­gen Ort an­setzt.