Son­der­ses­si­on Na­tio­nal­rat

Die zwei­tä­gi­ge Son­der­ses­si­on des Na­tio­nal­rats stand aber­mals unter dem Ein­fluss der Pan­de­mie. Trak­tan­diert waren je­doch nicht nur Covid-19-Vor­la­gen. Aber be­son­ders bei die­sen – sie dürf­ten ob der ak­tu­ell erns­ten Si­tua­ti­on spe­zi­ell unter Druck ge­ra­ten sein – fan­den ord­nungs­po­li­ti­sche An­lie­gen der Wirt­schaft und auch war­nen­de Ap­pel­le des Fi­nanz­mi­nis­ters wenig Gehör.

Die Ses­si­on im Über­blick

Ob­ge­nann­tes trifft so­wohl auf das Covid-19-Ge­schäfts­mie­te­ge­setz als auch auf das So­li­dar­bürg­schafts­ge­setz zu. Auf Ers­te­res ist der Na­tio­nal­rat ein­ge­tre­ten, ob­wohl es un­ver­hält­nis­mäs­si­ge Ein­grif­fe in ver­fas­sungs­mäs­sig ga­ran­tier­te Grund­rech­te ver­langt. Des­sen Kom­mis­si­on soll­te des­halb bei der De­tail­be­ra­tung kor­ri­gie­rend ein­grei­fen. Zwei­te­res hat die Gros­se Kam­mer mit drei ge­wich­ti­gen Än­de­run­gen ge­gen­über dem Stän­de­rat an­ge­nom­men. So will der Na­tio­nal­rat ver­län­ger­te Rück­zah­lungs­fris­ten bei den Kre­di­ten und einen Null­zins­satz über die ge­sam­te Lauf­dau­er. Die mah­nen­den Worte von Bun­des­rat Ueli Mau­rer, dass wegen der ver­län­ger­ten Rück­zah­lungs­fris­ten 135'000 Ver­trä­ge neu ge­schrie­ben wer­den müss­ten und dies der Rechts­si­cher­heit ins­ge­samt ab­träg­lich sei, ver­hall­ten bei der Mehr­heit un­ge­hört. Aus Sicht von eco­no­mie­su­is­se un­ver­ständ­lich ist der Ent­scheid, dass Un­ter­neh­men, die einen Covid-Kre­dit be­an­spru­chen, wäh­rend die­ser Dauer nicht ein­mal Di­vi­den­den und Tan­tie­men be­schlies­sen dür­fen. Dass diese nicht aus­be­zahlt wer­den dür­fen, ist hin­ge­gen nach­voll­zieh­bar. Nun ist der Stän­de­rat wie­der an der Reihe. Er soll­te an sei­nem ur­sprüng­li­chen Ent­scheid fest­hal­ten.

Vom Ses­si­ons­pro­gramm ganz ge­stri­chen wurde die Mo­ti­on, wel­che ver­langt, dass aus­ser­or­dent­li­che Aus­ga­ben zur Be­wäl­ti­gung der Co­ro­na-Pan­de­mie nicht auf das Amor­ti­sa­ti­ons­kon­to, son­dern als «Staats­schul­den» ge­bucht wer­den.

Schliess­lich hat der Na­tio­nal­rat in der Schluss­ab­stim­mung die Vor­la­ge über eine Neu­re­ge­lung des Zu­gangs zi­vi­ler Ak­teu­re zum Par­la­ments­ge­bäu­de ver­senkt. Damit bleibt alles beim Alten.

Mie­ter von Ge­schäfts­lie­gen­schaf­ten sol­len für die Pe­ri­ode der Zwangs­schlies­sun­gen oder star­ken Ein­schrän­kung im Früh­jahr auf­grund der Co­ro­na-Krise nur 40 Pro­zent des Miet­zin­ses be­zah­len müs­sen – der Rest sol­len die Ver­mie­ter be­rap­pen. Dies ver­langt der Ge­set­zes­vor­schlag des Bun­des­rats, wel­chen er zur Um­set­zung zwei­er Mo­tio­nen aus­ge­ar­bei­tet hat. Dass damit rück­wir­kend in be­ste­hen­de pri­vat­recht­li­che Ver­trags­ver­hält­nis­se ein­ge­grif­fen würde, ist für die Wirt­schaft in­ak­zep­ta­bel. Nicht zu­letzt wür­den damit in vie­len Fäl­len güt­li­che und part­ner­schaft­li­che Ei­ni­gun­gen ver­hin­dert und es würde eine ekla­tan­te Un­gleich­be­hand­lung von Ver­mie­tern und Mie­tern ge­schaf­fen. Der Na­tio­nal­rat soll­te des­halb der Kom­mis­si­ons­mehr­heit fol­gen und nicht auf das Ge­setz ein­tre­ten.

Weit­ge­hend un­ter­stüt­zend äus­sert sich die Wirt­schaft hin­ge­gen zur Über­füh­rung der be­fris­te­ten So­li­dar­bürg­schafts­ver­ord­nung ins Ge­setz – so zum Bei­spiel mit Blick auf die Prä­zi­sie­rung des Neu­in­ves­ti­ti­ons­ver­bots und auf die Miss­brauchs­be­kämp­fung auch nach der Kre­dit­ver­ga­be. All­fäl­lig wei­te­re Ab­wei­chun­gen von der Not­ver­ord­nung sind mit Au­gen­mass vor­zu­neh­men. Ins­be­son­de­re ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass wei­te­re «Er­leich­te­run­gen» zu einer Un­gleich­be­hand­lung zwi­schen Un­ter­neh­men mit COVID-19-Kre­dit und sol­chen ohne COVID-19-Kre­dit füh­ren.

Eine Mo­ti­on der na­tio­nal­rät­li­chen Fi­nanz­kom­mis­si­on ver­langt, dass aus­ser­or­dent­li­che Aus­ga­ben zur Be­wäl­ti­gung der Co­ro­na-Pan­de­mie nicht ge­mäss Schul­den­brem­se auf das Amor­ti­sa­ti­ons­kon­to ge­bucht wer­den sol­len, son­dern als «Staats­schul­den». eco­no­mie­su­is­se lehnt die­ses An­sin­nen ent­schie­den ab. Die Co­ro­na-Pan­de­mie darf kein Prä­ze­denz­fall sein, die Schul­den­brem­se bei ihrem ers­ten rich­ti­gen «Stress­test» aus­ser Kraft zu set­zen. Viel­mehr soll das Par­la­ment die ge­setz­li­chen Mög­lich­kei­ten nut­zen, wel­che in be­son­de­ren Fäl­len eine Frist­ver­län­ge­rung für den Abbau der Co­ro­na-Schul­den vor­se­hen.

Der Di­rekt­kon­takt zwi­schen der Po­li­tik und zi­vil­ge­sell­schaft­li­chen Ak­teu­ren ist Teil der di­rek­ten De­mo­kra­tie der Schweiz und für deren Ak­zep­tanz un­ab­ding­bar. Im Rah­men der Um­set­zung der par­la­men­ta­ri­schen In­itia­ti­ve Ber­be­rat, wel­che die Ein­füh­rung eines Ak­kre­di­tie­rungs­sys­tems für Lob­by­is­tin­nen und Lob­by­is­ten ver­langt, plä­diert eco­no­mie­su­is­se denn auch für einen wei­ter­hin ein­fa­chen und un­bü­ro­kra­ti­schen Zu­gang zum Par­la­ment und der Wan­del­hal­le.

De­tail­aus­füh­run­gen zu aus­ge­wähl­ten Vor­la­gen lesen Sie nach­ste­hend.

Na­tio­nal­rat

KON­ZEPT DER SPK-N: ENOR­ME ZU­SÄTZ­LI­CHE BÜ­RO­KRA­TIE – TRANS­PA­RENZ BLEIBT AUF DER STRE­CKE

2016 haben die Räte nach ei­ni­gem Hin und Her einer Par­la­men­ta­ri­schen In­itia­ti­ve Folge ge­ge­ben, die die Ein­füh­rung eines Ak­kre­di­tie­rungs­sys­tems für Lob­by­is­tin­nen und Lob­by­is­ten ver­langt, wel­che Zu­tritt zum Par­la­ments­ge­bäu­de wün­schen. Es soll des­halb ein öf­fent­lich ein­seh­ba­res, durch die Par­la­ments­diens­te lau­fend zu ak­tua­li­sie­ren­des Re­gis­ter ein­ge­führt wer­den, in wel­chem sich Lob­by­is­tin­nen und Lob­by­is­ten ein­zu­tra­gen und jedes Man­dat und all­fäl­li­ge Ar­beit­ge­ber zu mel­den haben.

Mit der vor­lie­gen­den Än­de­rung des Par­la­ments­ge­set­zes (ParlG) und der ent­spre­chen­den Ver­ord­nung (Par­la­ments­ver­wal­tungs­ver­ord­nung, ParlVV) soll die Par­la­men­ta­ri­sche In­itia­ti­ve um­ge­setzt wer­den.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

In­ter­es­sen­ver­tre­tung in allen Be­rei­chen der Wirt­schafts­po­li­tik ge­gen­über Po­li­tik, Be­hör­den und der Öf­fent­lich­keit ge­hört zum Kern­auf­trag von eco­no­mie­su­is­se. Für den Dach­ver­band ist es zen­tral, die­sem Auf­trag nach­kom­men zu kön­nen, und zwar ohne über­mäs­sig bü­ro­kra­ti­sche Hür­den über­win­den zu müs­sen oder gar (Wett­be­werbs-)Nach­tei­le ge­gen­über an­de­ren In­ter­es­sen­ver­tre­tun­gen zu er­lei­den.

Der Di­rekt­kon­takt zwi­schen der Po­li­tik und zi­vil­ge­sell­schaft­li­chen Ak­teu­ren ist Teil der di­rek­ten De­mo­kra­tie der Schweiz und für deren Ak­zep­tanz un­ab­ding­bar. Der Kon­takt soll trans­pa­rent er­fol­gen, In­ter­es­sen sind of­fen­zu­le­gen. Die Mög­lich­keit des di­rek­ten Kon­takts muss je­doch brei­ten Krei­sen of­fen­ste­hen, ge­ra­de um be­fürch­te­te ein­sei­ti­ge Ein­fluss­nah­men aus­zu­schlies­sen.

Der Zu­tritt zum Par­la­ments­ge­bäu­de – ein­schliess­lich der Wan­del­hal­le wäh­rend der Ses­sio­nen – er­leich­tert den Aus­tausch mit und den Kon­takt zu Rats­mit­glie­dern aller Par­tei­en sowie ihren Mit­ar­bei­ten­den er­heb­lich. Er ent­spricht der li­be­ra­len, bür­ger­na­hen Grund­auf­fas­sung, auf dem das po­li­ti­sche Sys­tem der Schweiz und na­ment­lich das Mi­liz­sys­tem be­ru­hen. Ein­schrän­kun­gen bei der Zu­gäng­lich­keit der Eid­ge­nös­si­schen Räte lie­fen Ge­fahr, als eli­tä­re Mass­nah­me ver­stan­den zu wer­den, die der Ak­zep­tanz und Glaub­wür­dig­keit der eid­ge­nös­si­schen Po­li­tik ab­träg­lich ist. Auf stark ein­schrän­ken­de Be­stim­mun­gen, wie sie die na­tio­nal­rät­li­che Um­set­zung der Pa.​Iv. Ber­be­rat nun vor­sieht, ist des­halb zu ver­zich­ten.

Würde die Zu­gäng­lich­keit der Eid­ge­nös­si­schen Räte ein­ge­schränkt, wäre dies auch der Trans­pa­renz nicht för­der­lich. Der «Po­lit­be­trieb» würde noch stär­ker als ab­ge­ho­ben auf­ge­fasst und von ein­sei­ti­gen In­ter­es­sen mit pri­vi­le­gier­tem Zu­gang be­ein­flusst. Wür­den künf­tig In­ter­es­sen­ver­tre­ter als per­sön­li­che Mit­ar­bei­ten­de von Rats­mit­glie­dern an­ge­stellt und er­hiel­ten sie damit auch noch Ein­sicht in Kom­mis­si­ons­un­ter­la­gen, kann dies kaum der all­ge­mei­nen Trans­pa­renz die­nen. Auch dürf­ten Tref­fen von In­ter­es­sen­grup­pen mit Rats­mit­glie­dern künf­tig im Ver­steck­ten – da nicht mehr für alle sicht­bar in der Wan­del­hal­le – statt­fin­den. Wer von einem sol­chen Sys­tem­wech­sel pro­fi­tie­ren würde, er­schliesst sich uns nicht.

eco­no­mie­su­is­se plä­diert für einen wei­ter­hin ein­fa­chen und un­bü­ro­kra­ti­schen Zu­gang zu Par­la­ment und Wan­del­hal­le. Ob dafür das gel­ten­de Sys­tem bei­be­hal­ten wird oder ein Ak­kre­di­tie­rungs­me­cha­nis­mus ge­schaf­fen wird, ist für uns nicht ent­schei­dend.

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat be­han­delt die Ent­wür­fe in der Son­der­ses­si­on 2020 als Zweitrat.

Die Klei­ne Kam­mer hat sich in der Win­ter­ses­si­on 2018 auf eine mi­ni­ma­le Ge­set­zes­an­pas­sung ei­ni­gen kön­nen (mit 24 zu 14 Stim­men). Im Ge­gen­satz zum Auf­trag der Par­la­men­ta­ri­schen In­itia­ti­ve sieht die­ser nicht die Ein­füh­rung eines Ak­kre­di­tie­rungs­sys­tems vor, son­dern hält grund­sätz­lich am be­ste­hen­den Badge-Sys­tem fest: Ge­mäss die­sen An­pas­sun­gen müs­sen (1) Agen­tur­lob­by­is­ten vor dem Be­such im Par­la­ments­ge­bäu­de künf­tig ihre Auf­trä­ge kon­kret an­ge­ben; müs­sen Ta­ges­gäs­te (2) im Par­la­ments­ge­bäu­de künf­tig dau­ernd von dem sie ein­la­den­den Rats­mit­glied be­glei­tet wer­den und dür­fen (3) Alt­par­la­men­ta­ri­er ihre Dau­er­bad­ges be­hal­ten, un­ter­ste­hen aber, wenn sie lob­by­ie­ren, den­sel­ben Of­fen­le­gungs­pflich­ten wie die üb­ri­gen In­ter­es­sen­ver­tre­ter.

Der Na­tio­nal­rat ist nach einem ers­ten Nicht­ein­tre­tensent­scheid im Juni 2019 im De­zem­ber 2019 in neuer Zu­sam­men­set­zung auf die Vor­la­ge ein­ge­tre­ten. Des­sen Staats­po­li­ti­sche Kom­mis­si­on (SPK-NR) hat die Vor­la­ge nun kom­plett um­ge­baut. Sie legt ein Kon­zept vor, wo­nach In­ter­es­sen­ver­tre­te­rin­nen und -ver­tre­ter nur noch einen Dau­er­badge er­hal­ten kön­nen, so­fern sie als per­sön­li­che Mit­ar­bei­te­rin oder Mit­ar­bei­ter eines Rats­mit­glieds an­ge­stellt sind oder zu des­sen Fa­mi­lie zäh­len. Allen an­de­ren Per­so­nen wird der Zu­tritt zu einem ein­ge­schränk­ten Teil des Par­la­ments­ge­bäu­des le­dig­lich noch als Be­su­che­rin­nen und Be­su­cher ge­währt. Sie müs­sen dafür einen Ta­ges­aus­weis lösen und sich vor­gän­gig unter Ein­hal­tung um­fas­sen­der Of­fen­le­gungs­pflich­ten an­mel­den – der Zu­tritt zur Wan­del­hal­le ist ihnen künf­tig ver­wehrt.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat hat die Vor­la­ge in der Ge­samt­ab­stim­mung ab­ge­lehnt. Damit ist sie vom Tisch und alles bleibt beim Alten. Für die Wirt­schaft ent­schei­dend ist ein wei­ter­hin ein­fa­cher und un­bü­ro­kra­ti­scher Zu­gang zu Par­la­ment und Wan­del­hal­le. Der Kon­takt zwi­schen zi­vil­ge­sell­schaft­li­chen Ak­teu­ren und der Po­li­tik soll aber trans­pa­rent er­fol­gen und In­ter­es­sen sind of­fen­zu­le­gen.

WIRT­SCHAFT BE­GRÜSST ENT­WURF WEIT­GE­HEND – SCHLÄGT JE­DOCH PUNK­TU­ELL AN­PAS­SUN­GEN VOR

Die auf dem Hö­he­punkt der COVID-19-Krise als Not­ver­ord­nung er­las­se­ne und damit be­fris­te­te COVID-19-So­li­dar­bürg­schafts­ver­ord­nung vom 25. März 2020 soll ins or­dent­li­che (Ge­set­zes-)Recht über­führt wer­den. Bis zum In­kraft­tre­ten des hier­für vor­ge­schla­ge­nen Covid-19-So­li­dar­bürg­schafts­ge­set­zes («SBüG») soll die Not­ver­ord­nung des Bun­des­rats fort­gel­ten.

Der vor­lie­gen­de Ge­set­zes­ent­wurf re­gelt die Rech­te und Pflich­ten der vier an­er­kann­ten Bürg­schafts­or­ga­ni­sa­tio­nen, ins­be­son­de­re für den Fall, dass die Ban­ken re­spek­ti­ve die Post­Fi­nan­ce AG die Bürg­schaf­ten zie­hen und die Kre­dit­for­de­run­gen somit auf die Bürg­schafts­or­ga­ni­sa­tio­nen über­ge­hen. Gleich­zei­tig re­gelt das neue Ge­setz alle wich­ti­gen As­pek­te wäh­rend der Lauf­zeit der Kre­di­te und Bürg­schaf­ten. Zudem ent­hält es In­stru­men­te für die Miss­brauchs­be­kämp­fung und die Be­hand­lung von Här­te­fäl­len.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, die Vor­la­ge mit Än­de­run­gen an­zu­neh­men. Die Wirt­schaft be­grüsst mehr­heit­lich die im Ver­hält­nis zur Ver­ord­nung vor­ge­nom­me­nen An­pas­sun­gen, dar­un­ter unter an­de­rem die Lo­cke­rung des Neu­in­ves­ti­ti­ons­ver­bots sowie die Miss­brauchs­be­kämp­fung auch nach der Kre­dit­ver­ga­be. All­fäl­lig wei­te­re Ab­wei­chun­gen von der Not­ver­ord­nung sind mit Au­gen­mass vor­zu­neh­men. Ins­be­son­de­re ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass wei­te­re «Er­leich­te­run­gen» zu einer Un­gleich­be­hand­lung zwi­schen Un­ter­neh­men mit COVID-19-Kre­dit und sol­chen ohne COVID-19-Kre­dit füh­ren.

Mass­vol­le An­pas­sung der be­ste­hen­den Re­strik­tio­nen

Damit die COVID-19-Kre­di­te nicht miss­braucht wer­den, ist eine Aus­zah­lung mit Ein­schrän­kun­gen für das be­zie­hen­de Un­ter­neh­men ver­bun­den. Dabei gilt es aber eine Ba­lan­ce zwi­schen Miss­brauchs­be­kämp­fung und über­mäs­si­ger Ein­schrän­kung zu fin­den. Als Folge der be­ste­hen­den Re­strik­tio­nen hal­ten sich viele Un­ter­neh­men in der Be­an­spru­chung der Li­qui­di­täts­kre­di­te zu­rück. 

  • Neu­in­ves­ti­tio­nen: eco­no­mie­su­is­se be­grüsst, dass neue In­ves­ti­tio­nen zu­läs­sig wer­den sol­len. Nur so kön­nen die Ge­sell­schaf­ten kon­kur­renz­fä­hig blei­ben. Schwei­zer Un­ter­neh­men sind dar­auf an­ge­wie­sen, In­ves­ti­tio­nen, zum Bei­spiel in die Di­gi­ta­li­sie­rung, zur Stei­ge­rung der Ef­fi­zi­enz zu tä­ti­gen. Diese An­pas­sung ist auch des­halb wich­tig, weil die Ab­gren­zung zwi­schen Neu- und Er­satz­in­ves­ti­tio­nen in der Pra­xis zu­wei­len mit er­heb­li­chen Schwie­rig­kei­ten ver­bun­den ist und die dar­aus re­sul­tie­ren­den Un­si­cher­hei­ten im Ge­schäfts­ver­kehr die Kre­dit­neh­men­den wie auch die An­bie­ter be­las­ten. Das In­ves­ti­ti­ons­ver­bot soll­te aber um­ge­hend auf­ge­ho­ben wer­den, umso mehr, als die be­ab­sich­tig­te Re­ge­lung zu stos­sen­den Un­gleich­be­hand­lun­gen von Kre­dit­neh­me­rin­nen und Kre­dit­neh­mern füh­ren kann. 
  • Di­vi­den­den: Das ab­so­lu­te Ver­bot zur Be­zah­lung von Di­vi­den­den geht in vie­len Fäl­len zu weit. Aus die­sem Grund soll­te – zu­min­dest in Här­te­fäl­len – die Mög­lich­keit be­ste­hen, Di­vi­den­den­zah­lun­gen vor­zu­neh­men. Um Miss­bräu­che zu ver­hin­dern, soll­te dies aber nur nach vor­gän­gi­ger Ge­neh­mi­gung durch die zu­stän­di­ge Bürg­schafts­or­ga­ni­sa­ti­on oder die Zen­tral­stel­le der Bürg­schafts­or­ga­ni­sa­tio­nen zu­läs­sig sein. Falls man sich die­ser Ein­schät­zung nicht an­schlies­sen will, gilt es, der Ver­si­on des Bun­des­rats zu fol­gen.

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat be­han­delt den Ge­set­zes­ent­wurf in der Son­der­ses­si­on 2020 als Er­strat.

Die WAK-NR be­an­tragt mit knap­pen Mehr­hei­ten ge­wich­ti­ge Än­de­run­gen am Ent­wurf des Bun­des­rats, na­ment­lich die Ver­län­ge­rung der Amor­ti­sa­ti­ons­frist auf acht Jahre und den Bei­be­halt des bei der Kre­dit­ver­ga­be ver­ein­bar­ten Zins­sat­zes wäh­rend acht Jah­ren. In der Ge­samt­ab­stim­mung hat die Kom­mis­si­on den Ge­set­zes­ent­wurf ein­stim­mig an­ge­nom­men.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Die gros­se Kam­mer hat der Vor­la­ge zu­ge­stimmt, schlägt aber in drei zen­tra­len Punk­ten Än­de­run­gen vor: So soll die re­gu­lä­re Rück­zah­lungs­frist von Bürg­schafts­kre­di­ten von fünf auf acht Jahre ver­län­gert wer­den. Diese Kre­di­te sol­len aus­ser­dem bis 2028 zins­los blei­ben. Schliess­lich dür­fen Un­ter­neh­men, die ihre Kre­di­te noch nicht voll­stän­dig zu­rück­be­zahlt haben, keine Di­vi­den­den und Tan­tie­men be­schlies­sen.

Die be­schos­se­nen Ab­wei­chun­gen sind ord­nungs­po­li­tisch frag­wür­dig. Ins­be­son­de­re ist das Fest­schrei­ben eines Null­zin­ses ab­zu­leh­nen. Bei an­zie­hen­der Wirt­schafts­kraft und stei­gen­den Zin­sen ist es im In­ter­es­se aller Be­tei­lig­ten, wenn die ver­bürg­ten Kre­di­te rasch zu­rück­be­zahlt wer­den. Bei einem fi­xier­ten (Null-)Zins könn­te das EFD je­doch nicht auf die Markt­ent­wick­lung an­ge­mes­sen re­agie­ren und es gäbe bspw. bei einem sich deut­lich ver­än­dern­den, an­stei­gen­den Zins- und Markt­um­feld kei­nen An­reiz, die Kre­di­te rasch zu­rück­zu­füh­ren.

Eben­so ist es nicht zweck­mäs­sig, für alle Kre­dit­neh­mer – un­ge­ach­tet ihrer wirt­schaft­li­chen Si­tua­ti­on – die Amor­ti­sa­ti­ons­frist von 5 auf 8 Jahre zu ver­län­gern. Der Vor­schlag des Bun­des­rats, wo­nach bei Här­te­fäl­len die or­dent­li­che Amor­ti­sa­ti­ons­frist von 5 Jah­ren um wei­te­re 5 Jahre ver­län­gert wer­den kann, stellt einen guten Kom­pro­miss zwi­schen Kre­dit­neh­mer, Ban­ken und Bund (Steu­er­zah­ler) dar und trägt auch der wirt­schaft­li­chen Si­tua­ti­on der Kre­dit­neh­mer aus­rei­chend Rech­nung.

AUS­UFERN­DER STAAT­LI­CHER EIN­GRIFF VER­HIN­DERT PART­NER­SCHAFT­LI­CHE EI­NI­GUN­GEN

Na­tio­nal- und Stän­de­rat haben in der Som­mer­ses­si­on 2020 zwei gleich­lau­ten­den Kom­mis­si­ons­mo­tio­nen (20.3451 und 20.3460) zu­ge­stimmt, mit denen der Bun­des­rat be­auf­tragt wurde, eine ge­setz­li­che Re­ge­lung im Be­reich der Ge­schäfts­mie­ten vor­zu­le­gen.

Die Vor­la­ge des Bun­des­rats sieht vor, dass Mie­te­rin­nen und Mie­ter, die im Früh­jahr 2020 auf­grund von Covid-19 von einer Schlies­sung oder star­ken Ein­schrän­kung be­trof­fen waren, für diese Pe­ri­ode 40 Pro­zent des Miet­zin­ses be­zah­len. 60 Pro­zent gehen zu­las­ten der Ver­mie­te­rin­nen und Ver­mie­ter.

Der Vor­ent­wurf der Vor­la­ge wurde in der Ver­nehm­las­sung sehr kon­tro­vers auf­ge­nom­men, wes­halb der Bun­des­rat bei der Ver­ab­schie­dung der Bot­schaft am 18. Sep­tem­ber 2020 dar­auf ver­zich­te­te, dem Par­la­ment die Zu­stim­mung zum Ge­set­zes­ent­wurf zu be­an­tra­gen.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, der Mehr­heit der RK-NR zu fol­gen und nicht auf den Ge­set­zes­ent­wurf ein­zu­tre­ten.

Un­ver­hält­nis­mäs­si­ger Ein­griff in die Grund­rech­te

Die Bun­des­ver­fas­sung ga­ran­tiert das Ei­gen­tum (Art. 26 BV) und die Wirt­schafts­frei­heit (Art. 27 BV). Ein­grif­fe in diese Grund­rech­te dür­fen unter an­de­rem nur er­fol­gen, wenn sie ver­hält­nis­mäs­sig sind. Diese Vor­aus­set­zung wird mit der Vor­la­ge nicht er­füllt. Sie stellt ein will­kür­lich kon­zi­pier­tes Ent­eig­nungs­kon­zept dar, wel­ches – un­ab­hän­gig von der wirt­schaft­li­chen Leis­tungs­fä­hig­keit der Mie­ter – die Fol­gen einer his­to­risch her­aus­ra­gen­den Krise in einem beid­sei­ti­gen Rechts­ver­hält­nis aus­schliess­lich auf die Ver­mie­ter ab­wälzt.

Kon­trä­re Wir­kung

Das Covid-19-Ge­schäfts­mie­te­ge­setz rich­tet volks­wirt­schaft­li­chen Scha­den an, statt Nut­zen zu stif­ten. Es schafft zu­sätz­li­che Rechts­un­si­cher­heit. Das Ge­setz ver­hin­dert in vie­len Fäl­len güt­li­che und part­ner­schaft­li­che Ei­ni­gun­gen und es schafft eine ekla­tan­te Un­gleich­be­hand­lung von Ver­mie­tern und Mie­tern.

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat be­han­delt den Ge­set­zes­ent­wurf in der Son­der­ses­si­on 2020 als Er­strat.

Die RK-NR spricht sich mit 14 zu 11 Stim­men gegen den Ge­set­zes­ent­wurf aus. Die Kom­mis­si­on emp­fin­det es ins­be­son­de­re als stos­send, dass mit dem Ge­setz rück­wir­kend in be­ste­hen­de pri­vat­recht­li­che Ver­trags­ver­hält­nis­se ein­ge­grif­fen würde. Die Mehr­heit ist der An­sicht, dass dies ein un­ver­hält­nis­mäs­si­ger, ver­fas­sungs­wid­ri­ger Ein­griff in be­ste­hen­de ver­trag­li­che Rech­te be­deu­ten würde.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat ist mit 91 zu 89 Stim­men bei 4 Ent­hal­tun­gen denk­bar knapp auf die Vor­la­ge ein­ge­tre­ten. Die­ses Ein­tre­ten ist aus Sicht der Wirt­schaft be­dau­er­lich, stellt doch der Ge­set­zes­ent­wurf ein will­kür­li­ches Ent­eig­nungs­kon­zept und damit einen un­ver­hält­nis­mäs­si­gen Ein­griff in die Grund­rech­te dar. Nicht zu­letzt ver­hin­dert das Ge­setz in vie­len Fäl­len auch be­reits ge­trof­fe­ne, part­ner­schaft­li­che Ei­ni­gun­gen zwi­schen Mie­ter und Ver­mie­ter. Die Rechts­kom­mis­si­on des Na­tio­nal­ra­tes (RK-N) soll­te des­halb in der De­tail­be­ra­tung un­be­dingt kor­ri­gie­rend ein­grei­fen.

CO­RO­NA-KRISE DARF KEIN PRÄ­ZE­DENZ­FALL FÜR DIE AUF­HE­BUNG DER SCHUL­DEN­BREM­SE SEIN

Ge­mäss Er­gän­zungs­re­gel der Schul­den­brem­se wer­den aus­ser­or­dent­li­che Aus­ga­ben im Fall einer aus­ser­ge­wöhn­li­chen und vom Bund nicht steu­er­ba­ren Ent­wick­lung im aus­ser­or­dent­li­chen Haus­halt auf dem Amor­ti­sa­ti­ons­kon­to ver­bucht. Das Fi­nanz­haus­halts­ge­setz ver­langt, dass Fehl­be­trä­ge auf dem Amor­ti­sa­ti­ons­kon­to in­ner­halb von sechs Jah­ren durch Kür­zung der or­dent­li­chen Aus­ga­ben aus­ge­gli­chen wer­den. In be­son­de­ren Fäl­len kann das Par­la­ment diese Frist ver­län­gern.

Die Mo­ti­on ver­langt, dass die aus­ser­or­dent­li­chen Aus­ga­ben zur Be­wäl­ti­gung der Co­ro­na-Pan­de­mie nicht ge­mäss Schul­den­brem­se auf das Amor­ti­sa­ti­ons­kon­to ge­bucht wer­den, son­dern aus­ser­halb der Schul­den­brem­se als «Staats­schul­den».

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, die Mo­ti­on ab­zu­leh­nen.

Zur Be­wäl­ti­gung der Krise haben Bun­des­rat und Par­la­ment Not­mass­nah­men von über 70 Mil­li­ar­den Fran­ken be­schlos­sen. Weil nicht alle be­schlos­se­nen Mass­nah­men zu einem un­mit­tel­ba­ren Mit­tel­ab­fluss füh­ren, bzw. weil ab­seh­bar nicht alle be­wil­lig­ten Mit­tel aus­ge­schöpft wer­den, wird für 2020 mit einem Fehl­be­trag auf dem Amor­ti­sa­ti­ons­kon­to von gut 15 Mil­li­ar­den Fran­ken ge­rech­net. Dies ist bei Wei­tem nicht so viel, wie (bei Ein­rei­chung der Mo­ti­on) er­war­tet wor­den war.

Mo­ti­on ver­langt eine gra­vie­ren­de Ver­let­zung der Schul­den­brem­se

Die Bun­des­ver­fas­sung ver­langt vom Bund, seine Ein­nah­men und die Aus­ga­ben auf Dauer im Gleich­ge­wicht zu hal­ten. Diese An­for­de­rung gilt auch für aus­ser­or­dent­li­che Aus­ga­ben, wie sie das Par­la­ment im Fall der Co­ro­na-Not­mass­nah­men be­schlos­sen hat. Aus­ser­or­dent­li­che Aus­ga­ben und aus ihnen her­vor­ge­hen­de Schul­den müs­sen in einem be­stimm­ten Zeit­raum kom­pen­siert wer­den. Sie dür­fen weder «ein­fach ver­ges­sen gehen», noch darf sich der Schul­den­ab­bau ins End­lo­se ver­schie­ben. Die Co­ro­na-Pan­de­mie darf kein Prä­ze­denz­fall sein, die Schul­den­brem­se bei ihrem ers­ten rich­ti­gen «Stress­test» aus­ser Kraft zu set­zen.

Das Volk hatte sich mit dem über­wäl­ti­gen­den Mehr zur Ein­füh­rung der Schul­den­brem­se be­wusst gegen eine Fi­nanz­po­li­tik ge­stellt, die al­lein si­tua­tiv funk­tio­niert und zum Auf­bau einer im­men­sen Neu­ver­schul­dung über Jahre ge­führt hatte. In der Folge wurde eine re­gel­ge­lei­te­te, der Nach­hal­tig­keit ver­pflich­te­te Fi­nanz­po­li­tik ein­ge­führt, die ihre ent­spre­chen­de ge­setz­li­che Aus­ge­stal­tung ge­fun­den hat. Die Er­gän­zungs­re­gel zur Schul­den­brem­se für aus­ser­or­dent­li­che Aus­ga­ben ist Teil die­ser ge­setz­li­chen Aus­ge­stal­tung. Die Mo­ti­on ver­langt ex­pli­zit den Bruch mit die­ser ge­setz­li­chen Aus­ge­stal­tung und damit mit der vom Volk ge­woll­ten re­gel­ge­lei­te­ten Fi­nanz­po­li­tik. Ein sol­ches Be­geh­ren ist ir­ri­tie­rend und kann mit kei­nem Ar­gu­ment gut­ge­heis­sen wer­den.

Frist für Schul­den­ab­bau ver­län­gern – Mit­tel ver­bind­lich fest­le­gen

Für den Abbau der Co­ro­na-Schul­den kann das Par­la­ment die be­ste­hen­den ge­setz­li­chen Mög­lich­kei­ten nut­zen. Diese sehen für be­son­de­re Fälle einer Frist­ver­län­ge­rung vor. Das heisst, die Frist von sechs Jah­ren kann für den Abbau der Co­ro­na-Schul­den ge­set­zes­kon­form ver­län­gert wer­den. Eine rea­lis­ti­sche Frist für den Schul­den­ab­bau ori­en­tiert sich an der schliess­lich ef­fek­ti­ven Höhe der Co­ro­na-Ver­schul­dung sowie an den für den Schul­den­ab­bau ein­ge­setz­ten Mit­teln. Mit­tel für den Schul­den­ab­bau sind die jähr­li­chen Kre­dit­res­te des or­dent­li­chen Haus­halts, an­fal­len­de aus­ser­or­dent­li­che Ein­nah­men sowie der Bun­des­an­teil der Ge­winn­aus­schüt­tung der Schwei­ze­ri­schen Na­tio­nal­bank (SNB). Diese Mit­tel kön­nen für den Schul­den­ab­bau ver­bind­lich fest­ge­legt wer­den, ohne dass der heu­ti­ge or­dent­li­che Haus­halt da­durch tan­giert würde. Die Auf­ga­ben­er­fül­lung des Bun­des wäre nach wie vor ge­währ­leis­tet.

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat be­han­delt die Mo­ti­on in der Win­ter­ses­si­on 2020 als Er­strat.

Der Bun­des­rat be­an­tragt die Ab­leh­nung der Mo­ti­on.

Be­ur­tei­lung der Be­ra­tun­gen

Die Kom­mis­si­ons­mo­ti­on ist vom Ses­si­ons­pro­gramm ge­stri­chen und daher nicht be­han­delt wor­den.