Sommersession 2022

Ukraine-Krieg, steigende Energiepreise, Klimawandel, explodierende Gesundheitskosten, horrende Corona-Schulden – eine reich befrachtete Sommersession geht heute zu Ende. Doch haben die Räte auch im Sinne der Wirtschaft entschieden? economiesuisse zieht ein gemischtes Fazit: Der Nationalrat hat sich in der Sanktionspolitik einen schädlichen Schnellschuss geleistet, aber den Weg für eine zukunftsgerichtete Klimapolitik geebnet. Der Ständerat wiederum ist weiterhin nicht bereit, sich von der gefährlichen Idee eines Staatsfonds zu verabschieden, hat dafür aber unverhältnismässige Benzinsubventionen deutlich abgelehnt. Den ausführlichen Sessionsrückblick von economiesuisse lesen Sie nachstehend.

Session im Überblick

Unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs in der Ukraine will der Nationalrat einen Paradigmenwechsel in der schweizerischen Sanktionspolitik. So soll der Bundesrat Sanktionen künftig nicht mehr nur von der UNO, EU oder OSZE übernehmen, sondern solche auch eigenständig beschliessen dürfen. Dieser Entscheid ist ein problematischer Schnellschuss. Isolierte, das heisst lediglich von einem einzigen Land ergriffene und international nicht koordinierte Sanktionen entfalten nur eine sehr begrenzte Wirkung, können aber zu Gegenmassnahmen des betroffenen Regimes führen. Es könnte für die Schweiz ein ökonomischer Schaden entstehen, ohne politisch etwas erreicht zu haben. Der nächstberatende Ständerat sollte daher unbedingt kühlen Kopf bewahren und den Entscheid der Grossen Kammer korrigieren.

Ebenso hitzig geführt wurde die ausserordentliche Session zu den Abfederungsmassnahmen der SVP gegen die steigenden Energiepreise. Die Forderung: durch eine temporäre Senkung der Steuern auf fossilen Energieträgern den Mittelstand und das Gewerbe entlasten. Dass alle entsprechenden Vorstösse in beiden Räten chancenlos blieben, begrüsst economiesuisse. Diese Massnahmen sind nicht nur unverhältnismässig, sondern konterkarieren auch die Bemühungen in der Klimapolitik. Ausserdem belasten sie den Bundeshaushalt zusätzlich.

Dieser steht nämlich schon jetzt gehörig unter Druck. Ein Corona-Schuldenberg von nicht weniger als 30 Milliarden Franken muss abgetragen werden. Für den raschen Abbau bis 2031 hat die Grosse Kammer allerdings tief in die Trickkiste gegriffen: Sie will die Hälfte der Schulden mit Haushaltsüberschüssen der Vergangenheit verrechnen. Diese völlig verquere Scheinlösung lehnt economiesuisse ab. Es gilt, die gesamten Schulden – und nicht nur die Hälfte – auf ordentlichem Wege abzubauen. Die Instrumente dazu sind vorhanden. Das vom Nationalrat beschlossene Vorgehen widerspricht der von Volk und Ständen beschlossenen Schuldenbremse. Nun muss der Ständerat korrigierend eingreifen.

Einen sorglosen Umgang mit den Kosten bewies der Nationalrat auch im Gesundheitswesen. So hat er einen Gegenvorschlag zur Prämien-Entlastungs-Initiative der SP beschlossen, welcher die Prämienverbilligungsgelder um sagenhafte 40 Prozent (+2,2 Milliarden Franken) erhöhen würde. Das eigentliche Problem, nämlich die Kostenexplosion im Gesundheitswesen, vermag der Gegenvorschlag allerdings nicht zu lösen. Die Kostenbremse-Initiative der Mitte möchte zwar den Anstieg der Gesundheitskosten deckeln. Sie hätte jedoch eine Verschlechterung unserer medizinischen Grundversorgung zur Folge und würde das Risiko einer Unter- und Fehlversorgung erhöhen. Der vom Nationalrat befürwortete Gegenvorschlag verhindert das Schlimmste, indem er die Kostenziele mit Qualitätszielen ergänzt. Dennoch bleibt fraglich, wie man das optimale Kostenwachstum überhaupt bestimmen kann.

Die Schweiz hat sich zur Klimaneutralität bis 2050 verpflichtet («Netto-Null»). Der Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative, für den sich der Nationalrat ausgesprochen hat, ist der richtige Weg, um dieses Ziel zu erreichen. Im Gegensatz zur Initiative verzichtet der Gegenvorschlag auf ein unverhältnismässiges Verbot fossiler Energieträger und die Wirtschaft erhält den nötigen Raum für klimatechnologische Innovationen. Nicht zuletzt gibt es auch mehr Mittel für den Ersatz fossiler oder elektrischer Heizungen. Mit dem vorliegenden Rahmengesetz steht eine überlegene und mehrheitsfähige Alternative zur Gletscher-Initiative zur Wahl.

Damit die Klimawende gelingt, ist die Schweiz auch auf eine sichere Stromversorgung angewiesen. Um allfällige Liquiditätsprobleme systemkritischer Stromunternehmen zu verhindern, hat der Ständerat deshalb einen staatlichen Rettungsschirm von bis zu 10 Milliarden Franken beschlossen. Da für die Wirtschaft die Aufrechterhaltung der Stromversorgung höchste Priorität hat, begrüsst economiesuisse den Entscheid der Kleinen Kammer grundsätzlich. Gleichzeitig darf nun aber die Lösung anderer zentraler Herausforderungen der Stromversorgung nicht ins Hintertreffen geraten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere der Mantelerlass für das Strom- und Energiegesetz zu nennen, welcher aufgrund der Dringlichkeit des vorliegenden Rettungsschirms erst im Herbst oder Winter behandelt werden kann.

Als alles andere als dringlich erachtet die Wirtschaft die Äufnung eines durch SNB-Gelder alimentierten Staatsfonds. Im Gegenteil: economiesuisse lehnt einen solchen dezidiert ab. Dass die Kleine Kammer einen entsprechenden Vorstoss der zuständigen Kommission zur Vorprüfung zugewiesen hat, ist bedauerlich. Ein Staatsfonds käme einer Einmischung in die Geldpolitik der SNB gleich. Diese ist aber der Preisstabilität verpflichtet, nicht der Erzielung von Gewinn. Die Finanzierung eines Fonds durch Gelder des SNB würde hingegen die erfolgreiche Schuldenbremse unterlaufen und politische Partikularinteressen befeuern. Darum gilt: Finger weg von einem Staatsfonds!

Viel erfreulicher ist, dass der Nationalrat die Vollassoziierung der Schweiz zum grössten Forschungsrahmenprogramm der Welt, Horizon Europe, nun endlich vorantreiben will. Er hat eine entsprechende Motion knapp angenommen. Im Namen des Forschungs- und Innovationsstandorts Schweiz muss der Bundesrat nun alles unternehmen, um unseren Forscherinnen und Forschern optimale Bedingungen zu garantieren. Die Zeit drängt!

Geendet hat die Sommersession schliesslich mit der Beratung zur Landschaftsinitiative im Ständerat. Die Teilrevision des Raumplanungsgesetzes soll als indirekter Gegenvorschlag positioniert werden. economiesuisse begrüsst die deutliche Ablehnung der Landschafts-Initiative. Sie würde die Modernisierungen und Weiterentwicklungen im Gebäudepark ausserhalb der Bauzonen praktisch verunmöglichen. Allerdings ist auch der Gegenvorschlag problematisch. Das Stabilisierungsziel soll nicht nur für Gebäude gelten, sondern auch auf die Bodenversiegelung ausgedehnt werden. Damit würde die Erstellung neuer Infrastrukturen erheblich erschwert.

Akzentuiert durch den Krieg in der Ukraine sind die weltweiten Energiepreise aktuell auf einem Höchststand. Dies schlägt zunehmend aufs Portemonnaie der Stromverbraucher. Die SVP hat deshalb mehrere Vorschläge eingereicht, welche eine temporäre Reduktion der Mineralölsteuer und anderer Abgaben fordern. Eine solche Subventionierung des Energiekonsums lehnt economiesuisse ab. Einerseits wird dadurch die Wirkung der Lenkungsabgabe auf den CO2-Verbrauch kannibalisiert, andererseits sind Subventionen nach dem Giesskannenprinzip nicht verhältnismässig.

Ebenfalls als Folge der volatilen Energiepreise schlägt der Bundesrat dem Parlament einen staatlichen Rettungsschirm für Stromversorger vor. Mit Darlehen von bis zu 10 Milliarden Franken soll die Liquidität systemkritischer Stromunternehmen und damit die Versorgungssicherheit in der Schweiz gesichert werden. Auch für economiesuisse hat die Aufrechterhaltung der Stromversorgungssicherheit höchste Priorität. Hingegen sind sowohl die Eingrenzung auf nur drei Unternehmen als auch deren Teilnahmepflicht am Rettungsschirm problematisch.

En vogue sind auch Forderungen nach autonomen Sanktionen der Schweiz. So soll der Bundesrat im Rahmen des Embargogesetzes neu die Kompetenz erhalten, Sanktionen nicht mehr nur zu übernehmen, sondern diese eigenständig zu beschliessen. Eine solche Änderung lehnt die Wirtschaft ab. Eigenständige und international nicht koordinierte Sanktionen sind nicht nur neutralitätspolitisch problematisch, auch erzielen sie bestenfalls nur eine sehr begrenzte Wirkung. Ausserdem können sie zu starken Gegenmassnahmen des betroffenen Regimes führen.

Für ein kleines, aber offenes Land wie die Schweiz sind gute Beziehungen zum Ausland zentral, besonders mit unserer wichtigsten Partnerin, der Europäischen Union. Für eine starke Schweizer Forschungslandschaft muss der Bundesrat die Vollassoziierung am grössten Forschungsrahmenprogramm der Welt, Horizon Europe, gezielt vorantreiben. Die Zeit drängt – der Nationalrat soll die entsprechende Motion seiner aussenpolitischen Kommission daher unbedingt annehmen.

Nicht nur die eingangs erwähnten Energiepreise, auch die Gesundheitskosten steigen hierzulande unaufhaltsam. Gleich zwei Volksinitiativen, welche diese Entwicklung stoppen sollen, werden vom Nationalrat vorberaten: Die Kostenbremse-Initiative verlangt, dass Bundesrat, Bundesversammlung und Kantone eingreifen müssen, wenn die Gesundheitskosten im Vergleich zu der Lohnentwicklung zu stark steigen. Die Prämien-Entlastungs-Initiative fordert, dass niemand mehr als zehn Prozent seines Einkommens für die obligatorische Krankenversicherung ausgeben muss. Der Haken: Beide Volksbegehren können das Ziel der Kostenreduktion im Gesundheitswesen aufgrund von Fehlanreizen nicht erreichen. Die Folge wäre vielmehr eine Verschlechterung unserer qualitativ hochstehenden Gesundheitsversorgung. economiesuisse lehnt daher beide Initiativen mitsamt ihren jeweiligen indirekten Vorschlägen ab.

Etwas differenzierter ist die Gletscher-Initiative zu betrachten, welche die Klimaneutralität der Schweiz bis 2050 fordert. Zu diesem Netto-Null-Ziel bekennt sich die Wirtschaft. Ein explizites Verbot fossiler Energieträger erachtet sie jedoch als zu einschränkend. Schweizer Unternehmen brauchen die nötige Flexibilität bei der Zielerreichung. Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Tragbarkeit und der technischen Möglichkeiten ist daher zentral. Der indirekte Gegenvorschlag trägt diesem Aspekt Rechnung, weshalb ihn economiesuisse unterstützt.

Auch bei einer weiteren Volksinitiative liegt eine vernünftigere Alternative vor: Die Teilrevision des Raumplanungsgesetzes soll nämlich als indirekter Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative positioniert werden. Für die Wirtschaft wichtig ist, dass die Räte Augenmass walten lassen. Denn die Modernisierung von Gebäuden und Anlagen ausserhalb der Bauzonen darf nicht verhindert werden.

Unbedingt verhindern sollte der Nationalrat hingegen einen mit SNB-Geldern gefüllten Staatsfonds. Es muss immer wieder betont werden: Die politische Unabhängigkeit der Schweizerischen Nationalbank ist ein entscheidender Faktor für die Währungsstabilität – und damit auch unerlässliche Bedingung für eine prosperierende Wirtschaft. Sie darf auf keinen Fall angetastet werden. Finger weg von einem Staatsfonds!

À propos Geld: Bereits etwas in den Hintergrund gerückt ist die Corona-Krise. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie den Bund rund 30 Milliarden Franken gekostet haben. Diese Corona-Schulden müssen abgebaut werden – und zwar ohne Kompromisse und unter konsequenter Einhaltung der von Volk und Ständen angenommenen Schuldenbremse. Der Nationalrat muss diesbezüglich die richtigen Weichen stellen.

Beide Räte

HOHE ENERGIEPREISE: JA ZU ENTLASTUNG FÜR HÄRTEFÄLLE

Wegen des Kriegs gegen die Ukraine und den daraufhin beschlossenen Sanktionen gegen Russland sind die Energiemärkte derzeit von einer hohen Instabilität und Volatilität geprägt. Die Preise steigen. Haupttreiber dieser Entwicklung ist das Gas, trägt doch Russland 16.6 Prozent zu dessen Weltproduktion bei. Von steigenden Öl- und Gaspreisen ist auch die Schweiz betroffen. Für die hiesige Wirtschaft ist Energie ein entscheidender Produktionsfaktor. Die Wirtschaft konsumiert fast 60 Prozent des Gases in der Schweiz und ist dementsprechend stark exponiert. Aber auch die Haushalte leiden unter den steigenden Energiepreisen.

Vor diesem Hintergrund sind in den letzten Monaten gleich mehrere parlamentarische Vorstösse eingereicht worden, welche aufgrund steigender Treib- und Brennstoffpreise Entlastungsmassnahmen für Unternehmen und Private fordern. National- und Ständerat beraten diese gleichlautenden Motionen in einer ausserordentlichen Session.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, alle Motionen abzulehnen.

Begrenztes Risiko einer Schweizer Energiearmut

Energiearmut ist ein ernst zu nehmendes Thema. Die Situation in Ländern wie dem Vereinigten Königreich hat gezeigt, dass auch westeuropäische Staaten vor diesem Risiko nicht gefeit sind. economiesuisse hat bereits in den im März 2022 veröffentlichten «Fünf Grundpfeiler einer sicheren, nachhaltigen und wirtschaftlichen Stromversorgung» den Standpunkt bezogen, dass Energiearmut unbedingt zu vermeiden sei und auch die Wirtschaft nicht weiter unter inflationären Energiepreisen leiden dürfe.

Das Risiko für Energiearmut in der Schweiz ist indes trotz der aufgeheizten Situation in den Energiemärkten vor allem ein Problem für Härtefälle. Selbst wenn die Energiepreise weiter steigen ist davon auszugehen, dass die Mehrkosten für viele Haushalte und Unternehmen schwerwiegend, aber nicht existenziell sind. So werden die Mehrkosten pro Haushalt auf einen bis vier Franken pro Tag geschätzt – weniger als eine Tasse Kaffee. Die Situation in der Schweiz ist schwer vergleichbar mit der Situation anderer europäischer Länder, die eine weniger resiliente Gesellschaft und Wirtschaft haben.

Abfederungsmassnahmen nur in Härtefällen

Für Härtefälle unterstützt economiesuisse Abfederungsmassnahmen: Kein Haushalt in der Schweiz soll von Energiearmut betroffen sein. Für Härtefälle bei Unternehmen wären allenfalls bewährte Mechanismen wie die Kurzarbeit zu prüfen. In allen anderen Fällen steht die Wirtschaft Abfederungsmassnahmen aus drei hauptsächlichen Gründen entschieden kritisch gegenüber:

  • Nicht verhältnismässig: Die Verhältnismässigkeit verlangt unter anderem, dass Massnahmen erforderlich und geeignet sein müssen, um den bezweckten Eingriff zu rechtfertigen. Es wurde oben stehend dargelegt, dass nur ein Bruchteil der Haushalte tatsächlich der Gefahr der Energiearmut ausgesetzt ist. Für alle anderen sind Abfederungsmassnahmen deshalb weder erforderlich noch geeignet.
  • Gefährliche Entwicklung: Der Bund hat etwa 30 Milliarden Franken an Schulden zur Bewältigung der Corona-Pandemie angehäuft. Nun ist fiskalpolitische Zurückhaltung angezeigt. 
  • Widerspruch zur Klimapolitik: Höhere Preise für fossile Energieträger wurden lange als Voraussetzung für die Energiewende und den Kampf gegen den Klimawandel angesehen. Vor diesem Hintergrund sind insbesondere Forderungen, fossile Brennstoffe nun zu subventionieren, kontraproduktiv. Die Subventionierung von fossilen Brennstoffen würde die Lenkungswirkung der CO2-Abgabe kannibalisieren.

Stand der Beratungen

In der Sommersession 2022 beraten beide Räte im Rahmen einer ausserordentlichen Session mehrere gleichlautende Motionen.

Beurteilung der Beratungen

National- und Ständerat wollen nichts wissen von einer temporären Senkung der Mineralölsteuer. Das klare Votum des Parlaments gegen die Vorschläge der SVP begrüsst economiesuisse. Zwar befürwortet die Wirtschaft für einzelne Härtefälle Abfederungsmassnahmen aufgrund der steigenden Energiepreise, jedoch wäre die geforderte Subventionierung von fossilen Energieträgern im Giesskannenprinzip für alle Verbraucher unverhältnismässig. Das hätte den bereits durch die Corona-Schulden stark strapazierten Bundeshaushalt zusätzlich belastet und ausserdem die Schweizer Klimapolitik konterkariert.

Nationalrat

EIGENSTÄNDIGE SANKTIONEN NICHT ZIELFÜHREND

Der Bundesrat soll die Möglichkeit erhalten, Zwangsmassnahmen, das heisst landesrechtliche Massnahmen zur Durchsetzung internationaler Sanktionen, nach Artikel 1 Absatz 1 des Embargogesetzes zur Wahrung der Interessen des Landes zu verlängern sowie teilweise oder vollständig auf weitere Staaten auszuweiten. Damit wird im Embargogesetz eine gesetzliche Grundlage für das Einfuhrverbot von Feuerwaffen, Waffenbestandteilen und Munition sowie von Sprengmitteln, pyrotechnischen Gegenständen und Schiesspulver zu militärischen Zwecken aus Russland und der Ukraine sowie für ähnliche Fälle geschaffen.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, nicht auf die Vorlage einzutreten, respektive diese abzulehnen.

Kompetenzerweiterung an Bundesrat weder notwendig noch dringlich

Sanktionen sollten allgemein mit Bedacht und nach intensiver Prüfung sämtlicher alternativer Instrumente angewendet werden. Das geltende Embargogesetz ist eine wichtige Grundlage für solche Zwangsmassnahmen. Die Zielsetzung der Gesetzesänderung, namentlich die Verlängerung von Massnahmen in Einzelfällen über die bisherige Frist hinaus, ist grundsätzlich nachvollziehbar. Dafür reichen die bestehenden Rechtsinstrumente völlig aus. Die geplante Kompetenzerweiterung an den Bundesrat ist daher weder notwendig noch dringlich. Eine gesetzlich verankerte Pflicht zur regelmässigen Überprüfung der Angemessenheit der Sanktionen muss in jedem Fall bestehen bleiben. Dies wäre mit dem Vorschlag nicht mehr gewährleistet. Schweizer Exportunternehmen sind von den wirtschaftlichen Zwangsmassnahmen am stärksten betroffen. Aus ihrer Sicht würde mit dem bundesrätlichen Vorschlag ein wichtiger Überprüfungsmechanismus wegfallen.

Wirtschaftssanktionen müssen international koordiniert werden

Als kleine, offene und international stark verknüpfte Volkswirtschaft ist die Schweiz aufgrund des neuen geopolitischen Umfelds stark exponiert. Das verlangt nach einer vorsichtigen Aussenpolitik. Aus Sicht von economiesuisse ist die Schweizer Politik in Bezug auf internationale Wirtschaftssanktionen weiterzuführen. Entsprechende Massnahmen sind international möglichst breit abzustimmen. Eigenständige Massnahmen der Schweiz sind nicht zielführend. Massnahmen lediglich von einem einzigen Land und international nicht koordiniert haben – bestenfalls – nur eine begrenzte Wirkung. Sie können aber zu starken Gegenmassnahmen des betroffenen Regimes führen. Dies haben jüngst die internationalen Sanktionen gegen Russland aufgrund des Ukrainekriegs veranschaulicht. Ebenso wäre die Neutralität als einer der Grundsätze der Schweizer Aussenpolitik hinfällig. Eine Änderung der gesetzlichen Grundlage wird daher von economiesuisse abgelehnt.

Stand der Beratungen

In der Sommersession 2022 berät der Nationalrat die Vorlage als Zweitrat.

Dessen vorberatende APK NR empfiehlt ihrem Rat in der Gesamtabstimmung mit 18 zu 6 Stimmen, die Vorlage anzunehmen. Ausserdem hat die APK-NR die bundesrätliche Vorlage so ergänzt, dass der Bundesrat neu ermächtigt würde, eigenständige Sanktionen zu ergreifen und nebst Staaten auch auf Einzelpersonen und Unternehmen anzuwenden. Eine Minderheit beantragt Nichteintreten.

Beurteilung der Beratungen

Unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat der Nationalrat mit 136 zu 53 Stimmen der Änderung des Embargogesetzes zugestimmt. Der Beschluss weicht allerdings vom bundesrätlichen Entwurf ab. Geht es nach dem Willen der Grossen Kammer, soll der Bundesrat künftig Sanktionen nicht mehr nur übernehmen, sondern eigenständig beschliessen dürfen. Gemäss aktueller Sanktionspolitik übernimmt die Schweiz Sanktionen von UNO, EU oder der OSZE.

Als kleines, neutrales Land mit global stark vernetzter Volkswirtschaft ist die Schweiz aufgrund des neuen geopolitischen Umfelds stark exponiert. Ebenso ist die Respektierung internationaler Normen insbesondere für einen Kleinstaat entscheidend. Lediglich von einem einzigen Land ergriffene und international nicht koordinierte Sanktionen haben hingegen – bestenfalls – nur eine äusserst begrenzte Wirkung. Deshalb unterstützt economiesuisse die jüngsten internationalen Sanktionen gegen Russland, lehnt hingegen isolierte Sanktionen der Schweiz dezidiert ab: Zudem würde mit eigenständigen Massnahmen die Neutralität als einer der Grundsätze der Schweizer Aussenpolitik hinfällig.

Das Geschäft geht zurück in den Ständerat.

PRÄMIEN-ENTLASTUNGS-INITIATIVE: KEINE NACHHALTIGE LÖSUNG IM GESUNDHEITSWESEN

Die Prämien-Entlastungs-Initiative verlangt, dass keine versicherte Person mehr als zehn Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) bezahlen muss. Um dies zu erreichen, sollen Bund und Kantone mehr zur Prämienverbilligung beitragen. Der Bund soll mindestens zwei Drittel der Kosten tragen, die Kantone den Rest.

Der Bundesrat lehnt die Initiative ab und schlägt dem Parlament einen indirekten Gegenvorschlag vor (Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung). Demnach sollen die Kantone verpflichtet werden, die Prämienverbilligung so zu regeln, dass sie einem Mindestanteil der Bruttokosten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung im betreffenden Kanton entspricht.

Position economiesuisse

economiesuisse lehnt sowohl die Volksinitiative wie auch den indirekten Gegenvorschlag ab.

Volksinitiative stellt keine nachhaltige Lösung dar

economiesuisse lehnt die Prämien-Entlastungs-Initiative ab, weil sie keine nachhaltige Lösung darstellt. Die Belastung der Haushalte steigt durch die allgemeine Kostenentwicklung im Gesundheitswesen. Diese Kostenentwicklung ist durch die kollektive Finanzierung mitverschuldet: Sie schafft einen Anreiz bei Patientinnen und Patienten und beim Leistungserbringer, unnötige Leistungen der Allgemeinheit anzulasten (Moral Hazard). Wenn die Initiative nun vorschlägt, die Finanzierung noch stärker zu vergemeinschaften, dann wird das moralische Risiko ebenfalls verschärft. Das ist kontraproduktiv. Zudem gäbe es für den Bund eine Mehrbelastung in Milliardenhöhe.

Auch der Gegenvorschlag ist nicht zielführend

Die Wirtschaft steht dem Gegenvorschlag kritisch gegenüber. Der Bundesrat schlägt neue, relativ komplizierte Vorgaben für die Kantone vor. Dies ist aus Sicht von economiesuisse unnötig, wenn man das Grundproblem, nämlich die Verbundaufgabe zwischen Bund und Kanton, entflechtet. Die Änderungsvorschläge der SGK-NR erweitern zwar den Spielraum der Kantone etwas, sie tragen aber ihren spezifischen Bedürfnissen zu wenig Rechnung.

Alternativer Gegenvorschlag

Ein alternativer Gegenvorschlag ist nötig: Ein gangbarer Weg wäre demnach ein Gegenvorschlag, der den Kantonen die Verantwortung für die Prämienverbilligungen überträgt, den Bundesanteil von 7.5 Prozent der Bruttokosten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung jedoch belässt wie bisher. Die Kantone legen nach kantonalen Gegebenheiten die Höhe der Prämienverbilligungen eigenverantwortlich fest und entlasten so die Haushalte. Der Bund soll weiterhin seinen Anteil an die Kantone auszahlen. Er kann aber neu seine Erstattung nicht nur nach Einwohnerzahl, sondern auch nach den Prämienverbilligungsgeldern der einzelnen Kantone ausrichten. Kantone, die pro Einwohner mehr Prämienverbilligungsgelder auszahlen, erhalten demnach mehr aus dem Bundestopf. Dadurch entsteht ein Anreiz für die Kantone, die Prämienverbilligungsgelder nicht übermässig zu kürzen.

Erfahren Sie hier mehr zu den Überlegungen von economiesuisse zur Schweizer Gesundheitspolitik.

Stand der Beratungen

In der Sommersession 2022 berät der Nationalrat Volksinitiative und indirekten Gegenvorschlag als Erstrat.

Dessen vorberatende SGK-NR empfiehlt ihrem Rat, dem indirekten Gegenvorschlag zuzustimmen (16 zu 9 Stimmen). Die Kommission hat indes Änderungen an der Fassung des Bundesrats vorgenommen.

Die Volksinitiative empfiehlt die SGK-NR mit 17 zu 8 Stimmen zur Ablehnung. Auch der Bundesragt beantragt, die Volksinitiative Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen.

Beurteilung der Beratungen

Mit 119 gegen 66 Stimmen bei 2 Enthaltungen hat der Nationalrat für einen indirekten Gegenvorschlag votiert, wonach die Prämienverbilligungsgelder um sagenhafte 40 Prozent erhöht werden sollen (+2,2 Milliarden Franken). economiesuisse steht dem in Anbetracht der Corona-Schulden des Bundes von rund 30 Milliarden Franken kritisch gegenüber. Zudem würden weder Gegenvorschlag noch Volksinitiative der Kostensteigerung im Gesundheitswesen entgegenwirken. Aufgrund eines Urteils des Bundesgerichts dürften die Kantone die Prämienverbilligungsgelder ohnehin nicht zu stark kürzen. So wurde der Kanton Luzern zurückgepfiffen, weil er die Einkommensgrenze zu tief angesetzt hat. Der Gegenvorschlag ist somit unnötig.

Die Prämienentlastungsinitiative empfiehlt die Grosse Kammer mit 121 zu 67 Stimmen zu Ablehnung. Als Nächstes berät der Ständerat Initiative und indirekten Gegenvorschlag.

STARRE ZIELVORGABEN GEFÄHRDEN PATIENTENVERSORGUNG

Die eidgenössische Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen (Kostenbremse-Initiative)» möchte Artikel 117 der Bundesverfassung so ergänzen, dass der Bundesrat eine Kostenbremse in der Obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) einführt. In Zusammenarbeit mit den Kantonen, den Krankenversicherern und den Leistungserbringern sorgt er dafür, dass sich die Kosten der OKP entsprechend der schweizerischen Gesamtwirtschaft und den durchschnittlichen Löhnen entwickeln.

Der Bundesrat lehnt die Initiative ab und legt dem Parlament einen indirekten Gegenvorschlag vor. Bund und Kantone sollen jährlich festlegen, welches Ziel für das maximale Kostenwachstum in den einzelnen Bereichen der OKP angestrebt wird. Wenn die Ziele überschritten werden, sind die Tarifpartner, die Kantone und der Bund verpflichtet zu prüfen, ob korrigierende Massnahmen notwendig sind (z.B. Anpassung von Tarifen oder Zulassung von Leistungserbringern).

Position economiesuisse

economiesuisse lehnt sowohl die Volksinitiative wie auch den indirekten Gegenvorschlag ab.

Heute haben alle Menschen in der Schweiz einen weitgehend uneingeschränkten Zugang zur medizinischen Behandlung. Die von der Volksinitiative und dem indirekten Gegenvorschlag vorgesehene Verankerung von Kostenzielen würde dies ändern. Die Folge wäre eine Verschlechterung der medizinischen Grundversorgung und das Risiko einer Unter- und Fehlversorgung.

Zielvorgaben gefährden solidarisch finanzierte Patientenversorgung

Zielvorgaben bedeuten, dass ein «gerechtfertigtes Wachstum» für das Gesundheitswesen im Voraus festgelegt wird. Das Erstellen, Prüfen und Verwalten der Zielvorgaben führt zu einer immensen Zunahme an Verwaltungsaufwand. Dieser schafft hohe Kosten ohne Mehrwert für die Patientinnen und Patienten. Bei einer Überschreitung der Zielvorgaben würde korrigierend eingegriffen. Zielvorgaben sind jedoch rein quantitativ und treffen somit alle Leistungen und Leistungserbringer eines Kostenblocks unabhängig von ihrem Kosten-Nutzen-Verhältnis für den konkreten Patienten.

Innovation würde verhindert, dafür Zwei-Klassen-Medizin geschaffen

Kostengrenzen beschränken den Zugang zu medizinischem Fortschritt und verhindern Innovation. Mit Zielvorgaben wird nämlich der Strukturwandel in der Patientenversorgung behindert. Denn Leistungen mit hohen Wachstumsraten werden eher betroffen sein als Leistungen, die eigentlich schrumpfen sollten. Das führt zu einer Bevorzugung des Status quo und behindert die Innovationsfähigkeit der Versorgung. Leidtragende sind Patientinnen und Patienten, welche Krankheiten haben mit hoher Innovationsrate (u.a. Orphan Diseases, Krebs).

Möglichkeiten zur Kostendämpfung sind vorhanden

Es gibt richtige Massnahmen zur Kostendämpfung, die einen breiten Konsens haben und die Patientenversorgung nicht einschränken. economiesuisse hat kürzlich 5 Kernforderungen für eine nachhaltig ausgestaltete Gesundheitspolitik veröffentlicht. Zu nennen wären dabei zum Beispiel die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (EFAS). Wichtig ist auch die Stärkung der kostengünstigen ambulanten Praxismedizin und der integrierten Versorgung. Ein zentraler Pfeiler dafür ist ein ausgewogener und zeitgemässer ambulanter Arzttarif. Mit dem TARDOC liegt seit Langem ein entsprechender Vorschlag auf dem Tisch.

Stand der Beratungen

In der Sommersession 2022 berät der Nationalrat Volksinitiative und indirekten Gegenvorschlag als Erstrat.

Dessen vorberatende SGK-NR empfiehlt ihrem Rat mit 20 zu 4 Stimmen, die Volksinitiative abzulehnen. Eine Minderheit beantragt, die Initiative anzunehmen.

Den indirekten Gegenvorschlag empfiehlt die Kommission in der Gesamtabstimmung mit 15 zu 10 Stimmen zur Annahme. Eine Minderheit beantragt Nichteintreten.

Beurteilung der Beratungen

Der Nationalrat empfiehlt die Kostenbremse-Initiative Volk und Ständen deutlich zur Ablehnung (156 gegen 28 Stimmen). Die Grosse Kammer will dieser aber einen indirekten Gegenvorschlag gegenüberstellen (104 zu 74 Stimmen bei 5 Enthaltungen). Demnach soll der Bundesrat Kosten- und Qualitätsziele im Gesundheitswesen für jeweils vier Jahre vorgeben. Als Nächstes berät der Ständerat die Vorlage.

Für economiesuisse ist klar: Das Patientenwohl muss im Zentrum der Gesundheitspolitik stehen. Die einseitige Fokussierung der Initiative auf die Kosten ist weder im Sinne der Patientinnen und Patienten noch im Sinne einer effizienten Gesundheitsversorgung, weil damit die Qualitätsdimension ausser Acht gelassen wird. Damit das Schweizer Gesundheitswesen auch weiterhin zu den besten der Welt gehört, hat economiesuisse jüngst in Zusammenarbeit mit PwC Schweiz einen zielführenden nutzenbasierten Ansatz erarbeitet, der die hohe Qualität der medizinischen Versorgung garantiert und gleichzeitig die Kosten senkt. Lesen Sie hier mehr.

FLEXIBILITÄT IST ENTSCHEIDEND FÜR NETTO-NULL 2050

Ende November 2019 wurde die Volksinitiative «Für ein gesundes Klima (Gletscher-Initiative)» eingereicht. Deren Kernanliegen ist die Klimaneutralität der Schweiz bis 2050.

Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats (UREK-NR) hat einen indirekten Gegenentwurf zur Initiative ausgearbeitet. Zusätzlich zum Netto-Null-Ziel bis 2050 gibt dieser Zwischenziele, sektorielle Richtwerte und verschiedene Fördermassnahmen vor. So soll beispielsweise die Dekarbonisierung der Industrie und des Gebäudeparks während sechs Jahren insgesamt mit 1,2 Milliarden Franken respektive mit insgesamt 2 Milliarden Franken während zehn Jahren gefördert werden.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, auf die Vorlage einzutreten und diese mit Änderungen anzunehmen.

Flexibilität zur Erreichung von Netto-Null entscheidend

Die Wirtschaft unterstützt das Netto-Null-Ziel bis 2050 und ist Teil der Lösung. Im Hinblick auf Netto-Null in der Schweiz ist nachvollziehbar, dass die Emissionsverminderungen so weit wie möglich im Inland erreicht werden müssen. Ein explizites Verbot für fossile Energieträger wäre aber zu einschränkend. Die wirtschaftliche Tragbarkeit und die technischen Möglichkeiten müssen berücksichtigt werden. Auch soll die Anrechnung ausländischer Massnahmen (Verminderungen wie auch negative Emissionen) als Option offengehalten werden. Mittels Auslandsreduktionen wird die nötige Flexibilität geschaffen, bis neue Technologien, insbesondere im Bereich der Negativemissionen, zur Verfügung stehen. Und mit Negativemissionen im Ausland können dann die bis 2050 noch verbleibenden Emissionen ausgeglichen werden.

Positiv zu bewerten ist, dass für die Industrie von einem linearen Absenkpfad abgesehen wurde. Der Richtwert für die Industrie bis 2040 ist eine Senkung der Treibhausgasemissionen um 50 Prozent. Damit wird eine wichtige Flexibilität geschaffen und allfälligen Technologiesprüngen Rechnung getragen.

Unterstützung durch den Bund ist richtig

economiesuisse begrüsst die Unterstützung für Unternehmen, die freiwillig Fahrpläne zur Erreichung des Netto-Null-Ziels ausarbeiten. Auch die Finanzhilfen für Technologien und Prozesse zur Reduktion von Treibhausgasemissionen werden begrüsst: Damit können Innovationen gefördert werden, die der Umsetzung der Fahrpläne dienen. Mit dem zusätzlichen Sonderprogramm für den Ersatz von fossilen und ineffizienten elektrischen Heizungen kann zudem die Unabhängigkeit vom Import von fossilen Energien beschleunigt werden. Gleichzeitig kann damit der Stromversorgungsproblematik im Winter teils entgegengewirkt werden.

Alle Technologien fördern, die zur Dekarbonisierung beitragen

Die Förderbeiträge auf neuartige Technologien und Prozesse zu beschränken, wie von der UREK-NR vorgeschlagen, ist (zumindest vorerst) nicht sinnvoll. Alle Massnahmen und Technologien – auch bestehende – sollen gefördert werden, sofern sie weiterhin zum Erreichen von Netto-Null beitragen. Ebenso soll es möglich sein, Machbarkeitsstudien und gleichzeitig auch daraus resultierende Massnahmen zu fördern. economiesuisse beantragt deshalb entsprechende Anpassungen im indirekten Gegenentwurf.

Stand der Beratungen

In der Sommersession 2022 berät der Nationalrat den indirekten Gegenentwurf zur Gletscher-Initiative als Erstrat.

Die vorberatende UREK-NR hat die Vorlage ausgearbeitet und empfiehlt ihrem Rat mit 17 zu 7 Stimmen, diese anzunehmen. Eine Minderheit beantragt Nichteintreten.

Beurteilung der Beratungen

Der Nationalrat hat die richtigen Weichen für die Erreichung des Netto-Null-Ziels bis 2050 gestellt: Mit 134 zu 56 Stimmen bei 4 Enthaltungen stimmte die Grosse Kammer dem indirekten Gegenentwurf der federführenden UREK-NR deutlich zu. Passiert die Vorlage auch den nächstberatenden Ständerat, liegt ein zukunftsgerichtetes und mehrheitsfähiges Gesetz als Alternative zur Gletscher-Initiative vor. Die Wirtschaft erwartet deshalb von den Initianten, ihre Volksinitiative zurückzuziehen.

Lesen Sie hier die ausführliche Beurteilung von economiesuisse.

VERBINDLICHER ABBAU DER CORONA-SCHULDEN OHNE ABSTRICHE

Der Bundesrat beantragt dem Parlament, die zur Bewältigung der Corona-Pandemie angehäuften Schulden mittels Überschüsse des ordentlichen Haushalts abzubauen. Die gesetzliche Amortisationsfrist soll dabei um drei Legislaturperioden bis 2035 verlängert werden. Im Fall einer neuen Krisensituation ist eine Verlängerung bis 2039 möglich. Nicht Teil der Vorlage ist der Beschluss des Bundesrats vom Juni 2021, Zusatzausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank für den Schuldenabbau zu verwenden.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Vorlage in der Fassung des Bundesrats anzunehmen.

Konsequente Einhaltung der Schuldenbremse liegt im Interesse der Wirtschaft

Als verlässliche Steuerzahler und Arbeitgeber haben Schweizer Unternehmen ihren Beitrag auch in der schwierigen Pandemiezeit geleistet. Damit dies so bleibt, sind sie auf gute Rahmenbedingungen angewiesen. Dazu gehört eine nachhaltige Finanzpolitik mit ausgeglichenen öffentlichen Haushalten und tiefer Staatsverschuldung. Aber auch die konsequente Einhaltung der Schuldenbremse. Die Wirtschaft unterstützt deshalb den Bundesrat in seinem Beschluss, die Corona-Schulden auf verträgliche Weise, in einem realistischen Zeithorizont, aber vollständig und verbindlich abzubauen.

Die heutigen Regeln zum Schuldenabbau werden beibehalten

Seit Einführung der Schuldenbremse im Jahr 2003 werden Haushaltsüberschüsse für den Schuldenabbau verwendet. Dieser Mechanismus bleibt bestehen. Die Lösung des Bundesrats sieht lediglich vor, dass Überschüsse prioritär für den Abbau der Corona-Schulden verwendet werden. Die Möglichkeit der Fristerstreckung in besonderen Fällen besteht bereits. Weitere Regeländerungen sind keine nötig. Die bundesrätliche Lösung bedeutet deshalb einen minimalen Eingriff in das höchst bewährte System.

Verbindlicher Schuldenabbau ohne Abstriche im ordentlichen Haushalt

Die Wirtschaft unterstützt das Ziel, die Corona-Schulden ohne Entlastungsprogramme, Aufgabenverzichte oder Steuererhöhungen abzubauen. Dem Bundeshaushalt werden keine eingeplanten Mittel entzogen. Der Schuldenabbau läuft im Hintergrund ab und hat keinen Einfluss auf die finanzpolitische Handlungsfreiheit des Parlaments.

Angemessene Amortisationsfrist inkl. zeitlicher Flexibilität

Die Amortisationsfrist ist angesichts der Höhe des zu bereinigenden Fehlbetrags (immerhin ein Drittel des Bundeshaushalts) angemessen. Ein ähnlich hoher Betrag wurde seit Einführung der Schuldenbremse in einem ähnlichen Zeithorizont bereinigt. Die Frist von drei Legislaturen kann notfalls um eine weitere Legislaturperiode erstreckt werden. Diese Ventilmöglichkeit erlaubt es, flexibel auf unvorhergesehene Entwicklungen zu reagieren. Gleichzeitig müssen am Ziel – dem kompletten Rückbau der Corona-Schulden – keine Abstriche gemacht werden.

Keine Scheinlösungen: Schuldenbremse muss konsequent eingehalten werden

Verschiedene Anträge aus der Kommission fordern Änderungen der Verrechnungsmodalitäten des coronabedingten Fehlbetrags. economiesuisse lehnt diese Anträge allesamt ab, weil es Scheinlösungen sind und in die bewährte Systematik der von Volk und Ständen angenommenen Schuldenbremse eingreifen. Es darf nicht sein, dass der Wille des Gesetzgebers bei der ersten namhaften Krise missachtet wird.

Stand der Beratungen

In der Sommersession 2022 berät der Nationalrat die Vorlage als Erstrat.

Dessen vorberatende FK-NR empfiehlt ihrem Rat in der Gesamtabstimmung oppositionslos (19 zu 0 Stimmen bei 6 Enthaltungen), die Vorlage anzunehmen. Es sind indes mehrere Minderheitsanträge eingereicht worden.

Beurteilung der Beratungen

Der Corona-Schuldenberg von rund 30 Milliarden Franken soll nach dem Willen des Nationalrats bis 2031 abgebaut werden – und damit vier Jahre früher als es der Bundesrat vorgeschlagen hat. Die Grosse Kammer stimmte der Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 133 zu 51 Stimmen zu.

Für den raschen Abbau griff der Nationalrat indes tief in die Trickkiste. Die Hälfte des Betrags soll mit einem buchhalterischen Winkelzug zum Verschwinden gebracht werden: Schulden sollen mit Haushaltsüberschüssen der Vergangenheit verrechnet werden. Mit einem bereits einmal für den Schuldenabbau ausgegeben Franken sollen noch einmal Schulden abgebaut werden – eine völlig verquere Logik und Scheinlösung, die economiesuisse ablehnt. Der gesamte Fehlbetrag, und nicht nur die Hälfte, muss auf ordentlichem Weg abgebaut werden. Die Instrumente dazu sind vorhanden. Reguläre Einnahmen müssen dafür nicht verwendet werden, auch eine Einschränkung der Ausgaben ist nicht erforderlich. Ob der Schuldenabbau auf regulärem, verbindlichem Weg etwas länger dauert, ist zweitranging. Ein derartiger Eingriff in die Schuldenbremse, wie ihn der Nationalrat jetzt beschlossen hat, ist hingegen abzulehnen. Der nächstberatende Ständerat muss hier korrigierend eingreifen.

ES EILT: VOLLASSOZIIERUNG ZU HORIZON EUROPE JETZT VORANTREIBEN

Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats (APK-NR) will den Bundesrat beauftragen, Verhandlungen mit der Europäischen Union (EU) über eine spezifische Vereinbarung für die umgehende Assoziierung der Schweiz als Drittstaat bei Horizon Europe, Digital Europe, ITER, Euratom und Erasmus+ für die Programmperiode 2021 bis 2027 zu führen. Dabei sind im Falle einer Assoziierung auch die Modalitäten für eine einmalige Erhöhung des Schweizer Kohäsionsbeitrags ab 1. Januar 2024 zu regeln. Schliesslich sind darin die Grundsätze für zukünftige Verhandlungen über die Beziehungen Schweiz-EU festzuhalten.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Motion anzunehmen.

Vollassoziierung zu Horizon Europe muss rasch erfolgen

Es eilt. Wenn nicht bald Verhandlungen über die Vollassoziierung zu Horizon Europe beginnen, werden Schweizer Forschende an den nächsten Ausschreibungen weiterhin nicht voll berechtigt teilnehmen können. Gerade bei den Grants des European Research Council würde eine schmerzliche Lücke entstehen. Auch die Tatsache, dass Schweizer Forschende keine Horizon-Europe-Projekte mehr leiten können, wirkt sich nachteilig auf den Forschungsplatz Schweiz aus.

Zwar hat die Schweiz bereits einige Massnahmen umgesetzt, damit der Schaden für die Schweizer Forschenden abgeschwächt wird. Dennoch sind die verbleibenden Nachteile gross. Der Bundesrat ist aufgefordert, möglichst rasch in Verhandlungen mit der EU über eine Vollassoziierung der Schweiz am weltgrössten Forschungsprogramm der Welt zu treten.

Stand der Beratungen

In der Sommersession 2022 behandelt der Nationalrat die Kommissionsmotion als Erstrat.

Dessen vorberatende APK-NR hatte die Motion mit 13 zu 12 Stimmen beschlossen. Eine Minderheit beantragt, die Motion abzulehnen.

Beurteilung der Beratungen

Der Bundesrat soll mit der EU über eine rasche Assoziierung am Horizon-Paket verhandeln. Die entsprechende Motion der APK-NR hat der Nationalrat mit 93 zu 92 Stimmen und Stichentscheid der Präsidentin knapp angenommen.

economiesuisse begrüsst im Namen des Forschungs- und Innovationsstandorts Schweiz den Entscheid der Grossen Kammer. Der Bundesrat muss alles unternehmen, um unseren Forscherinnen und Forschern optimale Bedingungen zu garantieren. Dazu gehört insbesondere die vollwertige Teilnahme am grössten Forschungsprogramm der Welt, Horizon Europe.

Der nächstberatende Ständerat sollte mit der Grossen Kammer gleichziehen und die Motion annehmen.

Ständerat

JA ZU STABILISIERUNG, NEIN ZU ENTWICKLUNGSVERBOT

Die Landschaftsinitiative (21.065) fordert, dass die Zahl und der Flächenverbrauch von Gebäuden ausserhalb der Bauzonen künftig nicht mehr zunehmen darf. Die UREK-SR hat den Gesetzesentwurf zur Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (RPG, 18.077) als indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative entworfen. Sie schliesst sich damit dem Willen des Bundesrats an, der auch einen Gegenvorschlag wünscht. Die Zahl der Gebäude ausserhalb der Bauzonen und die dadurch beanspruchten Flächen sollen auch in dieser Vorlage stabilisiert werden.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die 2. Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (18.077) mit Änderungen anzunehmen. Die Landschaftsinitiative (21.065) empfiehlt die Wirtschaft zur Ablehnung.

economiesuisse begrüsst grundsätzlich, dass das Raumplanungsgesetz revidiert und als indirekter Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative positioniert werden soll. Der Gegenvorschlag darf aber nicht schärfer ausfallen als die Landschaftsinitiative. Daher soll das Stabilisierungsziel – analog zur Initiative – nur für Gebäude und der von den Gebäuden beanspruchten Fläche gelten und nicht auf die Bodenversiegelung ausgedehnt werden, wie von der UREK-SR vorgeschlagen.

Volksinitiative geht zu weit

Der Trennungsgrundsatz, der Baugebiete von nicht Baugebieten trennt, ist richtig. Die Landschaftsinitiative geht diesbezüglich jedoch zu weit. Sie würde Modernisierungen und Weiterentwicklungen im Gebäudepark ausserhalb der Bauzonen praktisch verunmöglichen. Insbesondere das vorgesehene Verbot von Ersatzneubauten kommt einer Enteignung nahe und muss unter anderem im Hinblick auf die Energiewende, die nur mit einer Modernisierung des Gebäudeparks in der Schweiz erreicht werden kann, abgelehnt werden. Zusätzlich lässt die Initiative viele Fragen offen, wie das Plafonierungsziel tatsächlich erreicht werden soll.

Keine Ausdehnung des Stabilisierungsziels auf die Bodenversiegelung

economiesuisse lehnt es ab, dass im Gegenvorschlag das Stabilisierungsziel auf die Bodenversiegelung ausgedehnt werden soll. Damit würde es sehr schwierig, neue Infrastrukturanlagen zu erstellen. Die Initianten wollen, dass «im Nichtbaugebiet die Zahl der Gebäude und die von ihnen beanspruchte Fläche nicht zunehmen». Daher ist auf eine Ausdehnung des Stabilisierungsziels auf die Bodenversiegelung zu verzichten.

Falls der Ständerat trotzdem am Stabilisierungsziel für die Bodenversiegelung festhalten will, so sollten zumindest Anlagen im Allgemeinen davon ausgenommen werden. Ansonsten dürfte eine Weiterentwicklung gewisser Infrastrukturen wie beispielsweise der Telekommunikation oder temporäre Anlagen für den Abbau mineralischer Rohstoffe massiv erschwert werden.

Gebietsplanungsansatz als wichtiges Element, aber nicht nur für Berggebiete

Der Gebietsplanungsansatz wird von economiesuisse als zentrales Element der Vorlage betrachtet, weil er die Anliegen der Initianten bezüglich Schutzes der Landschaft mit den Anliegen der Wirtschaft bezüglich Nutzung vereint. Es gibt aber keine sachlichen Gründe, den Gebietsplanungsansatz nur auf die Berggebiete zu beschränken. Des Weiteren sind Anpassungen bei der Abbruchprämie vorzunehmen, damit alle Branchen gleiche Bedingungen haben, zum Beispiel der Vorrang der Landwirtschaft, spezifischer in Bezug auf Immissionen zu formulieren, da ansonsten die Weiterentwicklung der Infrastruktur blockiert werden könnte.

Stand der Beratungen

Der Ständerat berät die Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (18.077) in der Sommersession 2022 als Zweitrat. Die vorberatende UREK SR empfiehlt ihrem Rat ohne Gegenstimme, die Vorlage anzunehmen (1 Enthaltung). Der Gesetzesentwurf soll zum indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative erklärt werden.

In der Wintersession 2019 ist der Nationalrat nicht auf die Vorlage eingetreten (108 zu 83 Stimmen bei 6 Enthaltungen). Damals handelte es sich aber um den Vorschlag des Bundesrats und nicht um die überarbeitete Version der UREK-SR.

Ebenfalls in der Sommersession 2022 berät der Ständerat die Landschaftsinitiative (21.065) als Erstrat. Die UREK-SR empfiehlt ihrem Rat, die Volksinitiative Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen (7 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung). Auch der Bundesrat lehnt die Initiative ab.

Beurteilung der Beratungen

Mit 28 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen empfiehlt der Ständerat die Landschafts-Initiative zur Ablehnung, hat aber oppositionslos einen indirekten Gegenvorschlag in Form der Teilrevision Raumplanungsgesetzes beschlossen.

economiesuisse begrüsst die deutliche Ablehnung der Landschafts-Initiative. Sie würde die Modernisierungen und Weiterentwicklungen im Gebäudepark ausserhalb der Bauzonen praktisch verunmöglichen. Allerdings ist auch Gegenvorschlag problematisch, weil das Stabilisierungsziel nicht nur für Gebäude gelten, sondern auch auf die Bodenversiegelung – also wasserdicht befestigte Flächen – ausgedehnt werden soll. Damit würde die Erstellung neuer Infrastrukturen erheblich erschwert.

Das Geschäft geht in den Nationalrat.

KEIN RETTUNGSZWANG FÜR STROMVERSORGER

Die Strompreise sind aktuell sehr hoch und grossen Schwankungen ausgesetzt. Die Stromversorgungsunternehmen müssen bereits hohe, liquide Mittel für Absicherungsgeschäfte hinterlegen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie aufgrund des Angriffskriegs gegen die Ukraine und dessen Folgen für die Energiemärkte weitere Liquiditätsnachforderungen erfüllen müssen, steigt. Stromversorgungsunternehmen könnten dadurch in Liquiditätsengpässe geraten – mit schwer abschätzbaren Konsequenzen für die Versorgungssicherheit. Der Bundesrat will dieser Gefahr vorbeugen und hat dazu im Eilverfahren eine Vernehmlassung zu einem Rettungsschirm für die Strombranche durchgeführt und nun die Vorlage ans Parlament überwiesen. Das gesamte Paket soll bis zu 10 Milliarden Franken umfassen und für systemkritische Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft verpflichtend sein.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Vorlage mit Änderungen anzunehmen.

Wirtschaft begrüsst das Handeln des Bundesrats

Die Wirtschaft begrüsst, dass der Bundesrat seine Verantwortung wahrnimmt und präventiv Massnahmen ergreift, um eine Beeinträchtigung der Stromversorgung infolge Liquiditätsmangel bei Stromversorgungsunternehmen aufgrund hoher Marktpreise und Volatilität zu vermeiden. Die Aufrechterhaltung der Stromversorgungssicherheit hat höchste Priorität und muss auch in ausserordentlichen Situationen gewährleistet sein.

Änderungen des Bundesrats sind gut, aber noch nicht ausreichend

Der Bundesrat hat auf Basis der Rückmeldungen aus der Vernehmlassung verschiedene Änderungen an der Vorlage vorgenommen, was economiesuisse begrüsst. Die Änderungen sind aber noch nicht ausreichend. Positiv zu werten ist, dass die Auskunfts- und Informationspflichten von Unternehmen gelockert wurden. Das Abfragen von sensiblen Geschäftsdaten ist aber nur im effektiven Fall einer Finanzhilfe vorzunehmen und auf ein Minimum zu beschränken. Weiter begrüsst economiesuisse, dass die Möglichkeit der Einflussnahme durch den Bund auf das operative Geschäft eingeschränkt wurde. Ein Eingriff in die operative Geschäftsführung der Unternehmen ist abzulehnen. Ferner befürwortet die Wirtschaft, dass der Risikozuschlag von ursprünglich konfiskatorischen 20 Prozent nun angepasst wurde auf vier bis zehn Prozent (je nach Risiko). Der Risikozuschlag ist aber noch immer zu hoch.

Weitere Anpassungen nötig, insbesondere Freiwilligkeit zentral

Die Teilnahmepflicht der drei als systemkritisch bezeichneten Unternehmen erachtet economiesuisse als problematisch. Ein Zwang für ein Unternehmen, das den Rettungsschirm nicht beansprucht, ist falsch. Die Unterstellung unter den Rettungsschirm muss freiwillig bleiben. Ein Unternehmen, welches nicht unter Zwang unter den Rettungsschirm gestellt werden will, sollte aber bei allfälliger Notwendigkeit die Finanzhilfen in Anspruch nehmen können. In einem solchen Fall können die Bedingungen für diese Unternehmen strenger ausgestaltet werden, damit keine Fehlanreize entstehen.

Rettungsschirm sollte allen Unternehmen offenstehen

Problematisch ist auch die Eingrenzung auf drei Unternehmen. Damit die Stromversorgung gesichert ist, sollte der Rettungsschirm allen Unternehmen offenstehen, die von einem Liquiditätsmangel betroffen sein könnten. Zudem besteht mit der Einschränkung auf drei Unternehmen die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen.

Bereitstellungspauschale nur bei effektivem Darlehensbezug

Die Bereitstellungspauschale sollen nach dem Willen des Bundesrats alle teilnahmepflichtigen Unternehmen bezahlen – auch dann, wenn sie nie ein Darlehen des Bundes in Anspruch nehmen. Es ist mit zweistelligen Millionenbeträgen für die betroffenen Unternehmen zu rechnen. Die Bereitstellungspauschale sollte nur bei einem effektiven Darlehensbezug eingefordert werden können.

Stand der Beratungen

Voraussichtlich in der Sommersession 2022 berät der Ständerat das Geschäft als Erstrat.

Dessen vorberatende UREK-SR empfiehlt ihrem Rat mit 6 zu 1 Stimme bei 2 Enthaltungen, die Vorlage anzunehmen.

Beurteilung der Beratungen

Um allfällige Liquiditätsprobleme systemkritischer Stromunternehmen zu verhindern, hat der Ständerat einen staatlichen Rettungsschirm von bis zu 10 Milliarden Franken beschlossen. Da für die Wirtschaft die Aufrechterhaltung der Stromversorgung höchste Priorität hat, begrüsst economiesuisse den Entscheid der Kleinen Kammer grundsätzlich. Gleichzeitig dürfen nun aber andere zentrale Fragen der Stromversorgung nicht ins Hintertreffen geraten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere der Mantelerlass für das Strom- und Energiegesetz zu nennen, welcher aufgrund der Dringlichkeit des vorliegenden Rettungsschirms erst im Herbst oder Winter behandelt werden kann.

Finger weg von einem Staatsfonds

Mit dieser Motion soll der Bundesrat beauftragt werden, einen vom Bundeshaushalt unabhängigen gemeinwohl- und ertragsorientierten Staatsfonds einzurichten.

Der Staatsfonds soll seine finanzielle Grundausstattung durch die Auslagerung eines zu bestimmenden Teils der Währungsreserven der Schweizerischen Nationalbank (SNB) erhalten. Mögliche Gewinnanteile des Bundes an den Erträgen dieses Staatsfonds können nach Willen des Motionärs wie folgt verwendet werden:

1. Übernahme von Beteiligungen mittels Eigenkapitalerhöhungen an systemrelevanten Unternehmen in der Schweiz (insbesondere KMU), die in akute Gefahr geraten, von ausländischen Unternehmen, insbesondere von Staatsunternehmen, übernommen zu werden.

2. Übernahme von strategischen Sachwerten, insbesondere auch von Infrastrukturen, Immobilien, Patenten oder spezifischen Mobilien.

3. Finanzierung von Investitionsprogrammen zur Konjunkturbelebung und zur Sicherstellung der Standortvorteile der Schweiz.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, wie auch der Bundesrat, die Motion abzulehnen.

Motion würde Geldpolitik der SNB unterlaufen und den Franken stärken

Die SNB hat hohe Währungsreserven angehäuft, um eine übermässige Aufwertung des Frankens zu verhindern. Sie hat dabei den Franken geschwächt, indem sie Schweizer Franken ver- und ausländische Währung gekauft hat. Entsprechend hat die SNB ihre Bilanz verlängert: Aktiv- und Passivseite wurden parallel erhöht. Die Währungsreserven sind also nicht Eigenkapital, das man für irgendwelche Zwecke verwenden kann, sondern dienen der Frankenstabilität. Würde nun ein Teil der Währungsreserven eingesetzt, wie es die Motion fordert, nämlich für Zahlungen im Inland, müsste die SNB ausländische Währung ver- und Schweizer Franken zukaufen. Entsprechend würde der Franken stärker. Damit würde die Motion die Geldpolitik der SNB konterkarieren.

Motion verletzt die Schuldenbremse und damit die Verfassung

Ein solcher aus Geldern der Nationalbank finanzierter Fonds würde zudem die Schuldenbremse aushebeln: Statt die Einnahmen und Ausgaben im Konjunkturverlauf ausgeglichen zu gestalten, würden die Ausgaben einseitig erhöht. Eine solche Aushebelung der Schuldenbremse wäre indes nicht verfassungskonform.

Staatsfonds gefährdet Unabhängigkeit der Nationalbank

Da ein Staatsfonds bei der Nationalbank über (wie auch immer gestaltete politische) Anlagevorschriften verfügen würde, käme seine Errichtung faktisch einer politischen Einmischung in die Anlagepolitik und damit in die geldpolitische Unabhängigkeit der SNB gleich. Die Nationalbank kann sich an den Finanzmärkten aber nur dann zugunsten der Preisstabilität und der Abfederung von Währungs- bzw. makroökonomischen Schocks glaubhaft durchsetzen, wenn die Marktteilnehmer überzeugt sind, dass die SNB auch bei unpopulären Massnahmen nicht durch politische Einmischung geschwächt wird. Ein gegenteiliges Zeichen könnte gravierende Konsequenzen für die Handlungsfähigkeit der SNB haben. Aus diesen Überlegungen lehnt economiesuisse die Motion dezidiert ab.

Erfahren Sie im Dossierpolitik «Finger weg von einem Staatsfonds» mehr zum Thema.

Stand der Beratungen

In der Sommersession 2022 behandelt der Ständerat die Motion als Erstrat.

Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.

Beurteilung der Beratungen

Der Ständerat beabsichtigt, mit SNB-Geldern einen Staatsfonds zu äufnen, um damit staatliche Investitionen zu finanzieren. Die entsprechende Motion hat er mit 19 zu 16 Stimmen bei 1 Enthaltung an die zuständige Kommission zur Vorprüfung zugewiesen.

economiesuisse lehnt dieses und ähnliche Vorhaben entschieden ab. Primär soll sich die SNB auf ihren Kernauftrag konzentrieren, nämlich die Preisstabilität in der Schweiz zu gewährleisten. Diesen hat die SNB in der Vergangenheit sehr gut erfüllt. Eine Vereinnahmung der SNB für politische Vorhaben würde diese Anstrengungen untergraben. Die SNB muss unabhängig bleiben: Finger weg von einem Staatsfonds! Schliesslich profitieren wir alle von einem stabilen Schweizer Franken.