Sparschwein

Bun­des­fi­nan­zen: Vom Wünsch­ba­ren zum Fi­nan­zier­ba­ren

Die Be­ra­tung zum Vor­an­schlag 2023 ist ruhig über die Bühne ge­gan­gen. Das Par­la­ment ist gross­mehr­heit­lich dem Bun­des­rat ge­folgt und hat ein schul­den­brems­kon­for­mes Bud­get ver­ab­schie­det. Die gros­sen Her­aus­for­de­run­gen in der Fi­nanz­po­li­tik ste­hen aber erst noch an. Die Fi­nanz­plan­jah­re ab 2024 er­fül­len die Vor­ga­ben der Schul­den­brem­se nicht. Bun­des­rat und Par­la­ment sind ge­for­dert, Be­rei­ni­gungs­mass­nah­men in Mil­li­ar­den­hö­he zu be­schlies­sen. Die Prio­ri­sie­rung der Aus­ga­ben ist un­um­gäng­lich; eine An­pas­sung der Schul­den­brem­se ist keine Op­ti­on.

Für die an­ge­spann­ten Bun­des­fi­nan­zen hat die zu Ende ge­gan­ge­ne Win­ter­ses­si­on ei­ni­ge Klä­run­gen ge­bracht. Das Haupt­ziel, die Ver­ab­schie­dung eines schul­den­brems­kon­for­men Bud­gets für das Haus­halts­jahr 2023, wurde er­reicht. Ge­plant sind zwar wie­der­um aus­ser­or­dent­li­che Aus­ga­ben, wel­che die Mil­li­ar­den-Marke über­stei­gen und die Ver­schul­dung wei­ter an­trei­ben wer­den. Ins­ge­samt lie­gen die Be­schlüs­se aber im er­wart­ba­ren Rah­men. Auf zu­sätz­li­che Be­las­tun­gen wurde weit­ge­hend ver­zich­tet. Es dürf­te klar ge­wor­den sein, dass die fi­nan­zi­el­len Aus­sich­ten für den Bund in der nächs­ten Zeit nicht rosig sind und wei­te­re Aus­ga­ben die Si­tua­ti­on noch ver­schär­fen wür­den.

Wich­ti­ge Ent­schär­fung im Fi­nanz­plan er­reicht

In den Fi­nanz­plä­nen sind De­fi­zi­te von einer Mil­li­ar­de (2024) bis drei Mil­li­ar­den Fran­ken (ab 2025) pro­gnos­ti­ziert. Ur­sa­che der Fehl­be­trä­ge sind neue Pro­jek­te, die im Ver­lauf des Jah­res vom Par­la­ment be­schlos­sen wur­den und für wel­che die Fi­nan­zie­rung fehlt. Bei zwei Pro­jek­ten haben Zwi­schen­ent­schei­de in der Win­ter­ses­si­on nun aber eine Ent­schär­fung ge­bracht. Zum einen ist kaum mehr mit einem Ge­gen­vor­schlag zur so­ge­nann­ten Prä­mi­en­ent­las­tungs­in­itia­ti­ve zu rech­nen, der für den Bund mit hohen Kos­ten­fol­gen ver­bun­den wäre. Zum an­dern hat der Stän­de­rat Nicht­ein­tre­ten auf eine Vor­la­ge für hö­he­re Steu­er­ab­zü­ge für Kran­ken­kas­sen­prä­mi­en be­schlos­sen. Ohne diese bei­den Pro­jek­te re­du­zie­ren sich die De­fi­zi­te ab 2025 um mehr als die Hälf­te.

Her­aus­for­de­rung bleibt be­ste­hen

Für die neue Fi­nanz­mi­nis­te­rin und die Bun­des­po­li­tik ins­ge­samt bleibt die fi­nan­zi­el­le Sta­bi­li­sie­rung den­noch her­aus­for­dernd. Dies, zumal wei­te­re Pro­jek­te ohne Fi­nan­zie­rung in der Pipe­line sind. Etwa die Idee eines neuen Bun­des­bei­trags an die ex­ter­ne Kin­der­be­treu­ung im Um­fang von fast 800 Mil­lio­nen Fran­ken. Auch die In­di­vi­du­al­be­steue­rung, deren Ver­nehm­las­sung kürz­lich lan­ciert wurde, ist mit Min­der­ein­nah­men von 1 Mil­li­ar­de ver­bun­den. Wei­te­re Hun­der­te von Mil­lio­nen kos­ten die Pläne für neue Sub­ven­tio­nen für den Gü­ter­ver­kehr. Die SBB soll zudem einen Ent­schul­dungs­bei­trag von über einer Mil­li­ar­de Fran­ken à fonds perdu er­hal­ten. Die Wunsch­lis­te lässt sich fort­set­zen.

Eine Fo­kus­sie­rung ist drin­gend nötig

Das Pro­blem ist: In der Bun­des­kas­se feh­len die Mit­tel zur Fi­nan­zie­rung die­ser Vor­ha­ben. Fi­nan­zi­el­le Spiel­räu­me für neue Auf­ga­ben be­ste­hen im ak­tu­el­len Haus­halt keine. Weil auch lau­fen­de Auf­ga­ben aus­ge­baut wer­den sol­len, wird es ohne Prio­ri­sie­rung und Fo­kus­sie­rung nicht gehen. Der Bun­des­rat wird im Ja­nu­ar 2023 eine fi­nanz­po­li­ti­sche Stand­ort­be­stim­mung vor­neh­men und bis im Fe­bru­ar Eck­wer­te fest­le­gen, wie die Be­rei­ni­gung des Bud­gets 2024 er­fol­gen und die dar­auf­fol­gen­den Fi­nanz­plan­jah­re aus­se­hen sol­len.

Schul­den­brem­se muss ein­ge­hal­ten wer­den

Wenn das Bun­des­geld je­weils nicht für alles Wünsch­ba­re reicht, wer­den re­gel­mäs­sig Vor­wür­fe an die Schul­den­brem­se laut – so auch in der win­ter­li­chen Bud­get­de­bat­te. Das wich­tigs­te Dis­zi­pli­nie­rungs­in­stru­ment des Bun­des sei an­zu­pas­sen, weil es den Staat aus­hun­ge­re und In­ves­ti­tio­nen ver­hin­de­re. Pri­va­te kauf­ten ihre Ei­gen­hei­me auch mit Hy­po­the­ken und damit mit Schul­den. Des­halb soll­te sich der Staat eben­falls für Wich­ti­ges ver­schul­den dür­fen. Dazu ist drei­er­lei zu sagen:

  • Ers­tens zeigt der Blick in die In­ves­ti­ti­ons­rech­nung, dass der Bund auch unter der Schul­den­brem­se kräf­tig in­ves­tiert. Es gibt zahl­rei­che zu­kunfts­ge­rich­te­te Pro­jek­te, die be­reits heute vom Bund ge­tra­gen wer­den. In­no­suis­se fi­nan­ziert bei­spiels­wei­se ge­mein­sa­me wis­sen­schafts­ba­sier­te In­no­va­ti­ons­pro­jek­te von In­dus­trie und For­schung.
  • Zwei­tens ist der Bund ein Trans­fer­haus­halt. Der Bund ver­gibt Steu­er­gel­der an Drit­te, die wie­der­um mit den Gel­dern In­ves­ti­tio­nen tä­ti­gen; ein Bei­spiel sind die Kan­to­ne.
  • Drit­tens tönt die For­de­rung nach mehr In­ves­ti­tio­nen zwar gut, in der po­li­ti­schen Pra­xis ist die Un­ter­schei­dung von In­ves­ti­tio­nen und Kon­sum­aus­ga­ben je­doch schwie­rig. Ein Bei­spiel sind die Bei­trä­ge an die Kos­ten der Kin­der­be­treu­ung: Han­delt es sich dabei um Sub­ven­tio­nen für El­tern mit Kin­dern in Be­treu­ungs­in­sti­tu­tio­nen oder um In­ves­ti­tio­nen in die bes­se­re Ver­ein­bar­keit von Fa­mi­lie und Beruf? Ähn­li­che Aus­le­gungs­fra­gen stel­len sich im Bil­dungs­be­reich, bei der Ge­sund­heit oder bei Steu­er­vor­la­gen. Weil die Ant­wor­ten po­li­tisch um­strit­ten sind, macht die Schul­den­brem­se kei­nen Un­ter­schied zwi­schen Kon­sum­aus­ga­ben und In­ves­ti­tio­nen.

Gute Grün­de für mehr Aus­ga­ben gibt es immer. Der mas­si­ve Schul­den­auf­bau der 90er- und frü­hen Nul­ler-Jahre ist das Re­sul­tat einer Aus­ga­ben­po­li­tik ohne Gren­zen. Mit der Schul­den­brem­se hat das Volk dem Bund Zügel an­ge­legt. Das Ver­bot einer Fi­nanz­po­li­tik auf Pump ist kein Selbst­zweck, son­dern liegt im In­ter­es­se des Gan­zen. Star­ke, sta­bi­le Fi­nan­zen ma­chen einen star­ken, hand­lungs­fä­hi­gen Staat. Die Co­ro­na-Pan­de­mie hat das bes­ser als jedes Schul­buch ge­zeigt. Die Fä­hig­keit zur fi­nan­zi­el­len Nach­hal­tig­keit gilt es in die Zu­kunft zu tra­gen. Die Schul­den­brem­se ist nicht das Pro­blem. Sie ist die Lö­sung.