Kraut, Rüben und Ch­abis in der En­er­gie­po­li­tik

Die Dis­kus­sio­nen um die Zu­kunft un­se­rer En­er­gie­ver­sor­gung sind kom­plex, un­über­sicht­lich und zu­wei­len dif­fus. Für die Wirt­schaft bleibt son­nen­klar: Ver­sor­gungs­si­cher­heit ist unser höchs­tes Gut.

Wer sich mit bes­ten Ab­sich­ten ins Ge­tüm­mel der En­er­gie­po­li­tik stürzt, muss sich frü­her oder spä­ter un­wei­ger­lich wie eine Ge­mü­se­gärt­ne­rin vor­kom­men: Man ver­sucht nur noch ir­gend­wie, das Kraut und die Rüben aus­ein­an­der­zu­hal­ten. Vor allem eine Kraut­va­ria­ti­on ge­deiht im en­er­gie­po­li­ti­schen Ge­mü­se­gärt­chen lei­der zu gut: der Ch­abis. Man sieht dies bei­spiels­wei­se an den vie­len op­ti­mis­ti­schen, teil­wei­se sogar nai­ven Ideen zur Schlies­sung einer bald aku­ten Win­ter­strom­lü­cke oder den bra­chia­len Ideen von Kon­tin­gen­tie­rung und Ab­schal­tun­gen als «Lö­sungs­an­satz».

Die Wirt­schaft hat sich zwei Ziele auf die Fahne ihrer Strom­po­li­tik ge­schrie­ben: die Ver­sor­gungs­si­cher­heit und die Dekar­bo­ni­sie­rung mit Netto-Null bis 2050. Die Strom­ver­sor­gungs­si­cher­heit der Schweiz ist akut ge­fähr­det. Be­reits ab 2025 dro­hen ge­mäss der Strom­markt­auf­sicht ElCom Eng­päs­se. Neben dem hu­ma­ni­tä­ren De­sas­ter hat der Krieg in der Ukrai­ne die Ver­letz­lich­keit der En­er­gie­ver­sor­gung vor Augen ge­führt und ge­zeigt, dass die­ser viel­leicht nicht die Luft, mög­li­cher­wei­se aber bald das Gas aus­geht. Es braucht des­halb wie­der mehr Prag­ma­tis­mus und Rea­li­täts­sinn. Die Dekar­bo­ni­sie­rung des En­er­gie­sys­tems ist eine mas­si­ve Her­aus­for­de­rung: Um etwa 40 Pro­zent muss der Ge­samt­ener­gie­ver­brauch in den nächs­ten 30 Jah­ren sin­ken. Das ist etwa sechs bis sie­ben Mal der Jah­res­ver­brauch des Kan­tons Zü­rich. Mehr als die Hälf­te un­se­rer Strom­pro­duk­ti­on für das Jahr 2050 ist heute noch nicht ge­baut, wobei wir wohl fast 40 Pro­zent mehr Strom brau­chen wer­den. Das sind keine Pea­nuts. Die si­che­re Strom­ver­sor­gung wird zum Knack­punkt: Man­gel­la­gen stel­len auch die Er­rei­chung un­se­rer Kli­ma­zie­le mit­tel­bar in­fra­ge. Die Wirt­schaft (ins­be­son­de­re die In­dus­trie, aber zum Bei­spiel auch der Bau­be­reich) in­ves­tiert be­reits viel und hat als ein­zi­ger Sek­tor die Kli­ma­zie­le bis 2020 nicht nur er­reicht, son­dern über­trof­fen. Kli­ma­neu­tra­ler Strom ist dabei eine der wich­tigs­ten Res­sour­cen. Ohne ihn trock­net unser en­er­gie­po­li­ti­scher Gar­ten aus und die Er­rei­chung un­se­rer Kli­ma­zie­le rückt in weite Ferne.

Wir müs­sen des­halb einen rea­lis­ti­schen und rea­li­sier­ba­ren Weg zur «En­er­gie­wen­de» su­chen – einen, auf dem nicht im Win­ter die Lich­ter aus­ge­hen oder wegen ex­plo­die­ren­der Prei­se die En­er­gie­ar­mut und Re­zes­si­on gras­sie­ren. Es muss auch ein Weg sein, der über ein brei­tes und so­li­des Fun­da­ment ver­fügt, so­wohl bei den ein­ge­setz­ten Tech­no­lo­gi­en als auch bei den Mass­nah­men. Neben allen Er­neu­er­ba­ren kommt da eben auch die Kern­ener­gie ins Spiel. Sie bie­tet uns vor allem im Win­ter eine si­che­re Ver­sor­gung und ist un­se­re Ver­si­che­rung, falls der Aus­bau der Er­neu­er­ba­ren wei­ter­hin stockt. Ent­spre­chend wäre es fahr­läs­sig, sie nicht in die Über­le­gun­gen zur Ver­sor­gungs­si­cher­heit ein­zu­be­zie­hen und vor­ei­lig Türen zu schlies­sen. Jede kli­ma­neu­tra­le Strom­quel­le zählt – vor allem im Win­ter. Falls wei­te­re Sub­ven­tio­nen für die Ver­sor­gungs­si­cher­heit un­er­läss­lich sind, müs­sen alle Tech­no­lo­gi­en ein­be­zo­gen wer­den, die einen Bei­trag zur Win­ter­ver­sor­gung leis­ten. Wir wol­len eine Man­gel­la­ge ver­hin­dern und müs­sen dafür alle Re­gis­ter zie­hen. Dies funk­tio­niert aus­ser­dem nur mit einem breit ab­ge­stütz­ten Ge­samt­kon­zept, wie wir es un­längst mit un­se­ren «Fünf Grund­pfei­lern» und kon­kre­ten Vor­schlä­gen einer si­che­ren, nach­hal­ti­gen und wirt­schaft­li­chen Strom­ver­sor­gung vor­ge­legt haben. Die­ses Kon­zept deckt von der För­de­rung des Zu­baus der Er­neu­er­ba­ren über die Im­port­ka­pa­zi­tä­ten bis zur Preis­ent­wick­lung fast jeden As­pekt der Dis­kus­si­on ab. Es ist damit das idea­le Mit­tel für ein viel­fäl­ti­ges en­er­gie­po­li­ti­sches Gärt­chen und gegen eine Ch­abis-Mo­no­kul­tur.