Mehrere Postlastwagen von oben

Post 2030: Ein mo­der­ner Ser­vice pu­blic braucht mo­der­ne Rah­men­be­din­gun­gen

Die Wirt­schaft for­dert ein Um­den­ken bei der Post­ver­sor­gung: Sie soll künf­tig kun­den­nä­her, in­no­va­ti­ver und brei­ter ab­ge­stützt sein. Die Vor­schlä­ge einer Ex­per­ten­kom­mis­si­on des Bun­des gehen daher in die rich­ti­ge Rich­tung. Die ver­al­te­te Re­gu­lie­rung muss mo­der­ni­siert wer­den. Nur so lässt sich eine nach­hal­ti­ge und hoch­wer­ti­ge Ver­sor­gung si­cher­stel­len.

Heute hat eine un­ab­hän­gi­ge Ex­per­ten­kom­mis­si­on des Bun­des ihre Vor­schlä­ge für die Neu­ge­stal­tung der Post­grund­ver­sor­gung prä­sen­tiert. Für eco­no­mie­su­is­se gehen diese Vor­schlä­ge in die rich­ti­ge Rich­tung. Die Kom­mis­si­on sieht den Rea­li­tä­ten ins Auge und zieht die lo­gi­schen Schluss­fol­ge­run­gen: Die Di­gi­ta­li­sie­rung än­dert Kun­den­be­dürf­nis­se und Ge­schäfts­mo­del­le. Dies ist für das Post­an­ge­bot in der Schweiz eine enor­me Chan­ce. Die Rah­men­be­din­gun­gen müs­sen je­doch grund­le­gend an­ge­passt wer­den, damit die Chan­ce ge­nutzt wer­den kann. Die Auf­he­bung des Brief­mo­no­pols, der Fokus auf Dienst­leis­tun­gen an­statt In­fra­struk­tu­ren oder die Ent­flech­tung und Aus­schrei­bung des Zah­lungs­ver­kehrs sind längst über­fäl­li­ge Re­form­schrit­te. Der Er­halt der heu­ti­gen Struk­tu­ren ver­un­mög­licht einen nach­hal­ti­gen und hoch­wer­ti­gen Ser­vice pu­blic. Dar­un­ter lei­den am Ende die Kun­din­nen und Kun­den, be­son­ders in den länd­li­chen Ge­bie­ten.

Nost­al­gie ist eine schlech­te Rat­ge­be­rin für die Zu­kunft

Die heu­ti­ge Grund­ver­sor­gung er­in­nert an ver­staub­te PTT-Zei­ten: Mo­no­po­le, Ab­schot­tung und bü­ro­kra­ti­sche De­tail­re­gu­lie­rung schaf­fen ein Um­feld, das Fort­schritt und kun­den­na­he In­no­va­ti­on im Keim er­stickt. Dabei wird die vor­ge­schrie­be­ne Leis­tung der Post fast über­all auch von an­de­ren Un­ter­neh­men er­bracht: Schwei­zer Fi­nanz­in­sti­tu­te bie­ten schon lange eine flä­chen­de­cken­de Ver­sor­gung mit Zah­lungs­dienst­leis­tun­gen an, ent­we­der phy­sisch am Schal­ter und Ban­ko­mat oder on­line via E-Ban­king. Pri­va­te Brief­post­dienst­leis­ter er­rei­chen heute ohne Ver­sor­gungs­auf­trag 90 Pro­zent aller Schwei­zer Haus­hal­te, bei den pri­va­ten Pa­ket­post­dienst­leis­ter sind es sogar 100 Pro­zent. Sie span­nen mit Ge­schäf­ten des täg­li­chen Be­darfs zu­sam­men oder ver­sor­gen die Kun­din­nen und Kun­den di­rekt zu Hause und am Ar­beits­platz. An­ge­sichts die­ser rea­len Ent­wick­lung wirkt die heu­ti­ge Re­gu­lie­rung wie aus der Zeit ge­fal­len. Die Re­form ist am Ende eine Grat­wan­de­rung: Sie muss auf mehr Markt und Wett­be­werb set­zen und darf die Grund­ver­sor­gung nicht ins di­gi­ta­le «Re­du­it» füh­ren.

Schäd­li­che Ex­pan­si­on des Post­kon­zerns nicht wei­ter to­le­rie­ren

Auch für die Post selbst ist die mo­men­ta­ne Si­tua­ti­on nicht nach­hal­tig. Trotz immer en­ge­rem Re­gu­lie­rungs­kor­sett baut sie seit Jah­ren Leis­tun­gen ab. Die Post ist heute nicht mehr in ers­ter Linie eine bür­ger­na­he Dienst­leis­te­rin, son­dern ein wu­chern­der Staats­kon­zern. Sie ver­kommt zum po­li­ti­schen Spiel­ball und in­ves­tiert Hun­der­te Mil­lio­nen Fran­ken an öf­fent­li­chem Geld in neue Ge­schäfts­fel­der und pri­va­te Fir­men­käu­fe, um den Spa­gat zwi­schen Rea­li­tät und An­spruch ir­gend­wie zu schaf­fen. Das Ri­si­ko tra­gen die Steu­er­zah­len­den und die Kon­su­men­tin­nen, die unter den ent­ste­hen­den Markt­ver­zer­run­gen lei­den. Hier bleibt die Ex­per­ten­kom­mis­si­on kon­se­quen­te Ge­gen­re­zep­te schul­dig. Di­ver­se Vor­schlä­ge wür­den die Zu­stän­de sogar ver­schlim­mern, etwa Pa­ket­markt oder bei so­ge­nann­ten «di­gi­ta­len In­fra­struk­tu­ren».

Der Ser­vice pu­blic von Mor­gen

Was wäre also zu tun? Es ist klar, dass es auch in Zu­kunft einen Grund­ver­sor­gungs­auf­trag braucht. Die­ser muss aber im Ver­gleich zu heute ein­fa­cher, ge­ziel­ter und brei­ter ab­ge­stützt sein:

  • Ein­fa­cher heisst, dass nicht jedes letz­te De­tail zu re­geln ist, son­dern die wich­ti­gen Grund­sät­ze für die Kun­din­nen und Kun­den. Die Qua­li­tät der Dienst­leis­tun­gen ist ent­schei­dend, nicht wie und wo diese er­bracht wer­den. Agen­tu­ren und Haus­ser­vice wer­den bei­spiels­wei­se von vie­len Kun­den be­reits heute ge­schätzt und haben gros­ses Po­ten­zi­al. Ge­ne­rell gilt: Die Post­stel­le der Zu­kunft kommt zu den Men­schen, nicht um­ge­kehrt. Sämt­li­che Leis­tun­gen, die noch nach­ge­fragt und nicht aus­rei­chend vom Markt er­bracht wer­den, sind an­bie­t­er­neu­tral aus­zu­schrei­ben.
  • Ge­ziel­ter heisst, dass nicht alles über den glei­chen Leist ge­bro­chen wird. Jede Re­gi­on hat an­de­re Vor­aus­set­zun­gen und Ver­sor­gungs­be­dürf­nis­se, die be­rück­sich­tigt wer­den müs­sen. Ur­ba­ne Zen­tren brau­chen prin­zi­pi­ell kei­nen Ver­sor­gungs­auf­trag mehr, länd­li­che Ge­bie­te einen bes­ser auf sie zu­ge­schnit­te­nen. Die Grund­ver­sor­gung im Zah­lungs­ver­kehr hat ihre Da­seins­be­rech­ti­gung ge­ne­rell ver­lo­ren, da der Markt diese Leis­tun­gen ab­deckt. Neue Frei­räu­me be­deu­ten auch mehr Raum für Kun­den­nä­he und In­no­va­ti­on.
  • Brei­ter ab­ge­stützt heisst, dass die Ver­sor­gung nicht al­lein der Post über­las­sen wird. Auf dem Land gäbe es fast 4000 Ge­schäf­te des täg­li­chen Be­darfs, die als An­lauf­stel­len für Post­diens­te ge­eig­net wären und heute von der Grund­ver­sor­gung fak­tisch aus­ge­schlos­sen sind. Das ist eine un­nö­ti­ge, künst­li­che Ver­knap­pung. Auch die pri­va­ten Post­dienst­leis­ter und die Fi­nanz­in­sti­tu­te ste­hen be­reit, um ihren Bei­trag zu leis­ten.
  • Letzt­lich müs­sen alte Zöpfe end­lich ab­ge­schnit­ten wer­den: Zu­guns­ten der Kun­din­nen und Kun­den, der Un­ter­neh­men im Post­markt und auch der Post selbst ist das letz­te Brief­mo­no­pol Eu­ro­pas ab­zu­schaf­fen.