Wintersession 2020

Mit den Schlussabstimmungen der Wintersession 2020 beenden die eidgenössischen Räte ein in vielerlei Hinsicht ausserordentliches Politjahr. Die Milliardenpakete zur Abfederung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Covid-Pandemie sind unter Dach und Fach und können in Gesetzesform in Kraft treten.

Die Session im Überblick

Das Politjahr 2020 des eidgenössischen Parlaments wird nur schon aus organisatorischer Sicht in die Geschichtsbücher eingehen: Nach dem pandemiebedingten Abbruch der Frühjahrssession fanden sich die Räte für eine ausserordentliche und dann für die Sommersession extra muros in der Bernexpo ein. Seit Herbst tagen sie wieder im Parlamentsgebäude – allerdings in engen Plexiglaskabäuschen und unter Einhaltung weiterer Schutzvorkehrungen. In der letzten Woche der Wintersession folgte ein weiteres Novum: Mitglieder der grossen Kammer konnten aus der Ferne elektronisch abstimmen, wenn sie krankheitshalber oder aufgrund von Quarantäne-Vorschriften zum Daheimbleiben gezwungen waren. Der Ständerat wollte diese Regeln für seinen Rat nicht einführen.

Inhaltlich war das Politjahr beider Räte unter anderem gekennzeichnet durch die zahlreichen Covid-19-bezogenen Vorstösse: allen voran durch die mehrere Milliarden Franken schweren Hilfspakete zur Abfederung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie. Geregelt sind sie z.B. im Covid-19-Gesetz und im Solidarbürgschaftsgesetz. Eigentlich bereits in der Herbstsession verabschiedet, wurde Ersteres in der Wintersession bereits wieder mehrmals überarbeitet, was vor allem den Härtefallregelungen und der damit verbundenen wiederholten Aufstockung der Finanzpakete geschuldet war. 2,5 Milliarden Franken stehen den Unternehmen in Härtefällen neu zur Verfügung. Auch wurden die Hürden für deren Bezug gesenkt. Mahnende Worte des Finanzministers, wenigstens bei der Rückzahlungsfrist der Kredite die ordnungspolitische Kirche im Dorf stehen zu lassen, halfen dabei nichts. Sie wurde von 5 auf 8 Jahre ausgedehnt. Beide Geschäfte wurden unter Druck erarbeitet und treten in Kürze in Kraft.

Wohl nicht zuletzt wegen der Höhe der Corona-Ausgaben haben die Räte das Budget 2021 im Grossen und Ganzen gemäss des bundesrätlichen Vorschlags verabschiedet, so wie es auch economiesuisse gefordert hatte. Die Bundesausgaben wurden auf 82 Milliarden Franken veranschlagt, was zu einem Defizit von 6,1 Milliarden Franken führen dürfte.

Beide Räte haben sich ferner dafür ausgesprochen, dass die Schweiz bei der nächsten Generation des EU-Forschungsprogrammes Horizon dabei sein kann und dafür 6,15 Milliarden Franken bewilligt. Die Weiterführung der Schweizer Beteiligung am weltweit grössten Forschungsprogramm ist für die Qualität und die internationale Konkurrenzfähigkeit des hiesigen Forschungsplatzes zentral.

Positiv zu werten ist ferner das klare Bekenntnis beider Kammern, Bildung, Forschung und Innovation (BFI-Botschaft) auch in Zukunft stark zu fördern. Dank der entsprechenden Beschlüsse kann die Qualität der Schweizer Bildung hochstehend und unsere Forschung international kompetitiv bleiben.

Zukunftsgerichtet ist ferner der Entscheid, dass die Schweiz die Rechtsgrundlagen über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) übernimmt und damit auch an der ausgebauten Schengen-Datenbank teilnehmen kann.

Beratungen im Ständerat: erste Hürde zur Abschaffung der Industriezölle genommen

Eine sehr gute Neuigkeit für Unternehmen und den Schweizer Standort bedeutet der Beschluss des Ständerats, endlich auf administrative Hürden bei den Industriezöllen zu verzichten und diese abzuschaffen. Der Nationalrat muss dem guten Beispiel der kleinen Kammer unbedingt folgen. Alles andere wäre unverständlich.

Richtigerweise will nach dem Nationalrat auch der Ständerat die Digitalisierung im Steuerbereich vorantreiben und künftig z.B. auf die Unterschrift bei der elektronisch eingereichten Steuererklärung verzichten. Positiv zu werten ist ferner, dass der Ständerat als Zweitrat die Fair-Preis-Initiative Volk und Ständen klar zur Ablehnung empfiehlt. Immerhin hat er auch den indirekten Gegenvorschlag des Nationalrats etwas «verbessert», zur angestrebten Senkung des Preisniveaus wird aber auch diese Vorlage nicht führen. Aus Sicht der Wirtschaft muss die Vorlage generell noch in wesentlichen Punkten angepasst werden.

Beratungen im Nationalrat: Türen offen gelassen beim Geldwäschereigesetz und für die Abschaffung der Stempelabgaben

Ein wichtiges und richtiges Zeichen hat der Nationalrat gesetzt, indem er sich für Eintreten auf die Vorlage zur Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital entschieden hat. Die Wirtschaft setzt sich seit Jahren dafür ein – die Vorlage liegt jedoch seit 2014 auf Eis. Der Ständerat sollte sich dem Nationalrat im nächsten Schritt anschliessen. Geht es nach der grossen Kammer, wird die Debatte über die Abschaffung der verbleibenden Stempelabgaben – der Umsatz- und der Versicherungsabgabe – zusammen mit der Reform des Verrechnungssteuergesetzes geführt. Die Botschaft wird im Frühjahr 2021 erwartet. economiesuisse wird sich weiterhin dafür stark machen zum Wohle des Standorts.

Der Nationalrat hat auch eine Türe dafür offengelassen, dass die Schweiz ein mit internationalen Standards in Einklang stehendes Geldwäschereigesetz erhält, indem er den Entwurf mit dem Auftrag, einen Kompromiss zu finden, zurück an die Kommission geschickt hat.

Last but not least hat die Grosse Kammer auch beim Tabakproduktegesetz richtungsweisende Entscheide getroffen und z.B. den Jungendschutz verbessert. Letzterer bildet das Hauptziel der Revision und wird von economiesuisse klar unterstützt. Die Umsetzung soll jedoch teilweise über sehr bzw. zu strikte Werbebeschränkungen erfolgen. Der Nationalrat hat sich in der Wintersession für einen ausgeglicheneren Weg als der Ständerat entschieden. economiesuisse sieht darin einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Weitere Anpassungen sind jedoch nötig.

Zusätzliche Informationen zu den erwähnten Vorlagen finden Sie nachstehend.

Wichtige Geschäfte der Wintersession 2020, die am kommenden Montag beginnt, werden erst am heutigen Freitag zu Ende vorberaten. So zum Beispiel das Covid-19-Gesetz. Der ausformulierte Entwurf (Gesetzesfahne) erscheint gar erst kurz vor Behandlungsbeginn in den Räten. Die Vorlage beinhaltet die Finanzhilfen für sogenannte Härtefälle. Diese sollen auf 1 Milliarde Franken erhöht werden. Zusätzlich wird in einem neuen Artikel im Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetz eine Delegationsnorm vorgeschlagen, die den Bundesrat ermächtigen soll, in den nächsten Monaten rasch auf eine allfällige Kreditklemme reagieren zu können. economiesuisse unterstützt den Entwurf des neuen Gesetzes, empfiehlt jedoch, dieses in einzelnen Punkten anzupassen.

(Eine Auswahl weiterer für Unternehmen massgebender Bestimmungen und Informationen zur Corona-Krise finden Sie hier.)

Wie in jeder Wintersession bildet die Beratung des Voranschlags (2021) eines der Hauptgeschäfte in beiden Räten. economiesuisse empfiehlt, den Entwurf des Bundesrats anzunehmen. Ein zentrales Anliegen ist und bleibt dabei der Erhalt der Schuldenbremse in der heutigen Form. Der Leserschaft sei zur Vertiefung das Dossierpolitik «Krisentauglich dank Schuldenbremse» ans Herz gelegt.

Ebenfalls in beiden Räten behandelt wird die Botschaft des Bundesrats zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2021 bis 2024. Es verbleiben drei Differenzen. economiesuisse plädiert dafür, die Vorlage grundsätzlich gemäss bundesrätlichem Entwurf zu verabschieden. Für den Forschungsplatz ebenfalls von eminenter Bedeutung ist, dass der Nationalrat als Zweitrat das Horizon-Paket 2021-2027 verabschiedet. Spricht das Parlament die finanziellen Mittel, wird der Schweiz der Zugang zu den europäischen Rahmenforschungsprogrammen weiterhin gewährt.

Behandlung im Ständerat

Zeitlich dringlich, und aufgrund der aktuellen Krise noch notwendiger geworden, ist der Abbau der Industriezölle. Der Ständerat sollte diesen Beschluss nun fassen, damit ihm der Nationalrat in Kürze folgen kann. Unternehmen, vor allem auch KMU, würden damit administrativ und vor allem finanziell entlastet.

Die Kleine Kammer sollte ferner die Übernahme der EU-Rechtsgrundlagen zum Schengener Informationssystem (SIS) ins Schweizer Recht beschliessen (Weiterentwicklung des bilateralen Abkommens). Diesem Abkommen ist es unter anderem zu verdanken, dass sich die Schweiz am Schengen-Visum beteiligen kann. Nicht nur für den arg gebeutelten Schweizer Tourismus ist die Reise- bzw. Visumsfreiheit sehr wichtig, sondern auch für die Unternehmen.

Darüber hinaus sollte der Ständerat die rechtlichen Grundlagen verabschieden (Elektronische Verfahren im Steuerbereich), damit die Steuerverwaltungen von Bund und Kantonen künftig sämtliche von ihnen verarbeiteten Daten über das Internet verschicken und auch empfangen können.

Nicht eintreten sollte der Ständerat hingegen auf einen indirekten Gegenvorschlag zur sogenannten Fair-Preis-Initiative. Die Initiative selbst sollte er, wie schon der Nationalrat, deutlich ablehnen. Weder die eine noch die andere Vorlage wird das Preisniveau in der Schweiz senken, stattdessen aber zur Überlastung der Kartellbehörden führen und die Wirtschaftsfreiheit von Unternehmen unverhältnismässig stark einschränken. Beides gilt es zu verhindern.

Behandlung im Nationalrat

Umgehend vom Nationalrat angegangen werden sollte die stufenweise Abschaffung der Stempelabgaben (Entwürfe 1 bis 3). Die Sistierung von Entwurf 1 weiterlaufen zu lassen, wäre besonders aufgrund der aktuellen Krise nicht sinnvoll. Inhaltlich hat der Nationalrat die Abschaffung bereits 2013 beschlossen. Auf den Entwurf 2 gilt es in dieser Session einzutreten und ihn anzunehmen: Die Reform ist eine Chance für den Finanzplatz Schweiz, die jetzt angepackt werden sollte. Der Entwurf 3 wird im Rahmen der Reform der Verrechnungssteuern behandelt werden.

In der Grossen Kammer steht auch das Tabakproduktegesetz zur Debatte. Während der verbesserte Jugendschutz zu begrüssen ist, sind absolute Werbeverbote für legale Produkte, wie sie der Ständerat und teilweise auch die nationalrätliche Kommission vorschlagen, nicht mit der verfassungsmässig garantierten Wirtschaftsfreiheit vereinbar und damit nicht akzeptabel. Die Vorlage des Bundesrats bildet hier einen Kompromiss, dem sich die Räte anschliessen sollten.

Last but not least sollte der Nationalrat unbedingt auf das Geldwäschereigesetz (GwG) eintreten und dieses auch annehmen. Diese Revision ist wichtig, denn die Schweiz braucht moderne Regeln zur Bekämpfung der Geldwäscherei.

Vertiefende Ausführungen zu einer Auswahl an Geschäften finden Sie nachstehend.

Beide Räte

BFI-BOTSCHAFT DES BUNDESRATS STÄRKT DEN SCHWEIZER BILDUNGS- UND FORSCHUNGSPLATZ

Mit der vorliegenden Botschaft beantragt der Bundesrat 27,9 Milliarden Franken für die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) in den Jahren 2021 bis 2024. Die Schweiz soll in diesem für die Wohlfahrt des Landes fundamentalen Bereich eine führende Stellung behalten und aktuelle Herausforderungen, wie die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft, meistern. Nebst den finanziellen Mitteln für die nächsten vier Jahre beantragt der Bundesrat schliesslich auch punktuelle Anpassungen in den gesetzlichen Grundlagen.

Mit knapp 28 Milliarden Franken beantragt der Bundesrat rund 2 Milliarden Franken mehr als in der vorangehenden BFI-Periode (2017 bis 2020). Dies entspricht bei den heutigen Teuerungsannahmen einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 2,2 Prozent (nominal) beziehungsweise einem realen Wachstum von durchschnittlich jährlich 1,5 Prozent. Darin nicht enthalten sind die Mittel für eine allfällige Beteiligung an den EU-Programmen, da dafür zurzeit weder der Umfang noch die Teilnahmemöglichkeiten bekannt sind.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Vorlage gemäss dem bundesrätlichen Entwurf anzunehmen, wenn, dann nur sehr selektiv davon abzuweichen und daher einen grossen Teil der Anträge der Mehrheit der WBK-NR abzulehnen.

Die BFI-Botschaft des Bundesrats stärkt den Schweizer Bildungs- und Forschungsplatz. Sie ist gut begründet und ausgewogen. economiesuisse begrüsst, dass die BFI-Mittel weiterhin priorisiert werden und dass über alle Bereiche hinweg moderate Wachstumsraten geplant sind. Auch dass Effizienz- und Effektivitätssteigerungen explizit angesprochen werden und transversale Themen im Rahmen der bestehenden Förderinstrumente behandelt werden, ist im Sinne der Wirtschaft.

Der Ständerat hat mehr Mittel insbesondere für den Schweizerischen Nationalfonds (SNF) und die Innosuisse beschlossen, was grundsätzlich im Sinne der Wirtschaft ist, ist doch die wettbewerbliche Forschungsförderung auf nationaler Ebene ein wesentlicher Treiber für die Qualität der Forschung. Weitere Budgeterhöhungen hingegen, wie sie die WBK-NR vorschlägt, lehnt economiesuisse mit einer Ausnahme ab. Diese betrifft den ETH-Bereich, der durch die Kreditsperre stärker als andere Bereiche belastet wird. Wenn der Nationalrat nun, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, die Kreditsperre gutheisst, sind zusätzliche Mittel in der Höhe von 15 Millionen Franken für den ETH-Bereich zweckmässig. Lehnt er aber die Kreditsperre ab, sind die zusätzlichen Mittel in der Höhe von 15 Millionen Franken (wie alle anderen Erhöhungsanträge auch) abzulehnen.

Stand der Beratungen

In der Wintersession 2020 beraten beide Räte die Vorlage im Rahmen der Differenzbereinigung.

Zu den verbleibenden Differenzen macht die WBK-NR ihrem Rat folgende Anträge:

  • Bundesbeschluss über die Finanzierung der Berufsbildung in den Jahren 2021 bis 2024 (BB 1): Die Kommission hält mit 17 zu 7 Stimmen an der Version des Nationalrats fest und möchte den Verpflichtungskredit um 20 Millionen Franken aufstocken (für die berufsorientierte Weiterbildung), eine Minderheit möchte sich dem Ständerat anschliessen.
  • Bundesbeschluss über den Zahlungsrahmen für den ETH-Bereich in den Jahren 2021 bis 2024 (BB 4): Die Kommission schliesst sich mit 14 Stimmen zu 8 bei 2 Enthaltungen dem Ständerat an, eine Minderheit möchte an der Version des Nationalrats (Aufstockung um 15 Millionen Franken) festhalten.
  • Bundesbeschluss über die Kredite für Forschungseinrichtungen von nationaler Bedeutung in den Jahren 2021 bis 2024 (BB 10): Die Kommission hält mit 14 zu 10 Stimmen an der Version des Nationalrats fest (Aufstockung um 12 Millionen Franken für 3R), eine Minderheit lehnt dies ab.

Beurteilung der Beratungen

Aus der Sicht der Wirtschaft ist das klare Bekenntnis des Parlaments zu einer weiteren starken Förderung von Bildung, Forschung und Innovation sehr positiv zu werten. Damit stehen die notwendigen Mittel zur Verfügung, die es braucht, damit die Bildung hochstehend und die Forschung international kompetitiv bleibt. Dies ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Schweizer Wirtschaft auch künftig grosse Innovationsleistungen erzielen kann.

WIRTSCHAFT UNTERSTÜTZT AUSGEWOGENEN BUDGETVORSCHLAG DES BUNDESRATS

Das Parlament berät und verabschiedet den Voranschlag (Budget) 2021 und den Finanzplan für die darauffolgenden drei Jahre (2022 bis 2024). Aufgrund der Corona-Pandemie sind die Beschlüsse insbesondere mit Bezug auf den Finanzplan viel stärker als in anderen Jahren als Momentaufnahmen zu betrachten.

Der Bundesrat beantragt dem Parlament für 2021 einen Voranschlag mit einem Defizit in der ordentlichen Finanzierungsrechnung von 1,1 Milliarden Franken. Zusammen mit den coronabedingten Nachmeldungen erhöht sich der Fehlbetrag auf 2,0 Milliarden Franken. Die Vorgaben der Schuldenbremse würden aufgrund der deutlichen Unterauslastung der Wirtschaft ein Defizit von 3,3 Milliarden zulassen.

Für 2021 rechnet der Bundesrat mit ordentlichen Einnahmen von 75,8 Milliarden Franken. Die Einnahmen stagnieren auf dem Niveau des Voranschlags 2020. Auf der Ausgabenseite sind unter Berücksichtigung der Nachmeldung zum Budget 2021 77,8 Milliarden Franken vorgesehen. Das Wachstum bei den Ausgaben geht fast vollumfänglich auf die Corona-Massnahmen zurück. Zusätzlich zu den ordentlichen Ausgaben beantragt der Bundesrat ausserordentliche Ausgaben von 2,2 Milliarden Franken. Die vom Bundesrat beantragten Gesamtausgaben betragen damit 80 Milliarden Franken.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Vorlage gemäss dem Entwurf des Bundesrats einschliesslich der Nachträge anzunehmen.

Die durch die Corona-Pandemie ausgelöste Krise trifft auch die Finanzen des Bundes schwer. Angesichts der grossen Unsicherheit ist aus Sicht der Wirtschaft finanzpolitische Zurückhaltung angezeigt. Der Bund sollte sich im Moment auf gezielte, befristete Hilfsmassnahmen im Rahmen der bisherigen Instrumente konzentrieren. Auf Mehrbelastungen darüber hinaus ist zu verzichten, es sei denn, der Nutzen spezifischer Massnahmen ist für die Volkswirtschaft ausgewiesen positiv.

Umsetzung Budget 2021 gemäss Vorschlag Bundesrat

Das Bundesbudget 2021 soll in der vom Bundesrat vorgeschlagenen Form einschliesslich Nachmeldungen vom Parlament beschlossen werden. Der Bundesrat hat ein umsichtiges Budget vorgelegt, das nicht ans Limit des erlaubten Defizits geht. Wo Zusatzausgaben über dem Streubereich beschlossen werden, sind sie zu kompensieren.

Mittelfristig plant der Bundesrat weder Steuererhöhungen noch Sparpakete. Das ist begrüssenswert. Höhere Steuern und Abgaben sind Gift für die wirtschaftliche Erholung. Auch Sparpakete sind nicht wünschbar. Dafür müssen aber die finanzpolitischen Weichen so gestellt werden, dass ein unzulässiger Ausgabenüberhang vermieden werden kann.

Gezielte, befristete Notmassnahmen im Rahmen der bisherigen Instrumente

Angesichts der enormen Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Pandemie und über ihre Folgen für die Wirtschaft und die Bevölkerung ist finanzpolitisches Augenmass besonders wichtig. Das gilt für den ordentlichen Haushalt, es gilt aber auch im ausserordentlichen Haushalt bei den Notmassnahmen.

Das Parlament hat Notmassnahmen und spezifische Hilfsinstrumente im Covid-19-Gesetz beschlossen. Nun geht es darum, die Massnahmen so gezielt wie möglich anzuwenden. Dauerhafte Zusatzbelastungen und neue permanente Aufgaben für den Staat dürfen sich aus der Krise nicht ergeben.

Massnahmen zur nachhaltigen Unterstützung von Wirtschaft und Konjunktur statt Impulsprogramme

Unter das Gebot der Zurückhaltung fallen auch staatliche Impulsprogramme. In einer kleinen, offenen Volkswirtschaft, die zu 40 Prozent von Exporten lebt, verpuffen solche Programme. Sinnvoll sind Massnahmen, deren Impulswirkung für die Volkswirtschaft schon vor der Krise bekannt und untersucht war. Dazu gehört die Aufhebung der Industriezölle, die aktuell in der Wintersession im Parlament beraten wird, die Reform der Verrechnungssteuer sowie die Streichung der Emissionsabgabe und standortschädlicher Stempelabgaben.

Einhaltung und konsequente Unterstützung der Schuldenbremse

Auch wenn die Corona-Pandemie nicht ausgestanden ist, ist jetzt schon klar, dass die Schuldenbremse des Bundes ihre erste grosse Bewährungsprobe bestanden hat. Das wichtigste finanzpolitische Regelwerk der Schweiz funktioniert auch in der Krise. Die Defizite, die die Schuldenbremse zulässt, helfen dem ordentlichen Haushalt, ohne Einschränkungen über die Runden zu kommen. Für Notmassnahmen ist es zudem möglich, hohe Beträge einzusetzen. Die Schuldenbremse ist ein Instrument «für alle Wetterlagen». Sie braucht weder angepasst noch notfalls umgangen zu werden.

Für weitere Informationen und Einschätzungen zum Budget und Finanzplan verweisen wir auf das beiliegende dossierpolitik «Bundesfinanzen 2021: Krisentauglich dank Schuldenbremse».

Stand der Beratungen

Der Voranschlag 2021 und der Finanzplan 2022 bis 2024 werden in der Wintersession 2020 von beiden Räten beraten.

Die FK-NR beantragt ihrem Rat im Voranschlag 2021 um 231 Millionen Franken höhere Ausgaben als der Bundesrat. Die FK-SR folgt in ihren Beschlüssen dem Bundesrat.

Beurteilung der Beratungen

Das Parlament hat die Empfehlungen von economiesuisse aufgenommen und ist dem Budgetvorschlag des Bundesrats in den wesentlichen Punkten gefolgt. Es wurden Ausgaben von insgesamt 82 Milliarden Franken beschlossen. Die Einnahmen werden auf 75,9 Milliarden Franken geschätzt.

Entsprechend resultiert im nächsten Jahr ein Defizit von insgesamt 6,1 Milliarden Franken; gut 2 Milliarden im ordentlichen Haushalt und 4,1 Milliarden Franken im ausserordentlichen Haushalt. Die Schuldenbremse kann trotz der hohen erwarteten Einnahmenausfälle und coronabedingten Mehrausgaben eingehalten werden.

Bei den ordentlichen Ausgaben gab es im Vergleich zu früheren Jahren keine grossen Diskussionen. Die Mittel wurden nur in einzelnen Fällen aufgestockt, wie zum Beispiel für den Kinderschutz/die Kinderrechte, für die Landwirtschaft oder den Umweltschutz. Im Kultur- und Bildungsbereich wurden die im Herbst getroffenen Beschlüsse zur Kulturbotschaft und zur BFI-Botschaft nachvollzogen.

Im ausserordentlichen Haushalt verbucht werden insbesondere die Ausgaben für die kantonalen Härtefallmassnahmen (1,932 Milliarden) und den Beitrag an den Erwerbsersatz (2,1 Milliarden). Für die Bewältigung der Corona-Pandemie wurden für 2021 Ausgaben von insgesamt 6,6 Milliarden Franken beschlossen.

HÄRTEFALLREGELUNG DES BUNDESRATS AUS SICHT DER WIRTSCHAFT INSGESAMT ZIELFÜHREND

Der Bundesrat hat beschlossen, dem Parlament für eine dringliche Beratung in der Wintersession punktuelle Anpassungen am Covid-19-Gesetz (Entwurf 1) und am Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetz (Covid-19-SBüG, Entwurf 2) vorzuschlagen. Damit könnte besser auf die aktuellen Entwicklungen der zweiten Welle der Covid-Pandemie reagiert werden. Neben à-fonds-perdu-Beiträgen für professionelle und semiprofessionelle Sportklubs (Art. 13 und neu Art. 12b Covid-19-Gesetz) und die Erweiterung der Kurzarbeitsentschädigungen (Art. 17 Covid-19-Gesetz), schlägt der Bundesrat insbesondere Anpassungen in den folgenden Bereichen vor:

  • Härtefälle (Art. 12 Covid-19-Gesetz, Entwurf 1): Die Gesamtsumme der Unterstützung von Bund und Kantonen soll auf 1 Milliarde Franken erhöht werden. Der Anteil des Bundes an diesen Kosten beträgt bis 400 Millionen Franken 50 Prozent (das heisst 200 Millionen) und danach 80 Prozent (480 Millionen). Damit übernimmt der Bund rund zwei Drittel und die Kantone ein Drittel der anfallenden Kosten. 
  • Reaktivierung des Covid-19-Kreditprogramms (Art. 25a Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetz, SBüG, Entwurf 2): Zusätzlich zu den Härtefallhilfen beantragt der Bundesrat dem Parlament eine Delegationsnorm zur Errichtung eines neuen Kreditprogramms, um rasch auf eine allfällige Kreditklemme reagieren zu können. Letzteres würde der Regierung ermöglichen, auf Verordnungsstufe ein neues Solidarbürgschaftssystem zu errichten, falls sich die Situation deutlich verschlechtern würde und die Kreditversorgung nicht mehr ausreichend funktioniert.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, den Entwurf 1 grösstenteils gemäss der Mehrheit der WAK-NR anzunehmen.

Unterstützung der Erhöhung der Mittel für Härtefälle klar definieren

Die Wirtschaft erachtet die vorgeschlagene Härtefallregelung gemäss dem Beschluss des Bundesrats vom 25. November 2020 insgesamt als zielführend (Art. 12 Covid-19-Gesetz). Die Erhöhung der Gesamtsumme der Unterstützung von Bund und Kantonen auf 1 Milliarde Franken für Härtefälle wird von economiesuisse unterstützt, da die ursprünglich vorgesehenen Mittel von insgesamt 400 Millionen Franken leider nicht ausreichen dürften.

Wettbewerbsverzerrungen bei der Unterstützung von Härtefällen vermeiden

Allerdings besteht mit einer starken Unterstützung einer Vielzahl von Unternehmen die Gefahr von unerwünschten Nebeneffekten. Einerseits wirken nicht rückzahlbare Beiträge stark wettbewerbsverzerrend, zumal unterstützte Härtefälle besser durch die Krise kommen können als nicht unterstützte, aber ansonsten besser aufgestellte Unternehmen. Andererseits ist zu beachten, dass aufgrund unterschiedlicher Kantonsangehörigkeit der Wettbewerb verzerrt werden kann, wenn in den Kantonen unterschiedliche Kriterien für die Verteilung der Beiträge zur Anwendung kommen. Damit der Wettbewerb nicht zu stark verzerrt wird, sollten deshalb die Kantone die Mittel für Härtefälle in erster Linie in Form von rückzahlbaren Darlehen und Bürgschaften oder Garantien bereitstellen. Nicht rückzahlbare Beiträge sollen nur subsidiär in ausgewiesenen Härtefällen zum Einsatz kommen.

Entwurf 2: Wirtschaft begrüsst grundsätzlich die Delegationsnorm zur Reaktivierung des Covid-19-Kreditprogramms

Die Wirtschaft begrüsst grundsätzlich die Delegationsnorm im Art. 25a Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetz (SBüG). Damit erhält der Bundesrat die Kompetenz, bei sich deutlich verschlechternder Lage einzugreifen und bei Bedarf den Unternehmen wieder rasch Liquidität zukommen zu lassen. Die Wirtschaft ist überzeugt, dass es richtig ist, dass der Bundesrat erst einschreitet, wenn es tatsächlich eine Kreditklemme gibt. Die Situation ist heute im Vergleich zum März 2020 anders, zumal die Unternehmen Zeit hatten, sich an die neue Situation anzupassen und aktuell diverse andere Unterstützungsgefässe zur Verfügung stehen.

Die Neuauflage des Covid-Kreditprogramms muss auch vor dem Hintergrund der von Bundesrat und Parlament diskutierten Härtefallregelung betrachtet werden. Letztere sieht auch A-fonds-perdu-Beiträge vor, die sehr wettbewerbsverzerrend wirken können.

Umsatzverlust ist kein gutes Kriterium zur Bestimmung des Liquiditätsbedarfs

Allerdings lehnt die Wirtschaft den vorgeschlagenen Art. 25a Abs. 3 SBüG ab. Dieser besagt, dass der Umsatzerlös im Jahr 2020 unter 60 Prozent des durchschnittlichen Umsatzerlöses in den massgeblichen Geschäftsjahren liegen muss. Es ist zwar richtig, mit klaren Bedingungen den Kreis der Firmen zu definieren, die einen Covid-19-Kredit beantragen dürfen. Diese Bestimmung ist aber nicht im Einklang mit dem hier vorgeschlagenen Instrument, denn sie wurde aus den Bedingungen für die Beantragung einer Härtefallunterstützung gemäss Art. 12 des Covid-19-Gesetzes übernommen. Während bei der Härtefallregelung die Vermeidung von unnötigen Konkursen von an sich gesunden Unternehmen im Vordergrund steht, dienen die Covid-19-Kredite der Überbrückung von Liquiditätsengpässen. Der Umsatzverlust definiert aber nicht ausschliesslich den Liquiditätsbedarf eines Unternehmens. Bereits wenn Kunden mit ihren Zahlungen stark im Verzug sind, kann es zu Liquiditätsengpässen kommen, ohne dass der Umsatz dramatisch wegbricht.

Stand der Beratungen

In der Wintersession 2020 behandeln beide Räte die als dringlich erklärten Gesetzesentwürfe des Bundesrats.

Die federführenden WAK beider Räte empfehlen die Vorlagen zur Annahme. Bei zahlreichen Artikeln gibt es jedoch Minderheitsanträge zum Beschluss der Mehrheit, die sich zum Teil wiederum vom Entwurf des Bundesrats unterscheiden.

Beurteilung der Beratungen

Das Parlament hat die zusätzlichen 1,5 Milliarden Franken, die der Bundesrat für Härtefälle im Kampf gegen die Corona-Krise zur Verfügung stellen will, gutgeheissen. Zugestimmt haben die Räte zudem einer Senkung der Hürden für den Bezug von Hilfen. Bislang galt ein Umsatzrückgang von 40 Prozent. Der Bundesrat wollte aber die Voraussetzungen für den Bezug der Härtefallgelder selbst regulieren können und nicht starr an 40 Prozent gebunden sein. Schliesslich haben die Räte beschlossen, Menschen mit tiefsten Einkommen bei Kurzarbeit befristet mit 100 Prozent des Einkommens zu entschädigen.

Aus Sicht der Wirtschaft ist die Aufstockung der Mittel für Härtefälle folgerichtig, da der Bundesrat am 11. Dezember weitere Einschränkungen für das wirtschaftliche Leben beschlossen hat und weitere wohl folgen werden. Dies wird zu einer grösseren Anzahl von Härtefällen führen. Es ist aber wichtig, dass der Bundesrat seinen neu gewonnenen Spielraum bei der Verteilung der Gelder umsichtig nutzt und diese zielgerichtet einsetzt.

Noch nicht einig sind sich die Räte über das Referenzdatum für Lohnkürzungen in Sportklubs, die finanzielle Hilfen beanspruchen. Die Einigungskonferenz soll diesen Punkt klären.

Nationalrat

SISTIERUNG DER VORLAGE IN DER AKTUELL SCHWIERIGEN SITUATION NICHT MEHR HALTBAR

Die Pa.Iv. will die Stempelsteuer stufenweise abschaffen und das Bundesgesetz über die Stempelabgaben (StG) entsprechend revidieren. Mit dem Entwurf 1 wird der erste Teil der Pa.Iv. umgesetzt. Sie hat die Abschaffung der Emissionsabgabe zum Gegenstand. Nach der Aufhebung der Emmissionsabgabe auf Fremdkapital im Rahmen der «Too-big-to-fail»-Vorlage (2011) steht noch die Abschaffung der Emissionsabgabe auf dem Eigenkapital zur Diskussion.

Der Bundesrat hatte deren Abschaffung bereits im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III (USR III) vorgeschlagen. Um die USR III stärker auf die unmittelbar prioritären Massnahmen zu fokussieren, hatte das Parlament jedoch beschlossen, die Massnahme von der Vorlage abzuspalten und separat zu behandeln: im Entwurf 2 der USR III (15.049). Dieser ist nach wie vor sistiert und grundsätzlich gleichlautend wie der nun zur Debatte stehende Entwurf 1 (09.503).

Die Emissionsabgabe wird auf inländischen Beteiligungsrechten erhoben. Sie beträgt 1,0 Prozent und erfasst die Ausgabe und Erhöhung des Nennwerts von Beteiligungsrechten (z.B. in Form von Aktien inländischer Aktiengesellschaften und Kommanditaktiengesellschaften, Stammeinlagen inländischer Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaftsanteilen inländischer Genossenschaften usw.), und zwar völlig unabhängig davon, ob entsprechende Investitionen einen Gewinn abwerfen.

Die Vorentwürfe 2 und 3 bilden zusammen den zweiten Teil der Umsetzung. Sie sehen die Abschaffung der Umsatz- und der Versicherungsabgabe vor. Die WAK-NR hat die Vorentwürfe dazu bereits erarbeitet und eine Vernehmlassung durchgeführt.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, eine Sistierung abzulehnen.

Schwindende Eigenkapitalpolster aufgrund der Corona-Krise

Das langjährige Anliegen der Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital erfährt in der aktuellen wirtschaftlichen Ausnahmesituation eine dringende Bedeutung und sollte nun umgehend angegangen werden. Hohe Verluste lassen die vorhandenen Eigenkapitalpolster vieler Firmen rasch zusammenschmelzen. Vom Bundesrat beschlossene Sofortmassnahmen für neue Fremdkapitalkredite können Liquiditätsengpässe überbrücken, sie helfen jedoch nicht hinsichtlich der Absorbierung von Verlusten. Diese gehen immer zulasten des Eigenkapitals.

Emissionsabgabe in Krisenzeiten klar kontraproduktiv

Risikotragendes Eigenkapital ist als Sicherheitskapital notwendig zur Absorbierung von Verlusten, dient damit der Resilienz der Unternehmen und letztlich der Sicherung von Arbeitsplätzen. Eine Abgabe auf der Emission von Eigenkapital ist volkswirtschaftlich generell schädlich, aber insbesondere in Wirtschaftskrisen kontraproduktiv. Diese Abgabe belastet die Firmen genau dann am stärksten, wenn die Wirtschaft in einer Rezession steckt und die Unternehmen, um zu überleben, auf neues Eigenkapital angewiesen sind. Die Einnahmen der Emissionsabgabe sind entsprechend in Krisenjahren am höchsten.

Zumindest temporäre Ausnahme aufgrund der ausserordentlichen Situation

Sofern aus finanzpolitischen Gründen auf eine vollständige Abschaffung verzichtet werden soll, ist in der aktuellen Situation zumindest eine temporäre Ausnahmeregel vorzusehen. Konkret soll auf die Erhebung der Emissionsabgabe verzichtet werden, wenn Firmen neues Eigenkapital aufnehmen, um Verluste aufgrund der Corona-Pandemie zu kompensieren. Die bestehende Gesetzesgrundlage sieht eine Ausnahmeregelung vor, sie ist jedoch für die Vielzahl der aktuell betroffenen Fälle zu eng gefasst, da sie erst im Falle einer Sanierung greift. Das Eintreten eines Sanierungsfalls gilt es jedoch eben gerade durch die Zuführung von neuem Eigenkapital zu vermeiden. Eine Sistierung dieses Geschäfts ist in der aktuellen Situation nicht länger haltbar. Die Wirtschaft empfiehlt stattdessen, darauf einzutreten und im Rahmen der Detailberatung im Mindesten eine solche temporäre Sofortmassnahme zu beschliessen.

Stand der Beratungen

Der Nationalrat hatte den Entwurf 1 (09.503) bereits anlässlich der Frühjahrssession 2013 ohne Änderung gutgeheissen und damit der Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital zugestimmt. Der Ständerat hingegen hält die entsprechende Vorlage seit 2014 sistiert. Bevor sich die Kleine Kammer mit dem Entwurf 1 befasst, will sie die Beschlüsse des Nationalrats zu den Vorentwürfen 2 und 3 (Abschaffung der Umsatz- und der Versicherungsabgabe) abwarten.

In der Wintersession 2020 entscheidet der Nationalrat nun erneut über die Sistierung von Entwurf 1 zu 09.503.

Die WAK-NR beantragt ihrem Rat mit 13 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung, der vom Ständerat beschlossenen Sistierung zuzustimmen. Eine starke Minderheit ist allerdings der Auffassung, dass die Abschaffung der Emissionsabgabe den Unternehmen ermöglichen würde, ihre Eigenkapitalbasis zu stärken, was gerade angesichts der sich abzeichnenden Wirtschaftskrise eine willkommene Massnahme sei. Die WAK-NR hat zudem mit 12 zu 12 Stimmen bei 1 Enthaltung und Stichentscheid des Präsidenten entschieden, den Vorentwurf 2 anzunehmen und mit 15 zu 10 Stimmen den Vorentwurf 3 zu sistieren. Die Kommissionsmehrheit erachtet den vorliegenden Entwurf 1 gegenüber den Vorentwürfen 2 und 3 als prioritär.

Beurteilung der Beratungen

Der Nationalrat hat mit 93 zu 92 Stimmen bei 1 Enthaltung beschlossen, den Entwurf 1 nicht weiter zu sistieren. Die Wirtschaft begrüsst diesen Entscheid, zumal eine Emissionsabgabe auf Eigenkapital generell schädlich und insbesondere in Wirtschaftskrisen kontraproduktiv ist. Damit die Abschaffung dieser Abgabe umgehend angegangen und die Rekapitalisierung angeschlagener Firmen damit erleichtert werden kann, muss nun auch die kleine Kammer eine erneute Sistierung ablehnen.

ABSCHAFFUNG DER UMSATZ- UND VERSICHERUNGSABGABE STEIGERT DIE ATTRAKTIVITÄT DES HIESIGEN FINANZMARKTES

Die Pa.Iv. will die Stempelsteuer stufenweise abschaffen und das Bundesgesetz über die Stempelabgaben (StG) entsprechend revidieren. Mit dem Entwurf 1 wird der erste Teil der Pa.Iv. umgesetzt. Sie hat die Abschaffung der Emissionsabgabe zum Gegenstand.

Die Entwürfe 2 und 3 bilden zusammen den zweiten Teil der Umsetzung. Sie sehen die Abschaffung der Umsatz- und der Versicherungsabgabe vor. Diese Abschaffung soll in zwei Etappen erfolgen. Entwurf 2 sieht die Abschaffung der Umsatzabgabe auf inländischen Wertschriften und auf ausländischen Obligationen mit einer Restlaufzeit von weniger als einem Jahr sowie die Abschaffung der Abgabe auf Lebensversicherungen vor. Entwurf 3 umfasst die Abschaffung der Umsatzabgabe auf den übrigen ausländischen Wertschriften sowie der Abgabe auf Sach- und Vermögensversicherungen. Die WAK-NR hat die Vorentwürfe dazu erarbeitet und eine Vernehmlassung durchgeführt.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, gemäss Mehrheit der WAK-NR auf die Vorlage einzutreten und diese anzunehmen.

Stützung der konjunkturellen Erholung

Die Covid-Pandemie hat eine weltweite Wirtschaftskrise ausgelöst. In dieser Situation kann die Steuerpolitik dazu beitragen, wirtschaftliche Folgen zu begrenzen und die konjunkturelle Erholung im Nachgang der Krise zu stützen. Klar ist, dass begrenzte Mittel dort eingesetzt werden müssen, wo der grösste volkswirtschaftliche Hebeleffekt zu erwarten ist. Nachweislich positive Impulseffekte sind für die beiden langjährigen steuerpolitischen Pendenzen der Reform der Verrechnungssteuer und des Abbaus der Stempelabgaben belegt. Im Auftrag der Steuerverwaltung hat BAK Economics das substanzielle volkswirtschaftliche Potenzial insbesondere auch einer Abschaffung der Stempelabgaben fundiert dargelegt.

Wichtiger erster Schritt zur Beseitigung von Markthindernissen

Die Wirtschaft unterstützt den vorliegenden Entwurf 2 als einen wichtigen Schritt. Die Abschaffung der Umsatzabgabe auf Obligationen mit einer Restlaufzeit von weniger als einem Jahr ist angezeigt, da diese den Handel mit entsprechenden Produkten am Standort Schweiz vollständig unterbindet. Auch die Abgabe auf Lebensversicherungen ist zeitnah aufzuheben. Diese Abgabe hat dem Markt für Lebensversicherungen in der Schweiz derart stark geschadet, dass das jährliche geringe Steueraufkommen die Vollzugskosten nicht länger rechtfertigt. Die genannten Massnahmen werden keine nennenswerten Mindereinnahmen verursachen, sehr wohl aber dazu führen, das zusätzliche Finanzmarktaktivität und damit verbundene Wertschöpfung am Standort Schweiz erfolgt.

Für einen technologisch zukunftsfähigen und nachhaltigen Finanzplatz

Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Blockchain/DLT-Lösungen (Distributed Ledger-Technologie) ist ein erklärtes Ziel des Bundesrats. Ohne Berücksichtigung der Steuerthematik wird sich das Potenzial des Standorts Schweiz jedoch nicht ausreichend entfalten können. Auf gewissen digitalen Instrumenten («Wertschriften»-Token) muss heute die Umsatzabgabe entrichtet werden, sofern ein inländischer Effektenhändler einbezogen ist. In Konkurrenzstandorten ist dies nicht der Fall, weil dort die Umsatzabgabe nicht bekannt ist. Damit besteht ein offensichtlicher Wettbewerbsnachteil von inländischen gegenüber ausländischen DLT-Handelsplattformen. Mit Abschaffung der Umsatzabgabe wird ein bestehendes Hindernis für einen technologisch zukunftsfähigen Finanzplatz beseitigt.

Der Wegfall der Umsatzabgabe auf inländischen Wertschriften unterstützt überdies auch den Finanzplatz, nachhaltige Finanzprodukte auf den Markt zu bringen. Die Umsatzabgabe stellt diesbezüglich heute ein Hindernis dar. Nachhaltige Anlageprodukte müssen für ausländische und institutionelle Anleger attraktiv sein. Die Umsatzabgabe steht dem im Weg. Das Hindernis ist auch im Interesse nachhaltiger Finanzprodukte zu beseitigen.

Weitere Schritte bei der Umsatzabgabe notwendig

Um das volkswirtschaftliche Potenzial auszuschöpfen, sind weitere Schritte notwendig. So sollte etwa die Umsatzabgabe nicht nur auf inländischen, sondern auch auf ausländischen Wertschriften aufgehoben werden, da die Umsatzabgabe für die internationale Vermögensverwaltung standortrelevant ist. Während auf ausländischen Wertschriften in der Schweiz heute eine hohe Abgabe erhoben wird, kennen Konkurrenzplätze wie zum Beispiel Singapur, die USA oder Hongkong keine vergleichbare Steuer. Im Interesse eines robusten Finanzplatzes ist auch dieses Hindernis in einem Folgeschritt zu beseitigen.

Stand der Beratungen

Der Nationalrat behandelt die Vorlage in der Wintersession 2020 als Erstrat.

Die WAK-NR empfiehlt ihrem Rat mit 12 zu 12 Stimmen bei 1 Enthaltung und Stichentscheid des Präsidenten, auf die Vorlage einzutreten und den Entwurf 2 anzunehmen. Die Befürworterinnen und Befürworter argumentieren, dass diese Reform eine Chance für den Finanzplatz Schweiz darstellt. Im Übrigen will der Ständerat die Beratung des Entwurfs 1 zu dieser Initiative erst dann wieder aufnehmen, wenn der Nationalrat über diese Vorentwürfe befunden hat.

Was den Entwurf 3 betrifft, so empfiehlt die Kommission ihrem Rat mit 15 zu 10 Stimmen, die Vorlage so lange zu sistieren, bis der Bundesrat seine Botschaft zur Reform der Verrechnungssteuer veröffentlicht hat.

Beurteilung der Beratungen

Die Entwürfe 2 und 3 bilden zusammen den zweiten Teil der Umsetzung zur Abschaffung der Stempelsteuern. Sie umfassen die Umsatz- und Versicherungsabgabe. Der Nationalrat hat mit 103 zu 74 Stimmen bei 1 Enthaltung beschlossen, die Debatte zu Entwurf 2 wie auch Entwurf 3 zusammen mit der Reform der Verrechnungssteuer zu führen. Der Bundesrat wird die entsprechende Botschaft voraussichtlich im Frühjahr 2021 zuhanden des Parlaments verabschieden.

EINTRETEN DES NATIONALRATS ERFORDERLICH ZWECKS ERHALT EINES INTERNATIONAL ANERKANNTEN FINANZPLATZES SCHWEIZ

Am 7. Dezember 2016 hat die Financial Action Task Force (FATF) (franz. Groupe d’action financière, GAFI) den vierten Länderbericht zur Schweiz veröffentlicht. Darin erkennt sie die insgesamt gute Qualität des schweizerischen Dispositivs zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung. In gewissen Bereichen hat sie jedoch auch Schwachstellen in der Gesetzgebung und der Wirksamkeit der Vorgaben identifiziert und entsprechende Empfehlungen abgegeben. Im dritten vertieften Nachfolgebericht vom Januar 2020 werden der Schweiz aufgrund der getroffenen Massnahmen gute Fortschritte bescheinigt, insbesondere unter Einbezug der vorliegenden Revision des Geldwäschereigesetzes.

Ziel dieser Vorlage ist es, einige der wichtigsten Empfehlungen aus dem Länderbericht umzusetzen.

Der Gesetzesentwurf schlägt zunächst die Einführung von Pflichten für Personen vor, die bestimmte Dienstleistungen im Zusammenhang mit Gesellschaften oder Trusts erbringen (Beraterinnen und Berater). Des Weiteren soll die Schwelle für sorgfaltspflichtige Barzahlungen im Bereich des Edelmetall- und Edelsteinhandels gesenkt werden. Auch die Überprüfung der Identität der wirtschaftlich berechtigten Person soll neu ausdrücklich im Gesetz festgehalten werden und es wird eine generelle Pflicht vorgesehen, Kundendaten zu aktualisieren.

Position economiesuisse

Die Wirtschaft begrüsst die Anpassung des Geldwäschereigesetzes (GwG) an die FATF-Standards und empfiehlt deshalb, auf die Vorlage einzutreten und sie mit wenigen Änderungen anzunehmen. Mit den vorgeschlagenen Neuerungen wird das bereits gute Geldwäscherei-Abwehrdispositiv der Schweiz weiter gestärkt. Die Anpassungen bedeuten einen weiteren wichtigen Schritt zur internationalen Abstimmung und tragen dazu bei, dass die Schweiz aus dem intensivierten Folgeprozess der FATF ausscheiden kann. Sie berücksichtigen in angemessener Weise sowohl die Umsetzung als auch den bewährten risikobasierten Ansatz.

Beurteilung der Beratungen Der Nationalrat ist heute erfreulicherweise auf das revidierte Geldwäschereigesetz eingetreten. Er hat es aber zur nochmaligen Überarbeitung an seine vorberatende Kommission zurückgewiesen. Vor dem Hintergrund, dass die Bestimmungen über im Zusammenhang mit den Berater noch stärker auf die Besonderheiten dieser Dienstleister ausgerichtet werden müssen, begrüsst die Wirtschaft diesen Entscheid. Damit besteht nach wie vor die Chance, dass die Schweiz in absehbarer Zukunft ein mit den internationalen Standards vereinbares Geldwäschereigesetz erhält. Die detaillierte Einschätzung der Wirtschaft finden Sie hier.

Stand der Beratungen

Im Rahmen der Differenzbereinigung berät der Nationalrat die Vorlage in der Wintersession 2020 erneut.

Die Mehrheit der RK-NR hat den Gesetzesentwurf in der Gesamtabstimmung mit 13 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt. Die Minderheit erachtet es jedoch für notwendig, dass die Schweiz ihr Geldwäschereigesetz modernisiert. Die Ablehnung der RK-NR kommt einem Antrag auf Nichteintreten gleich. Die Kommission hat aber entschieden, ihrem Rat die Anträge aus der Detailberatung als Eventualanträge zu unterbreiten für den Fall, dass er ein Eintreten beschliessen würde.

In der Herbstsession 2020 hatte der Ständerat der Vorlage zugestimmt. Er hatte jedoch die vom Bundesrat vorgeschlagene Verschärfung der Sorgfaltspflichten für Beraterinnen und Berater gestrichen.

Beurteilung der Beratungen

Der Nationalrat ist heute erfreulicherweise auf das revidierte Geldwäschereigesetz eingetreten. Er hat es aber zur nochmaligen Überarbeitung an seine vorberatende Kommission zurückgewiesen. Vor dem Hintergrund, dass die Bestimmungen über die Berater noch stärker auf die Besonderheiten dieser Dienstleister ausgerichtet werden müssen, begrüsst die Wirtschaft diesen Entscheid. Damit besteht nach wie vor die Chance, dass die Schweiz in absehbarer Zukunft ein mit den internationalen Standards vereinbares Geldwäschereigesetz erhält.

Die detaillierte Einschätzung der Wirtschaft finden Sie hier.

INTERNATIONALE VERNETZUNG FÜR SCHWEIZER FORSCHUNGSPLATZ ZENTRAL

Die nächste Generation des Rahmenprogramms der Europäischen Union (EU) für Forschung und Innovation mit dem Namen «Horizon Europe» startet planmässig im Jahr 2021. Zusammen mit drei weiteren europäischen Initiativen bildet es das Horizon-Paket 2021 bis 2027. Um eine Fortführung der Schweizer Teilnahme an diesen Programmen zu ermöglichen, beantragt der Bundesrat dem Parlament finanzielle Mittel von insgesamt 6’154 Millionen Franken.

Die beantragten Mittel decken die mutmasslichen Pflichtbeiträge (insgesamt 5’423 Millionen Franken) einer vollumfänglichen Beteiligung der Schweiz als assoziierter Staat an «Horizon Europe», am damit verbundenen Euratom-Programm, am neuen «Digital Europe Programme» sowie an der Teilnahme an der internationalen Infrastruktur ITER (Fusionsforschung) bis ins Jahr 2027 ab. Darüber hinaus ist eine Reserve für allfällig höher ausfallende Pflichtbeiträge vorgesehen (614 Millionen Franken).

Bewilligt das Parlament diese Mittel, so kann der Bundesrat eine Erneuerung des bilateralen Abkommens zwischen der Schweiz und der EU zur Beteiligung am Horizon-Paket verhandeln, ein entsprechendes Abkommen abschliessen und so eine weitere, ununterbrochene Assoziierung der Schweiz sicherstellen.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Vorlage gemäss der Mehrheit der WBK-NR anzunehmen.

Für den Schweizer Forschungsplatz ist der Zugang zu den europäischen Rahmenforschungsprogrammen zentral. Horizon Europe ist das weltweit grösste Forschungsförderungsprogramm, dessen Exzellenz durch einen intensiven Wettbewerb sichergestellt wird. Die damit einhergehende internationale Vernetzung ist für die Qualität der hiesigen Forschung von höchster Bedeutung – dies gilt sowohl für die Hochschulen als auch für die Industrie.

Ausserdem können viele Forschungsthemen nur im Verbund erfolgreich weiterentwickelt werden. Ein Schweizer Alleingang, etwa in der Photonik oder der Energieforschung, hätte wenig Aussicht auf Erfolg, hier braucht es die europäische Zusammenarbeit. Nur wenn unsere Forschenden international vernetzt sind und im Wettbewerb mit anderen Forschenden bestehen, gelingt es, die Qualität des Schweizer Forschungs- und damit verbunden auch des Innovationsplatzes zu halten.

Stand der Beratungen

Der Nationalrat behandelt die Vorlage in der Wintersession 2020 als Zweitrat.

Die WBK-NR empfiehlt ihrem Rat mit 18 zu 0 Stimmen bei 7 Enthaltungen, der Finanzierung des Horizon-Pakets 2021 bis 2027 zuzustimmen.

In der Herbstsession 2020 hat der Ständerat die Vorlage mit 37 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen und die dafür notwendigen Gelder in Höhe von 6,15 Milliarden Franken gesprochen.

Beurteilung der Beratungen

Die Schweiz soll bei der nächsten Generation des EU-Forschungsprogrammes Horizon dabei sein können. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat die dafür notwendigen Gelder in Höhe von 6,15 Milliarden Franken gesprochen. Die Weiterführung der Schweizer Beteiligung am weltweit grössten Forschungsprogramm ist für die Qualität und die internationale Konkurrenzfähigkeit des hiesigen Forschungsplatzes zentral.

SCHÄDLICHES PRÄJUDIZ VERHINDERN: KEIN WERBEVERBOT FÜR LEGALE PRODUKTE

Die Tabakprodukteverordnung basiert derzeit hauptsächlich auf dem Lebensmittelgesetz. Um die Tabakprodukteverordnung auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen, soll die Verordnung auf Gesetzesstufe überführt werden.

Beim vorliegenden Gesetzesentwurf handelt es sich bereits um die zweite Fassung. Das Parlament hatte den ersten Entwurf im Jahr 2016 an den Bundesrat zurückgewiesen.

Mit der Rückweisung war der Bundesrat beauftragt worden, den Kinder- und Jugendschutz im Gesetz zu verankern: mit einem Mindestalter 18 für den Erwerb von Tabakprodukten, einer gesetzlichen Grundlage für ein Verbot von speziell an Minderjährige gerichteter Werbung und für Testkäufe. Auf zusätzliche Einschränkungen im Bereich Werbung, Sponsoring und Verkaufsförderung und auf die Meldung der Werbe- und Marketingaufwendungen sollte explizit verzichtet werden. Schliesslich war die Landesregierung damit beauftragt worden, Alternativprodukte wie E-Zigaretten, Tabakprodukte zum Erhitzen und Snus differenziert zu regeln.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Vorlage mit den unten stehenden Änderungen anzunehmen. 

Wirtschaft begrüsst Verbesserung des Jugendschutzes

economiesuisse unterstützt die Vorlage und die darin vorgesehene Verbesserung des Jugendschutzes, darunter das Mindestabgabealter von 18 Jahren und das Verbot, Werbung speziell an Minderjährige zu richten. Damit sind verhältnismässige und wirkungsvolle Eingriffe vorgesehen.

Kein Werbeverbot für legale Produkte

Aus ordnungspolitischer Sicht muss aber sichergestellt bleiben, dass legal erhältliche Produkte auch beworben werden können. Einschränkungen, die faktisch ein schweizweites Werbeverbot für Tabakprodukte bedeuten, sind überschiessend, unverhältnismässig und daher abzulehnen. Totale, undifferenzierte Werbeverbote sind radikale Interventionen und Einschränkungen von Verfassungsrechten, die sich bei legalen Produkten nicht rechtfertigen lassen. Der berechtigte und wichtige Jugendschutz darf dabei nicht als Vorwand benutzt werden, um weitergehende Kommunikations- und Werbeverbote für legale Produkte einzuführen. Zudem wirkt ein Werbeverbot in der Wirtschaft wie ein Innovationsverbot.

Keine Schweizer Insellösung bei Tabakprodukten

Zutaten, die «die Inhalation erleichtern», sollen sowohl in Tabakprodukten als auch in neuartigen Alternativprodukten verboten werden. Ein solches Verbot würde den Konsum der genannten Produkte jedoch nicht verhindern, sondern die Nachfrage lediglich in die Nachbarländer oder in den illegalen Handel verlagern. Es würde davon abgesehen einen Eingriff in die verfassungsmässig garantierte Wirtschaftsfreiheit der Hersteller bedeuten. Die entsprechende EU-Richtlinie kennt ein solches Verbot für herkömmliche Tabakprodukte zum Rauchen (Zigaretten), aber nicht für die Alternativprodukte wie zum Beispiel elektronische Zigaretten und Tabakprodukte zum Erhitzen. Ein Swiss Finish in dieser Hinsicht ist abzulehnen. Nur solange diese Produkte legal in der Schweiz verkauft werden können, ist es möglich, den Jugendschutz zu gewährleisten und sicherzustellen, dass Qualitätsstandards eingehalten werden.

Ebenso abzulehnen ist der Vorschlag, der Zigarettenfilter, die nicht biologisch abbaubare Produkte enthalten, verbieten will. Die momentan verwendeten Zigarettenfilter bestehen aus Celluloseacetat (ein erneuerbares Polymer biologischen Ursprungs), welches sich in der Umwelt innerhalb von einem Monat bis zu einigen Jahren selbstständig abbaut. Je nach Auslegung von «biologisch abbaubar» käme eine solche Vorschrift faktisch einem schweizweiten Verkaufsverbot für Zigaretten gleich, da es bisher noch keine zufriedenstellende Alternative gibt. Kein anderes Land kennt ein solches Verbot. Durch eine Annahme würden der Einkaufstourismus und Schwarzmarkt massiv zunehmen.

Einheitliche Kompetenzen beim Bund

Eine einheitliche, schweizweit geltende Regulierung ermöglicht einen einheitlichen Standard für Industrie, Handel und Werbebranche. Kantonsspezifische Regelungen sind mit einem bedeutenden Mehraufwand und Kosten verbunden. Sie sind somit abzulehnen.

Stand der Beratungen

Der Nationalrat behandelt den zweiten Gesetzesentwurf (Bundesgesetz über Tabakprodukte und elektronische Zigaretten) in der Wintersession 2020 als Zweitrat.

In der Herbstsession 2019 war der Ständerat mit seinen Beschlüssen noch weiter gegangen als der Bundesrat. So hatte die Kleine Kammer insbesondere zusätzliche Werbeverbote für Zigaretten in der Presse und im Internet beschlossen. Ebenfalls sollte das Sponsoring von internationalen Anlässen durch die Tabakindustrie verboten werden.

Die SGK-NR empfiehlt ihrem Rat mit 18 zu 7 Stimmen, die Vorlage anzunehmen. Die Kommission folgt dabei weitgehend dem Beschluss des Ständerats, der den bundesrätlichen Entwurf insbesondere in Bezug auf die Werbe- und Sponsoringbeschränkungen teils massiv verschärft hatte.

Beurteilung der Beratungen

Hauptziel des neuen Tabakproduktegesetzes ist der Schutz Minderjähriger vor den negativen Folgen des Konsums von Tabak und Nikotin. Dies unterstützt economiesuisse klar. Der Nationalrat hat sich bei den Werbebeschränkungen nun für einen ausgeglicheneren Weg als der Ständerat entschieden. economiesuisse sieht darin einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung.

In Bezug auf den Konsum von E-Zigaretten und Tabakprodukten zum Erhitzen in Innenräumen hat der Nationalrat einem Kompromiss zugestimmt. Neu soll der Konsum grundsätzlich verboten sein, ausser der Betreiber eines Hotels oder Restaurants erlaubt es in dafür bestimmten Zonen. Auch bleibt das Testen von Produkten in dafür bestimmten Zonen spezialisierter Geschäfte möglich. Der hier gewählte Mittelweg berücksichtigt zumindest teilweise, dass neuartige Alternativprodukte keinen Rauch erzeugen. Problematisch sind hingegen die neu vom Nationalrat eingeführten unbestimmten Zutatenverbote und der diesbezüglich beschlossene «Swiss Finish». Die Vorlage geht nun mit ihren Differenzen zurück an den Ständerat.

Ständerat

INITIATIVE UND GEGENVORSCHLAG SCHIESSEN GLEICHSAM AM ZIEL DER PREISSENKUNG VORBEI

Die Initiative fordert die Gewährleistung der diskriminierungsfreien Beschaffung von Waren und Dienstleistungen im Ausland sowie die Verhinderung von Wettbewerbsbeschränkungen, die durch das Verhalten von marktmächtigen Unternehmen verursacht werden. Dies hätte insbesondere eine Anpassung des Kartellgesetzes zur Folge. Neben marktbeherrschenden Unternehmen würden neu auch sogenannte relativ marktmächtige Unternehmen von der kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle erfasst werden. Darüber hinaus verlangt die Initiative auch die grundsätzliche Gewährleistung des diskriminierungsfreien Einkaufs im Onlinehandel. Sie fordert somit ein grundsätzliches Verbot der regionalen Sperrung von Internetinhalten durch den Anbieter (privates Geoblocking).

Der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrats beinhaltet eine Anpassung des geltenden Kartellgesetzes und nimmt dabei das von der Initiative vorgeschlagene Konzept der relativen Marktmacht auf. Dessen Anwendungsbereich wird jedoch auf Abschottungen des Schweizer Marktes begrenzt. Rein innerschweizerische Sachverhalte wären nicht von der Regelung des Bundesrats erfasst. Ein grundsätzliches Verbot des privaten Geoblockings sieht der indirekte Gegenvorschlag insbesondere aufgrund der grossen Durchsetzungsschwierigkeiten nicht vor.

Der Nationalrat überarbeitete in der Frühjahrssession 2020 den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrats und nimmt dabei die Anliegen der Initiative ohne Abstriche auf: Das Kartellrecht soll nicht nur marktbeherrschende, sondern neu auch relativ marktmächtige Unternehmen erfassen. Dabei will der Nationalrat anders als der Bundesrat nicht nur die Nachfrager, sondern auch die Anbieter schützen, wenn sie von marktmächtigen Nachfragern abhängen. Schliesslich sind auch Geschäftsbeziehungen innerhalb der Schweiz im Gegenvorschlag erfasst. Der Nationalrat befürwortet überdies auch ein grundsätzliches Verbot von Geoblocking.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Volksinitiative abzulehnen und nicht auf den indirekten Gegenvorschlag des Nationalrats einzutreten.

Der indirekte (bundes- wie auch nationalrätliche) Gegenvorschlag wird ebenso wenig zu einer entscheidenden Senkung des Preisniveaus in der Schweiz führen wie die Initiative selbst. Unterschiedliche Preise müssen nicht zwangsläufig das Resultat von «Abzockerei» sein, sondern können beispielsweise auf höhere Lohnkosten, Wechselkursrisiken, abweichende nationale Regulierungen oder auch einen erhöhten Ressourcenaufwand zurückgeführt werden. Eine konsequente Marktöffnung, die Durchsetzung des Cassis-de-Dijon-Prinzips, Zollsenkungen wie auch der Abbau von (technischen) Handelshemmnissen und Regulierungen wären wesentlich effizientere und direktere Möglichkeiten, um gegen die Hochpreisinsel Schweiz vorzugehen. Festzuhalten gilt auch, dass weder die Initiative noch der bundes- oder nationalrätliche indirekte Gegenvorschlag eine Pflicht oder Garantie vorsehen, wonach die hiesigen Unternehmen die kartellrechtlich erstrittenen Vorteile an die Kundinnen und Kunden weitergeben müssen.

Relative Marktmacht als Fremdkörper im Kartellrecht

Ein Vergleich der Initiative mit dem indirekten Gegenvorschlag des Nationalrats zeigt eine weitgehende Übereinstimmung der vorgeschlagenen Mechanismen. Beide verlangen unter anderem die beide Marktseiten umfassende Einführung des Konzepts der relativen Marktmacht im Schweizer Kartellgesetz. Von Marktbeherrschung wird gesprochen, wenn ein Unternehmen durch den Wettbewerb nicht genügend diszipliniert wird, da es zum Beispiel über eine Monopolstellung verfügt. Als relativ marktmächtig gilt ein Unternehmen hingegen, wenn einzelne andere Unternehmen von ihm in einer Weise abhängig sind, dass keine ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten bestehen, auf andere Transaktionspartner auszuweichen. Eine allgemeingültige Definition, was unter «ausreichend und zumutbar» verstanden werden soll, besteht dabei nicht.

Die relative Marktmacht fokussiert also nicht auf den Wettbewerb als solches, sondern auf die wirtschaftliche Abhängigkeit einzelner Unternehmen von Lieferanten und Abnehmern. Das Konzept erlaubt damit Eingriffe in das bilaterale Verhältnis zweier Unternehmen, auch wenn keine Marktbeherrschung vorliegt bzw. der Wettbewerb auf einem Markt insgesamt funktioniert. Die wesentliche Aufgabe des Kartellrechts besteht jedoch nicht darin, vertragliche Streitigkeiten zwischen Unternehmen zu schlichten, sondern volkswirtschaftlich schädliche Verhaltensweisen zu verhindern.

Angemessener Einsatz der Kartellbehörden wird strapaziert

Mit der Umsetzung des Konzepts der relativen Marktmacht sind ausserdem erhebliche Schwierigkeiten verbunden. Für jedes Produkt und für jedes bilaterale Verhältnis ist die Abhängigkeit einzeln festzustellen. Es sind umfassende und komplexe Interessenabwägungen erforderlich. Jahrelange Rechtsstreitigkeiten sind vorprogrammiert.

Fehlender Preiswettbewerb durch Re-Import-Klausel

Sowohl die Initiative wie auch der indirekte Gegenvorschlag in der Version des Nationalrats befürworten eine Re-Import-Klausel, welche es Schweizer Unternehmen erlaubt, die Beschaffung der von ihnen exportierten Waren im Ausland einzuschränken, sofern diese lediglich in die Schweiz reimportiert und ohne weitere Bearbeitung verkauft werden. Dies hat zur Folge, dass Schweizer Unternehmen sowie Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten in vielen Fällen gerade nicht von günstigeren Preisen für Schweizer Produkte profitieren, da der diesbezügliche Re-Import durch die Schweizer Hersteller einseitig und rechtlich zulässig behindert werden könnte.

Geoblocking: oft schiere Notwendigkeit anstatt Instrument der Abschottung

Ebenfalls eine Behinderung des freien Wettbewerbs stellt ein grundsätzliches Verbot von Geoblocking dar. Ein solches kann zum Beispiel aus Gründen des Konsumentenschutzes (Unterschiede bezüglich Informationspflichten, Gewährleistung) oder aufgrund regulatorischer Aspekte (zum Beispiel Finanzmarktprodukte, Pharmazeutika) geboten sein. Der Bundesrat weist darüber hinaus zurecht darauf hin, dass ein Verbot ohne entsprechende staatsvertragliche Reglung mit grossen Durchsetzungsschwierigkeiten verbunden und demnach wirkungslos ist.

Stand der Beratungen

In der Frühjahrssession 2020 hat der Nationalrat als Erstrat die Initiative mit 102 zu 58 Stimmen bei 27 Enthaltungen abgelehnt, mit 150 zu 27 Stimmen jedoch einen indirekten Gegenvorschlag beschlossen. Dabei wurde der indirekte Gegenvorschlag in der Version des Bundesrats tiefgreifend vom Nationalrat überarbeitet und die Forderungen der Initiative nahezu unverändert übernommen.

Der Ständerat behandelt die Volksinitiative und den vom Nationalrat überarbeiteten, indirekten Gegenvorschlag des Bundesrats in der Wintersession 2020 als Zweitrat.

Die WAK-SR empfiehlt Volk und Ständen die Volksinitiative zur Ablehnung und beantragt ihrem Rat, dem indirekten Gegenvorschlag des Nationalrats in den wesentlichen Punkten zu folgen. In drei Punkten beantragt die WAK-SR jedoch eine Abweichung vom nationalrätlichen Konzept.

Beurteilung der Beratungen

Nach dem Nationalrat lehnt auch der Ständerat die Fair-Preis-Initiative ab (mit 30 zu 12 Stimmen). Die Wirtschaft begrüsst diesen Entscheid. Hingegen bestätigt die Kleine Kammer mit 30 zu 13 Stimmen den indirekten Gegenvorschlag des Nationalrats, der die Anliegen der Initiative übernimmt und daher ebenso wenig zur beabsichtigten Senkung des Preisniveaus in der Schweiz führen dürfte.

Erfreulicherweise hat der Ständerat den weitgehenden Vorschlag des Nationalrats in wenigen Punkten relativiert. So ergeben sich unter anderem hinsichtlich der Re-Import-Klausel Differenzen, mit welchen sich die Grosse Kammer nun befassen wird.

Die detaillierte Einschätzung der Wirtschaft finden Sie hier.

STÄNDERAT SOLL MIT ANNAHME DER BUNDESRÄTLICHEN VORLAGE WICHTIGE WEICHEN FÜR DIE SCHWEIZER WIRTSCHAFT STELLEN

Die Vorlage will die Importzölle für sämtliche Industrieprodukte per 1. Januar 2022 auf null setzen. Der Begriff der Industrieprodukte erfasst alle Güter mit Ausnahme der Agrarprodukte (inkl. Futtermittel) und der Fischereierzeugnisse. Neben der unilateralen Aufhebung der Zölle soll auch die Zolltarifstruktur für Industrieprodukte vereinfacht werden.

Position economiesuisse

economiesuisse hält den Abbau der Industriezölle für wichtig und dringend. Die Wirtschaft empfiehlt mit Nachdruck, den Gesetzesentwurf gemäss dem Entwurf des Bundesrats anzunehmen.

Die Industriezollaufhebung bringt Schweizer Unternehmen (insbesondere KMU) wichtige finanzielle und administrative Entlastungen – das ist auch mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen aufgrund der Corona-Krise wünschenswert. Von dieser langfristigen Strukturmassnahme profitieren nicht nur die Exportindustrie, sondern auch Verwaltung, Konsumenten und Unternehmen, die primär für den inländischen Markt produzieren. Die Entlastungen könnten dem Gewerbe und der Industrie im grenzüberschreitenden Warenhandel neue Geschäftsmodelle ermöglichen. Der Agrarbereich ist bei diesem Geschäft ausgenommen, da die Vorlage ausschliesslich Industriegüter behandelt.

Volkswirtschaftlich führt der Industriezollabbau zu einem Wohlfahrtsgewinn. Den Bruttoeinnahmeausfällen des Bundes steht nämlich eine höhere Wirtschaftsleistung von 860 Millionen Franken gegenüber. Zudem führt der mit der Vorlage verbundene Wachstumseffekt bei gleichbleibenden Steuersätzen zu höheren Steuereinnahmen. Netto betrachtet, das heisst nach Einbezug der erwarteten Steuermehreinnahmen und in Verbindung mit administrativen Entlastungen auf Verwaltungsseite, würden die Einnahmeausfälle geringer ausfallen (rund 310 Millionen Franken für 2016 gemäss Ecoplan-Studie). Kommt hinzu, dass rund drei Viertel der Zollabgaben auf Industriegüter im Rahmen von Freihandelsabkommen im Grunde bereits abgeschafft wurden – aber aus diversen Gründen nicht vollumfänglich genutzt werden können.

Eine Abschwächung der bundesrätlichen Vorlage wäre keine Lösung, aus gesamtwirtschaftlicher Sicht sogar kontraproduktiv. Auch die oben genannte Studie belegt, dass ein autonomer, vollständiger Industriezollabbau in einem Schritt der Volkswirtschaft am meisten nützt.

Vertiefende Informationen finden Sie im dossierpolitik (09/2019; Die Schweiz ohne Industriezölle: alle profitieren).

Stand der Beratungen

In der Wintersession 2020 führt der Ständerat als Erster die Detailberatung der Vorlage durch.

Die Kleine Kammer ist in der Herbstsession 2020 mit 29 zu 14 Stimmen deutlich auf die Vorlage eingetreten. Die Grosse Kammer hingegen hatte sich im Sommer knapp (mit 108 zu 83 Stimmen) für Nichteintreten entschieden.

Beurteilung der Beratungen

Der Ständerat hat mit 28 zu 14 Stimmen und einer Enthaltung den bundesrätlichen Vorschlag zur Industriezollaufhebung bestätigt. Damit setzt die Kleine Kammer ein klares Zeichen für die Schweizer Wirtschaft.

Importzölle auf Industrieprodukte haben in der Schweiz als Schutzmassnahme schon lange ausgedient. Im Gegenteil, viele Firmen brauchen heute komplizierte administrative Verfahren, um den Zollansatz reduzieren zu können. Es geht folglich bei diesem Geschäft darum, bestehende Importprozesse zu verschlanken und zu vergünstigen. Die administrative Entlastung ist unmittelbar mit dem Abbau der Industriezölle verknüpft, denn erst dieser bietet die Basis für eine umfassende Prozessvereinfachung seitens Behörden und Industrie.

Eine ausführliche Einschätzung der Wirtschaft finden Sie hier.

SCHWEIZER WIRTSCHAFT HAT VITALES INTERESSE AN DER WEITERFÜHRUNG DER SCHENGEN-BESTIMMUNGEN

Aufgrund der Übernahme und Umsetzung von drei Schengen-Verordnungen betreffend das Schengener Informationssystem (SIS) in den Bereichen Polizei, Rückkehr und Grenze (Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands) sind verschiedene Rechtsgrundlagen anzupassen. Diese Verordnungen sollen dank dem SIS eine gemeinsame Praxis gewährleisten sowie die Sicherheit und die Bekämpfung des illegalen Aufenthalts in den Schengen-Staaten sicherstellen.

Mit dieser Vorlage geht eine Anpassung des Bundesgesetzes über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich (BGIAA) einher, damit im Zentralen Migrationsinformationssystem (ZEMIS) Informationen zu Entfernungs- und Fernhaltemassnahmen und insbesondere zur Landesverweisung von Drittstaatsangehörigen sowie EU-/EFTA-Staatsangehörigen erfasst werden können.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Vorlage gemäss der Mehrheit der SiK-SR anzunehmen.

Ohne die Teilnahme am Schengener Informationssystem (SIS) ist die weitere Teilnahme der Schweiz am Schengen-Abkommen gefährdet. Das Schengen-Visum wäre dann nicht mehr auf die Schweiz anwendbar. Der Verlust des Schengen-Assoziierungsabkommens hätte massive negative Folgen für die Schweizer Wirtschaft und insbesondere für den Schweizer Tourismus. Der Ausschluss vom SIS würde auch die Sicherheit in der Schweiz beeinträchtigen.

Übernahme des Schengener Besitzstands zur Weiterentwicklung des Schengen-Abkommens

Bei der Übernahme der EU-Rechtsgrundlagen zum Schengener Informationssystem (SIS) ins Schweizer Recht handelt es sich um eine Weiterentwicklung des bilateralen Abkommens über die Assoziierung der Schweiz an Schengen. Die Umsetzung dieser Weiterentwicklung im Rahmen des Bundesgesetzes über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich (BGIAA) erscheint der Wirtschaft stufengerecht und notwendig. Die vorgeschlagenen Änderungen des SIS sind im Interesse der Schweiz. Die in der Schweiz geltenden Vorschriften über den Schutz der Persönlichkeit und des Datenschutzes werden vollauf gewahrt.

Sollte die Schweiz die Weiterentwicklung von Schengen-Bestimmungen – bei denen die Schweiz übrigens ein Mitspracherecht hatte – nicht übernehmen, tritt das Abkommen gemäss Artikel 7 automatisch nach sechs Monaten ausser Kraft. Abwenden kann das nur der gemischte Ausschuss, wenn er innert drei Monaten beschliesst, das Abkommen trotzdem weiterzuführen. Auch das eng mit Schengen verknüpfte Dublin-Assoziierungsabkommen, welches das Asylverfahren unter den assoziierten Staaten koordiniert, würde dadurch hinfällig.

Schweizer Wirtschaft profitiert enorm vom Schengen-Abkommen

Die Wirtschaft hat ein massives Interesse an der Weiterführung des Schengen-Abkommens und daraus folgend an der reibungslosen Übernahme des Schengener Besitzstands. Dank der Teilnahme an Schengen kann sich die Schweiz am Schengen-Visum beteiligen. Dies kommt insbesondere dem Schweizer Tourismus zugute. Seit der Assoziation an Schengen kommen vermehrt Touristen und Geschäftsreisende aus visumpflichtigen Ländern wie China, Indien und arabischen Ländern in die Schweiz. Ohne das Schengen-Visum würden der hiesigen Tourismusbranche jährlich mehrere Hundert Millionen Franken entgehen.

Aber auch Schweizer Unternehmen profitieren enorm von der Reisefreiheit im Schengen-Raum. Die COVID-19-Pandemie trifft den Schweizer Tourismus und die Flugbranche hart. Die Beendigung der Mitgliedschaft im Schengenraum wäre eine weitere, unzumutbare Belastung.

Stand der Beratungen

In der Wintersession 2020 behandelt der Ständerat die Vorlage als Zweitrat. Stimmt er dieser zu, geht diese in derselben Session zurück an den Nationalrat.

Die SiK-SR ist einstimmig auf die Vorlage eingetreten und hat den entsprechenden Bundesbeschluss (Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands) in der Gesamtabstimmung mit 11 zu 2 Stimmen angenommen. Die Kommission hat allerdings drei Änderungsanträge angenommen.

In der Herbstsession 2020 hat der Nationalrat den Bundesbeschluss zur Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands in der Gesamtabstimmung mit 79 zu 74 Stimmen bei 38 Enthaltungen abgelehnt, was einem Nichteintreten gleichkommt.

Beurteilung der Beratungen

Der Nationalrat hat die Vorlage klar mit 148 zu 32 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen. Damit ist diese bereit für die Schlussabstimmung. Den vom Ständerat beschlossenen Einschränkungen für die ausgebaute Datenbank hat sich die Grosse Kammer angeschlossen.

Die Wirtschaft begrüsst die Bereinigung der Vorlage, zumal die Weiterführung des Schengen-Abkommens und daraus folgend die reibungslose Übernahme des Schengener Besitzstandes für die Schweiz von zentralem Interesse ist. Sowohl der Tourismus als auch hiesige Unternehmen profitieren enorm von der Reisefreiheit im Schengen-Raum.

DIGITALE VERFAHREN FÜHREN AUCH OHNE ZWANG ZU ADMINISTRATIVEN ERLEICHTERUNGEN

Im Steuerbereich sollen die rechtlichen Grundlagen für die Weiterentwicklung der Digitalisierung von Verfahren geschaffen werden. Ziel der Vorlage ist, dass die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) und die kantonalen Behörden sämtliche von ihnen verarbeiteten Daten über das Internet versenden und empfangen können. Dazu will der Bundesrat unter anderem die Verpflichtung zur Unterzeichnung der elektronisch eingereichten Steuererklärung aufheben und in einzelnen Steuerbereichen eine Verpflichtung zur elektronischen Einreichung der Unterlagen einführen können.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, auf die Vorlage einzutreten und diese mit einer Änderung anzunehmen.

Die Vorlage schafft die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen für eine umfassende Einführung digitaler Verfahren im Steuerbereich, was die Wirtschaft unterstützt. So soll etwa bei elektronischer Einreichung der Steuererklärung von natürlichen Personen auf das Erfordernis der persönlichen Unterschrift verzichtet werden.

Verpflichtung zum rein elektronischen Verkehr ist nicht notwendig

Bei den Steuern, die von der ESTV erhoben werden, sowie beim internationalen Informationsaustausch sieht die Vorlage vor, dem Bundesrat die Kompetenz zu erteilen, die Steuer- oder Meldepflichtigen obligatorisch zum rein elektronischen Verkehr zu verpflichten. Die Wirtschaft ist von der Notwendigkeit einer solchen Delegationsnorm nicht überzeugt. Die Unternehmen werden den elektronischen Weg aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung ohnehin bevorzugen. Werden die elektronischen Verfahren in einer Art und Weise implementiert, dass sie den Steuerpflichten auch tatsächlich administrative Vorteile bringen, so erscheint ein Zwang diesbezüglich nicht notwendig.

Umgekehrt sollen Bestimmungen zur Standardisierung nicht gestrichen werden. Der Bundesrat schlägt im Steuerharmonisierungsgesetz die Aufhebung der Bestimmung über die Verwendung einheitlicher Formulare für die Steuerklärungen vor (Art. 71 Abs. 3 StHG). Damit würde jegliche Rechtsgrundlage für eine zukünftige Standardisierung entfallen. Eine solche ist aber in Verfahrensbereichen im Interesse der Wirtschaft, da damit unnötiger Aufwand und Kosten gespart werden können. economiesuisse empfiehlt deshalb, dass der Ständerat dem Nationalrat folgt und von einer Streichung der Bestimmung absieht.

Eingesparte Ressourcen sind zugunsten der Steuerpflichtigen einzusetzen

Mit zunehmender Automatisierung von Geschäftsabläufen können gewisse administrative Aufgaben reduziert werden. Die damit erzielten Ressourceneinsparungen sind transparent zu dokumentieren. Insofern eingesparte Ressourcen in der Steuerverwaltung verbleiben, fordert die Wirtschaft, dass die Ressourcen zugunsten der Steuerpflichtigen eingesetzt werden. Dies kann etwa in der Form benutzerfreundlicher Dokumentationen oder eines telefonischen Kundendienstes zur Klärung technischer Fragen erfolgen. Zudem sollen Strukturen zur Verteidigung des Schweizer Steuersubstrats gestärkt werden.

Stand der Beratungen

Der Ständerat behandelt die Vorlage in der Wintersession 2020 als Zweitrat.

Die WAK-SR empfiehlt ihrem Rat mit 12 zu 1 Stimme, die Vorlage anzunehmen. In drei Punkten beantragt die Kommission jedoch, dem Beschluss des Nationalrats aus der Herbstsession nicht zu folgen, sondern auf die Version des Bundesrats zurückzukommen.

In der Herbstsession 2020 hat der Nationalrat die bundesrätliche Vorlage verschärft. Er hat beschlossen, dass die Kantone neben der Steuererklärung auf Papier auch rein elektronische Steuerverfahren anbieten müssen.

Beurteilung der Beratungen

Die Wirtschaft begrüsst, dass der Ständerat die Vorlage ohne Gegenstimme angenommen hat. So kann etwa bei elektronischer Einreichung der Steuererklärung auf die persönliche Unterschrift verzichtet und ein Medienbruch damit vermieden werden. Die Kleine Kammer hält richtigerweise an einer Rechtsgrundlage zur schweizweiten Standardisierung der elektronischen Datenformate fest.

Geht es nach dem Ständerat, soll der Bundesrat – entgegen dem Beschluss des Nationalrats – den Unternehmen den elektronischen Verkehr verpflichtend vorschreiben können. Die Wirtschaft ist von der Notwendigkeit eines solchen Zwangs nicht überzeugt. Die Unternehmen werden den elektronischen Weg ohnehin klar bevorzugen, sofern die Ausgestaltung der Verfahren denn auch tatsächlich administrative Vorteile bringt.

WIRTSCHAFT BEGRÜSST ENTWURF WEITGEHEND – SCHLÄGT JEDOCH PUNKTUELL ANPASSUNGEN VOR

Die auf dem Höhepunkt der Covid-19-Krise als Notverordnung erlassene und damit befristete Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung vom 25. März 2020 soll ins ordentliche (Gesetzes-)Recht überführt werden. Bis zum Inkrafttreten des hierfür vorgeschlagenen Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetzes («SBüG») soll die Notverordnung des Bundesrats fortgelten.

Der Gesetzesentwurf regelt die Rechte und Pflichten der vier anerkannten Bürgschaftsorganisationen, insbesondere für den Fall, dass die Banken respektive die PostFinance AG die Bürgschaften ziehen und die Kreditforderungen somit auf die Bürgschaftsorganisationen übergehen. Gleichzeitig regelt das neue Gesetz alle wichtigen Aspekte während der Laufzeit der Kredite und Bürgschaften. Zudem enthält es Instrumente für die Missbrauchsbekämpfung und die Behandlung von Härtefällen.

Position economiesuisse

economiesuisse unterstützt die Überführung der Bestimmungen der Covid-Notverordnung ins Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetz («SBüG») und eine entsprechende Übergangsregelung. Die Wirtschaft begrüsst auch mehrheitlich die im Verhältnis zur Verordnung vorgenommen Anpassungen, darunter unter anderem die Lockerung des Neuinvestitionsverbots sowie die Missbrauchsbekämpfung auch nach der Kreditvergabe. Allfällig weitere Abweichungen von der Notverordnung sind mit Augenmass vorzunehmen. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass weitere «Erleichterungen» zu einer Ungleichbehandlung zwischen Unternehmen mit Covid-19-Kredit und solchen ohne Covid-19-Kredit führen.

Stand der Beratungen

Der Gesetzesentwurf wird in der Wintersession vom Ständerat als Zweitrat behandelt.

Die WAK-SR beantragt ihrem Rat einstimmig, die Vorlage anzunehmen – allerdings mit gewichtigen Änderungen, die es teilweise noch anzupassen gilt.

Beurteilung der Beratungen

Einwänden des Finanzministers zum Trotz, hat das Parlament beschlossen, die Rückzahlungsfrist für Covid-Kredite von fünf auf acht Jahre zu verlängern. Die Räte haben ausserdem eine vom Bundesrat vorgeschlagene Regelung gestrichen, wonach Unternehmen nur dann von Covid-Krediten profitieren können, wenn der Umsatzerlös im Jahr 2020 unter 60 Prozent des durchschnittlichen Umsatzerlöses in den massgeblichen Geschäftsjahren liegt. Schliesslich haben sich National- und Ständerat darauf geeinigt, dass Unternehmen, die von Covid-Krediten profitieren, künftig keine Dividenden beschliessen und auszahlen dürfen.

Die Wirtschaft teilte die Einwände des Finanzministers gegen eine Verlängerung der Rückzahlungsfrist. Unternehmen, die nicht der Härtefallregelung unterstehen, sollten die Kredite innerhalb von fünf Jahren zurückzahlen. Nur so gewinnen sie ihre volle Handlungsfreiheit zurück. Immerhin können künftig die Zinssätze für die Kredite angepasst werden. Damit wird die im Frühling aufgegleiste Regelung bestätigt und ist die Refinanzierung durch die Banken auch bei allfällig steigenden Zinsen gegeben. Erfreulich ist auch, dass der Bundesrat die Kompetenz erhält, das Kreditprogramm wieder aufzunehmen, ohne auf Notrecht zurückgreifen zu müssen. Damit kann der Bundesrat bei einer allfälligen Kreditklemme während des weiteren Verlaufs der Pandemie rasch reagieren. Das vom Parlament beschlossene Dividendenverbot geht der Wirtschaft allerdings zu weit. Es schafft für gewisse Unternehmen (z.B. Familiengesellschaften) grosse Probleme, da diese auf Dividenden angewiesen sind, um hohe Vermögenssteuern zu bezahlen oder Schulden zu bedienen.