Sondersession Nationalrat

Die zweitägige Sondersession des Nationalrats stand abermals unter dem Einfluss der Pandemie. Traktandiert waren jedoch nicht nur Covid-19-Vorlagen. Aber besonders bei diesen – sie dürften ob der aktuell ernsten Situation speziell unter Druck geraten sein – fanden ordnungspolitische Anliegen der Wirtschaft und auch warnende Appelle des Finanzministers wenig Gehör.

Die Session im Überblick

Obgenanntes trifft sowohl auf das Covid-19-Geschäftsmietegesetz als auch auf das Solidarbürgschaftsgesetz zu. Auf Ersteres ist der Nationalrat eingetreten, obwohl es unverhältnismässige Eingriffe in verfassungsmässig garantierte Grundrechte verlangt. Dessen Kommission sollte deshalb bei der Detailberatung korrigierend eingreifen. Zweiteres hat die Grosse Kammer mit drei gewichtigen Änderungen gegenüber dem Ständerat angenommen. So will der Nationalrat verlängerte Rückzahlungsfristen bei den Krediten und einen Nullzinssatz über die gesamte Laufdauer. Die mahnenden Worte von Bundesrat Ueli Maurer, dass wegen der verlängerten Rückzahlungsfristen 135'000 Verträge neu geschrieben werden müssten und dies der Rechtssicherheit insgesamt abträglich sei, verhallten bei der Mehrheit ungehört. Aus Sicht von economiesuisse unverständlich ist der Entscheid, dass Unternehmen, die einen Covid-Kredit beanspruchen, während dieser Dauer nicht einmal Dividenden und Tantiemen beschliessen dürfen. Dass diese nicht ausbezahlt werden dürfen, ist hingegen nachvollziehbar. Nun ist der Ständerat wieder an der Reihe. Er sollte an seinem ursprünglichen Entscheid festhalten.

Vom Sessionsprogramm ganz gestrichen wurde die Motion, welche verlangt, dass ausserordentliche Ausgaben zur Bewältigung der Corona-Pandemie nicht auf das Amortisationskonto, sondern als «Staatsschulden» gebucht werden.

Schliesslich hat der Nationalrat in der Schlussabstimmung die Vorlage über eine Neuregelung des Zugangs ziviler Akteure zum Parlamentsgebäude versenkt. Damit bleibt alles beim Alten.

Mieter von Geschäftsliegenschaften sollen für die Periode der Zwangsschliessungen oder starken Einschränkung im Frühjahr aufgrund der Corona-Krise nur 40 Prozent des Mietzinses bezahlen müssen – der Rest sollen die Vermieter berappen. Dies verlangt der Gesetzesvorschlag des Bundesrats, welchen er zur Umsetzung zweier Motionen ausgearbeitet hat. Dass damit rückwirkend in bestehende privatrechtliche Vertragsverhältnisse eingegriffen würde, ist für die Wirtschaft inakzeptabel. Nicht zuletzt würden damit in vielen Fällen gütliche und partnerschaftliche Einigungen verhindert und es würde eine eklatante Ungleichbehandlung von Vermietern und Mietern geschaffen. Der Nationalrat sollte deshalb der Kommissionsmehrheit folgen und nicht auf das Gesetz eintreten.

Weitgehend unterstützend äussert sich die Wirtschaft hingegen zur Überführung der befristeten Solidarbürgschaftsverordnung ins Gesetz – so zum Beispiel mit Blick auf die Präzisierung des Neuinvestitionsverbots und auf die Missbrauchsbekämpfung auch nach der Kreditvergabe. Allfällig weitere Abweichungen von der Notverordnung sind mit Augenmass vorzunehmen. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass weitere «Erleichterungen» zu einer Ungleichbehandlung zwischen Unternehmen mit COVID-19-Kredit und solchen ohne COVID-19-Kredit führen.

Eine Motion der nationalrätlichen Finanzkommission verlangt, dass ausserordentliche Ausgaben zur Bewältigung der Corona-Pandemie nicht gemäss Schuldenbremse auf das Amortisationskonto gebucht werden sollen, sondern als «Staatsschulden». economiesuisse lehnt dieses Ansinnen entschieden ab. Die Corona-Pandemie darf kein Präzedenzfall sein, die Schuldenbremse bei ihrem ersten richtigen «Stresstest» ausser Kraft zu setzen. Vielmehr soll das Parlament die gesetzlichen Möglichkeiten nutzen, welche in besonderen Fällen eine Fristverlängerung für den Abbau der Corona-Schulden vorsehen.

Der Direktkontakt zwischen der Politik und zivilgesellschaftlichen Akteuren ist Teil der direkten Demokratie der Schweiz und für deren Akzeptanz unabdingbar. Im Rahmen der Umsetzung der parlamentarischen Initiative Berberat, welche die Einführung eines Akkreditierungssystems für Lobbyistinnen und Lobbyisten verlangt, plädiert economiesuisse denn auch für einen weiterhin einfachen und unbürokratischen Zugang zum Parlament und der Wandelhalle.

Detailausführungen zu ausgewählten Vorlagen lesen Sie nachstehend.

Nationalrat

KONZEPT DER SPK-N: ENORME ZUSÄTZLICHE BÜROKRATIE – TRANSPARENZ BLEIBT AUF DER STRECKE

2016 haben die Räte nach einigem Hin und Her einer Parlamentarischen Initiative Folge gegeben, die die Einführung eines Akkreditierungssystems für Lobbyistinnen und Lobbyisten verlangt, welche Zutritt zum Parlamentsgebäude wünschen. Es soll deshalb ein öffentlich einsehbares, durch die Parlamentsdienste laufend zu aktualisierendes Register eingeführt werden, in welchem sich Lobbyistinnen und Lobbyisten einzutragen und jedes Mandat und allfällige Arbeitgeber zu melden haben.

Mit der vorliegenden Änderung des Parlamentsgesetzes (ParlG) und der entsprechenden Verordnung (Parlamentsverwaltungsverordnung, ParlVV) soll die Parlamentarische Initiative umgesetzt werden.

Position economiesuisse

Interessenvertretung in allen Bereichen der Wirtschaftspolitik gegenüber Politik, Behörden und der Öffentlichkeit gehört zum Kernauftrag von economiesuisse. Für den Dachverband ist es zentral, diesem Auftrag nachkommen zu können, und zwar ohne übermässig bürokratische Hürden überwinden zu müssen oder gar (Wettbewerbs-)Nachteile gegenüber anderen Interessenvertretungen zu erleiden.

Der Direktkontakt zwischen der Politik und zivilgesellschaftlichen Akteuren ist Teil der direkten Demokratie der Schweiz und für deren Akzeptanz unabdingbar. Der Kontakt soll transparent erfolgen, Interessen sind offenzulegen. Die Möglichkeit des direkten Kontakts muss jedoch breiten Kreisen offenstehen, gerade um befürchtete einseitige Einflussnahmen auszuschliessen.

Der Zutritt zum Parlamentsgebäude – einschliesslich der Wandelhalle während der Sessionen – erleichtert den Austausch mit und den Kontakt zu Ratsmitgliedern aller Parteien sowie ihren Mitarbeitenden erheblich. Er entspricht der liberalen, bürgernahen Grundauffassung, auf dem das politische System der Schweiz und namentlich das Milizsystem beruhen. Einschränkungen bei der Zugänglichkeit der Eidgenössischen Räte liefen Gefahr, als elitäre Massnahme verstanden zu werden, die der Akzeptanz und Glaubwürdigkeit der eidgenössischen Politik abträglich ist. Auf stark einschränkende Bestimmungen, wie sie die nationalrätliche Umsetzung der Pa.Iv. Berberat nun vorsieht, ist deshalb zu verzichten.

Würde die Zugänglichkeit der Eidgenössischen Räte eingeschränkt, wäre dies auch der Transparenz nicht förderlich. Der «Politbetrieb» würde noch stärker als abgehoben aufgefasst und von einseitigen Interessen mit privilegiertem Zugang beeinflusst. Würden künftig Interessenvertreter als persönliche Mitarbeitende von Ratsmitgliedern angestellt und erhielten sie damit auch noch Einsicht in Kommissionsunterlagen, kann dies kaum der allgemeinen Transparenz dienen. Auch dürften Treffen von Interessengruppen mit Ratsmitgliedern künftig im Versteckten – da nicht mehr für alle sichtbar in der Wandelhalle – stattfinden. Wer von einem solchen Systemwechsel profitieren würde, erschliesst sich uns nicht.

economiesuisse plädiert für einen weiterhin einfachen und unbürokratischen Zugang zu Parlament und Wandelhalle. Ob dafür das geltende System beibehalten wird oder ein Akkreditierungsmechanismus geschaffen wird, ist für uns nicht entscheidend.

Stand der Beratungen

Der Nationalrat behandelt die Entwürfe in der Sondersession 2020 als Zweitrat.

Die Kleine Kammer hat sich in der Wintersession 2018 auf eine minimale Gesetzesanpassung einigen können (mit 24 zu 14 Stimmen). Im Gegensatz zum Auftrag der Parlamentarischen Initiative sieht dieser nicht die Einführung eines Akkreditierungssystems vor, sondern hält grundsätzlich am bestehenden Badge-System fest: Gemäss diesen Anpassungen müssen (1) Agenturlobbyisten vor dem Besuch im Parlamentsgebäude künftig ihre Aufträge konkret angeben; müssen Tagesgäste (2) im Parlamentsgebäude künftig dauernd von dem sie einladenden Ratsmitglied begleitet werden und dürfen (3) Altparlamentarier ihre Dauerbadges behalten, unterstehen aber, wenn sie lobbyieren, denselben Offenlegungspflichten wie die übrigen Interessenvertreter.

Der Nationalrat ist nach einem ersten Nichteintretensentscheid im Juni 2019 im Dezember 2019 in neuer Zusammensetzung auf die Vorlage eingetreten. Dessen Staatspolitische Kommission (SPK-NR) hat die Vorlage nun komplett umgebaut. Sie legt ein Konzept vor, wonach Interessenvertreterinnen und -vertreter nur noch einen Dauerbadge erhalten können, sofern sie als persönliche Mitarbeiterin oder Mitarbeiter eines Ratsmitglieds angestellt sind oder zu dessen Familie zählen. Allen anderen Personen wird der Zutritt zu einem eingeschränkten Teil des Parlamentsgebäudes lediglich noch als Besucherinnen und Besucher gewährt. Sie müssen dafür einen Tagesausweis lösen und sich vorgängig unter Einhaltung umfassender Offenlegungspflichten anmelden – der Zutritt zur Wandelhalle ist ihnen künftig verwehrt.

Beurteilung der Beratungen

Der Nationalrat hat die Vorlage in der Gesamtabstimmung abgelehnt. Damit ist sie vom Tisch und alles bleibt beim Alten. Für die Wirtschaft entscheidend ist ein weiterhin einfacher und unbürokratischer Zugang zu Parlament und Wandelhalle. Der Kontakt zwischen zivilgesellschaftlichen Akteuren und der Politik soll aber transparent erfolgen und Interessen sind offenzulegen.

WIRTSCHAFT BEGRÜSST ENTWURF WEITGEHEND – SCHLÄGT JEDOCH PUNKTUELL ANPASSUNGEN VOR

Die auf dem Höhepunkt der COVID-19-Krise als Notverordnung erlassene und damit befristete COVID-19-Solidarbürgschaftsverordnung vom 25. März 2020 soll ins ordentliche (Gesetzes-)Recht überführt werden. Bis zum Inkrafttreten des hierfür vorgeschlagenen Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetzes («SBüG») soll die Notverordnung des Bundesrats fortgelten.

Der vorliegende Gesetzesentwurf regelt die Rechte und Pflichten der vier anerkannten Bürgschaftsorganisationen, insbesondere für den Fall, dass die Banken respektive die PostFinance AG die Bürgschaften ziehen und die Kreditforderungen somit auf die Bürgschaftsorganisationen übergehen. Gleichzeitig regelt das neue Gesetz alle wichtigen Aspekte während der Laufzeit der Kredite und Bürgschaften. Zudem enthält es Instrumente für die Missbrauchsbekämpfung und die Behandlung von Härtefällen.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Vorlage mit Änderungen anzunehmen. Die Wirtschaft begrüsst mehrheitlich die im Verhältnis zur Verordnung vorgenommenen Anpassungen, darunter unter anderem die Lockerung des Neuinvestitionsverbots sowie die Missbrauchsbekämpfung auch nach der Kreditvergabe. Allfällig weitere Abweichungen von der Notverordnung sind mit Augenmass vorzunehmen. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass weitere «Erleichterungen» zu einer Ungleichbehandlung zwischen Unternehmen mit COVID-19-Kredit und solchen ohne COVID-19-Kredit führen.

Massvolle Anpassung der bestehenden Restriktionen

Damit die COVID-19-Kredite nicht missbraucht werden, ist eine Auszahlung mit Einschränkungen für das beziehende Unternehmen verbunden. Dabei gilt es aber eine Balance zwischen Missbrauchsbekämpfung und übermässiger Einschränkung zu finden. Als Folge der bestehenden Restriktionen halten sich viele Unternehmen in der Beanspruchung der Liquiditätskredite zurück. 

  • Neuinvestitionen: economiesuisse begrüsst, dass neue Investitionen zulässig werden sollen. Nur so können die Gesellschaften konkurrenzfähig bleiben. Schweizer Unternehmen sind darauf angewiesen, Investitionen, zum Beispiel in die Digitalisierung, zur Steigerung der Effizienz zu tätigen. Diese Anpassung ist auch deshalb wichtig, weil die Abgrenzung zwischen Neu- und Ersatzinvestitionen in der Praxis zuweilen mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist und die daraus resultierenden Unsicherheiten im Geschäftsverkehr die Kreditnehmenden wie auch die Anbieter belasten. Das Investitionsverbot sollte aber umgehend aufgehoben werden, umso mehr, als die beabsichtigte Regelung zu stossenden Ungleichbehandlungen von Kreditnehmerinnen und Kreditnehmern führen kann. 
  • Dividenden: Das absolute Verbot zur Bezahlung von Dividenden geht in vielen Fällen zu weit. Aus diesem Grund sollte – zumindest in Härtefällen – die Möglichkeit bestehen, Dividendenzahlungen vorzunehmen. Um Missbräuche zu verhindern, sollte dies aber nur nach vorgängiger Genehmigung durch die zuständige Bürgschaftsorganisation oder die Zentralstelle der Bürgschaftsorganisationen zulässig sein. Falls man sich dieser Einschätzung nicht anschliessen will, gilt es, der Version des Bundesrats zu folgen.

Stand der Beratungen

Der Nationalrat behandelt den Gesetzesentwurf in der Sondersession 2020 als Erstrat.

Die WAK-NR beantragt mit knappen Mehrheiten gewichtige Änderungen am Entwurf des Bundesrats, namentlich die Verlängerung der Amortisationsfrist auf acht Jahre und den Beibehalt des bei der Kreditvergabe vereinbarten Zinssatzes während acht Jahren. In der Gesamtabstimmung hat die Kommission den Gesetzesentwurf einstimmig angenommen.

Beurteilung der Beratungen

Die grosse Kammer hat der Vorlage zugestimmt, schlägt aber in drei zentralen Punkten Änderungen vor: So soll die reguläre Rückzahlungsfrist von Bürgschaftskrediten von fünf auf acht Jahre verlängert werden. Diese Kredite sollen ausserdem bis 2028 zinslos bleiben. Schliesslich dürfen Unternehmen, die ihre Kredite noch nicht vollständig zurückbezahlt haben, keine Dividenden und Tantiemen beschliessen.

Die beschossenen Abweichungen sind ordnungspolitisch fragwürdig. Insbesondere ist das Festschreiben eines Nullzinses abzulehnen. Bei anziehender Wirtschaftskraft und steigenden Zinsen ist es im Interesse aller Beteiligten, wenn die verbürgten Kredite rasch zurückbezahlt werden. Bei einem fixierten (Null-)Zins könnte das EFD jedoch nicht auf die Marktentwicklung angemessen reagieren und es gäbe bspw. bei einem sich deutlich verändernden, ansteigenden Zins- und Marktumfeld keinen Anreiz, die Kredite rasch zurückzuführen.

Ebenso ist es nicht zweckmässig, für alle Kreditnehmer – ungeachtet ihrer wirtschaftlichen Situation – die Amortisationsfrist von 5 auf 8 Jahre zu verlängern. Der Vorschlag des Bundesrats, wonach bei Härtefällen die ordentliche Amortisationsfrist von 5 Jahren um weitere 5 Jahre verlängert werden kann, stellt einen guten Kompromiss zwischen Kreditnehmer, Banken und Bund (Steuerzahler) dar und trägt auch der wirtschaftlichen Situation der Kreditnehmer ausreichend Rechnung.

AUSUFERNDER STAATLICHER EINGRIFF VERHINDERT PARTNERSCHAFTLICHE EINIGUNGEN

National- und Ständerat haben in der Sommersession 2020 zwei gleichlautenden Kommissionsmotionen (20.3451 und 20.3460) zugestimmt, mit denen der Bundesrat beauftragt wurde, eine gesetzliche Regelung im Bereich der Geschäftsmieten vorzulegen.

Die Vorlage des Bundesrats sieht vor, dass Mieterinnen und Mieter, die im Frühjahr 2020 aufgrund von Covid-19 von einer Schliessung oder starken Einschränkung betroffen waren, für diese Periode 40 Prozent des Mietzinses bezahlen. 60 Prozent gehen zulasten der Vermieterinnen und Vermieter.

Der Vorentwurf der Vorlage wurde in der Vernehmlassung sehr kontrovers aufgenommen, weshalb der Bundesrat bei der Verabschiedung der Botschaft am 18. September 2020 darauf verzichtete, dem Parlament die Zustimmung zum Gesetzesentwurf zu beantragen.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, der Mehrheit der RK-NR zu folgen und nicht auf den Gesetzesentwurf einzutreten.

Unverhältnismässiger Eingriff in die Grundrechte

Die Bundesverfassung garantiert das Eigentum (Art. 26 BV) und die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV). Eingriffe in diese Grundrechte dürfen unter anderem nur erfolgen, wenn sie verhältnismässig sind. Diese Voraussetzung wird mit der Vorlage nicht erfüllt. Sie stellt ein willkürlich konzipiertes Enteignungskonzept dar, welches – unabhängig von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Mieter – die Folgen einer historisch herausragenden Krise in einem beidseitigen Rechtsverhältnis ausschliesslich auf die Vermieter abwälzt.

Konträre Wirkung

Das Covid-19-Geschäftsmietegesetz richtet volkswirtschaftlichen Schaden an, statt Nutzen zu stiften. Es schafft zusätzliche Rechtsunsicherheit. Das Gesetz verhindert in vielen Fällen gütliche und partnerschaftliche Einigungen und es schafft eine eklatante Ungleichbehandlung von Vermietern und Mietern.

Stand der Beratungen

Der Nationalrat behandelt den Gesetzesentwurf in der Sondersession 2020 als Erstrat.

Die RK-NR spricht sich mit 14 zu 11 Stimmen gegen den Gesetzesentwurf aus. Die Kommission empfindet es insbesondere als stossend, dass mit dem Gesetz rückwirkend in bestehende privatrechtliche Vertragsverhältnisse eingegriffen würde. Die Mehrheit ist der Ansicht, dass dies ein unverhältnismässiger, verfassungswidriger Eingriff in bestehende vertragliche Rechte bedeuten würde.

Beurteilung der Beratungen

Der Nationalrat ist mit 91 zu 89 Stimmen bei 4 Enthaltungen denkbar knapp auf die Vorlage eingetreten. Dieses Eintreten ist aus Sicht der Wirtschaft bedauerlich, stellt doch der Gesetzesentwurf ein willkürliches Enteignungskonzept und damit einen unverhältnismässigen Eingriff in die Grundrechte dar. Nicht zuletzt verhindert das Gesetz in vielen Fällen auch bereits getroffene, partnerschaftliche Einigungen zwischen Mieter und Vermieter. Die Rechtskommission des Nationalrates (RK-N) sollte deshalb in der Detailberatung unbedingt korrigierend eingreifen.

CORONA-KRISE DARF KEIN PRÄZEDENZFALL FÜR DIE AUFHEBUNG DER SCHULDENBREMSE SEIN

Gemäss Ergänzungsregel der Schuldenbremse werden ausserordentliche Ausgaben im Fall einer aussergewöhnlichen und vom Bund nicht steuerbaren Entwicklung im ausserordentlichen Haushalt auf dem Amortisationskonto verbucht. Das Finanzhaushaltsgesetz verlangt, dass Fehlbeträge auf dem Amortisationskonto innerhalb von sechs Jahren durch Kürzung der ordentlichen Ausgaben ausgeglichen werden. In besonderen Fällen kann das Parlament diese Frist verlängern.

Die Motion verlangt, dass die ausserordentlichen Ausgaben zur Bewältigung der Corona-Pandemie nicht gemäss Schuldenbremse auf das Amortisationskonto gebucht werden, sondern ausserhalb der Schuldenbremse als «Staatsschulden».

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Motion abzulehnen.

Zur Bewältigung der Krise haben Bundesrat und Parlament Notmassnahmen von über 70 Milliarden Franken beschlossen. Weil nicht alle beschlossenen Massnahmen zu einem unmittelbaren Mittelabfluss führen, bzw. weil absehbar nicht alle bewilligten Mittel ausgeschöpft werden, wird für 2020 mit einem Fehlbetrag auf dem Amortisationskonto von gut 15 Milliarden Franken gerechnet. Dies ist bei Weitem nicht so viel, wie (bei Einreichung der Motion) erwartet worden war.

Motion verlangt eine gravierende Verletzung der Schuldenbremse

Die Bundesverfassung verlangt vom Bund, seine Einnahmen und die Ausgaben auf Dauer im Gleichgewicht zu halten. Diese Anforderung gilt auch für ausserordentliche Ausgaben, wie sie das Parlament im Fall der Corona-Notmassnahmen beschlossen hat. Ausserordentliche Ausgaben und aus ihnen hervorgehende Schulden müssen in einem bestimmten Zeitraum kompensiert werden. Sie dürfen weder «einfach vergessen gehen», noch darf sich der Schuldenabbau ins Endlose verschieben. Die Corona-Pandemie darf kein Präzedenzfall sein, die Schuldenbremse bei ihrem ersten richtigen «Stresstest» ausser Kraft zu setzen.

Das Volk hatte sich mit dem überwältigenden Mehr zur Einführung der Schuldenbremse bewusst gegen eine Finanzpolitik gestellt, die allein situativ funktioniert und zum Aufbau einer immensen Neuverschuldung über Jahre geführt hatte. In der Folge wurde eine regelgeleitete, der Nachhaltigkeit verpflichtete Finanzpolitik eingeführt, die ihre entsprechende gesetzliche Ausgestaltung gefunden hat. Die Ergänzungsregel zur Schuldenbremse für ausserordentliche Ausgaben ist Teil dieser gesetzlichen Ausgestaltung. Die Motion verlangt explizit den Bruch mit dieser gesetzlichen Ausgestaltung und damit mit der vom Volk gewollten regelgeleiteten Finanzpolitik. Ein solches Begehren ist irritierend und kann mit keinem Argument gutgeheissen werden.

Frist für Schuldenabbau verlängern – Mittel verbindlich festlegen

Für den Abbau der Corona-Schulden kann das Parlament die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten nutzen. Diese sehen für besondere Fälle einer Fristverlängerung vor. Das heisst, die Frist von sechs Jahren kann für den Abbau der Corona-Schulden gesetzeskonform verlängert werden. Eine realistische Frist für den Schuldenabbau orientiert sich an der schliesslich effektiven Höhe der Corona-Verschuldung sowie an den für den Schuldenabbau eingesetzten Mitteln. Mittel für den Schuldenabbau sind die jährlichen Kreditreste des ordentlichen Haushalts, anfallende ausserordentliche Einnahmen sowie der Bundesanteil der Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Diese Mittel können für den Schuldenabbau verbindlich festgelegt werden, ohne dass der heutige ordentliche Haushalt dadurch tangiert würde. Die Aufgabenerfüllung des Bundes wäre nach wie vor gewährleistet.

Stand der Beratungen

Der Nationalrat behandelt die Motion in der Wintersession 2020 als Erstrat.

Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.

Beurteilung der Beratungen

Die Kommissionsmotion ist vom Sessionsprogramm gestrichen und daher nicht behandelt worden.