# 13 / 2019
13.09.2019

Annahme der Kündigungsinitiative bedeutet das Ende des bilateralen Wegs

Es gibt keine gleichwertigen Alternativen

Ein umfassendes Freihandelsabkommen?

Der Wert des bilateralen Wegs ist immens. Die Schweiz könnte selbstverständlich versuchen, mit anderen Instrumenten Zugang zum europäischen Binnenmarkt zu erhalten. Die Urheber der Kündigungsinitiative führen diesbezüglich immer wieder ein umfassendes Freihandelsabkommen ins Feld. Allerdings verkennt diese Argumentation einen zentralen Punkt: Die Schweiz hat die bilateralen Abkommen abgeschlossen, weil den Bedürfnissen der Schweizer Wirtschaft im Bereich des Marktzugangs mit einem Freihandelsabkommen allein nicht genügend Rechnung getragen werden kann. Die Unternehmen profitieren von der Teilnahme am EU-Binnenmarkt, insbesondere durch die gleichen Regeln und die weitergehenden Kooperationen. Nur mit einem Freihandelsabkommen würden Schweizer Standards in der EU nicht mehr als gleichwertig anerkannt, und gewisse Dienstleistungsbereiche, wie zum Beispiel der Luftverkehr, wären ganz ausgeklammert. Somit wäre ein solches Szenario ein deutlicher Rückschritt mit entsprechend hohen Kosten für die Schweiz. Das hat auch die Bundesverwaltung in einer Analyse klar festgehalten. Hinzu kommt, dass ein solches Abkommen erst einmal ausgehandelt werden muss und neben den zeitlichen Verzögerungen nicht klar ist, zu welchen Zugeständnissen die EU dabei überhaupt bereit wäre – oder welche Forderungen sie im Gegenzug stellen würde.

Auch kann sich die Schweiz im Handel mit der EU nicht einfach nur auf die WTO-Regeln allein verlassen. Diese sind zwar im internationalen Handel ungemein wichtig, sie stellen aber einen Mindeststandard dar. Der Marktzugang über die bilateralen Verträge geht weit über diesen hinaus. Ausserdem ist die WTO zurzeit blockiert und es ist unsicher, wie es mit ihr weitergeht. Es ist deshalb umso wichtiger für die Schweizer Wirtschaft, die Beziehungen zur wichtigsten Handelspartnerin auf ein sicheres Fundament zu stellen.

Ersatz durch Erschliessung anderer Absatzmärkte?

Für die Schweizer Aussenwirtschaft ist es essenziell, dass sie ihre Exporte in möglichst vielen Märkten absetzen kann. Denn der gesamte Aussenhandel entspricht 95,3 Prozent des Schweizer BIP. Zwei von fünf Franken verdienen die Schweizer dank des Austausches mit dem Ausland. Deshalb sind auch die aufstrebenden Märkte in Asien oder die Vereinigten Staaten sehr wichtig. Auch steht ausser Frage, dass die Schweizer Aussenwirtschaftspolitik hier möglichst erstklassige Marktzugangsbestimmungen für Schweizer Firmen aushandeln und mit Freihandelsabkommen absichern soll. Es ist allerdings verfehlt zu denken, diese Märkte könnten den Handel mit der EU ersetzen.

Heute sind Kunden in der EU Abnehmer von 51,6 Prozent aller exportierten Schweizer Dienstleistungen und Waren. Natürlich wachsen die Exporte in andere Regionen prozentual schneller, aber sie wachsen auf einem viel tieferen Niveau. Was das bedeutet, haben Ökonomen der BAK Economics errechnet: Auch in den nächsten zehn Jahren wird die EU den grössten Beitrag zum Wachstum der Schweizer Ausfuhren beitragen, gefolgt von der Region Asien. Erst dann kommt die Region Amerika. Deshalb ist es essenziell, dass die Schweiz ihren Marktzugang in Europa nicht verschlechtert.