Agrarpolitik einfach erklärt
- Einleitung Das Wichtigste in Kürze | Position economiesuisse
- Kapitel 1 Einleitung
- Kapitel 2 Wie lautet der Auftrag des Bundes an die Landwirtschaft?
- Kapitel 3 Wie ist die Schweizer Landwirtschaft aufgestellt?
- Kapitel 4 Wie hat sich die Landwirtschaft in den letzten 100 Jahren entwickelt?
- Kapitel 5 Wie wird die Landwirtschaft in der Schweiz subventioniert?
- Kapitel 6 Wie funktioniert der Grenzschutz?
- Kapitel 7 Wer profitiert vom Grenzschutz? Und wer verliert?
- Kapitel 8 Gibt es erfolgreiche Beispiele für Grenzöffnungen?
- Kapitel 9 Welche weiteren Privilegien geniessen die Bauern?
- Kapitel 10 Weshalb ist es für Quereinsteiger schwierig, einen Hof zu erwerben?
- Kapitel 11 Wie stark ist die Stützung der Schweizer Landwirtschaft im internationalen Vergleich?
Welche weiteren Privilegien geniessen die Bauern?
Neben dem hohen Grenzschutz und Subventionen geniessen Schweizer Landwirtschaftsbetriebe zahlreiche weitere Privilegien, die den anderen Wirtschaftssektoren unbekannt sind. Nicht nur auf betrieblicher Ebene, sondern auch auf persönlicher Ebene haben die Bauern gegenüber der restlichen Wohnbevölkerung oder den gewerblichen KMU diverse Sonderrechte. Im Folgenden sollen beispielhaft einige dieser Privilegien kurz wiedergegeben werden.
Landwirtschaftliche Fahrzeuge (grüne Kontrollschilder) sind von der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) ausgenommen, bei der Motorfahrzeugsteuer gilt ein reduzierter Satz, und die Landwirte können sich die Mineralölsteuer rückvergüten lassen. Zusätzlich müssen sich Landwirte bei Fahrten mit Aushub- und Baumaterial sowie bei gewerblichen Holztransporten nicht an die gesetzlichen Ruhezeiten halten.
Familienzulagen, die normalerweise vom Arbeitgeber bezahlt werden, übernimmt in der Landwirtschaft die öffentliche Hand. Landwirtschaftsbetriebe sind auch von der BVG-Pflicht (berufliche Vorsorge) für Familienangehörige, die im Betrieb arbeiten, ausgenommen. Zusätzlich gelten Ausnahmen vom Arbeitsgesetz, beispielsweise bei der zulässigen Höchstarbeitszeit. Landwirtschaftliche Betriebe sind für den Verkauf eigener Erzeugnisse gänzlich von der Mehrwertsteuerpflicht ausgenommen. Zudem gilt bei gewissen Einfuhren von Waren und Tieren ein reduzierter Mehrwertsteuersatz. Auch können landwirtschaftliche Betriebe nicht auf Konkurs betrieben werden. Der Konkurs geht nur auf Pfändung, wobei lediglich Inventar, welches nicht betriebsnotwendig ist, verpfändet werden kann.
Im Gegensatz zum Gewerbe haben Landwirte vereinfachten Zugang zu zinslosen Investitionskrediten, mit denen der Bund Strukturverbesserungen und gemeinschaftliche Massnahmen unterstützt. Zusätzlich können Bauern Betriebshilfen in Form von zinslosen Darlehen beziehen. Nur Bauern dürfen in der günstigen Landwirtschaftszone bis zu drei Wohnungen bauen. Die Landwirte sind dabei auch steuerlich privilegiert: Das Wohneigentum wird im Vergleich zur normalen Bevölkerung mit einem sehr viel tieferen Eigenmietwert bewertet. Für die Vermögenssteuer wird lediglich der Ertragswert der landwirtschaftlichen Liegenschaften eingesetzt und nicht wie beim Gewerbe eine Mischung zwischen Ertrags- und Verkehrswert.
Landwirte dürfen mit gewissen Einschränkungen auch gewerbliche Betriebe wie Restauration und Beherbergung auf ihren Höfen anbieten, wobei sie häufig weniger strengen Anforderungen als das Gewerbe genügen müssen. Nicht zuletzt ist zu erwähnen, dass Bauernfamilien einfacher in den Genuss von Stipendien gelangen. Und schliesslich gehört zu dieser nicht abschliessenden Auflistung auch die Privilegierung aufgrund des bäuerlichen Boden- und Pachtrechts. Im Rahmen einer Erbteilung müssen sich Landwirte für Haus und Hof nicht den Verkehrswert anrechnen lassen, sondern können diese zum landwirtschaftlichen Ertragswert übernehmen.