Agrarpolitik einfach erklärt
- Einleitung Das Wichtigste in Kürze | Position economiesuisse
- Kapitel 1 Einleitung
- Kapitel 2 Wie lautet der Auftrag des Bundes an die Landwirtschaft?
- Kapitel 3 Wie ist die Schweizer Landwirtschaft aufgestellt?
- Kapitel 4 Wie hat sich die Landwirtschaft in den letzten 100 Jahren entwickelt?
- Kapitel 5 Wie wird die Landwirtschaft in der Schweiz subventioniert?
- Kapitel 6 Wie funktioniert der Grenzschutz?
- Kapitel 7 Wer profitiert vom Grenzschutz? Und wer verliert?
- Kapitel 8 Gibt es erfolgreiche Beispiele für Grenzöffnungen?
- Kapitel 9 Welche weiteren Privilegien geniessen die Bauern?
- Kapitel 10 Weshalb ist es für Quereinsteiger schwierig, einen Hof zu erwerben?
- Kapitel 11 Wie stark ist die Stützung der Schweizer Landwirtschaft im internationalen Vergleich?
Wie wird die Landwirtschaft in der Schweiz subventioniert?
Das Landwirtschaftsbudget des Bundes betrug 2017 rund 3,7 Milliarden Franken. Seine Ausgaben für Landwirtschaft und Ernährung sind seit der Jahrtausendwende praktisch stabil geblieben. In der Schweizer Landwirtschaft gibt es drei Kategorien von Subventionen:
- Direktzahlungen
- Produktions- und Absatzförderung
- Förderung der Strukturverbesserung und soziale Massnahmen.
Direktzahlungen
Den mit Abstand grössten Anteil des Budgets machen die Direktzahlungen aus. Rund 2,8 Milliarden Franken oder 75 Prozent des gesamten Agrarbudgets standen 2017 dafür zur Verfügung. Betriebe, die Direktzahlungen erhalten möchten, müssen eine Reihe von Anforderungen erfüllen. Direktzahlungsberechtigt sind grundsätzlich nur Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter von bodenbewirtschaftenden bäuerlichen Betrieben. Die Bäuerin oder der Bauer darf grundsätzlich nicht über 65-jährig sein und muss eine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert haben. Eine weitere Voraussetzung ist, dass ein Betrieb mindestens 0,2 Standardarbeitskräfte (SAK) aufweist. Pro SAK werden maximal 70’000 Franken Direktzahlungen entrichtet. Zusätzlich müssen mindestens 50 Prozent der auf dem Betrieb anfallenden Arbeiten durch betriebseigene Arbeitskräfte ausgeführt werden. Hinzu kommen spezifische ökologische Auflagen, die unter den Begriff «Ökologischer Leistungsnachweis» (ÖLN) fallen.
Die Direktzahlungen sind in sieben Beitragskategorien aufgeteilt:
- Kulturlandschaftsbeiträge
- Versorgungssicherheitsbeiträge
- Biodiversitätsbeiträge
- Landschaftsqualitätsbeiträge
- Produktionssystembeiträge
- Ressourceneffizienzbeiträge
- Übergangsbeiträge
Abbildung 5
Direktzahlungen 2017, nach Beitragsart, in Millionen Franken
Versorgungssicherheitsbeiträge machten 2017 mit knapp 40 Prozent den grössten Anteil der Direktzahlungen aus (Abbildung 6). Etwas weniger als 20 Prozent kamen Kulturlandschaftsbeiträgen zugute, rund 15 Prozent wurden für Produktionssystembeiträge ausgegeben, für Biodiversitätsbeiträge 15 Prozent, für Landschaftsqualitätsbeiträge fünf Prozent, für Übergangsbeiträge fünf Prozent und für Ressourceneffizienzbeiträge (inkl. Gewässerschutz- und Ressourcenprogramme) zwei Prozent. Die einzelnen Beiträge werden im Folgenden kurz erläutert.
Mit Kulturlandschaftsbeiträgen wird die Offenhaltung der Kulturlandschaft gefördert und eine möglichst flächendeckende Bewirtschaftung der land- und alpwirtschaftlichen Flächen sichergestellt. Ziel ist es insbesondere, die zunehmende Verwaldung von Alpwiesen aufzuhalten. Kulturlandschaftsbeiträge lassen sich unterteilen in Offenhaltungsbeiträge (27 Prozent), Sömmerungsbeiträge (24 Prozent), Alpungsbeiträge (21 Prozent), Hangbeiträge (24 Prozent), Hangbeiträge für Rebflächen (zwei Prozent) und Steillagenbeiträge (zwei Prozent).
Mit Versorgungssicherheitsbeiträgen soll die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln sichergestellt werden. Sie bestehen aus drei Teilen und werden pro Hektare ausbezahlt:
- Mit dem Basisbeitrag von 900 Franken pro Hektare soll die Grundversorgung gesichert werden, indem die Produktionskapazitäten in der Talzone erhalten bleiben und die Intensität der Bewirtschaftung optimiert wird. Dabei muss bei Dauergrünflächen ein Mindesttierbesatz erreicht werden, ansonsten wird der Beitrag gekürzt. Für Biodiversitätsförderflächen auf Grünland werden nur 450 Franken pro Hektare entrichtet und bei Betrieben mit mehr als 60 Hektaren wird der Betrag gekürzt. -
- Offene Ackerflächen und Dauerkulturen (wie zum Beispiel Reben oder Obst) werden mit zusätzlichen 400 Franken pro Hektare stärker gefördert. -
- Zusätzlich werden über den Produktionserschwernisbeitrag auch die erschwerten Produktionsbedingungen in der Berg- und Hügelregion ausgeglichen (je nach Region zwischen 240 und 360 Franken pro Hektare).
Drei Viertel der gesamten Versorgungssicherheitsbeiträge machen die Basisbeiträge aus. 15 Prozent entfallen auf die Produktionserschwernisbeiträge und der Rest auf die Beiträge für offene Ackerflächen und Dauerkulturen.
Mit den Biodiversitätsbeiträgen sollen der Erhalt und die Förderung der natürlichen Arten- und Lebensraumvielfalt sowie die Vernetzung von Biodiversitätsförderflächen gefördert werden. Die Biodiversitätsbeiträge lassen sich einerseits in Qualitätsbeiträge (Qualitätsstufe I und II) und andererseits in Vernetzungsbeiträge unterscheiden.
Mit den Landschaftsqualitätsbeiträgen soll die landschaftliche Vielfalt der Schweiz gefördert werden. Das Ziel ist insbesondere die Erhaltung, Förderung und Weiterentwicklung attraktiver Landschaften, die auch als Naherholungsgebiete für die Bevölkerung und aus touristischer Sicht eine grosse Bedeutung haben. Die Gelder werden hierzu auf Projektbasis ausgesprochen. Die Kantone erarbeiten in Zusammenarbeit mit dem Bund Massnahmenkonzepte und berücksichtigen dabei regionale Bedürfnisse. 90 Prozent der Beiträge werden vom Bund übernommen.
Mit Produktionssystembeiträgen werden gewisse Formen der Produktion unterstützt. Einerseits wird auf gesamtbetrieblicher Ebene die Bioproduktion unterstützt. Ein biologisch ausgerichteter Betrieb erhielt 2016 durchschnittlich 7225 Franken. Zu den vier auf teilbetrieblicher Ebene unterstützten Produktionsformen gehören die extensive Produktion von Getreide, Sonnenblumen, Eiweisserbsen, Ackerbohnen und Raps (Extenso), die graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion (GMF) und die Beiträge für das Tierwohl (Stallsysteme und Auslauf). Letzteres wird zusätzlich unterteilt in Beiträge für besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme (BTS) und den regelmässigen Auslauf im Freien (RAUS).
Die Ressourceneffizienzbeiträge bezwecken die Verbesserung der nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen und die Steigerung der Effizienz beim Einsatz von Produktionsmitteln. Mit diesem Beitrag werden Techniken mit ausgewiesener Wirkung gefördert. Ziel ist, dass möglichst viele Landwirte ressourceneffizient arbeiten. Dazu wurden spezifische Massnahmen definiert, die unterstützt werden. Die Beiträge sind befristet und die ersten laufen 2019 aus. Es werden aber laufend neue förderungswürdige Massnahmen aufgenommen.
Mit den Übergangsbeiträgen soll der Übergang in die Agrarpolitik der Jahre 2014 bis 2017 (AP 14–17) sozialverträglich gestaltet werden. Sie dienen dazu, die Lücke zu decken, die am Anfang entstand, weil gewisse Direktzahlungen neu an die Beteiligung an Programmen, wie zum Beispiel dem RAUS-Programm, gekoppelt sind. Dementsprechend fielen die Direktzahlungen mit der Einführung der AP 14–17 ohne betriebliche Gegenmassnahmen auf den Bauernhöfen tiefer aus. Je mehr Betriebe sich nun an den freiwilligen Programmen beteiligen und damit wieder mehr Direktzahlungen erhalten, desto kleiner wird der Übergangsbeitrag. Ab 2021 soll dieser ganz wegfallen.
Produktions- und Absatzförderung
Zusätzlich zu den Direktzahlungen unterstützt der Bund die Produktion und den Absatz landwirtschaftlicher Produkte mit Finanzhilfen und er leistet befristete Unterstützung an Exportinitiativen, die der Marktabklärung oder der Erschliessung neuer Märkte im Ausland dienen. Diese Aufwände betragen insgesamt rund 434 Millionen Franken jährlich.
Ein Beispiel für Produktionsförderung ist die sogenannte Verkäsungszulage. 2017 zahlte der Bund 15 Rappen pro Kilogramm verkäste Milch und eine Zulage für die Fütterung ohne Silage von drei Rappen pro Kilogramm Milch. Insgesamt wurden so 293 Millionen Franken entrichtet. Weitere 2,5 Millionen Franken setzte der Bund für die Administration der Milchdaten und die Informatikmittel ein.
93 Millionen Franken wurden für Massnahmen in der Viehwirtschaft ausgegeben. Diese beinhalten Entsorgungsbeiträge für tierische Nebenprodukte, Tierzuchtförderung, Inlandbeihilfen für Schlachttiere und Fleisch, Infrastrukturbeiträge für Berggebiete, Beiträge für Schafwolle und einen Beitrag für die Leistungsvereinbarung mit Proviande, der Branchenorganisation der Schweizer Fleischwirtschaft. Ebenso wird die inländische Eierproduktion von den Auswirkungen der zyklischen Nachfrage durch Beiträge des Bundes entlastet.
Für den Pflanzenbau wurden im selben Jahr rund 65 Millionen Franken ausgerichtet. Mit 95 Prozent ging der grösste Anteil an die Förderung von Einzelkulturen. Der Rest verteilte sich auf die Verwertung und Verarbeitung von Obst (vier Prozent) und auf Fördermassnahmen für den Weinbau.
Rund 63 Millionen Franken wurden schliesslich für die Qualitäts- und Absatzförderung eingesetzt. Allein die Hälfte davon wurde für Milchprodukte verwendet und knapp zehn Prozent für Fleisch. In der Absatzförderung kann der Bund Marketing- und Kommunikationsmassnahmen mit bis zu 50 Prozent der anrechenbaren Kosten unterstützen.
Strukturverbesserung und soziale Massnahmen
Schliesslich wird die Landwirtschaft durch Beiträge zur Strukturverbesserung und für soziale Massnahmen unterstützt. 2017 wurden für Bodenverbesserungen und landwirtschaftliche Hochbauten Beiträge im Umfang etwa 80 Millionen Franken ausbezahlt.
Zudem gewährten die Kantone Investitionskredite im Umfang von 280 Millionen Franken. Der Grossteil davon entfiel auf einzelbetriebliche Massnahmen wie Starthilfe, Diversifizierung und den Neu- oder Umbau von landwirtschaftlichen Wohn- und Ökonomiegebäuden.
Die sozialen Massnahmen betreffen einerseits Betriebshilfedarlehen und andererseits Umschulungsbeihilfen. Für Letztere wurden 2017 lediglich 41’200 Franken bezahlt. Betriebsdarlehen zur Überbrückung einer vorübergehenden, unverschuldeten finanziellen Notsituation wurden 2017 im Umfang von 23 Millionen Franken gesprochen.
Abschaffung «Schoggi-Gesetz» und dessen Umwandlung
Mit dem «Schoggi-Gesetz» entschädigt der Bund Nahrungsmittelexporteure dafür, dass sie Rohstoffe wie Milch und Weizen im geschützten Schweizer Agrarmarkt zu deutlich überhöhten Preisen beziehen müssen. Gemäss Beschluss der WTO-Ministerkonferenz in Nairobi müssen Exportsubventionen für verarbeitete Agrarprodukte bis Ende 2020 abgeschafft werden. Betroffen von diesem Verbot sind auch die Schweizer Ausfuhrbeiträge nach dem Bundesgesetz über die Ein- und Ausfuhr von Erzeugnissen aus Landwirtschaftsprodukten. Die Exportsubventionen werden per 1. Januar 2019 abgeschafft. Ersetzt werden sie mit einer WTO-konformen Lösung: Neu entrichtet der Bund ab diesem Jahr rund 95 Millionen Franken direkt an Milchproduzenten und Getreidebauern in Form einer Zulage. Im Fall von Milch sind es 4,5 Rappen pro Kilogramm. Die Zulage wird dann von der Milchgeld-Abrechnung abgezogen, den die Produzenten den Verarbeitern zahlen. So kommt das Geld zum grössten Teil den Schokoladenproduzenten zugute.