Kostenbremse im Gesundheitswesen: Macht das Sinn?
In der Gesundheitspolitik sind Kostenbremsen en vogue: Die CVP hat eine am Parteitag beschlossen und im Expertenbericht des Bundes wird unter anderem eine Budgetvorgabe im ambulanten Bereich vorgeschlagen. Was aber bedeutet eine Kostenbremse? Damit würden zentral die Ausgaben der öffentlichen Hand oder das Budget fixiert. Kann dieses Konzept im fragmentierten Gesundheitswesen überhaupt greifen ‒ und was wären die Nebenwirkungen?
Ein Professor spottete einst, das Gesundheitswesen sei eine dankbare Branche, weil er für seine Referate stets die gleiche Präsentation verwenden könne. Und tatsächlich: Führt man sich die Diskussionen seit Einführung des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) vor Augen, so wurde stets über die gleichen Vorschläge gestritten. Neben der Vertragsfreiheit und der Einheitlichen Finanzierung sind die sogenannten kostendämpfenden Massnahmen, namentlich die Kostenbremse, ein Evergreen.
Konzeptionelle Probleme bei der Kostenbremse
Die Kostenbremse ist politisch attraktiv, weil sie ein komplexes Problem auf eine einfache Formel reduziert. Allein, ist eine Kostenbremse überhaupt umsetzbar? Die Anhänger einer Kostenbremse nehmen sich die Schuldenbremse des Bundes zum Vorbild. Doch diese bezieht sich auf das Budget des Bundes als einzigen, zentralen Akteur. Im Gesundheitsbereich sind 13 Kategorien an Leistungserbringern tätig, unzählige Zulieferbranchen und mehrere Finanzierer. Der Ärztetarif alleine umfasst rund 4500 Einzelleistungspositionen, während die Krankenversicherer etwa 100 Millionen Leistungsbelege pro Jahr verarbeiten.
Wenn man hier ein «Budget» beschliesst, muss jemand entscheiden, welche Leistungserbringer welchen Anteil an den Kosten beanspruchen dürfen. Dafür braucht es sehr viele Informationen und Entscheidungen: Welche Leistungen sollen in welcher Art und in welchem Umfang wo genau erbracht werden? Das ist eine unlösbare Planungsaufgabe, weil das Gesundheitswesen ein komplexes System ist, das aus Wechselwirkungen, Pfadabhängigkeiten, selbstorganisierten Einheiten usw. besteht. Rationierungen und Ineffizienzen sind bei zentralen Entscheidungen absehbar. Hinzu kommt die Dynamik: Mit dem demografischen Wandel und der technologischen Entwicklung müssen diese Entscheidungen über die Zeit angepasst werden.
Ethisch heikle Bewertungen
Dies ist insbesondere ethisch heikel, weil gleichzeitig verschiedene Krankheiten besser behandelt werden können und die Zahl und das Alter der Betroffenen sich ständig verändern. Welche Bevölkerungsgruppen sollen künftig bevorzugt behandelt werden und für welche Krankheiten bezahlt man allenfalls nicht mehr? Solche Bewertungen schaffen nur Verlierer. Zu meinen, man könnte den Pelz waschen, ohne dass er nass wird, ist naiv. Eine Kostenbremse führt nicht nur zur Staatsmedizin, sondern auch zu zentralisierten Entscheidungen über Krankheit, Leiden und Tod. Zum Glück gibt es gute Alternativen dazu, die wir in einem Folgeartikel beleuchten werden.