UNO-Nach­hal­tig­keits­zie­le als Chan­ce

Die Agen­da 2030 der UNO setzt bei der Be­wäl­ti­gung der ge­sell­schaft­li­chen Her­aus­for­de­run­gen auf den Pri­vat­sek­tor als un­er­läss­li­chen Part­ner. Eine frucht­ba­re Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen Staa­ten, Zi­vil­ge­sell­schaft und Un­ter­neh­men soll die ge­mein­sa­me Lö­sungs­su­che vor­an­brin­gen und neue Chan­cen für Men­schen, Um­welt und Wirt­schaft schaf­fen.

Mit die­sem Pa­ra­dig­men­wech­sel von Ge­gen­ein­an­der zum Mit­ein­an­der an­er­kennt die Staa­ten­ge­mein­schaft aus­drück­lich die be­deu­ten­de Rolle der Un­ter­neh­men für Ent­wick­lung und Wohl­stand – welt­weit. Sie wer­den nicht län­ger aus­schliess­lich als Teil des Pro­blems, son­dern ver­mehrt auch als Teil der Lö­sung be­trach­tet. Das be­reits viel­fäl­ti­ge En­ga­ge­ment der Fir­men wird ge­wür­digt und Un­ter­neh­men wer­den un­ter­stützt, im Rah­men ihres Kern­ge­schäfts Mög­lich­kei­ten aus­zu­lo­ten und Tech­no­lo­gi­en zu ent­wi­ckeln, um einen kon­kre­ten Bei­trag für eine bes­se­re Welt zu leis­ten – sei dies durch die Mi­ni­mie­rung ne­ga­ti­ver oder die Stär­kung po­si­ti­ver Aus­wir­kun­gen ihres Han­delns auf Mensch und Um­welt. Dabei ist die Zu­sam­men­ar­beit ent­schei­dend. No­var­tis ver­weist etwa auf die ak­ti­ve Suche nach Part­ner­schaf­ten, um die UNO-Ent­wick­lungs­zie­le (Sustainable De­ve­lop­ment Goals, SDG) in­klu­si­ve einer uni­ver­sel­len Ge­sund­heits­ver­sor­gung wir­kungs­vol­ler zu er­rei­chen.

Die SDG be­rück­sich­ti­gen neben der so­zia­len und öko­lo­gi­schen auch die wirt­schaft­li­che Di­men­si­on der Nach­hal­tig­keit. Denn nur wett­be­werbs­fä­hi­ge Un­ter­neh­men sind in der Lage, auch lang­fris­tig ge­sell­schaft­li­che Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men. Mit die­ser um­fas­sen­den Nach­hal­tig­keits­de­fi­ni­ti­on ist das glo­ba­le Rah­men­werk ge­prägt von der Über­zeu­gung, dass ohne un­ter­neh­me­ri­sche Lö­sun­gen keine bes­se­re Welt zu er­rei­chen ist. Mit Blick auf den von der UNO ge­schätz­ten jähr­li­chen In­ves­ti­ti­ons­be­darf von fünf bis sie­ben Bil­lio­nen US-Dol­lar mag dies nicht über­ra­schen. Gleich­zei­tig ver­deut­li­chen diese Zah­len, dass der Er­folg der Agen­da 2030 mass­geb­lich von der Zu­sam­men­ar­beit aller Ak­teu­re ab­hängt. Ko­ope­ra­tio­nen zwi­schen Staat, Zi­vil­ge­sell­schaft, For­schung und Un­ter­neh­men sol­len neue Dy­na­mik ent­fa­chen auf der Suche nach Win-win-Si­tua­tio­nen, die für Un­ter­neh­men und Ge­sell­schaft Mehr­wert schaf­fen. 

Dank der An­er­ken­nung der Rolle des Pri­vat­sek­tors konn­te die Wirt­schaft be­reits bei der Er­ar­bei­tung der Agen­da 2030 mit­ar­bei­ten und wich­ti­ge Punk­te ein­brin­gen. Durch diese Mit­ar­beit un­ter­stützt die Wirt­schaft heute das Rah­men­werk. Der Kern der Agen­da 2030, die 17 Nach­hal­tig­keits­zei­le (SDG), bie­ten aus Sicht der Un­ter­neh­men einen wert­vol­len Kom­pass und eine ge­mein­sa­me Vi­si­on. Die kon­kre­ten Ak­ti­vi­tä­ten der Wirt­schaft wer­den dabei durch die In­ter­na­tio­na­le Han­dels­kam­mer ICC be­glei­tet, die be­reits an der Aus­ar­bei­tung mit­wirk­te und auch die Um­set­zung der Agen­da 2030 in der Wirt­schaft un­ter­stützt. Der Schwei­zer Arm der ICC ist bei eco­no­mie­su­is­se an­ge­glie­dert. In die­sen Tagen fand das von der ICC or­ga­ni­sier­te «SDG Busi­ness Forum» statt, das hoch­ran­gi­ge Un­ter­neh­mens­ver­tre­ter, UNO-Re­prä­sen­tan­ten, Ver­tre­ter in­ter­na­tio­na­ler Or­ga­ni­sa­tio­nen und Staa­ten zu­sam­men­brach­te. Auch Schwei­zer Un­ter­neh­men äus­ser­ten sich auf dem Panel. So be­ton­te Nestlé, dass nach­hal­ti­ge Land­wirt­schaft, Le­bens­mit­tel­si­cher­heit und Er­näh­rung die Basis für die Ver­bes­se­rung der Le­bens­si­tua­ti­on welt­weit bil­den. 

Die Un­ter­stüt­zung der Wirt­schaft für die Agen­da 2030 darf nicht gleich­ge­setzt wer­den mit einem Blan­koch­eck für neue Re­gu­lie­run­gen oder an­de­ren staat­li­chen Ak­ti­vis­mus. Für die Wirt­schaft ste­hen Mass­nah­men im Vor­der­grund, die auf un­ter­neh­me­ri­sche Lö­sun­gen und die frei­wil­li­ge Zu­sam­men­ar­beit set­zen. So sind Ko­ope­ra­tio­nen zwi­schen Staa­ten, NGO und Un­ter­neh­men zu för­dern, die einen Wis­sens­trans­fer er­mög­li­chen. Ein Bei­spiel ist die «Bet­ter Work»-In­itia­ti­ve im Be­reich der Tex­til­in­dus­trie, die von der Eid­ge­nos­sen­schaft mit­fi­nan­ziert wird. Das Pro­gramm ver­bes­sert Ar­beits­be­din­gun­gen und die Gleich­be­rech­ti­gung von Mann und Frau, stei­gert Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tä­ten und för­dert bes­se­re Le­bens­be­din­gun­gen für Mil­lio­nen von Men­schen, Ar­beit­neh­men­de wie Fa­mi­li­en­an­ge­hö­ri­ge. Eine Wir­kungs­ana­ly­se be­legt, dass am Pro­gramm teil­neh­men­de Fa­bri­ken eine um bis zu 25 Pro­zent hö­he­re Ren­ta­bi­li­tät er­ziel­ten.

Damit die Agen­da 2030 ein Er­folg wird, braucht es aus Sicht der Wirt­schaft zwei wei­te­re Ele­men­te: Ei­ner­seits at­trak­ti­ve wirt­schaft­li­che Rah­men­be­din­gun­gen, of­fe­ne Märk­te und Rechts­si­cher­heit, um neue Pro­duk­te und Dienst­leis­tun­gen zu ent­wi­ckeln und diese er­folg­reich welt­weit her­stel­len und ver­trei­ben zu kön­nen. An­de­rer­seits eine Ver­trau­ens­ba­sis für einen kon­struk­ti­ven Dia­log über Kon­flikt­fel­der und Her­aus­for­de­run­gen. Denn für ein Ma­nage­ment ist jede Ent­schei­dung letzt­lich ein Ba­lan­ce­akt zwi­schen wirt­schaft­li­chen, so­zia­len und öko­lo­gi­schen As­pek­ten. Ziel­kon­flik­te gibt es dabei viele, na­ment­lich in Ent­wick­lungs- und Schwel­len­län­dern mit schwa­chen staat­li­chen Struk­tu­ren. Um mög­lichst rasch kon­kre­te Ver­bes­se­run­gen für Mensch und Um­welt vor Ort er­zie­len zu kön­nen, braucht es eine kon­stan­te, of­fe­ne De­bat­te und keine Ver­recht­li­chung, wie sie bei­spiels­wei­se die Un­ter­neh­mens­ver­ant­wor­tungs-In­itia­ti­ve vor­sieht. 

Ins­ge­samt ist die Agen­da 2030 für die Un­ter­neh­men in ers­ter Linie eine gros­se Chan­ce. Denn Wirt­schaft und Nach­hal­tig­keit sind keine Ge­gen­sät­ze, im Ge­gen­teil. Nach­hal­tig­keit ist die Basis un­ter­neh­me­ri­schen Han­delns, denn nur so ist auch lang­fris­ti­ger öko­no­mi­scher Er­folg ga­ran­tiert. Be­reits heute tra­gen Un­ter­neh­men mit ihrem En­ga­ge­ment auf viel­fäl­ti­ge Weise dazu bei, ge­sell­schaft­li­che Her­aus­for­de­run­gen zu lösen. Sie en­ga­gie­ren sich im Un­ter­neh­men selbst (u.a. Aus- und Wei­ter­bil­dung), an den Stand­or­ten (u.a. In­ves­ti­tio­nen), ent­lang der Lie­fer­ket­te (u.a. Vor­ga­ben für Zu­lie­fe­rer) und am Markt, indem sie nach­hal­ti­ge Pro­duk­te ent­wi­ckeln. Letzt­lich liegt sol­ches Han­deln im ur­ei­ge­nen In­ter­es­se der Un­ter­neh­men: Denn wo Armut schwin­det, wach­sen Märk­te, wo Um­welt­fak­to­ren ein­be­zo­gen wer­den, kön­nen Un­ter­neh­men lang­fris­tig tätig sein.