Wo sind die milliardenhohen Steuerausfälle?
Die Unternehmenssteuerreform II wirft vier Jahre nach der Volksabstimmung immer noch hohe Wellen. Mit dieser Reform wurde das Kapitaleinlageprinzip eingeführt. Damit wird die Rückzahlung von überschüssigem, in das Unternehmen eingelegtem Kapital an die Aktionäre nicht mehr wie früher ungerechtfertigt besteuert. Dies ist ein Gebot der Steuergerechtigkeit. Die Steuerreform verursache «milliardenhohe Steuerausfälle» für den Staat, wird dennoch nun weiter ungeniert gemeldet. Nur: Diese von Politik und Medien zum Skandal hochgespielte Behauptung blendet wichtige Fakten aus.
Zwei Dinge werden in dieser Diskussion zum Teil absichtlich, zum Teil mangels Wissen nicht sauber getrennt: einerseits die steuerfreie Rückzahlung von eingelegtem Kapital und andererseits die Ausschüttung des Unternehmensgewinns, die nach wie vor voll besteuert wird. Beide Vorgänge bedürfen eines sogenannten Dividendenbeschlusses der Generalversammlung, was hie und da zur Konfusion bei den Begrifflichkeiten führt.
Zudem ist die Unternehmenssteuerreform II alles andere als ein Verlustgeschäft für den Staat. So zeigt ein nüchterner Blick in die Rechnung des Bundes für das Jahr 2011, dass statt des als Folge der Reform prophezeiten milliardenhohen Einbruchs bei der Verrechnungssteuer sogar ein Milliardenüberschuss erzielt wurde. So betrug 2011 die Verrechnungssteuer 4,9 Milliarden Franken statt der budgetierten 3,7 Milliarden.
Die Unternehmenssteuerreform II hat insbesondere zusätzliche Einnahmen bei der Verrechnungssteuer generiert, weil die eingeführte Teilbesteuerung der Dividenden – ein integraler Bestandteil der Reform – zu einem Anstieg der steuerbaren Dividendenausschüttung aus Gewinn führte. Dass diese selbst vom Bundesrat bestätigten Fakten kaum zur Kenntnis genommen werden, ist bedauerlich. Bedenklich ist aber vielmehr der Umstand, wie heutzutage linke Schlagworte wie etwa «Steuergeschenke» und «milliardenhohe Steuerausfälle» in Politik und Medien tatsachenwidrig unwidersprochen herumgeboten werden können.
Grafik: Höhere Verrechnungssteuereinnahmen nach Unternehmenssteuerreform II