«Null-Risiko-Mentalität» – ein Wohlstandsproblem mit gravierenden Folgen
Zwölf CEOs von Weltkonzernen wie Bayer, BASF, Henkel, IBM, Novartis und Syngenta haben einen offenen Brief an die Präsidenten der EU-Kommission, des EU-Rats und des Europäischen Parlaments verfasst. Sie kritisieren darin die unverhältnismässige Anwendung des Vorsorgeprinzips in diversen Bereichen der Wirtschaft, beispielsweise in der Informationstechnologie, der Biotechnologie oder der chemischen Industrie. Die Kritik wäre auch in der Schweiz angebracht, wie drei Beispiele zeigen.
Der besagte Brief erreicht die Herren Barroso, Van Rompuy und Schulz rechtzeitig zur Tagung des Europäischen Rats am 24. Oktober, an welcher unter anderem über Innovation, Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung diskutiert wird. Die CEOs sind zutiefst beunruhigt über die negativen Auswirkungen des Risikomanagements und der regulatorischen Rahmenbedingungen in Europa. In der Tat – Innovation, der Treiber von langfristigem Wohlstand, ist per Definition nicht risikolos. Es gilt jedoch, das Risiko abzuschätzen und zu managen. Eine Vollkaskomentalität ist nicht geeignet, den Wohlstand einer Nation zu halten oder gar noch zu verbessern. Leider mehren sich die Zeichen, dass sie auch in der Schweiz um sich greift.
Forschungsergebnisse werden geflissentlich ignoriert
Beispiel 1: Ziel des 2005 vom Schweizer Stimmvolk angenommenen Moratoriums zur Gentechnik war es, die noch offenen Forschungsfragen zu klären. Die Resultate des im Anschluss daran in Auftrag gegebenen Nationalen Forschungsprogramms 59 waren eindeutig: Es konnten keinerlei Hinweise auf Gefahren für Umwelt und Gesundheit gefunden werden. Trotz Kenntnis dieser Resultate hat die Bundesversammlung im Rahmen der Agrarpolitik 2014-17 eine erneute Verlängerung des Gentech-Moratoriums beschlossen. Offensichtlich trug die wissenschaftliche Klärung wenig zum parlamentarischen Entscheid bei.
Beispiel 2: Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hat Ende April 2013 die Sistierung der Bewilligung von drei Wirkstoffen von Pflanzenschutzmitteln auf Raps- und Maiskulturen angekündigt. In einer Übergangsfrist soll die sichere Anwendung der Produkte für die Bienen verbessert werden. Damit vollzieht das BLW einen in der Europäischen Union gefällten Entscheid. Dieses Verbot ist wissenschaftlich jedoch ungenügend begründet. Sogleich wurde im Parlament eine Motion lanciert, welche die bereits suspendierten Bewilligungen auf andere Kulturen und auf weitere «bienengefährliche» Insektizide ausweiten will. Nur: Grundsätzlich ist jedes Insektizid potenziell bienengefährlich, wenn es nicht richtig angewendet wird.
Beispiel 3: Auch überhastete Aktionen und Stellungnahmen zu Hydraulic Fracturing («Fracking») passen in dieses Bild. Ein im Sommer überwiesenes Postulat fordert vom Bundesrat unter anderem, detailliert darzulegen, welche Gesetzesgrundlagen geschaffen werden müssten, um die Exploration und Gewinnung von Schiefergas einem zehnjährigen Moratorium zu unterstellen. Zudem soll er die Möglichkeiten der Schweiz aufzeigen, sich bei den Nachbarländern für ein Verbot oder Moratorium einzusetzen.
Übertriebene Vorsicht führt zu Stillstand
Solche Entwicklungen beobachtet economiesuisse in ihrer Gesamtheit mit Sorge. Negative Grundhaltungen gegenüber neuen Techniken oder Technologien dürfen nicht dazu führen, dass der Forschungs- und Wirtschaftsstandort Schweiz seine gute Position verspielt. Die oft mit Stolz vorgetragenen Ranglisten zur Innovationskraft oder Wettbewerbsfähigkeit, in welchen sich die Schweiz auf den vordersten Plätzen wiederfindet, sind das Resultat vergangener Aktivitäten und Rahmenbedingungen. Diesen Rahmenbedingungen ist kontinuierlich Sorge zu tragen. Forschungsaktivitäten lassen sich nicht beliebig drosseln und anschliessend wieder aktivieren. Der Aufbau eines Forschungsstandorts benötigt viel Zeit und lange Planungszyklen. Risiken müssen zwar sorgfältig gegenüber den Chancen abgewogen werden. Doch ein Überstrapazieren des Vorsorgeprinzips verhindert letztlich allen Fortschritt. Ängste vor Geschwindigkeitserkrankungen bei den Passagieren hätten ohne Weiteres die Verbreitung der Eisenbahn verhindern können – so wie jene vor schädlichen Strahlen die Entwicklung des Mobilfunks oder Ängste vor Kurzschlüssen und Bränden den Anschluss der Wohnhäuser ans elektrische Netz. Mit spitzfindiger Argumentation liesse sich ja auch ein Verbot von Alkohol, Zucker oder Salz erlassen, da eine hohe Dosis davon im täglichen Konsum gesundheitsschädigend und somit lebensgefährlich ist. Die Dosis macht aber eben auch bei der Vorsorge das Gift.
Forschungsergebnisse werden geflissentlich ignoriert
Beispiel 1: Ziel des 2005 vom Schweizer Stimmvolk angenommenen Moratoriums zur Gentechnik war es, die noch offenen Forschungsfragen zu klären. Die Resultate des im Anschluss daran in Auftrag gegebenen Nationalen Forschungsprogramms 59 waren eindeutig: Es konnten keinerlei Hinweise auf Gefahren für Umwelt und Gesundheit gefunden werden. Trotz Kenntnis dieser Resultate hat die Bundesversammlung im Rahmen der Agrarpolitik 2014-17 eine erneute Verlängerung des Gentech-Moratoriums beschlossen. Offensichtlich trug die wissenschaftliche Klärung wenig zum parlamentarischen Entscheid bei.
Beispiel 2: Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hat Ende April 2013 die Sistierung der Bewilligung von drei Wirkstoffen von Pflanzenschutzmitteln auf Raps- und Maiskulturen angekündigt. In einer Übergangsfrist soll die sichere Anwendung der Produkte für die Bienen verbessert werden. Damit vollzieht das BLW einen in der Europäischen Union gefällten Entscheid. Dieses Verbot ist wissenschaftlich jedoch ungenügend begründet. Sogleich wurde im Parlament eine Motion lanciert, welche die bereits suspendierten Bewilligungen auf andere Kulturen und auf weitere «bienengefährliche» Insektizide ausweiten will. Nur: Grundsätzlich ist jedes Insektizid potenziell bienengefährlich, wenn es nicht richtig angewendet wird.
Beispiel 3: Auch überhastete Aktionen und Stellungnahmen zu Hydraulic Fracturing («Fracking») passen in dieses Bild. Ein im Sommer überwiesenes Postulat fordert vom Bundesrat unter anderem, detailliert darzulegen, welche Gesetzesgrundlagen geschaffen werden müssten, um die Exploration und Gewinnung von Schiefergas einem zehnjährigen Moratorium zu unterstellen. Zudem soll er die Möglichkeiten der Schweiz aufzeigen, sich bei den Nachbarländern für ein Verbot oder Moratorium einzusetzen.
Übertriebene Vorsicht führt zu Stillstand
Solche Entwicklungen beobachtet economiesuisse in ihrer Gesamtheit mit Sorge. Negative Grundhaltungen gegenüber neuen Techniken oder Technologien dürfen nicht dazu führen, dass der Forschungs- und Wirtschaftsstandort Schweiz seine gute Position verspielt. Die oft mit Stolz vorgetragenen Ranglisten zur Innovationskraft oder Wettbewerbsfähigkeit, in welchen sich die Schweiz auf den vordersten Plätzen wiederfindet, sind das Resultat vergangener Aktivitäten und Rahmenbedingungen. Diesen Rahmenbedingungen ist kontinuierlich Sorge zu tragen. Forschungsaktivitäten lassen sich nicht beliebig drosseln und anschliessend wieder aktivieren. Der Aufbau eines Forschungsstandorts benötigt viel Zeit und lange Planungszyklen. Risiken müssen zwar sorgfältig gegenüber den Chancen abgewogen werden. Doch ein Überstrapazieren des Vorsorgeprinzips verhindert letztlich allen Fortschritt. Ängste vor Geschwindigkeitserkrankungen bei den Passagieren hätten ohne Weiteres die Verbreitung der Eisenbahn verhindern können – so wie jene vor schädlichen Strahlen die Entwicklung des Mobilfunks oder Ängste vor Kurzschlüssen und Bränden den Anschluss der Wohnhäuser ans elektrische Netz. Mit spitzfindiger Argumentation liesse sich ja auch ein Verbot von Alkohol, Zucker oder Salz erlassen, da eine hohe Dosis davon im täglichen Konsum gesundheitsschädigend und somit lebensgefährlich ist. Die Dosis macht aber eben auch bei der Vorsorge das Gift.