# 2 / 2023
26.01.2023

Leitlinien der Wirtschaft – Finanzflüsse und eine nachhaltige Wirtschaft (Sustainable Finance)

Sustainable Finance: Definition und Bezug zum Nachhaltigkeitsdiskurs

Was ist Sustainable Finance?

Sustainable Finance beschreibt den Prozess, ganzheitlich ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit im Allgemeinen und Services im Finanzsektor im Besonderen zu berücksichtigen und führt somit zu einer Kanalisierung von Finanzflüssen und zu nachhaltigem Wirtschaften und nachhaltigen Projekten.

Die Agenda 2030 mit ihren 17 globalen Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals), zu denen sich auch die Schweiz bekannt hat, bildet den Referenzrahmen, der in der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 konkretisiert wurde. Die Schweiz hat sich zudem das Ziel gesetzt, bis 2050 unter dem Strich keine Treibhausgasemissionen mehr auszustossen. Der Bundesrat sieht Sustainable Finance als grosse Chance für den Schweizer Finanzplatz und als relevanten Wettbewerbsfaktor auf dem Weg des nachhaltigen Wachstums.

Beispiele für ökologische Ziele sind der Schutz des Klimas oder der Biodiversität; für ökonomische Ziele, neben dem allgemeinen Wirtschaftswachstum, auch spezifische Aspekte wie die Förderung von Innovation; und für soziale Ziele das Fördern der Gesundheit und der Gleichstellung. Die drei Komponenten der Nachhaltigkeit stehen weder in einem Konkurrenzverhältnis zueinander noch besteht eine Rangordnung, vielmehr bedingen sie sich gegenseitig. Dies kann am Beispiel des Klimawandels illustriert werden: Der Klimawandel bedroht neben Lebensräumen und Lebensgrundlagen bis zu 18 Prozent des weltweiten BIP bis 2050. Ohne eine leistungsfähige und innovative Wirtschaft, die neue Technologien hervorbringt und die Mittel für eine Dekarbonisierung und die geforderten Resilienz-Massnahmen erwirtschaftet, ist eine Erreichung der Klimaziele jedoch nicht denkbar und würde zu unannehmbaren sozialen Konsequenzen führen. Der holistische Nachhaltigkeitsansatz von Sustainable Finance als Ganzes bedeutet indes nicht, dass individuelle Finanzflüsse beziehungsweise -produkte nicht ein Schwerpunktthema haben und individuelle Dimensionen oder Ziele besonders gewichten können.

Unter Instrumenten nachhaltiger Finanzflüsse versteht man Finanzierungen, Anlagen und Investitionen, die einen expliziten Bezug zu einem oder mehreren der Nachhaltigkeitskriterien haben. Dazu gehören nachhaltige Fonds, grüne Anleihen, Impact Investing, Mikrofinanzierung oder Kredite für nachhaltige Projekte, um einige Beispiele zu nennen. Es werden verschiedene Investmentansätze verfolgt, die als nachhaltig klassifiziert werden. Dies geht vom Ausschluss gewisser Investitionen über die Best-in-Class-Selektion bis zu einem aktiven Engagement als Investor und Impact Investing, wo eine direkte Wirkung erzielt werden soll.

Die relevanten Akteure für Sustainable Finance innerhalb des Finanzsektors sind institutionelle Investoren, die bedeutende Vermögenswerte besitzen bzw. verwalten («asset owner»), Intermediäre, welche die institutionellen und privaten Kunden beraten («banks») und deren Vermögen verwalten («asset manager»), Versicherer sowie Banken als Hypothekar- und Firmenkreditgeber und Kapitalmarktgeschäfte. Neben den Akteuren innerhalb des Finanzsektors ist insbesondere die Realwirtschaft von Bedeutung: Sie setzt den Wandel zu einer nachhaltigen Wirtschaft um und bietet entsprechende Finanzierungsmöglichkeiten in nachhaltige Produkte an. Aber auch der Gesetzgeber und die Aufsichtsbehörden sowie NGOs und die Zivilgesellschaft (Civil Society Organizations «CSO») sind wichtige Akteure im Bereich Sustainable Finance.

Sustainable Finance ist jedoch kein Allheilmittel der Nachhaltigkeit. Es handelt sich vielmehr um eine wesentliche Komponente nachhaltigen Wirtschaftens, das komplementär zu adäquaten und förderlichen Rahmenbedingungen, nachhaltiger Realwirtschaft und nachhaltigem Konsumentenverhalten steht. Die Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 des Bundes legt dar, wie die verschiedenen Bereiche die Ziele als Treiber voranbringen können und welche Rahmenbedingungen notwendig sind, um zur Stärkung des Standorts Schweiz beizutragen. Im Zentrum steht der marktwirtschaftliche Ausgleich von Angebot und nachhaltigkeitsgetriebener Nachfrage. Regulation ist subsidiär zu diesen Massnahmen, was im Bereich Sustainable Finance auch explizit durch den Bundesrat betont wurde.