Aussenwirtschaftsstrategie der Schweiz: Forderungen der Wirtschaft
Der Schweizer Wohlstand hängt an der wettbewerbsfähigen Aussenwirtschaft
Jeder Rappen zählt im internationalen Wettbewerb
Die Nachricht ging jedem Schweizer Geschäftsführer durch Mark und Bein: Am 15. Januar 2015 hob die Nationalbank die Wechselkursobergrenze zum Euro auf, woraufhin der Franken gegenüber vielen anderen Währungen nach oben schnellte. Dienstleistungen und Produkte von Schweizer Firmen wurden im Ausland auf einen Schlag teurer. Die Metallfedern der Firma Baumann beispielsweise kosteten für die chinesischen Kunden plötzlich 18 Prozent mehr. Die Firma erzielt mehr als die Hälfte ihres Umsatzes im Ausland, mehr als 10 Prozent davon in China.
Dass Produkte von Baumann plötzlich so viel mehr kosteten, war ein grosser Nachteil im Wettbewerb um diesen vielversprechenden Wachstumsmarkt. Umso gewichtiger wurde ein Vorteil, den die Firma gegenüber seinen Konkurrenten in der EU und den USA hatte: Die Schweiz konnte 2013 als erstes Land in Kontinentaleuropa ein Freihandelsabkommen mit China abschliessen. Im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern profitiert das Unternehmen seither von einem steten Zollabbau: Musste das Unternehmen 2013 noch sieben Prozent auf gewisse Produkte zahlen, sind es heute noch 4,7 Prozent. 2028 werden diese Güter zollfrei ausgeliefert werden können.
Warum die Aussenwirtschaft für die Schweiz wichtig ist
Das Freihandelsabkommen mit China ist ein grosser Erfolg der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik. Wie wichtig diese für den Wohlstand der Schweiz ist, verdeutlicht eine Zahl: Zwei von fünf Franken verdienen wir im Ausland. Die exportierte Wertschöpfung bei Dienstleistungen und Gütern macht also 40 Prozent der Schweizer Bruttowertschöpfung aus. Im Gegensatz zu reinen Exportzahlen der Zollstatistik enthält die exportierte Wertschöpfung keine Vorleistungen, die Schweizer Firmen im Ausland eingekauft haben. Es handelt sich dabei um den Wert, den wir in der Schweiz direkt erarbeiten. 40 Prozent sind international aussergewöhnlich hoch, wie Abbildung 1 zeigt.
Grafik 1
In der Schweiz werden 40 Prozent der Bruttowertschöpfung exportiert. Mit diesem Anteil gehört die Schweiz im internationalen Vergleich zur Spitze.
Insbesondere fällt auf, dass viele Schweizer KMU ihre Umsätze mit Geschäften im Ausland erzielen. Von den über 24’000 Exportunternehmen der Schweiz sind über 90 Prozent KMU. Das zeigt, dass diese äusserst innovativ und wettbewerbsfähig sind, da sie sich täglich gegen zahlreiche Mitbewerber aus dem Ausland behaupten müssen. Es weist aber auch darauf hin, wie wichtig eine durchdachte Aussenwirtschaftsstrategie ist, die diesen Unternehmen im In- wie im Ausland optimale Rahmenbedingungen ermöglicht. Denn im Gegensatz zu grossen Firmen ist es kleineren nicht möglich, Standorte in verschiedenen Regionen der Welt aufzubauen und Geschäftstätigkeiten je nach Entwicklung von einem Sitz zum nächsten zu verschieben.
Steckbrief der Schweizer Aussenwirtschaft
Doch welche Firmen stehen hinter der erfolgreichen Aussenwirtschaft? Die Schweiz zeichnet sich durch eine Vielzahl von exportierenden Branchen aus – was ein grosser Vorteil ist, weil sich eine Krise in einem einzelnen Sektor weniger stark auf die gesamte Volkswirtschaft auswirkt. Ein Drittel der Bruttoeinnahmen im Aussenhandel erwirtschaften Dienstleistungsunternehmen, zwei Drittel gehen auf das Konto der Industrie. Die umsatzmässig bedeutendste Exportbranche ist die Chemie- und Pharmaindustrie (siehe Abbildung 2). 2016 haben deren Unternehmen Einnahmen im Wert von 94 Milliarden Franken im Ausland erzielt. Das entspricht einem Anteil von 29 Prozent an den Gesamtexporten von Schweizer Waren und Dienstleistungen. Die Unternehmen der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM-Industrie) sowie der Uhrenindustrie folgen auf den Rängen zwei und drei. Platz vier nehmen die Finanzdienstleistungen ein.
Grafik 2
2016 machten die Dienstleistungen einen Drittel der Gesamtexporte aus – Tendenz steigend. Zwei Drittel entfielen auf Waren.
Die Branchenanalyse zeigt weiter, dass die Chemie- und Pharmaindustrie ihre Exporte zwischen 2012 und 2016 überdurchschnittlich steigern konnte. Die Uhrenindustrie exportiert ebenfalls stark und konnte im betrachteten Zeitraum weiter zulegen. Wichtig ist auch die MEM-Industrie, deren Exporte in dieser Periode im Schnitt zwar leicht zurückgingen, im letzten Jahr aber wieder gestiegen sind.
Auffällig ist im Weiteren die zunehmende Bedeutung der Dienstleistungsexporte. Die Dienstleistungsbranchen haben in den letzten Jahren sogar leicht mehr zum gesamten Exportanstieg beigesteuert als die Warenexporte. Der hohe Wachstumsbeitrag lässt sich unter anderem mit der gesteigerten Nachfrage nach Schweizer ICT-Leistungen und Geschäftsdienstleistungen im Ausland erklären.