Wasserkraft und Windkraft

Wenn wir auf Er­neu­er­ba­re bauen wol­len, müs­sen wir sie auch end­lich bauen

Der Bun­des­rat will die Bau­be­wil­li­gungs­ver­fah­ren für Was­ser- und Wind­kraft be­schleu­ni­gen. Dazu sieht er eine Än­de­rung des En­er­gie­ge­set­zes vor – die Ver­nehm­las­sung geht heute zu Ende. Aus Sicht der Wirt­schaft be­steht hier drin­gen­der Hand­lungs­be­darf, denn laut vie­len Strom­un­ter­neh­men sind lang­wie­ri­ge und un­si­che­re Ver­fah­ren das Hin­der­nis Num­mer eins im Zubau von Er­neu­er­ba­ren En­er­gi­en. Der Vor­schlag des Bun­des­ra­tes könn­te je­doch das Ge­gen­teil be­wir­ken und ver­passt es, im zen­tra­len Punkt der In­ter­es­sen­ab­wä­gung zwi­schen Schutz- und Nutz­in­ter­es­sen, einen Schritt nach vorne zu ma­chen.

Der drin­gend be­nö­tig­te Aus­bau der Er­neu­er­ba­ren En­er­gi­en in der Schweiz stockt. Mit dem Aus­stieg aus der Kern­ener­gie – und dem gleich­zei­ti­gen Mehr­be­darf an Strom auf­grund der Dekar­bo­ni­sie­rung – be­nö­tigt die Schweiz einen mas­si­ven Zubau an er­neu­er­ba­ren En­er­gi­en. Dies gilt ins­be­son­de­re für er­neu­er­ba­re Ka­pa­zi­tä­ten, die vor­nehm­lich im Win­ter pro­du­zie­ren. Die Schweiz hat ein gros­ses Po­ten­zi­al für er­neu­er­ba­re En­er­gi­en, doch der Aus­bau stockt bei Was­ser, Wind und Sonne. Die hohen Hür­den bei den Be­wil­li­gun­gen mit jahr­zehn­te­lan­gen, un­si­che­ren Ver­fah­ren sind laut Strom­un­ter­neh­men das Haupt­hin­der­nis – nicht die Kos­ten. Mit den be­ste­hen­den Rah­men­be­din­gun­gen kön­nen die am­bi­tio­nier­ten Aus­bau­zie­le für er­neu­er­ba­re En­er­gi­en in den ge­plan­ten Zeit­räu­men nicht er­reicht wer­den.

Zen­tra­le Klä­rung der In­ter­es­sens­ab­wä­gung fehlt

Wol­len wir die er­neu­er­ba­ren En­er­gi­en in gros­sem Stil zu­bau­en, ist die Be­ant­wor­tung der zen­tra­len Fra­ge­stel­lung zur In­ter­es­sen­ab­wä­gung zwi­schen Schutz- und Nut­zen­in­ter­es­sen not­wen­dig. Die­ser Frage weicht der Bun­des­rat aus und ver­passt somit die Chan­ce, hier end­lich für eine Klä­rung zu sor­gen. Er­neu­er­ba­re En­er­gie­pro­jek­te wer­den oft­mals über Jahre oder sogar Jahr­zehn­te blo­ckiert. Die Er­fah­run­gen in der Pra­xis zei­gen, dass in der Ver­gan­gen­heit vor allem die über­pro­por­tio­na­le Ge­wich­tung der In­ter­es­sen des Natur- und Hei­mat­schut­zes zur Ver­lang­sa­mung oder zum kom­plet­ten Ab­bruch von Pro­jek­ten ge­führt haben – dies hat eco­no­mie­su­is­se Prä­si­dent Chris­toph Mäder tref­fend als die «grü­nen Schat­ten auf den So­lar­pan­nels» be­zeich­net. Die Ge­wich­tung des na­tio­na­len In­ter­es­ses an der Nut­zung von er­neu­er­ba­ren En­er­gi­en soll­te des­halb grund­sätz­lich min­des­tens gleich stark sein wie die Ge­wich­tung des na­tio­na­len In­ter­es­ses am Natur- und Hei­mat­schutz. Sonst wer­den die er­neu­er­ba­ren En­er­gi­en nicht in ge­nü­gen­dem Mass zu­ge­baut wer­den kön­nen und auch die Ver­sor­gungs­si­cher­heit kann nicht ga­ran­tiert wer­den. Ohne klare Klä­rung der In­ter­es­sens­ab­wä­gung steht gar die so­ge­nann­te En­er­gie­wen­de zur Dis­kus­si­on.

Vor­schlä­ge des Bun­des­ra­tes mit un­nö­ti­gen Be­schrän­kun­gen

Mit der vor­lie­gen­den Ge­set­zes­än­de­rung will der Bun­des­rat die Pla­nungs- und Be­wil­li­gungs­ver­fah­ren ver­ein­fa­chen und be­schleu­ni­gen. Dies ist im Grund­satz rich­tig. Es soll­te alles dar­an­ge­setzt wer­den, die be­ste­hen­den Hür­den ab­zu­bau­en. Indem der Bun­des­rat die Ver­fah­rens­be­schleu­ni­gung un­nö­tig auf Was­ser­kraft- und Win­de­n­ener­gie­pro­jek­te be­schränkt, wird aber ein Teil des Po­ten­ti­als und der Wir­kung ver­schenkt. Bei­spiels­wei­se soll­ten gros­se (al­pi­ne) Pho­to­vol­ta­ik-An­la­gen eben­falls von einer Be­schleu­ni­gung pro­fi­tie­ren kön­nen. Al­pi­ne Pho­to­vol­ta­ik-An­la­gen kön­nen einen hohen An­teil an die Win­ter­pro­duk­ti­on lie­fern. Ein Aus­schluss würde sich dis­kri­mi­nie­rend auf sol­che An­la­gen aus­wir­ken. Wir be­nö­ti­gen für die En­er­gie­wen­de alle er­neu­er­ba­ren Tech­no­lo­gi­en. Das Kon­zept muss daher tech­no­lo­gie­neu­tral aus­ge­stal­tet wer­den. Nebst einer Aus­wei­tung der Tech­no­lo­gi­en muss zudem auch der Aus­bau der Netze mit­ein­be­zo­gen wer­den. Eine Be­schleu­ni­gung der Be­wil­li­gungs­ver­fah­ren ist auch hier dring­lich.

Steu­er­ab­zug bei Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen

Der vor­ge­se­he­ne Steu­er­ab­zug für Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen bei Neu­bau­ten und die Aus­wei­tung des Mel­de­ver­fah­rens sind die pas­sen­den, un­ter­stüt­zen­den In­stru­men­te. Damit wer­den mit markt­wirt­schaft­li­chen In­stru­men­ten die rich­ti­gen An­rei­ze ge­setzt. Gleich­zei­tig wird der be­ste­hen­den Un­gleich­be­hand­lung zwi­schen Sa­nie­run­gen und Neu­bau­ten ent­ge­gen­ge­wirkt. Eine Pflicht für Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen bei Neu­bau­ten wäre das fal­sche In­stru­ment.