Trug­bild des «bösen Ver­kehrs»

90 Mil­li­ar­den Fran­ken soll uns die Mo­bi­li­tät jähr­lich kos­ten, wie das Bun­des­amt für Sta­tis­tik kürz­lich vor­ge­rech­net hat. Das sind sehr hohe Kos­ten, die wir uns nur zu­mu­ten soll­ten, wenn der ent­ste­hen­de Nut­zen mehr als 90 Mil­li­ar­den be­trägt. Und das tut er selbst­ver­ständ­lich, wes­halb die mo­der­ne Mo­bi­li­tät pri­mär als Er­folgs­ge­schich­te ge­wer­tet wer­den muss.

Mo­bi­li­tät ist volks­wirt­schaft­lich teuer, bringt aber auch enorm viel. Das mo­der­ne Leben wäre nicht mehr denk­bar ohne Auto, Zug und Flug­zeug. Wei­ter ver­brei­ten sich auch be­schei­de­ne­re Ver­kehrs­mit­tel wie Velos oder Trot­ti­netts, mit oder ohne elek­tro­ni­sche Un­ter­stüt­zung, je nach Kun­den­vor­stel­lung. Letzt­lich führt das heu­ti­ge Mo­bi­li­täts­an­ge­bot zu einem noch nie da­ge­we­se­nen Aus­mass an Be­we­gungs­frei­heit für Güter und Per­so­nen. Davon pro­fi­tiert jedes In­di­vi­du­um, aber auch die Ge­sell­schaft als Gan­zes.

Kraut und Rüben zu­sam­men­ge­rech­net, Äpfel und Bir­nen ver­ges­sen

Am Mon­tag hat das Bun­des­amt für Sta­tis­tik die neus­ten Zah­len zu den Kos­ten der Mo­bi­li­tät vor­ge­legt. Be­wegt hat sich wenig, aus­ser dass der Ei­gen­fi­nan­zie­rungs­grad der Bahn aus­nahms­wei­se etwas an­ge­stie­gen ist, da sich die Preis­er­hö­hung vom De­zem­ber 2017 po­si­tiv aus­ge­wirkt hat. An­sons­ten schei­nen auch die Sta­tis­ti­ker des Bun­des den Blick eher auf die Schat­ten­sei­te des Ver­kehrs ge­legt zu haben. So wer­den im Be­richt die hohen Ge­samt­kos­ten her­vor­ge­ho­ben, wobei ver­schie­de­ne Kos­ten­ele­men­te zu­sam­men­ge­rech­net wur­den. So wur­den Aus­ga­ben der öf­fent­li­chen Hand mit pri­va­ten Kon­sum­aus­ga­ben und In­ves­ti­tio­nen zu­sam­men­ge­rech­net und mit Um­welt- und Ge­sund­heits­kos­ten an­ge­rei­chert. Dar­aus re­sul­tiert ein Be­trag von 90 Mil­li­ar­den oder 11'000 Fran­ken pro Jahr und Per­son. Ge­ra­de was die in­di­rek­ten Kos­ten des Ver­kehrs an­geht, wer­den die Be­rech­nun­gen aber schwie­rig. Noch schwie­ri­ger wird es, wenn man auch den Nut­zen be­rück­sich­ti­gen möch­te. Dazu müss­te der Wert der Mo­bi­li­tät für jeden Ein­zel­nen eru­iert und über die Be­völ­ke­rung in der Schweiz ag­gre­giert wer­den. Jeder ein­zel­ne Per­so­nen- und Ton­nen­ki­lo­me­ter wäre de­tail­liert zu be­wer­ten.

Im Wal­lis und im Em­men­tal lie­gen die Gelb­wes­ten schon parat

Ohne Mo­bi­li­tät müss­ten wir uns im All­tag mit sehr grund­le­gen­den Ein­schrän­kun­gen ab­fin­den. Der Nut­zen, den Un­ter­neh­men und In­di­vi­du­en von der voll­stän­di­gen Be­we­gungs­frei­heit haben, wird oft­mals aus­ge­blen­det. Das ist ein Pro­blem, denn Nutz­wer­te er­lau­ben es, Güter und Dienst­leis­tun­gen be­darfs­ge­recht an die Frau und den Mann zu brin­gen und uns im All­tag so fort­zu­be­we­gen, wie es un­se­ren Be­dürf­nis­sen ent­spricht. Es ver­steht sich von selbst, dass wir auf die mo­der­ne Mo­bi­li­tät nicht ver­zich­ten könn­ten und den damit ver­bun­de­nen Le­bens­stan­dard nicht mehr auf­ge­ben wol­len. Ge­ra­de in länd­li­chen Re­gio­nen ist das oft­mals ver­pön­te Auto letzt­lich wei­ter­hin Sym­bol für den An­schluss an die Zi­vi­li­sa­ti­on. In Ge­gen­den wie dem Wal­lis, der In­ner­schweiz oder dem Em­men­tal wird man auch auf die­ses Ver­kehrs­mit­tel noch lange an­ge­wie­sen sein. Das Ziel soll­te des­halb nicht in einer Ein­schrän­kung der Mo­bi­li­tät oder in einer Ver­ban­nung eines Ver­kehrs­trä­gers, son­dern le­dig­lich in einer Eli­mi­nie­rung der un­er­wünsch­ten Ne­ben­wir­kun­gen (also Emis­sio­nen) lie­gen.

Freie Mo­bi­li­tät ist eine gros­se ge­sell­schaft­li­che Er­run­gen­schaft

Zur Am­bi­ti­on, die Welt bes­ser zu ma­chen, ge­hört es auch, die Ver­kehrs­pro­ble­me zu lösen. Mo­bi­li­tät ver­ur­sacht in der Tat viele Ne­ben­wir­kun­gen, die wir in den Griff krie­gen müs­sen. Wenn aber jeder seine Kos­ten trägt und für die Mo­bi­li­tät den Preis zahlt, den sein Ver­hal­ten ver­ur­sacht, pen­delt sich au­to­ma­tisch die rich­ti­ge «Mo­bi­li­täts­men­ge» ein. Das Sys­tem soll des­halb ver­bes­sert wer­den. Ein ein­ge­schränk­ter Fokus wird der Her­aus­for­de­rung aber nicht ge­recht. Letzt­lich soll­te auch nicht ver­ges­sen wer­den, dass der Wert der Mo­bi­li­tät fast un­be­zahl­bar ist und des­halb ein staat­lich an­ge­ord­ne­ter Abbau keine Op­ti­on dar­stellt.