Reihenhäuser

Ständerat muss beim Eigenmietwert nachbessern

Wohneigentümer müssen heute den sogenannten Eigenmietwert ihrer Liegenschaft versteuern, ein Ärgernis für breite Kreise der Bevölkerung. Alle Versuche, diese Regelung zu ändern, sind bisher gescheitert. Nun nimmt der Ständerat einen neuen Anlauf. Die Reform darf jedoch nicht zu einer systematischen Überbesteuerung wirtschaftlicher Aktivitäten führen – eine Gefahr, die gegenwärtig besteht.

economiesuisse hat Verständnis für das Anliegen, die Wohneigentumsbesteuerung gesetzlich neu zu ordnen. Die im internationalen Vergleich hohe Privatverschuldung sowie drohende Ungleichgewichte am Immobilienmarkt können einen Systemwechsel sachlich begründen. Die Wirtschaft verlangt jedoch, dass die Neuordnung die verfassungsmässigen Grundsätze respektiert.

Heute gilt das Nettoprinzip. Vermögenserträge sind steuerbar, im Gegenzug können die mit den Vermögenswerten verbundenen Zinskosten steuerlich abgezogen werden. Bei selbstgenutzten Immobilien heisst das: Der Eigenmietwert muss als Ertrag versteuert werden, die Hypothekarzinsen sind dagegen abziehbar.

Die Wirtschaftskommission möchte dieses System für den Hauptwohnsitz ändern. Der Eigenmietwert soll abgeschafft werden. Alle anderen Vermögenserträge bleiben aber uneingeschränkt steuerbar, so der Eigenmietwert auf Zweitwohnungen (eine wichtige Einnahmequelle der Tourismuskantone), sämtliche Erträge aus vermieteten und verpachteten Liegenschaften sowie Erträge aus Firmenbeteiligungen. Zum Schuldzinsenabzug hat die Kommission trotzdem die radikale Lösung beschlossen: Sämtliche Schuldzinsen, woher sie auch immer rühren und mit welchen Vermögenswerten sie auch immer verbunden sind, sollen nicht mehr zum Abzug zugelassen werden. Die Asymmetrie ist offensichtlich: Alle Vermögenserträge ausser dem Eigenmietwert sind immer noch zu versteuern, die Kosten (Schuldzinsen) sind aber nicht mehr abzugsfähig.

Ökonomisch und verfassungsrechtlich problematische Überbesteuerung

Laut einer Stellungnahme des Bundesrates führt dies zu einer «verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigenden Schlechterstellung». Zu diesem Schluss kommt auch ein Kurzgutachten von Prof. René Matteotti im Auftrag der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren. Sind Kosten nicht abzugsfähig, Erträge aber steuerbar, findet klarerweise eine Überbesteuerung statt. Das Steuersystem droht wertschöpfungsgenerierende Tätigkeiten überhöht zu besteuern und damit zu unterbinden. Die von der Wirtschaftskommission empfohlene generelle Streichung des Schuldzinsenabzugs ist aus verfassungsrechtlichen und ökonomischen Gründen abzulehnen.

Finanzpolitische Vorteile, verfassungsrechtlich teuer erkauft

Die Gründe, warum sich die Kommission für diese Lösung entschieden hat, sind vorab finanziell. Beim gegenwärtig tiefen Zinsniveau ist der Systemwechsel für den Fiskus teuer. Mit einem vom Bundesrat eingebrachten Alternativvorschlag, der den Zinsabzug ebenfalls einschränkt, aber zumindest im Umfang von 70 Prozent der Vermögenserträge auch künftig zulässt, kostet die Reform Bund, Kantone und Gemeinden rund 1,7 Milliarden Franken. Mit dem Ziel, die Mindereinnahmen auf 660 Millionen Franken zu begrenzen, hat die Wirtschaftskommission beim Schuldzinsenabzug die radikale Lösung beschlossen. Der Bundesrat urteilt: «Diese im derzeitigen Tiefzinsumfeld vergleichsweise geringen Mindereinnahmen werden aber im verfassungsrechtlichen Sinne teuer erkauft, da die Kommission bereit ist, massive Einschnitte bei der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hinzunehmen.»

Zu hoffen ist, dass der Ständerat im Rahmen der Plenumsdebatte in der Herbstsession den Kommissionsentscheid korrigiert und eine konsistente, systematisch stimmige Vorlage zur Abschaffung des Eigenmietwerts beschliesst, die auch von der Wirtschaft unterstützt werden kann.